6. Sippe: Zornschlangen (Zamenis)

[359] Weisheitszähner (Diacrantera) nannte man früher diejenigen Nattern, bei denen die beiden hintersten Zähne des Oberkiefers größer als die übrigen und von diesen durch einen Zwischenraum getrennt sind. Einzelne Naturforscher hielten dieses Merkmal für wichtig genug, um für die hierher gehörenden Schlangen eine besondere Familie zu bilden. Die Gruppe verdient besonders deshalb unsere Beachtung, weil sie im Süden Europas durch mehrere Arten vertreten wird. Auf letztere hat Wagler eine eigene Sippe, die der Zornschlangen (Zamenis), begründet, deren Merkmale folgende sind: Der Leib ist gestreckt, der flache Kopf deutlich von dem Halse geschieden, das rundsternige Auge mäßig groß, das Nasenloch seitlich je zwischen zwei Platten gelegen, die übrige Beschilderung des Kopfes dadurch ausgezeichnet, daß die einzelnen Schilder sich oft in zwei oder mehrere theilen und das Auge zuweilen von abgetrennten Stücken der Oberlippenschilder umgeben wird. Die Schuppen sind entweder glatt oder leicht gekielt, die Bauchschilder gewölbt und seitlich ebenfalls undeutlich gekielt, die Unterschwanzdeckenschilder in zwei Reihen geordnet. Zahlreiche Zähne finden sich in beiden Kiefern und auf dem Gaumen. Unter ersteren ist der letzte gewöhnlich der größte und von den übrigen durch einen kleinen Zwischenraum getrennt.

Die in Europa am häufigsten vorkommende Zornschlange ist die Pfeilnatter (Zamenis acontistes, Coluber acontistes), wie wir sie nennen mögen, nachdem sich herausgestellt hat, daß auch sie in zwei ständigen, von allen früheren Forschern als Arten angesehenen und aufgeführten Abarten vorkommt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 359.
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