Prodigĭum

[614] Prodigĭum (röm. Ant.), ein bedeutsames Zeichen, welches sich Einem ungesucht dargeboten hatte u. welches eine Bedeutung auf zukünftige Dinge hatte. Von Omen unterschied sich eigentlich das P. so, daß Omen ein hörbares Zeichen, ein Menschenwort, P. aber ein sichtbares Zeichen war, beide aber gewöhnlich aus der Thier- u. Menschenwelt kamen; Monstra nennte man bes. widernatürliche Erscheinungen. Es gab eine ungeheuer große Menge solcher Vorzeichen, z.B. das Antreffen eines Vogels, einer Schlange od. von Heuschrecken, das Anstoßen mit dem Fuße, das Reißen eines Schuhriemen, das Nießen etc. Für jedes P., namentlich wenn es ein Unglück bedeutete, war eine Procuration, eine Sühnung, nöthig; dieselbe konnte schon privatim geschehen, P privata, aber gewöhnlich, u. namentlich wenn sich die Prodigien auf den Staat bezogen (P. publĭca), wurde die Intercession der Priester dazu genommen (s. Pontifex) u. die Sühnmittel bestanden in Gebeten, Bittgängen, Opfern, Göttermahlen etc. Übrigens lag es in der Willkür, ein P. auf sich zu beziehen od. dasselbe abzuweisen, od. ihm eine sofortige glückliche Deutung zu geben, od. ein scheinbar ungünstiges in ein günstiges zu verwandeln. So konnte man sich gegen die Omina verhalten, eine Bedeutung hatten sie blos, wenn sie Einer annahm u. auf sich bezog, er konnte ihnen auch einen guten od. schlimmen Sinn beimessen, ausgenommen bei solchen Wörtern u. Ausdrücken, welche an u. für sich etwas Günstiges od. Ungünstiges bedeuteten. Bei aller Freiheit, welche die Römer gegen diese Zeichen hatten, benahmen sie sich doch wegen ihrer Religiosität sehr furchtsam u. vorsichtig, indem sie bes. bei feierlichen Handlungen alle Störungen durch P. abzuhalten suchten, daher gingen Diener vor den Processionen her, welche Ruhe geboten (s. Praecia), verhüllten bei Opfern den Kopf, um kein P. zu sehen, ließen dabei musiciren, um kein Omen zu hören, ermahnten auch vorher durch den Zuruf: Favete linguis! (achtet auf eure Worte!), daß keiner ein ominöses Wort aussprach; beim Census u. bei Truppenaushebungen rief man zuerst diejenigen auf, welche Namen von günstigem Omen etc. hatten. Vgl. Steger, Die Prodigien der alten Welt, Braunschw. 1800; Fallati, Über den Begriff u. das Wesen des römischen Omen, Tüb. 1836.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 614.
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