Schlafwagengesellschaft, Internationale

[343] Schlafwagengesellschaft, Internationale (Compagnie internationale des Wagons-Lits et des Grands Expreß Européens), Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Brüssel zum Betrieb von Schlaf-, Speise- und Salonwagen sowie von Luxuszügen.[343]

1873 gründete der belgische Ingenieur Nagelmackers aus Lüttich mit einem Kapital von 500.000 Fr. eine Gesellschaft, die den Zweck hatte, Schlafwagen in Europa einzuführen. Der erste Schlafwagendienst wurde zwischen Berlin und Aachen eröffnet; bald folgten die Dienste Köln-Paris und Wien-München. 1876 wurde diese Gesellschaft in die Internationale Eisenbahn-Schlafwagengesellschaft mit einem Kapital von 4 Mill. umgewandelt und die 53 Wagen, aus denen damals das ganze rollende Material bestand, durchliefen in einem Jahr gegen 5 Mill. km.

1880 änderte die S. einen gewöhnlichen Wagen III. Klasse in einen Speisewagen um und stellte diesen auf der Strecke Berlin-Frankfurt über Bebra in Verkehr.

Aus diesen beiden Einheiten, Schlaf- und Speisewagen, deren Verkehr einen von Jahr zu Jahr steigenden Umfang annahm, schuf die S. 1883 ihren ersten Luxuszug, den »Orient-Expreß« und nannte sich seither »Internationale Schlafwagen- und Europäische Luxuszug-Gesellschaft«.

Der Betrieb der S. nahm im Lauf der Zeit eine mächtige Entwicklung und gelang es der S. fast in allen europäischen Ländern, so in Deutschland, Österreich und Ungarn, den Niederlanden, Dänemark, Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal, Schweiz, Italien, Bulgarien, Rumänien, Rußland, Türkei, ferner in Ägypten, Verträge mit den Eisenbahngesellschaften wegen Führung der Wagen der S. auf ihren Linien abzuschließen. Außerdem beherrschte die S. durch Aktienbesitz die deutsche Speisewagengesellschaft.

Das Anlagekapital der S. hat Ende 1913 betragen: 68,750.000 Fr. in Aktien und 70,192.000 Fr. in Prioritäten.

Der Ertrag des Jahres 1913 belief sich auf 7,322.671 Fr., wovon eine Dividende von 20 Fr. f. d. Aktie (8%) ausbezahlt wurde.

Die statutenmäßige Reserve betrug Ende 1913 6,875.000 Fr., die außerordentliche Reserve 3,254.072 Fr.


Schon vor Kriegsbeginn hatte die preußisch-hessische Eisenbahnverwaltung beschlossen, die ablaufenden Verträge der S. nicht zu erneuern. Die Verwirklichung dieser Absicht wurde durch den Krieg beschleunigt. Im Einvernehmen mit den Staatseisenbahnverwaltungen von Österreich und Ungarn beschlossen 1916 die sämtlichen deutschen Staatsbahnverwaltungen, einer neuen Gesellschaft, an der deutsches, österreichisches und ungarisches Kapital beteiligt ist, das ausschließliche Recht für den Betrieb von Schlafwagen und Speisewagen zu übertragen. Die Betriebsverträge mit der internationalen Gesellschaft werden nicht erneuert und soweit sie nicht schon abgelaufen sind, nach und nach zu den nächsten Kündigungsterminen auf die neue Gesellschaft überführt.

Das Aktienkapital dieser Gesellschaft (Mitteleuropäische Schlafwagen- und Speisewagengesellschaft, abgekürzt »Mitropa«) beträgt vorläufig 5,000.000 M.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 343-344.
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