Orchomĕnos [2]

[334] Orchomĕnos, 1) hoch gelegene u. feste Stadt im östlichen Arkadien, an der Grenze von Argolis; von Orchomenos, einem Sohn Lykaons, erbaut; sie war ein wichtiger Punkt u. wurde im Poleponnefischen Kriege von den Athenern erobert; trat in der macedonischen Zeit zum Achäischen Bunde, kam aber nachher ganz herunter; später wurde in der Niederung wieder eine Stadt angelegt, in welcher Tempel des Poseidon u. der Aphrodite waren; j. Ruinen bei Kalpaki. Zwischen O. u. dem Berge Trachy war der Orchomenische See, j. Kalpakisee; 2) das Minyeische O., alte u. berühmte Stadtan der Mündung des Kephissos in den Kopaissee in Böotien, später aber wegen Versumpfung der Gegend nordwestlich von Akontion aufgebaut, bildete vor dem Trojanischen Kriege mit Koronea, Aspledon u. dem ganzen westlichen Böotien ein eigenes Königreich. Die Stadt wurde von dem Thessalier Andreus gegründet u. hieß Anfangs Andreïs; auf seinen Sohn Eteokles folgten als Könige Phlegyas, ein Nachkomme des Sisyphos, dessen Vetter Chryses, dessen Sohn, der durch Reichthum berühmte Minyas; nach dessen Sohn Orchomenos wurde die Stadt O. genannt. Nach dem Trojanischen Kriege wurde das Reich O. von Theben aus gestürzt u. die Stadt O. die zweite Hauptstadt des Landes, nach dem Siege bei Leuktra aber von den Thebanern, weil die Orchomenier eine Verschwörung der Aristokraten unterstützt hatten, 367 v. Chr. vernichtet u. die Einwohner als Sklaven verkauft. Durch Philippos von Macedonien od. Alexander den Großen wurden die zerstreuten Nachkömmlinge zurückgebracht. 87 v. Chr. hier Sieg der Römer unter Sulla über den Feldherrn des Mithridates. Die Akropolis, auf dem Akontion gelegen, hieß Phlegya, Ruinen davon beim j. Dorfe Skripu, von der aus eine lange Mauer, Hellenikon, sich zieht. Hier das Schatzhaus des Minyas (von dem noch der Eingang sieht), Tempel des Bakchos u. Odeum (aus deren Ruinen die Kirche des Klosters Panagia gehaut ist); in der Nähe ein Heraklestempel, dabei die Quelle des Flusses Melas. Vgl. K. O. Müller; O. u. die Minyer, Bresl. 1820.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 334.
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