Böhmen

[160] Böhmen, ein Königreich, zu welchem ehedem auch die Ober- und Niederlausitz und Schlesien gehörte. Es ist mit dem Marggrafthum Mähren verknüpft, und gränzt gegen Westen an den Fränkischen Kreis und die Oberpfalz, gegen Osten an Mähren und Schlesien, gegen Norden an die Lausitz und an Meißen, und gegen Süden an Oestreich und Bayern. Die Zahl der Einwohner beträgt etwas über 2500000 Menschen. Dieses Königreich gehört dem Hause Oestreich, und der König von Böhmen ist zugleich Churfürst und Erzschenk des Römischen Reichs. Die Erbfolge erstreckt sich auch auf die weiblichen Nachkommen, welche auch die Churstimme führen dürfen. Die katholische Religion ist die herrschende. Die Leibeigenschaft ist in Böhmen noch nicht ganz aufgehoben. Ein großer Theil der Bürger und die niedern Stände sprechen Böhmisch, welches ein Dialect des Slavischen ist; die höhern Stände sprechen Deutsch oder Französisch. Der Versuch im J. 1765, überall Deutsche Lehrer anzustellen und das Böhmische nach und nach ganz abzuschaffen, ließ sich nicht ausführen. Merkwürdig ist der den Böhmen angeborne Hang zur Musik. Durch die Natur und Regierung unterstützt, haben auch die Böhmen seit etlichen dreißig Jahren viele Fortschritte in Rücksicht auf Manufacturen und Fabriken gemacht.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 160-161.
Lizenz:
Faksimiles:
160 | 161
Kategorien: