Encaustisch

[316] Encaustisch. (Mahlerey)

Man findet bey den Alten einer besondern Art der Mahlerey Erwähnung gethan, nach welcher die Farben eingebrennt worden. Ovidius gedenkt derselben,


–– Et picta coloribus ustis

Coelestium matrem concava puppis habet.1


und Plinius, wenn er sagt: Man ist nicht einig, wer zuerst den Einfall gehabt mit Wachs zu mahlen und das Gemählde einzubrennen.2 Man kann aber nicht eigentlich sagen, was es für eine Bewandnis mit dieser encaustischen oder eingebrannten Mahlerey gehabt habe. Vitruvius erzählt ganz bestimmt,3 daß man um die Farben auf den Mauren beständig zu erhalten, sie mit punischem Wachs überziehe, und daß dieses Encausis, Einbrennen genennt werde; und so wurden vermuthlich auch die Mahlereyen an den Schiffen mit Wachs überzogen. Plinius gedenkt an angezogenem Orte drey verschiedenere Gattungen des Encausti,4 aber auf eine Art, die über ihre Beschaffenheit wenig Licht giebt. Diese Arten zu mahlen hatten sich ganz verlohren, und es hatte sich niemand einfallen lassen, sie wieder herzustellen, bis daß der Graf Caylus in Frankreich, ein Mann, der sich um die Kunst der Alten sehr verdient gemacht hat, Versuche darüber anstellte Im Jahr 1752 kündigte dieser Beförderer der Künste der franz. Academie der Mahler seine Versuche über die encaustische Mahlerey an, und der Academie der schönen Wissenschaften las er 1753 seine Abhandlungen darüber vor; das nächste Jahr darauf aber ließ er ein Gemähld in Wachs auf Holz nach seiner Art verfertigen.

Was man also gegenwärtig die encaustische Mahlerey nennt ist nichts anders, als eine Mahlerey mit gefärbtem Wachs, welche auf vielerley Art ausgeführt werden kann, bis itzt aber wenig in Gang gekommen ist. Wer einen ausführlichen Bericht über diese Erfindung und über die verschiedenen Arten der Wachsmahlerey verlangt, wird ihn in Dom Pernetis Dictionaire portatif de peinture, auf der 47 u. s. f. Seiten der Vorrede finden. Seit kurzem hat ein gewisser Baron von Taubenheim in Mannheim an alle Mahler Academien eine Probe einer von ihm erfundenen und zubereiteten einem weichen Wachs ähnlichen Materie geschikt, die von ihm an statt des Oehls unter die Farben zu mischen vorgeschlagen wird.

1Fastor. L. V vs. 274.
2Plin. Hist. Nat. L. XXXV. c. II.
3L. VI. c. 9
4Encausto pingendi duo suisse antiquitus genera constat, cera et in ebore cestro, id est verunculo, donec classes pingi coepere. Hoc tertium accessit, resolutis igni ceris penicillo utendi, quae pictura in navibus nec sole nec sale ventisque corrumpitur.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 316.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: