Deutscher Krieg von 1866

[419] Deutscher Krieg von 1866. Ursache desselben war die alte Rivalität Österreichs und Preußens um die Hegemonie in Deutschland, letzte Veranlassung die Uneinigkeit beider über die endgültige polit. Stellung der durch den Krieg gegen Dänemark 1864 erworbenen Herzogtümer Schleswig und Holstein. Der größte Teil Deutschlands stand auf seiten Österreichs, bes. die Mittelstaaten; Preußen hatte 8. April mit Italien ein Schutz- und Trutzbündnis abgeschlossen. Am 1. Juni brachte Österreich die schlesw.-holstein. Frage zur Entscheidung an den Bund; 7. Juni ließ Preußen seine Truppen in Holstein einrücken, worauf Österreich 11. Juni die Mobilmachung der Bundesarmee beantragte und Preußen den Krieg erklärte. Österreich hatte gegen Preußen eine Nordarmee (309.000 Mann) unter Feldzeugmeister von Benedek, gegen Italien eine Südarmee unter Erzherzog Albrecht aufgestellt; Preußens Streitkräfte (326.000 Mann) waren in drei Armeen formiert: I. Armee unter Prinz Friedrich Karl rechts von der Elbe an der sächs. Grenze bis Görlitz; II. Armee unter dem Kronprinzen bei Neisse; III. Armee (Elbarmee) unter Herwarth von Bittenfeld auf dem linken Elbufer gegen Sachsen; im Laufe des Krieges wurde noch die Mainarmee unter dem General Vogel von Falckenstein gebildet.

1) Feldzug in Böhmen. Mit der Absicht, sich in Böhmen zu vereinigen, überschritten die drei preuß. Armeen die Grenze und schlugen 25. bis 29. Juni die Gegner in den Gefechten bei Liebenau, Podol, Hühnerwasser, Münchengrätz, Skalitz, Trautenau, Nachgod und Gitschin; nachdem 2. Juli König Wilhelm von Preußen hier den Oberbefehl übernommen hatte, erfolgte am 3. Juli die Schlacht bei Königgrätz, in welcher die österr. Nordarmee nebst dem sächs. Korps eine entscheidende Niederlage erlitt. Die Preußen setzten danach ungehindert ihren Vormarsch fort und standen 18. Juli auf dem Marchfeld vor Wien. Auch die Heranziehung der durch die Niederlage der Italiener bei Custozza (24. Juni) verfügbar gewordenen österr. Armeekorps vermochte an dem Ausgange des Feldzugs nichts mehr zu ändern; dem Waffenstillstande zu Nikolsburg (26. Juli) folgte 23. Aug. der Friede zu Prag zwischen Österreich und Preußen.

2) Feldzug in Westdeutschland. 16. Juni rückten die Preußen gleichzeitig in Hannover, Kurhessen und Sachsen ein. Nachdem die hannov. Armee, welche nach Süddeutschland durchzubrechen und sich mit den Bayern zu vereinigen versucht hatte, durch die Schlacht bei Langensalza (27. Juni) zur Kapitulation (29. Juni) gezwungen war, begann General Vogel von Falckenstein mit der [419] neugebildeten Mainarmee die Operationen gegen das 8. Bundeskorps und die bayr. Armee unter Prinz Karl von Bayern. Unter siegreichen Gefechten bei Hünfeld, Dermbach, Kissingen, Hammelburg, Laufach, Aschaffenburg (14. Juli) drangen die Preußen unaufhaltsam nach Süden vor und besetzten 16. Juli Frankfurt a.M. Nachdem Manteuffel das Oberkommando der Mainarmee erhalten hatte, begann mit den Gefechten bei Hundheim, Tauberbischofsheim und Roßbrunn der Vormarsch auf Würzburg; das 2. preuß. Reservekorps besetzte Kulmbach, die Plassenburg, Bayreuth und Nürnberg (31. Juli). Dem Waffenstillstande (2. Aug.) folgten die Friedensschlüsse mit den süddeutschen Staaten (13. Aug. mit Württemberg, 17. mit Baden, 22. mit Bayern, 3. Sept. mit dem Großhzgt. Hessen), 21. Okt. mit Sachsen.

Resultate des Krieges und des Sieges Preußens: Ausscheiden Österreichs aus Deutschland und seiner bisherigen deutschen Stellung, die Zustimmung zur Einverleibung Hannovers, Schleswig-Holsteins, Kurhessens, Nassaus und Frankfurts in den preuß. Staat und zur Errichtung des Norddeutschen Bundes unter Preußens Führung. Die süddeutschen Staaten schlossen mit Preußen geheime Schutz- und Trutzbündnisse. Bayern und Hessen traten einige Grenzbezirke an Preußen ab. Alle Preußen feindlich gegenüber gestandenen deutschen Staaten (mit Ausnahme von S.-Meiningen) mußten Kriegskosten (zusammen über 48 Mill. Taler) zahlen. – Vgl. die Generalstabswerke Preußens (1868), Österreichs (1868-69), Sachsens (1869); ferner Borbstädt (5. Aufl. 1867), Menzel (1867), Kannegießer (1892), von Lettow-Vorbeck (2 Bde., 1896-1902).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 419-420.
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