Spanische Sprache

[687] Spanische Sprache. Die s. S. (el español für españon, von Hispania) gehört zu den romanischen Sprachen und ist demnach eine Tochtersprache des Lateinischen, die aber von den verschiedenen Völkern, die im Laufe der Jahrhunderte die Pyrenäische Halbinsel beherrschten, viele Elemente in sich aufgenommen hat. Die Ureinwohner Spaniens, im N. die Kantabrer, im Süden die Iberer, vermischten sich frühzeitig mit keltischen Stämmen, daher der Name Keltiberer. Ihre nationale Eigentümlichkeit und Sprache gingen in den römisch-germanischen Eroberungen und Einwanderungen fast spurlos unter, und nur an den Pyrenäen bewahrten einige kantabrische Stämme ihre Sitte und Sprache vor Vermischung mit fremden Elementen. Diese in den baskischen Provinzen fortlebenden Überreste der allen spanischen Volkssprache führen den Namen Baskische Sprache, von den Einheimischen Escuara (Euscara) genannt (s. Baskische Sprache). In den übrigen Teilen Spaniens bildete sich, wie in den andern romanisierten Ländern, aus der Lingua latina rustica, der römischen Volkssprache, die zugleich mit der römischen Herrschaft in die Pyrenäische Halbinsel eindrang, eine nationale Umgangs- und Volkssprache mit eigentümlichen Provinzialismen, die, als mit dem Verfall des römischen Reiches und nach dem Einfall der germanischen Völker auch die politische und literarische Verbindung mit Rom sich lockerte, nach und nach die allein übliche und allgemein verstandene wurde. Die den Römern in der Herrschaft folgenden Westgoten nahmen mit der römischen Sitte auch diese Sprache an und machten sie so sehr zu ihrer eignen, daß sie nur einige zur Bezeichnung der ihnen eigentümlichen Staats- und Kriegsinstitutionen, Waffen etc. nötigen Wörter aus ihrer Muttersprache beibehielten. Diese also aus römischen Elementen hervorgegangen e, nur mit einem kleinen germanischen Wörtervorrat bereicherte spanische Volkssprache erhielt einen neuen erheblichern Zusatz durch die Araber, mit denen die spanischen Goten fast 800 Jahre um den Besitz des Landes kämpften. Aber auch die Araber trugen nur zur Bereicherung des Sprachstoffes, in bezug auf Industrie, Wissenschaften, Handel etc., bei und modifizierten höchstens einigermaßen die Aussprache, ohne den organisch-etymologischen Bau der Sprache wesentlich zu verändern. Später führen Frankreich und Italien durch literarische Einwirkung dem Sprachschatze neue Bereicherungen zu; die Gelehrten entlehnen aus dem lateinischen und griechischen Besitztum vom 15. Jahrh. an zahlreiche Ausdrücke. Die ältesten Spuren des Spanischen finden sich in Isidorus' »Origines«; die ältesten Denkmäler aber gehören der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. an. – Unter den spanischen Dialekten ward der kastilische am frühesten zur Schriftsprache ausgebildet, und wie die Kastilier den Kern der Nation ausmachten, ihre Literatur die volkstümlichste Entwickelung nahm, so wurde auch ihre Mundart die herrschende und endlich die fast ausschließliche Schriftsprache in Spanien, so daß sie die eigentliche s. S. geworden ist, die der Eingeborne vorwiegend el castellano nennt. Dieselbe wird gegenwärtig in Spanien und den zugehörigen Kanarischen Inseln von etwa 10 Mill. und in den überseeischen, ehemals spanischen Ländern Südamerikas, in Zentralamerika und Mexiko sowie zum Teil in den spanischen Kolonien (Cuba, Porto Rico, Philippinen etc.) von mindestens 20 Mill. gesprochen. Neben den europäischen Dialekten, die nach den Provinzen in fünf Gruppen zerfallen: 1) Navarro-aragonesisch, 2) Asturisch (Bable), 3) Leonesisch (Bercianisch ist ein Übergang vom Leonesischen zum Galicischen; vgl. R. Menéndez Pidal, El dialecto leones, Madr. 1906), 4) Andalusisch, 5) Estremadurisch (Extremeño), stehen: 1) das besonders im türkischen Reiche fortbestehende Judenspanisch, 