Zuständigkeit der Gerichte

[1028] Zuständigkeit der Gerichte bedeutet deren Recht und Pflicht, eine einzelne, in ihre Gerichtsbarkeit (s. d.) fallende Streitsache zu erledigen. Diese Zuständigkeit zerfällt in die sachliche und in die örtliche. Die Regeln über die sachliche Zuständigkeit teilen die einzelnen Streitsachen mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit den verschiedenen Gerichten zur Erledigung zu. Dabei kommt im Zivilprozeß insbes. der Wert und die Dringlichkeit der Streitsachen in Betracht. Sachen von geringerm Wert oder von größerer Dringlichkeit gehören zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, die übrigen zur Zuständigkeit der Landgerichte (s. d. und Gerichtsbarkeit). Im Strafprozeß wird die sachliche Z. in erster Linie durch die Schwere des Straffalles bestimmt: die mit den leichtesten Strafen bedrohten Straftaten gehören vor die Schöffengerichte, die mit mittlern Strafen bedrohten vor die Strafkammern der Landgerichte, die mit den schwersten Strafen bedrohten vor die Schwurgerichte, bez. vor das Reichsgericht. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich gewöhnlich nach den örtlichen Beziehungen, in[1028] denen die Sachen zu den verschiedenen Gerichten stehen, besonders nach dem Wohnort, Aufenthaltsort etc. Weil dabei besonders die Verpflichtung des Beklagten in Betracht kommt, vor dem betreffenden Gericht zu Recht zu stehen, so nennt man das örtlich zuständige Gericht auch den Gerichtsstand (s. d.) des zu Verklagenden. Die Zuständigkeit eines Gerichts kann sich auch auf bestimmte Handlungen beschränken. So verteilt sich z. B. die Zuständigkeit bezüglich der Zwangsvollstreckung (s. d.) unter das Prozeßgericht und das Vollstreckungsgericht. Die gesetzlichen Grenzen der Zuständigkeit können durch Vereinbarung (Prorogation) verschoben werden, was in Ansehung der Gerichtsbarkeit unzulässig ist.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 1028-1029.
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