Schweizerische Seetalbahn

[462] Schweizerische Seetalbahn, normalspurige Straßenbahn von der Bundesbahnstation Emmenbrücke, vor Luzern, nach Wildegg und Münster. Die Eröffnung bis Lenzburg erfolgte 1883. 1887 wurde die Zweiglinie Beinwil-Reinach-Menzikon, 1895 die Verlängerungsstrecke Lenzburg-Wildegg und 1906 die Strecke Reinach-Münster eröffnet. Seit 1904 verkehren die Züge der S. unter Benutzung der Bundesbahn ab und bis Luzern.

Von der Gesamtbaulänge von 54∙214 km liegen 33∙534 km auf der Straße; die größte Steigung ist 37‰. Der kleinste Krümmungshalbmesser beträgt 160 m. Die Baukosten betrugen Ende 1914 im ganzen 7,087.193 Fr., f. d. km 130.350 Fr.

Seit dem Jahre 1910 ist der Dampfbetrieb durch den elektrischen Betrieb auf der ganzen Bahn ersetzt worden. Es wird Einphasen-Wechselstrom mit 5500 Volt Spannung in der Kontaktleitung und 25 Perioden verwendet. Der Primärstrom wird als Dreiphasenstrom von 8000 Volt und 50 Perioden aus dem Elektrizitätswerk Beznan bezogen und von 2 Motorgeneratoren von je ca. 1000 PS. in der Umformeranlage Beinwil in Betriebsstrom umgewandelt. Die Stromverteilung erfolgt in einzelnen abschaltbaren Sektionen nach den 3 Richtungen: Emmenbrücke, Wildegg und Münster. Transformatorenstationen längs der Bahn sind entbehrlich. Die Fahrleitung ist als einpolige Oberleitung ausgeführt, auf dem eigenen Bahnkörper mit Einfachaufhängung, auf den Straßenstrecken mit Vielfachaufhängung. Die Höhe des Fahrdrahts über Schienen beträgt auf dem eigenen Bahnkörper 5∙5–6 m, auf den Straßenstrecken 7 m, letztere um zufällige Berührungen der Leitung mit hohen Fuhrwerken zu vermeiden.

Personen- und Gütermotorwagen sind 4achsig, sämtliche Achsen werden durch Einphasenmotoren, Bauart Brown, Boveri & Cie., angetrieben. Die Stundenleistung der letzteren beträgt je 100 PS. Für die Reduktion der Fahrdrahtspannung dienen 2 Öltransformatoren. Um den vorhandenen großen Höhenunterschieden der Kontaktleitungen automatisch folgen zu können, sind die Stromabnehmer nach dem Pantographensystem gebaut. Ihre Betätigung erfolgt durch Preßluft. Die Motorwagen sind wie die Personen- und Gepäckwagen mit Westinghousebremse und die ersteren mit pneumatischen Sandstreuapparaten versehen. Die Beleuchtung erfolgt durch Einphasen-Wechselstrom vermittels spezieller Transformatoren, die die Fahrdrahtspannung von 5500 Volt auf 100 resp. 18 Volt reduzieren. Die elektrische Heizung ist am Stufentransformator angeschlossen. Die Fahrgeschwindigkeiten wechseln von 15 km/Std. bei Güterzügen auf den Höchststeigungen bis zu 40 km/Std. bei Personenzügen auf eigenem Bahnkörper.

Dietler.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 462.
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