Aegeus

[16] Aegeus (Gr. M.), König in Athen, Vater des Theseus. Vermählt mit Meta, der Tochter des Hoples, hoffte A. vergeblich auf Kinder; das Orakel ertheilte ihm eine Antwort, die ihm dunkel war, und über die er daher seinen Gastfreund, den König Pittheus von Trözen, um Rath fragte, der ihm seine eigene Tochter Aethra zuführte. - Aegeus hinterliess der Aethra Schwert und Schuhe, welche er unter einem Felsblock verbarg, mit dem Bedeuten, dass er dereinst an diesen seinen Sohn erkennen wolle. Die Frucht jener Zusammenkunft war Theseus, der später an den mitgebrachten Zeichen von seinem Vater erkannt wurde. - A. hatte Athen als Erbreich von seinem Vater Pandion erhalten, war jedoch nur durch einen Krieg, den er mit seinen Brüdern Lycus, Pallas und Nisus gegen die Metioniden unternahm, welche seinen Vater des Thrones beraubt hatten, zur Herrschaft gelangt. Kaum war er im Besitz seines Reichs, als er von Neuem in einen Krieg verwickelt wurde. Bei den Panathenäen war der Sohn des Minos, Androgeus, durchgängig Sieger gewesen; diess erzürnte den König, und er sandte ihn gegen den marathonischen Stier, von dem er getödtet wurde. Minos kam zur Rache mit gewaltiger Heeresmacht[16] nach Athen, und A. wurde vom Feinde zur Annahme der schimpflichsten Bedingungen gezwungen: er musste dem Minos alle sieben Jahre einen Tribut von sieben Jünglingen und sieben Jungfrauen entrichten, die dem Minotaurus vorgeworfen wurden. - Jetzt traf Theseus bei seinem Vater ein; er unterdrückte zuerst den Aufstand der Pallantiden, der 50 Söhne des Pallas, Bruders des Pandion, welche Ansprüche auf die Herrschaft machten, und machte dann dem schimpflichen Tribut an Minos ein Ende. ( Theseus.) Auf der Heimfahrt von Creta vergass er den Auftrag seines Vaters, im Falle des Gelingens das schwarze Segel seines Schiffes mit einem weissen zu vertauschen, und A. stürzte sich, als er das schwarze Segel wieder erblickte, verzweiflungsvoll in das Meer, welches von ihm den Namen des ägäischen bekam.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 16-17.
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