Der spanische Successions-(Erbfolge-) Krieg

[369] Der spanische Successions-(Erbfolge-) Krieg. Nach Carls II. von Spanien Tode, den 1. Nov. 1700 (s. d. Art. Spanien Th. VI. S. 20.), fanden sich folgende Kron-Prätendenten: der König v. Frankreich, Ludwig XIV., der deutsche Kaiser Leopold I. und der junge Churprinz v. Bayern: dieser letztere hatte zwar die rechtmäßigsten Ansprüche, da er noch dazu durch ein Testament Carls II. zum Nachfolger in allen spanischen Ländern ernannt worden war; sein frühzeitiger Tod aber überließ nun diesen Zankapfel jenen beiden Potentaten, und die zwischen Frankreich und den beiden Seemächten, England und Holland geschlossenen Theilungsverträge verwickelten die spanische Erbfolge in unabsehbare Schwierigkeiten. Durch französische Intriguen war der schwache Carl II. kurz vor seinem Tode zu einem neuen Testamente überredet worden, in welchem er den Herzog Philipp von Anjon, einen Enkel Ludwigs XIV., zum Nachfolger in allen seinen Staaten erklärt hatte. Dieser wurde nun auch nach Carls Tode wirklich in Spanien unter dem Namen Philipp V. gekrönt. Unzufrieden damit verbanden sich die Seemächte mit dem deutschen Kaiser, wozu in der Folge noch das deutsche Reich, der König von Portugal und Herzog von Savoyen kamen, gegen Frankreich, welches an Spanien einen nur schwachen, einen wichtigern Bundesgenossen aber an dem Churfürsten von Baiern fand. Die Alliirten hatten zwei große Feldherren an dem Prinz Eugen und Herzog von Marlborongh, welchen Frankreich den nicht minder berühmten Villars und Vendome entgegenstellte. Der Krieg selbst wurde 1701 in Italien eröfnet und daselbst mehrere Jahre mit abwechselndem Glücke geführt, bis endlich die Franzosen 1706 gänzlich aus diesem Lande verdrängt wurden. In Deutschland und in den Niederlanden zeichneten sich die ersten Jahre des Krieges durch nichts erhebliches aus; aber 1704 erfolgte die große Niederlage der Franzosen und Baiern bei Hochstädt. Eben so unglücklich waren die französischen Waffen 1706 bei Ramillies und [369] 1708 bei Oudenarde. Durch diese Unfälle und durch den überaus harten Winter von 1708 bis 1709, dem eine drückende Hungersnoth folgte, wurde Frankreich in seinem Innern erschüttert, und der stolze Ludwig XIV. genöthigt, um Frieden zu bitten, welchen aber die hohen Forderungen der Alliirten hintertrieben. Zu seinem Glücke wurden in England die Whigs durch die Tories (s. d. Art.) von dem Staatsruder verdrängt, und nach Josephs I. Tode der Erzherzog Carl, Leopolds zweiter Sohn, zum römischen Kaiser erwählt. Dieser war schon 1704 nach Spanien gegangen, und hatte verschiedene Vortheile über Philipp V. erlangt, die ihm jedoch nachher wieder entrissen wurden. Da er nun die östreichischen Staaten geerbt hatte, so wäre es unklug gewesen, ihn auch auf den spanischen Thron zu setzen. Daher wurden zu Utrecht in den vereinigten Niederlanden Friedensunterhandlungen eröfnet, die sich 1713 mit einem förmlichen Frieden endigten, worin Philipp V., unter Entsagung jeder Vereinigung der Kronen Frankreich und Spanien, als rechtmäßiger König von Spanien anerkannt wurde, und das Haus Oestreich durch einige spanische Nebenländer entschädigt werden sollte. Der nunmehrige Kaiser Carl VI., welcher diesem Frieden nicht beitreten wollte, mußte noch allein den Krieg mit Frankreich fortsetzen; doch schon 1714 schloß er den Rastadt Badenschen Frieden, worin der Utrechter in den Hauptpunkten zum Grunde gelegt wurde.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 369-370.
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