Metopen

[764] Metopen. (Baukunst)

Sind in der dorischen Säulenordnung die Vertiefungen an dem Fries, zwischen den Tryglyphen oder Dreyschlizen, von deren Ursprung und Beschaffenheit bereits im Artikel dorische Säulenordnung das Wesentlichste ist angemerkt, und durch die dortstehende Figur erläutert worden. Von den guten Verhältnissen ihrer Größe, welches ein wichtiger Punkt ist, kommt im Artikel Säulenordnung das nähere vor. Da diesem Artikel in der Hauptsache nichts übrig geblieben ist, wollen wir ein paar Anmerkungen über das Seltsame und Willkührliche im Geschmak anbringen, worauf die Betrachtung der Metopen natürlicher Weise führet.

Die erste betrift das Willkührliche. Aus dem, was in den Artikeln Gebälk und dorische Ordnung angemerkt worden, wäre zu vermuthen, daß die Metopen jedem Fries, welcher Ordnung es sey, nicht nur natürlich, sondern wesentlich seyen; und doch sind sie nur in der dorischen Ordnung gebräuchlich. Sollte dieses daher kommen, daß blos in dorischen Gebäuden der Gebrauch gewesen, den Zwischenraum der Balken an dem Fries, etwa aus Nachläßigkeit (denn die Dorier scheinen überall weniger fein, als die andern Griechen gewesen zu seyn) offen zu lassen? Oder ist die dorische Ordnung, wie es auch aus andern Umständen scheinet, die älteste, und in Gang gekommen, ehe man über die Verfeinerung der Gebäude nachgedacht hat, da die andern Ordnungen erst aufgekommen sind, als man schon die Kunst etwas verfeinert hatte? In diesem Falle läßt sich begreifen, daß man in der jonischen und corinthischen Ordnung die Balken am Fries gleich anfänglich vermauert hat, so daß der ganze Fries eine platte Bande geworden ist.

Aber warum würde man izt einen Baumeister tadeln, wenn er in diesen zwey Ordnungen Balkenköpfe und Metopen anzeigte, da sie ihnen doch eben so natürlich, als dem dorischen Fries sind? Deswegen, weil es gut ist, da einmal ein ungefehrer Zufall blos einer Ordnung zugeeignet hat, was allen gleich natürlich ist, daß durch die besondern Abzeichen der Ordnungen eine mehrere Mannigfaltigkeit in den Bauarten beybehalten werde. Indessen ist Goldmann nicht zu tadeln, daß er in der toscanischen Ordnung durch Einführung der Abschnitte1 auch Metopen anbringet.

Noch weniger kann das seltsame und eigensinnige des Geschmaks gerechtfertiget werden, das sich in der alten Verziehrung der Metopen zeiget, denen Hirnschädel von Opferthieren, ein in der That ekelhafter Gegenstand, zur Zierrath dienen mußten. Dieses soll uns sehr sorgfältig machen, alles, was zum Geschmak gehört, aus allgemeinen Grundsäzen herleiten zu wollen. Denn welcher Grundsaz würde uns darauf geführt haben, daß an sich äußerst wiedrige Dinge, dergleichen Hirnschädel und abgehauene Köpfe ermordeter Menschen sind;2 die nur aus Nebenumständen für ein noch wildes Volk, angenehme Gegenstände ausmachen, bey der äußersten Verfeinerung des Geschmaks, als wesentliche Zierrathen der schönen Baukunst sollten empfohlen werden?

1S. Abschnitt.
2S. Masken.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 764.
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