Chor [2]

[93] Chor, in der Musik zunächst eine Vereinigung mehrerer Personen zum gemeinschaftlichen Vortrag eines Gesangsstückes (Sängerchor). Je nachdem er nur aus Männer- oder nur aus Frauenstimmen (gleichen Stimmen, lat. voces aequales) oder aber aus beiden gemischt besteht, ist der C. ein Männerchor (Tenöre und Bässe), Frauenchor (Soprane und Alte) oder aber ein gemischter, auch vollständiger C., bei dem alle vier menschlichen Stimmgattungen (Sopran, Alt, Tenor und Baß) beteiligt sind. Jede einzelne dieser Stimmgattungen kann wieder in Unterabteilungen (erster und zweiter Sopran etc.) zerfallen, je nachdem dieses zur Ausführung eines mehrstimmigen Chorgesangs erforderlich ist. Metonymisch bedeutet C. auch das Musikstück selbst, das bestimmt ist, von einem Verein von Sängern vorgetragen zu werden, und das daher in der Regel für mehrere harmonisch sich vereinigende Stimmen (Melodien) komponiert ist. Nach der Anzahl dieser Stimmen wird ein C. ein- bis vier-, sechs-, achtstimmig genannt und hat manchmal noch vielmehr Stimmen. Ist ein vielstimmiger C. so eingerichtet, daß mehrere Gruppen zusammen geführter Stimmen hervortreten, so heißt er Doppelchor, dreifacher, vierfacher etc. C. Das Gewöhnliche ist der vierstimmige C., in dem die vier Gattungen der menschlichen Stimme einfach vertreten sind. Zu den Chören kann Instrumentalbegleitung hinzutreten, die entweder eine bloß die einzelnen Stimmen verstärkende oder eine selbständige ist; doch muß auch im letztern Fall die Begleitung als dem Gesang untergeordnet betrachtet werden. Dagegen kann aber der C., wo er sich einer Solostimme zugesellt, als dieser untergeordnet anzusehen sein (z. B. in Brahms' Rhapsodie, Op. 53). Beethoven gesellt im Schlußsatze seiner 9. Symphonie (Op. 125) den C. (mit Soli) als höchste Steigerung dem Orchester zu. Da ein C. immer in Massen, im Gegensatze zu der im Sologesang mehr hervortretenden Individualität, wirkt, so verlangt er darum auch weniger sein detaillierte Züge und möglichst wenig Schwierigkeiten für die Ausführung, weshalb feinere Züge da, wo sie in einen C. eingewebt werden sollen, am füglichsten durch Zwischensätze von Solostimmen ausgesprochen werden. – Von dem kirchlichen Sängerchor ging der Name C. auch auf den Platz vor der Orgel über, wo derselbe aufgestellt wurde (vgl. den folg. Artikel). Ebenso heißt eine Vereinigung von Instrumentenspielern ein C., wie man z. B. ein kleines Orchester ein Musikchor (besser Musikkorps) nennt. Innerhalb des Orchesters werden wieder die Hauptabteilungen der Instrumente nach ihren Gattungsbegriffen Chöre genannt, z. B.: C. der Streich- und C. der Blasinstrumente, welch letzterer wieder in den C. der Holz- und den der Blechinstrumente zerfällt. Ferner heißen C. beim Klavier die drei (oderin tieferer Lage zwei) von denselben Hämmerchen regierten, gleichgestimmten Saiten, und man sprach früher, als der Bezug noch nicht wie jetzt allgemein dreifach war, von zwei- und dreichörigen Instrumenten. In demselben Sinne nennt man auch die zu einer Taste gehörenden Pfeifen der Orgelmixturen C.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 93.
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