Tauchnitz, Carl

[944] Tauchnitz, Carl. Carl Christoph Traugott Tauchnitz wurde am 29. Oktober 1761 als Sohn eines unbemittelten Schullehrers geboren, der seinem Sohne, trotzdem dieser gern studieren wollte, eine gelehrte Bildung nicht geben konnte. 1777 wurde der junge Tauchnitz als Lehrling in die Offizin des Buchdruckers Sommer in Leipzig aufgenommen. Seine Wanderjahre führten ihn zunächst zu Unger nach Berlin, wo er zu aufmerksamer Beachtung der Stempel- und Formschneidekunst angeregt wurde. 1792 kehrte Tauchnitz in das Haus seines Lehrherrn als tüchtiger Faktor zurück.

In seinem 35. Jahre begann er mit einer Presse sein eigenes Geschäft; schon 1800 konnte er den Offizin eine Schriftgießerei anfügen und bald darauf eine Verlagsbuchhandlung. Mit rastlosem Eifer baute er sein Geschäft aus. Tauchnitz war der erste deutsche Typograph, welcher die längst in England und Frankreich heimische Stereotypie zu uns verpflanzte. Er errichtete 1816 eine Stereotypiegießerei nach Stanhopes Methode und machte später auch den Versuch, die Stereotypie auf den Musikalienhandel zu übertragen.

Ueber die Richtung seines Verlages mag hier erwähnt sein, daß Tauchnitz in den ersten zehn Jahren des Bestehens seines Verlags seine Kräfte der Schule und dem Gymnasium widmete. Unterstützt[944] durch einen namhaften Pädagogen, Direktor Karl Lang, war Tauchnitz unablässig bemüht, der Literatur der Kinder- und Jugendschriften den Charakter und das Gepräge zu geben, welches der aufgeklärte Geist der Zeit erheischte. Zu diesen Jugendschriften gehörten die »Gallerie der unterirdischen Schöpfungswunder« – »Haushaltung der Menschen unter allen Himmelsstrichen« – »Das Fabelbuch der kleinen Bildromane« u. v. a., alle waren mit geschmackvollen Kupfern geschmückt. 1808 begann Tauchnitz seine »Sammlung griechischer und lateinischer Klassiker«, die nach und nach alle klassischen Schriftsteller des Altertums in neuen eleganten, drucktechnisch vorbildlichen, dabei billigen Textausgaben brachten. Er verlegte ferner die christ-gläubigen Schriften Johannes Goßners und ließ von 1819 ab teils in Auftrag und für Rechnung der britischen Bibelgesellschaft nach eigenem Plan die heilige Schrift in einer Reihe von Ausgaben erscheinen. Das hebräische alte Testament erschien, besorgt von August Hahn, in einem geschmackvollen, die englischen Schriften in Schärfe und Deutlichkeit weit übertreffenden Abdrucke. 1834 gab Tauchnitz in dem Koran, herausgegeben von Professor Flügel, ein Musterbild arabischer Schrift. Von dem Kolossalwerk der von Julius Fürst unternommenen Umarbeitung der Buxtorfischen Concordanz zum Alten Testamente erlebte Tauchnitz nur den Anfang. Er starb am 14. Januar 1836.

Der Erbe des Geschäfts war sein Sohn Carl Christian Philipp Tauchnitz (geb. 4. März 1798, gest. 16. April 1884). Er führte zwar die Firma noch eine Zeitlang fort, gedachte aber dann ganz seinen wissenschaftlichen Neigungen und besonderen Passionen zu leben. Er verkaufte deshalb 1854 die Buchdruckerei an F. L. Metzger (seit 1868 Metzger & Wittig). 1855 gingen der Wörterbuchverlag sowie die Stereotyp-Ausgaben der griechischen und lateinischen Klassiker an die kurz vorher durch Ankauf des Verlages von Adolph Müller in Brandenburg gegründete Firma Otto Holtze über (seit 1891 Otto Holtzes Nachfolger, Inhaber Richard Brandstetter).

Einen Teil des älteren Verlages hatte Tauchnitz bereits 1844 an G. L. Lang in Speyer und H. W. Schmidt in Halle abgetreten. Die Firma Otto August Schulz in Leipzig hatte die Bilderbücher und Jugendschriften übernommen, während der Musikalienverlag an C. A. Klemm in Liepzig, die Bibeln und Testamente an Ernst Bredt in Leipzig übergegangen waren.

Tauchnitz hinterließ bei seinem Tode sein Vermögen von 41/2 Millionen Mark der Stadt Leipzig.

Quellen: Neuer Nekrolog der Deutschen 1856, Ilmenau 1838; Journal für Buchdruckerkunst 1836 Nr. 2.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 944-945.
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