Zweigleisiger Betrieb

[533] Zweigleisiger Betrieb (double line; double voie; binario doppio). Die durch die zweigleisige Bahn ermöglichte Betriebsweise, bei der jeder Fahrrichtung eins der beiden Gleise zugewiesen wird. Die Vorteile des Z. im Vergleich zum eingleisigen Betrieb sind im Aufsatz Doppelgleise (s.d.) hervorgehoben.[533] Ebenso ist in den Aufsätzen Eingleisiger Betrieb und Unfälle darauf hingewiesen, daß der größeren Sicherheit des Z. durch Einschränkung der Möglichkeit der Zugzusammenstöße (s.d.) andere dem Z. infolge des geringen Gleisabstandes auf der freien Strecke (s. Begegnen der Züge) eigentümliche Gefahren gegenüberstehen (s. Ztg. d. VDEV. 1918, S. 1011). Endlich sind im Aufsatz Eingleisiger Betrieb die Abweichungen vom Z. durch vorübergehend notwendig werdende Einführung des eingleisigen Betriebs besprochen. Aus allem ergibt sich, daß der Begriff Z. ebenso wie dies für den eingleisigen Betrieb gilt, häufige Anwendung in den Betriebsvorschriften finden muß und daher grundlegende Bedeutung für den Aufbau dieser Vorschriften hat. Dies gilt auch für den Betrieb auf Bahnen mit 3 oder 4 Gleisen, die in der Regel wie eine zweigleisige Bahn mit danebenliegender eingleisiger oder wie 2 zweigleisige Bahnen betrieben werden (s. Mehrgleisige Strecken).

Über die Zweckmäßigkeit des Rechts- oder Linksfahrens (s.d.) beim Z. ist viel gestritten worden. Die Frage hat erst im Laufe der Entwicklung des Eisenbahnwesens mit Zunahme der Verkehrsdichtigkeit und Änderung der Bauart der Lokomotiven Bedeutung gewonnen. In England wurde von Anfang an links gefahren. Es wurde in den meisten Ländern nachgeahmt. Nur in Deutschland entschied man sich nach dem Vorgange Preußens schon frühzeitig zum Rechtsfahren und veranlaßte die Bahnen, die wie z.B. die Hannoversche Staatsbahn dem englischen Vorbilde gefolgt waren, zum Umbau der Bahnhöfe und zur Einführung des Rechtsfahrens. Die Zweckmäßigkeit dieser Betriebsweise folgt aus der Bau- und Bedienungsweise der Dampflokomotive. Zur Beschickung des Feuers steht der Heizer am besten links von der Feuertür, damit ihm diese anstrengende Tätigkeit durch rechtshändige Bedienung der Kohlenschaufel erleichtert wird. Für den Führer bleibt der Platz rechts neben der Feuertür. Damit er von hier aus die Signale zuverlässig beobachten kann, müssen sie rechts von ihm erscheinen, also rechts neben dem Fahrgleise stehen, d.h. es muß das rechtsliegende Gleis benutzt, also rechts gefahren werden.

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 533-534.
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