Der Terpentin

[96] Der Terpentin (Lat. Terebinthina) ist das Harz von dem Terpentinbaum, welches in einer dicken, zähen, durchsichtigen, weißen, aber meist ins Gelbe, Grüne oder Blaue spielenden Substanz besteht, die zugleich einen starken balsamischen Geruch von sich giebt [96] und wild, aber etwas bitterlich schmeckt. Jener, der Terpentinbaum (terebinthus), aus dem Pistaciengeschlechte, wächst im Orient, in Persien, China, Indien etc. Auf der Insel Chio, wohin er nach Einiger Meinung aus Asien gekommen sein soll, wächst er von selbst und ohne besondre Wartung, und man findet ihn hier häufig, sowohl um die Weinberge herum, als auch an den Landstraßen. Auch nach Italien, dem südlichen Frankreich und Spanien ist er verpflanzt worden. – Der Balsam jenes Baumes nun, eben jener Terpentin, wird, weil er beim Herabfließen an der Rinde des Stammes sich mit fremdartigen Theilen vermischt, durch siebähnliche Körbe geseihet, aber selten echt und rein zu uns gebracht, weil er in so vorzüglicher Gute, wodurch er dem Peruanischen Balsam gleich kommt, auch oft dafür verkauft wird, namentlich auf den Griechischen Inseln Cypern und Chio, nur in geringer Quantität gewonnen wird (zu drei Pfund reinen Terpentin sind Vier starke Bäume erforderlich). Häufiger und gewöhnlich erhält man ihn vermischt mit dem so genannten Venetianischen Terpentin, welcher in Italien, Frankreich, auch Deutschland aus den Stämmen der Lerchen-, Tannenbäume etc. gezogen, alsdann aber, wenn er im Handel aus Hand in Hand geht, aufs neue wieder verfälscht wird. – Die Apotheker bedienen sich des gemeinen Terpentins zu Salben, Pflastern, Balsamen etc. auch wird er den Lackfirnissen beigemischt, um diesen ihre Sprödigkeit zu benehmen. Das Terpentinöhl, oder die aromatische ungefärbte Flüssigkeit, welche beim Destilliren des Terpentins entsteht, ist bekannt. Der bei der Destillation zurückgebliebene Theil ist trocken und spröde, und erhält in diesem Zustande den Namen Colophonium oder Geigenharz.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 96-97.
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