Rechts und Links

[669] Rechts und Links, die für die Naturbeschreibung, Kunst und viele andre Verhältnisse wichtige Unterscheidung der beiden Seiten eines zweiseitig symmetrisch gebauten Organismus sowie auch der unter diesem Gesichtspunkt betrachteten Drehungs- und Bewegungsrichtungen. In der Naturbeschreibung konnten darüber Zweifel entstehen, was r. u. l. sei, wenn man z. B. die Windung einer Schnecke oder einer Schlingpflanze vom Standpunkte des Forschers oder von demjenigen des Objekts betrachtete, und tatsächlich haben die Zoologen als Rechtswindung bezeichnet, was die Botaniker Linkswindung nannten; man hat sich nun dahin geeinigt, die Bezeichnungen stets vom Objekt herzunehmen. Die Bevorzugung der rechten Hand, deren Ursache von vielen Forschern in anatomischen Verhältnissen gesucht wird, hat dazu geführt, die rechte Seite als die des Rechten moralisch zu bevorzugen, und die linke Seite als die unrechte, unvollkommnere, schlechtere zu charakterisieren. Der links sich zeigende Vogel galt beim Augurium für ein unglückliches Vorzeichen,[669] und sinister (links) wurde schon bei den Römern als gleichbedeutend mit unglücklich gebraucht, wie linkisch ein ungeschicktes Benehmen (franz. gaucherie) bezeichnet. Diese alte Symbolik wurde von den Religionen aufgenommen, und den alten Indern und Germanen war die Rechtsumwandlung der Heiligtümer sowie jeder zu ehrenden Person oder Sache Vorschrift, d. h. man ging wie die Sonne oder der Uhrzeiger um sie herum. Auch das Christentum nahm diese Symbolik auf, man erteilte mit der »bessern« Hand den Segen, traute die rechte Frau an der rechten, die Nebenfrau an der linken, erwartete die Gerechten am Jüngsten Tage rechts, die Sünder links stehend, während der Teufel auf alten Gemälden mit der Linken hantiert (z. B. siedelt). Vgl. Linkshändigkeit. – Über rechts und links in der Heraldik s. Heraldik, S. 188: Beschreibung der Wappen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 669-670.
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