Internationale Gerichte

[889] Internationale Gerichte, im weitern Sinne Gerichte zur Entscheidung von Streitigkeiten, an denen mehrere Nationen beteiligt sind; derartige i. G. werden gewöhnlich von Fall zu Fall zusammenberufen und durch die Wahl der beteiligten Nationen bestimmt. Der bekannte Zwischenfall von Hull (im Herbst 1904), wo russische Schiffe auf die englische Fischerflotte feuerten, ist z. B. einem derartigen internationalen Gericht zur Entscheidung unterbreitet worden. Gewöhnlich versteht man unter i. G. die (weil aus Europäern und Ägyptern zusammengesetzt) »gemischten« Gerichte erster und zweiter Instanz, die in Ägypten auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen aus den Jahren 1874 und 1875 teilweise an Stelle der Konsulargerichte der verschiedenen Staaten geschaffen worden sind. Derartige i. G. erster Instanz sind in Alexandria, Kairo und Zagazik, das einzige Gericht zweiter Instanz ist der sogen. Appellhof in Alexandria. Das gesamte Personal wird von der ägyptischen Regierung angestellt, jedoch, soweit Nichtägypter in Frage sind, erst nach Anhörung der Justizminister der beteiligten Staaten. Sie urteilen namens des Chedive und als ägyptische Behörden in Zivilsachen zwischen Europäern und Ägyptern (einschließlich des Chedive und seiner Regierung), zwischen Europäern verschiedener Nationalität und über Ansprüche von Nichtägyptern auf in Ägypten gelegene Immobilien, sodann in Strafsachen über Übertretungen sowie ferner über Verbrechen und Vergehen, die gegen die gemischten Gerichte selbst oder ihre Mitglieder oder von den letztern in Ausübung oder bezüglich der Ausübung ihres Amtes begangen werden. Zugrunde zu legen[889] sind diesen Entscheidungen die eigens hierfür verfaßten Gesetzbücher. Vgl. Hagens, Die ägyptische Justizreform (1883); s. auch Ägypten, S. 189 f.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 889-890.
Lizenz:
Faksimiles:
889 | 890
Kategorien: