Richter, der

[1102] Der Richter, des -s, plur. ut nom. sing. von dem vorigen Zeitworte. 1. Ein Werkzeug oder Ding, die gehörige Ausdehnung eines Dinges, oder die Richtung seiner Bewegung zu bestimmen; in welcher Bedeutung es doch nur in einigen Zusammensetzungen üblich ist. 2. Eine Person, welche richtet, in den meisten Bedeutungen des Zeitwortes; Fämin. die Richterinn, so wohl eine weibliche Person dieser Art, als auch die Gattinn eines Richters. 1) In den drey ersten Bedeutungen; wo es doch gleichfalls nur in einigen Zusammensetzungen üblich ist, dergleichen Anrichter, Ausrichter u.s.f. sind. 2) In der vierten, eine Person männlichen Geschlechtes, welche die Beschaffenheit anderer Personen und Dinge beurtheilet. Vornehmlich auch nur in den zusammen gesetzten Bücherrichter, Kunstrichter, Splitterrichter u.s.f. In engerer Bedeutung ist der Richter derjenige, welcher die Beschaffenheit der Personen und ihrer Handlungen nach dem Gesetze beurtheilet. Gott ist der höchste Richter. Ich erkenne dich nicht für meinen Richter. Im engsten Verstande ist es die obrigkeitliche Person dieser Art, diejenige Person, welche in einem Gerichte Sitz und Stimme hat, besonders diejenige, welche darin den Vorsitz führet. Ein gerechter, ein bestochener Richter. Wo es zuweilen auch für das Gericht selbst stehet. Eine Sache an den Richter gelangen lassen. S. Hofrichter, Kammerrichter, Bergrichter, Blutrichter u.s.f. In manchen Fällen bekommt der Richter, d.i. die vorsitzende Person in einem Gerichte, andere[1102] Nahmen, dergleichen die Nahmen Präsident, Gerichts-Director, Gerichtsverwalter, Gerichtsvogt, Vogt, Schuldheiß, Gerichtsschuldheiß u.s.f. sind. Der Dorf- oder Bauernrichter ist an manchen Orten auch unter dem Nahmen des Bauermeisters, Hufenrichters, Schuldheißen u.s.f. bekannt. An den Orten, wo das Lübische Recht gilt, heißt die vorsitzende Person in einem Untergerichte der Gerichtsvogt, die Schöppen oder Beysitzer aber Richter oder Finder. Nach einer andern Einschränkung ist der Richter derjenige, welcher die Streitigkeiten anderer entscheidet, es geschehe nun gerichtlich oder außergerichtlich. In dieser Sache kannst du nicht Richter seyn. S. auch Schiedsrichter. In der Bedeutung der Vollziehung eines Todesurtheiles ist es nur in den Zusammensetzungen Nachrichter und Scharfrichter üblich.

Anm. Bey dem Notker Rihtar, im Böhmischen Rychtar. So fern die Sprechung des Rechtes eine der ersten und vornehmsten Obliegenheiten der höchsten Obrigkeit ist, war Richter in den frühesten Zeiten auch so viel als Regent, in welchem Verstande die ältern Juden Richter hatten, ehe die königliche Würde bey ihnen üblich wurde.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1102-1103.
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