Archelāos

[703] Archelāos (»Volksherrscher«), 1) Sohn des Herakliden Temenos. und der Sage nach Ahnherr des makedonischen Königshauses, von Euripides in der gleichnamigen (verlornen) Tragödie verherrlicht.

2) König von Makedonien 413–399 v. Chr., natürlicher Sohn des Königs Perdikkas II., bahnte sich den Weg zum Thron durch den Mord des Bruders und des Sohnes des Perdikkas. Sein Hof, den er von Ägä nach Pella verlegte, war der Sammelplatz der berühmtesten Dichter (Euripides, Agathon), Maler (Zeuxis) und Musiker, aber auch für die Wohlfahrt des Landes sorgte er durch Anlage von Festungen und Straßen. A. starb 399, durch einen beleidigten Günstling auf der Jagd ermordet.

3) Feldherr Mithradates' d. Gr., ein Grieche von Geburt, ward 88 v. Chr. mit 120,000 Mann und einer großen Flotte nach Griechenland gesandt, gewann die Athener, Spartaner, Archäer und Böotier für Mithradates, setzte sich im Piräeus fest und verteidigte ihn auf das hartnäckigste gegen Sulla, den mit der Führung des Mithradatischen Krieges beauftragten römischen Feldherrn. Als dieser aber 86 Athen erobert hatte, gab A. den Piräeus auf, zog sich nach Chalkis zurück und stellte sich. durch Zuzug verstärkt, den Römern bei Chäroneia; aber diese Schlacht fiel für ihn ebenso unglücklich aus, wie ein Jahr später die bei Orchomenos; fast sein ganzes Heer wurde vernichtet, er selbst rettete nur mit Mühe sein Leben. Darauf schloß er im Auftrag des Mithradates mit Sulla zu Delion in Böotien einen Waffenstillstand und vermittelte 84 den Frieden von Dardanos in Troas. Später wurde er dem Mithradates verdächtig und floh 81 zu den Römern.

4) Sohn des vorigen, wurde 63 v. Chr. durch Pompejus zum Oberpriester der Göttin Enyo oder Bellona im pontischen Komana ernannt, mit welchem Amt königliche Würde verbunden war, vermählte sich 56 mit Berenike, der Tochter des Königs Ptolemäos Auletes, die nach Vertreibung ihres Vaters über Ägypten herrschte, und bemächtigte sich des ägyptischen Thrones, verlor aber schon nach 6 Monaten im Kampf gegen den römischen Prokonsul A. Gabinius, der zur Wiedereinsetzung des Ptolemäos mit einem Heer in Ägypten erschien, Schlacht und Leben.

5) Enkel des vorigen, von Antonius um der Reize seiner Mutter Glaphyra willen 34 v. Chr. zum König von Kappadokien erhoben, stand Antonius gegen Oktavian bei, ward trotzdem von letzterm in seiner Herrschaft gelassen und erhielt später noch Kleinarmenien und einen Teil Kilikiens und durch Heirat den Pontus. Tiberius, persönlich gegen ihn verstimmt, rächte sich an dem altersschwachen König, indem er ihn nach Rom berief und beim Senat wegen Neuerungen an klagte; A. starb noch während der Verhandlung 17 n. Chr., worauf Kappadokien römische Provinz wurde

6) Jüd. Ethnarch, folgte seinem Vater Herodes d. Gr 4 v. Chr. in der Herrschaft über Judäa. Da er mit Aufständen der Pharisäer zu kämpfen hatte, suchte er Hilfe bei Augustus; dieser teilte sein Reich so, daß A. mit dem Titel eines Ethnarchen Judäa, Samaria, Idumäa und den Küstenstrich erhielt, während seine Brüder Herodes Antipas und Philipp als Tetrarchen über die andre Hälfte gesetzt wurden. Nach 9 Jahren wegen seiner Tyrannei bei Augustus verklagt, ward er 6 n. Chr. nach Rom berufen, dort abgesetzt und nach Vienna in Gallien verwiesen. Sein Land wurde zur römischen Provinz Syrien geschlagen.

7) Philosoph der ionischen Schule, aus Athen, nach andern aus Milet, im 5. Jahrh. v. Chr., Schüler des Anaxagoras, schwächte den von seinem Lehrer betonten Gegensatz zwischen Geist und Materie (bei ihm Luft) ab, indem er diese beiden als gemischt annahm. Wegen Spuren von praktischer Philosophie bei ihm, gilt A. für einen Vorläufer des Sokrates, der ihn auch, freilich nach unzuverlässigen Zeugnissen, gehört haben soll

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 703.
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