Tigris [2]

[551] Tigris (v. altpers. tigra, »Pfeil«, assyr. Chiddekel, armen. Deklath, arab. Didschle oder e'-Schatt), einer der Hauptströme von Vorderasien, nächst dem Euphrat, mit dem er das altberühmte Kulturland Mesopotamien umschließt, der größte Strom in der asiatischen Türkei, entspringt in mehreren Quellflüssen am Südrande der Taurusketten in Kurdistan. Der westliche, vorzugsweise Didschle oder Schatt genannt, entspringt südlich von Charput, fließt bei Diarbekr vorüber, wendet sich östlich und nimmt in enger Gebirgsschlucht bei Til den östlichen Arm, Bohtântschai genannt, auf, der südlich von Wan am Sinur Dagh entspringt, und in den der dritte Quellfluß, Bitlistschai, mündet. Von nun an behält der T. im allgemeinen südöstliche Richtung bei. Er fließt zunächst mit bedeutenden Windungen durch die assyrische Ebene an Mosul und Bagdad vorüber, nähert sich dort dem Euphrat, durch zahlreiche, zum großen[551] Teil jetzt trockene Kanäle mit ihm verbunden, bis auf 30 km und vereinigt sich nach 1500 km langem Laufe bei Korna mit dem Euphrat zu einem einzigen Strom, dem Schatt el Arab (s. d.). Bei der Vereinigung beider Ströme ist der T. weit wasserreicher und reißender als der Euphrat. Von den zahlreichen Nebenflüssen des T. sind die bedeutendsten: die beiden Zab und Diala, alle von links. Der T. ist von Mosul an schiffbar (für Kellek, d. h. Flöße aus aufgeblasenen Tierhäuten, von Diarbekr an), hat eine ansehnliche Breite und Tiefe, aber auch viele Felsenklippen. Bis Bagdad hinauf verkehren flachgehende Dampfer, die jetzt sogar bis Mosul hinausgehen sollen. Die Ufer des T., einst Sitze hoher Kultur und Zivilisation, sind jetzt verödet, und mit Ausnahme der Orte Diarbekr, Mosul und Bagdad gibt es an ihnen keine bedeutenden Orte. Vgl. Willcocks, The restoration of the ancient irrigation works of the T. (New York 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 551-552.
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