Dampfregulator

[237] Dampfregulator (regulator, throttle; régulateur; regolatore, moderatore), auch Regulator, oder Regler genannt, die im Dampfdome, seltener im Rauchkasten der Lokomotive angeordnete Einrichtung zur Entnahme des Dampfes für die Zylinder. Der Hauptbestandteil ist der mit einem Schieber, seltener mit einem Ventil absperrbare Regulatorkopf, der mit dem Regulatorknierohr verschraubt ist. Dieses ist bei Lage des Domes dicht an der Rauchkastenrohrwand an dieser angeschraubt, Abb. 176, bei Lage des Domes in der Mitte oder hinter der Mitte des Langkessels durch ein Kupferrohr mit der Rauchkastenrohrwand und dem im Rauchkasten liegenden Regulatorkreuzrohr verbunden. Von diesem Kreuzrohr führen die Einströmrohre zu den Dampfzylindern (Abb. 177).

Bei vielen Ausführungen bilden Regulatorkopf und Regulatorknierohr ein Gußstück, besonders dann, wenn, wie in Abb. 178 und 179 die Einströmrohre vom Dom abzweigen. Ein im Rauchkasten gelagerter Regulator ist in Abb. 180 dargestellt.

Für die zur Betätigung des Regulatorschiebers oder Regulatorventils nötigen Zugstangen,[237] Hebel und Wellen bestehen zwei Ausführungsarten.

1. Das Abschlußorgan ist durch eine Zugstange mit einem kleinen Hebel am Ende einer Welle verbunden, die, parallel mit der Kesselachse, im Innern des Kessels in einem Büchsenlager am Regulatorkopf und in einem an der Feuerbüchsenhinterwand angebrachten Stopfbüchsenkörper, dem sog. Regulatorquadranten, gelagert ist. An dem aus der Stopfbüchse heraustretenden Wellenende ist der Handhebel zur Drehung der Welle, d.h. Betätigung des Regulatorschiebers, angebracht. Diese Anordnung des Gestänges wird kurz Stirnregulator genannt.

2. Das Abschlußorgan ist durch eine Zugstange mit einem kurzen Hebel verbunden, der auf einer senkrecht zur Längsachse der Lokomotive im Dom (oder Langkessel) gelagerten kurzen Welle aufgekeilt ist, die durch eine Stopfbüchse aus dem Dom oder Langkessel heraustritt. An diesem heraustretenden Wellenende ist ein Hebel aufgekeilt, der durch eine rechts am Langkessel gelagerte Zugstange mit dem an der Boxseitenwand seinen Fixpunkt findenden Regulatorhebel verbunden ist.[238] Für diese Anordnung ist der Ausdruck Seitenregulator üblich.

Der auf dem Regulatorschieber lastende Dampfdruck erreicht, je nach der Durchbildung des Schiebers bei normalen Vollbahnlokomotiven 1500–2500 kg.

Bei den Stirnregulatoren ist, wegen des engbegrenzten Raumes, der an der Feuerbüchsenhinterwand für den Quadranten mit Handhebel zu Gebote steht, kein großes Übersetzungsverhältnis – (Weg des Handhebels, geteilt durch den Weg des Schiebers) – möglich. Der Schieber ist daher, wenn er groß bemessen wurde, sehr schwer zu bewegen. Aus diesem Grunde erfordern Stirnregler zur Entlastung oft einen Doppelschieber (Grundschieber und Schleppschieber) (Abb. 178) oder die Anwendung von Doppelsitzventilen (Abb. 177), die naturgemäß weniger Kraft zum Heben beanspruchen. Selbst bei Doppelsitzventilen ist in Verbindung mit Stirnquadranten oft eine Entlastung erwünscht. Eine in Italien häufig und vereinzelt auch in Deutschland angewendete Bauart eines Doppelsitzventiles mit zentralem, kleinem Hilfsventil, das so wie der Schleppschieber auf den Grundschieber wirkt, ist die von Zara.

Bei Seitenregulatoren ist ein großes Übersetzungsverhältnis zwischen Weg des Handhebels und des Schiebers möglich. Hier genügen einfache Schieber, insbesondere dann, wenn der Querschnitt der Öffnung im Schiebergesichte des Regulatorkopfes klein bemessen wird: 50–60 cm2, selbst für die größten Vollbahnlokomotiven, und wenn, zwecks allmählicher Freilegung der Öffnung im Schiebergesichte, diese trapezförmig gestaltet wird (Abb. 176 und 179).[239]

Diese Form der Öffnung im Schiebergesichte in Verbindung mit kleinen Schiebern hat Haswell, Direktor der Maschinenfabrik der öst.-ung. Staatseisenbahn-Gesellschaft in Wien, in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts eingeführt. Daß diese kleinen Öffnungen, bzw. kleinen Schieber vollkommen entsprechen, ist auch durch vergleichende Versuche bei der französischen Westbahn und durch theoretische Untersuchungen (vgl. Langrot, Glasers Ann. 1908) festgestellt worden.

Eine in Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz häufig vorkommende, besondere Ausführung des Dampfregulators nach Crampton, besteht darin, daß der Regulatorkopf samt Schieber vorne, außen am Langkessel aufgesetzt ist; von diesem Kopfe zweigen die Dampfeinströmrohre zu den Zylindern ab. Die Zuführung des Dampfes zum D. erfolgt, wenn kein Dom vorhanden ist, durch ein langes, oben mit Schlitzen versehenes Dampfsammelrohr, oder bei Vorhandensein eines Domes, durch ein vom Regulatorkopfe durch den Kessel in den Dom geführtes Dampfentnahmerohr (s. Lokomotive).

Gölsdorf.

Abb. 176.
Abb. 176.
Abb. 177.
Abb. 177.
Abb. 178.
Abb. 178.
Abb. 179.
Abb. 179.
Abb. 180.
Abb. 180.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 237-240.
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Faksimiles:
237 | 238 | 239 | 240
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