Romēo u. Julie

[307] Romēo u. Julie, das bekannte Sujet eines Trauerspiels von Shakespeare, in welchem die Feindschaft der beiden Familien der Montecchi u. Capuleti zu Verona u. der Tod zweier Liebenden aus diesen Familien dargestellt ist. Obgleich die unglückliche Liebe des Romeo u. der Julie von Girolamo della Corte (Istoria di Verona, Ver. 1594–96) als eine wahre Geschichte erzählt wird, welche sich zu Verona im Anfang des 14. Jahrh. zugetragen habe, u. dieser Chronist versichert, noch selbst die Überreste der Gruft, worin die Liebenden beigesetzt wurden, selbst gesehen zu haben, so ist dies doch sehr zweifelhaft u. wahrscheinlicher, daß der Geschichtsschreiber diese Sage, welche sich an Verona knüpft u. damals gerade novellistisch bearbeitet worden war, aus einem Novellisten geschöpft habe. Der erste Novellist, welcher die Sage erzählt, ist Luigi da Porta (gedruckt 1535); diesem folgte Bandello in seiner Novelle (Lucca 1554); der noch ältere Masuccio aus Salerno (Novellino, 1476 u. öfter) verlegt eine ähnliche Geschichte nach Siena. Aus Bandello schöpfte mit mancherlei Abweichungen Boisteau de Belleforest seine Histoires tragiques, welche wiederum für Painter (im Palace of Pleasure) u. für Arthur Brooke (The tragical history of Romeus and Juliet, 1562, 1582) die Quelle wurden. Aus beiden letzteren Schriften lernte wahrscheinlich Shakespeare die Sage kennen, für den dieselben hohen Werth hat, indem sie einen unvergänglichen, ewig wahren Gedanken in dichterischer Weise zur Anschauung brachte u. sich daher auch in ihren Hauptzügen bei andern Völkern wiederholt. Bellini hat das Sujet zu seiner Oper I Montecchi ed i Capuleti benutzt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 307.
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