Chor, der (das)

[1328] Der oder das Chor, (sprich Kohr,) des -es, plur. die Chöre, aus dem Griech. und Latein. Chorus. 1. Überhaupt mehrere nach einer gewissen Ordnung zugleich singende Personen. Besonders die singenden Geistlichen in der Römischen Kirche. In den evangelischen Schulen, mehrere Schüler, welche einen symphonischen Gesang aufführen; in welchem Verstande das Wort, wenigstens in ganz Obersachsen, ungewissen Geschlechtes ist. Das erste Chor, das zweyte Chor u.s.f. wenn sie in mehrere Chöre getheilet sind. Daher, der Chor-Schüler, die Chor-Büchse u.s.f. Auch in andern Musiken, werden viele, welche nach einer gewissen Ordnung zugleich singen, das Chor genannt. Figürlich, das Chor der Musen, der Grazien, der Wissenschaften u.s.f. so fern sie in Verbindung mit einander vorgestellet oder gedacht werden.

2. Ein Gesang, der von mehrern zugleich gesungen wird.


Das himmlische Geflügel

Stimmt an den süßen Chor,

Opitz.


3. Der Ort in den Kirchen, wo das Chor der Geistlichen singt, in welchem Verstande das Wort am häufigsten ungewissen Geschlechtes ist; und zwar, 1) der Haupttheil einer Kirche, worin sich der Altar, oder in der Römischen Kirche der Hauptaltar befindet, und in welchem die Priester sitzen, und in der Römischen Kirche die Geistlichen singen; im Gegensatze des Schiffes. In das Chor gehen. 2) Ein erhabener Ort so wohl in den Kirchen, als auch in andern Gebäuden, von welchem gesungen oder musiciret wird. Im Oberdeutschen ist es hier männlichen Geschlechtes, welches auch Luther 1 Kön. 6, 5 gebraucht: daß er beyde um den Tempel und Chor hergieng; und V. 16. und bauete daselbst inwendig den Chor und das Allerheiligste. In dem Tempel Salomonis war es ein in dem Innern des Tempels befindlicher erhöheter Ort, wo die Chöre der Priester sangen. Die unter den Psalmen befindlichen Lieder in höhern Chor, sind solche Psalmen, die von gewissen dazu bestimmten erhabenen Orten in dem Tempel abgesungen wurden. In den Klosterkirchen sind die Chöre der eigentliche Ort, wo die Mönche und Nonnen den Gottesdienst abwarten. Daher die im gemeinen Leben übliche figürliche Redensart, jemanden zu Chore treiben, welche R.A. aus den Klöstern ihren Ursprung genommen hat. In weiterer Bedeutung wird auch eine jede Emporkirche oder Porkirche, wenn sie gleich nicht unmittelbar zur Musik bestimmt ist, ein Chor genannt.

Anm. In dem Geschlechte dieses Wortes sind die Mundarten sehr unbeständig; doch wird es in der dritten Bedeutung, wenn[1328] es von dem Orte genommen wird, noch am häufigsten im ungewissen Geschlechte gebraucht. Billig wäre es freylich, daß es überall männlichen Geschlechtes wäre, wie es das Lat. und Griech. Chorus ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1328-1329.
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