2) südamerikanische Spielarten, wie das Rioplatense, Bogotano, Chileno etc., und kreolische Mischdialekte (Curassao). – Das spanische Alphabet ist das lateinische. Die Vokale lauten wie im Deutschen. Von den Konsonanten werden folgende eigentümlich ausgesprochen: c und z (ß gelispelt), ch (tsch), g vor e und i (ch, rauh wie in Sprache), j (immer rauh wie ch), ll (lj), ñ (nj). Wenn die Italiener die zu starke Aussprache der Römer milderten, so machten die Spanier sie noch rauher. Sie vervielfältigten die Aspirationen: x, j, g und f. Das schon im Lateinischen ziemlich stark aspirierte f verwandelte sich im Spanischen in den noch stärker aspirierten Laut h (lat. facere, span. hacer, machen), der heute jedoch gänzlich stumm ist und nur im Andalusischen fortlebt; an die Stelle des mouillierten l tritt das stark aspirierte j (lat. fllius, span. hijo, Sohn); pl, cl wurden durch das monillierte ll ersetzt (lat. planus. span. llano, eben, clavis, span. llave, Schlüssel), das heutzutage beinahe wie y klingt; für et wird in allen Erbworten ch genommen (lat. factus, dictus, span. hecho, dicho, gemacht, gesagt). J ist, seitdem x nach der neuern Orthographie (von 1815) nicht länger den Kehllaut bezeichnet, der Hauptkehlkonsonant geworden; man schreibt jetzt allgemein Don Quijote, Mejico statt Don Quixote, Mexico. Gesetzgeber für die s. S. ward die spanische Akademie (zuerst 1771). – Neuere Hilfsmittel zur Erlernung derselben sind für Deutsche die Grammatiken von Franceson (4. Aufl., Leipz. 1855), Fuchs (das. 1837), Kotzenberg (2. Aufl., Brem. 1862), Brasch (Hamb. 1860), Pajeken (2. Aufl., Brem. 1868), Lespada (2. Aufl., Halle 1873), Montana (2. Aufl., Stuttg. 1875), Funck (8. Aufl., Frankf. 1885), Schilling (16. Aufl., Leipz. 1905), Wiggers (2. Aufl., das. 1884), Ramshorn und del Pino (Stuttg. 1901), Avalos (zum Selbstunterricht, 5. Aufl., Wien 1906); Gräfenberg, Unterrichtsbriefe (Berl. 1903). Unter den Spanisch geschriebenen sind die besten die von Salvá (Par. 1831 u. ö.), Bello (Caracas 1850, 13. Aufl. 1883; Par. 1898), Torres y Gomez (»Gramatica historica comparada«, 1899). Die besten Wörterbücher lieferten: die spanische Akademie (Madr. 1726–1839, 6 Bde.; 13. Aufl. 1899) und Dominguez (6. Ausg., das. 1856, 2 Bde.); ein vorzügliches »Diccionario de construccion y regimen« begann R. Cuervo (das. 1886 u. 1894, 2 Bde.). Für [687] Deutsche sind zu empfehlen: Franceson (3. Aufl., 9. Abdruck, Leipz. 1906), Kotzenberg (Brem. 1875), Booch-Arkossy (7. Aufl., Leipz. 1887, 2 Bde.), Tollhausen (4. Aufl. 1903), Stromer (Berl. 1900), Konversations-Wörterbuch von Ruppert (in »Meyers Sprachführern«, Leipz.); Paz y Melia, Taschenwörterbuch (Berl. 1903); R. Menéndez Pidal, Manual elemental de gramático histórica española (Madr. 1904). Den Versuch eines etymologischen Wörterbuches machten Covarrubias (Madr. 1611 u. 1674), Cabrera (das. 1837), Monlau (2. Aufl., das. 1882), R. Barcia (das. 1883, 5 Bde.), L. Eguilaz (Granada 1880) und Echegaray (1887). Wichtige Beiträge zur Etymologie enthält Diez' »Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen« (5. Ausg., Bonn 1878). Die historische Grammatik der spanischen Sprache behandelt Diez' »Grammatik der romanischen Sprachen« (5. Aufl., Bonn 1882), Meyer-Lübkes gleichnamiges Werk (Leipz. 1890–94, 2 Bde.) und P. Försters »Spanische Sprachlehre« (Berl. 1880). Einen kurzen wissenschaftlichen Abriß lieferte G. Baist (in Groebers »Grundriß der romanischen Philologie«; Sonderdruck, 2. Aufl., Straßb. 1906). Die Orthographie wurde von der Akademie in einem besondern »Tratado« festgestellt (reformiert 1815, oft gedruckt bis heute). Vgl. Viñaza, Biblioteca historica de la filologia castellana (Madr. 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 687-688.
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