Orchomĕnos

[99] Orchomĕnos, 1) (Erchomenos) uralte Stadt in Böotien, an der Mündung des Kephisos in den See Kopais, auf dem südöstlichen Teile des Hypantheionberges, dessen Westspitze in mazedonischer Zeit die Akropolis krönte. O. war in ältester Zeit Hauptstadt eines mächtigen Reiches der (wahrscheinlich ungriechischen) Minyer, welches das ganze westliche Böotien umfaßte, dann böotische Bundesstadt, die 367 und 346 v. Chr. von den Thebanern aus Eifersucht zerstört wurde. Philipp von Mazedonien stellte sie zwar wieder her, indessen die Blüte der Stadt war dahin. 85 erfocht Sulla hier einen Sieg über Archelaos, den Feldherrn des Mithradates. Ein bienenkorbartiges Gebäude, das sogen. Schatzhaus des Minyas, hat sich noch zum Teil erhalten (1880 von Schliemann ausgegraben); auch Polygonmauern der Akropolis. 1893 gruben die Franzosen ein Asklepieion und ein Herakleion aus, 1903 Bulle und Reinecke beim Schatzhause sieben Kulturschichten, deren unterste, älteste, in das 3. vorchristliche Jahrtausend zurückreicht. Vgl. O. Müller, O. und die Minyer (2. Aufl., Bresl. 1844). – 2) Dreifach ummauerte Stadt im östlichen Arkadien (beim heutigen Kalpaki), deren Könige einst ganz Arkadien beherrscht haben sollen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 99.
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