Spanische Sprache und Literatur

[733] Spanische Sprache und Literatur. Die span. Sprache, wie die übrigen roman. Sprachen aus der lat. Volkssprache entstanden, ist der Muttersprache am ähnlichsten geblieben, die Mischungen mit german. und arab. Elementen betreffen fast nur den Vokabelschatz. Der älteste (12. Jahrh.) Dialekt, der kastil. (castellano), siegte über alle andern; doch erhielten sich bes. das Leonesische, das Galicische (mit dem Portugiesischen sich berührend) und Katalanische (s. Katalanische Sprache) als Träger einer reichen Literatur. Grammatiken von Wiggers (2. Aufl. 1884), Fesenmaier (3. Aufl. 1884), Schilling (14. Aufl. 1904); Wörterbücher von Franceson (3. Aufl. 1884), Booch-Arkossy (7. Aufl. 1887), Tolhausen (4. Aufl. 1903); etymolog. von Barcia (5 Bde., 1883) und Eguilaz (1880).In der Zeit vor dem 12. Jahrh. wurden in Spanien außer lat. Chronikenschreibung und Hymnendichtung nur anmutige Tanzlieder und ähnliches gepflegt; im 12. Jahrh. fand eine Einwanderung franz. und normann. Elemente statt, wonach sich Galicien und Portugal der Lyrik der Provenzalen, Kastilien mehr der erzählenden Poesie Nordfrankreichs anschlossen. Ältestes und hervorragendstes volkstümliches Epos ist das »Poema del Cid«, bedeutendster Vertreter der kirchlichen Dichtung jener Zeit (um 1230) Gonzalo de Berceo; das »Poema de Fernan Gonzalez« verkirchlicht die Volkssage. Durch Alfons X. kam die gelehrt-didaktische Kunstpoesie zur Entwicklung, und durch die Abfassung der Landesgesetze in span. Sprache, durch seine Weltchronik etc. ward er der eigentliche Schöpfer der span. Prosa, die noch längere Zeit bes. von Mitgliedern der Königsfamilie in Chroniken, Rahmenerzählungen etc. gepflegt wurde; auch zahlreiche Übertragungen, bes. aus dem Französischen, so die Abenteuerromane der Karls-und Artussage, fallen in diese Zeit; dahin gehört auch der berühmte Ritterroman »Amadis«. Der bedeutendste Dichter des 14. Jahrh. war der volkstümliche Lyriker Juan Ruiz. – In der nächsten Periode (15. Jahrh.) trat mit der kastilian. Sprache die höfische Kunstlyrik (der provenzalischen ähnlich) in den Vordergrund, wie sie in den Cancioneros (s.d.) zum Ausdruck kommt; ihre namhaftesten Vertreter waren Santillana und Mena, sowie Gomez und Jorge Manrique, Novellen und volkstümliche Romanzen schrieb bes. R. del Padron; berühmte Geschichtschreiber waren Guzman, A. de Luna, P. Niño und del Pulgar; auch fallen die Anfänge des span. Dramas in diese Periode. – Die dritte Periode, die Blütezeit der span. Literatur, bis Mitte des 18. Jahrh., charakterisiert sich durch Nachahmung altklassischer und italischer Muster. Der italischen Schule (Boscan, Vega, Mendoza, Argensola, Villegas u.a.) trat mit Castillejo eine an den Nationalformen haltende Partei entgegen; aus der Verschmelzung beider Richtungen gingen die Poesien Herreras, Riojas, Ponce de Leons, Acuñas und Montemayors hervor. Letzterer und Sá de Miranda führten den halb in Versen, halb in Prosa abgefaßten Schäferroman ein, den außerdem Gil Polo, Cervantes, Balbuenas, Montalvan u.a. pflegten, den Schelmenroman bes. Mendoza, Aleman, Quevedo, Espinel, burlesk-phantastische Erzählungen: Quevedo, Guevara, Saavedra, den histor. Roman: Perez de Hita, die Novelle in hervorragender Weise Cervantes, der Schöpfer des »Don Quixote«, einer genialen Parodie der Ritterromane. Unheilvoll wirkte Gongora, der den Romanzenstil in die Kunstpoesie einbürgerte und einen sog. gebildeten Stil (Kulteranismus) einführte; in hervorragender Weise wandte sich das Interesse den Volksromanzen (Romanceros) zu. Die epische Poesie hat neben Dichtungen Sotos, Lope de Vegas u.a. hauptsächlich die »Araucana« des Ercilla aufzuweisen. Zum höchsten Glanz gedieh das span. Drama, dessen Hauptvertreter Lope de Vega und Calderon waren. Dem erstern schlossen sich Guevara, Mescua, Mendoza, Montalvan, Cueva, Virues, Cervantes, Castro, Tellez (Tirso de Molina), Alarcon, dem zweiten Rojas, Moreto, Fragoso, Diamante, Hoz, Solis, Salazar an. Unter den Geschichtschreibern [733] zeichneten sich aus Sepulveda, Mendoza, Ocampo, Morales, Zurita, Melo, Moncada, Solis, Mariana; auf moralisch-philos. Gebiet Oliva, Guevara, Mejia, Huarte; auf polit. Saavedra, auf religiösem Fray Luis de Leon und Fray Luis de Granada, J. de la Cruz, der Humanist Las Casas. – Die vierte bis zur Gegenwart reichende Periode charakterisiert sich durch das Eindringen der modernen, bes. franz. Bildung, die sich schon bei Luzan und Feyjoo zeigt; es bildete sich eine neue (romantische) Dichterschule, die salamantinische, deren Haupt Melendez Valdes war, dem sich Iglesias, Noroña, Quintana, Cienfuegos, Arriaza und Gallego anschlossen; zu der latinistisch-eleganten Schule der Sevillaner gehören Arjona, Reinoso, Blanco, Lista. Vertreter der seit 1833 aus Frankreich eindringenden Romantik mit ihrer Vorliebe für das Mittelalter waren bes. Saavedra, Herreros, Arolas, die Dramatiker Gil de Zarate, Gutierrez, Hartzenbusch, Zorrilla, Gonzalez, Ayalas; unter den neuern, mehr realistischen sind die bedeutendsten Tamayo y Baus, Ayala, Catina, Echegaray, Dicenta; als neuere Lyriker sind zu nennen: Esproncedas, Becquer, Tassara, Trueba, Campoamor, Nuñez de Arce, Garcia, Prado und die Dichterinnen Avellaneda, Coronado, de Ysern; den modernen Roman vertreten nach Fernan Caballero bes. Alarcon, Valera, Pereda, Galdos, die Galicierin Bazan, Alas (Clarin), Campion, Unamuno, der Jesuit Coloma und Palacio Valdes; andere hervorragende Prosaiker sind: Larra, Somoza, Estebanez Calderon, Selgas, Tejado. – Vgl. Puymaigre, »Les vieux auteurs castilians« (2 Bde., 2. Aufl. 1888-90), de los Rios (Bd. 1-7, Madr. 1861-67), Ticknor (deutsch, 2 Bde., 2. Ausg. 1867), Schack (dramat. Literatur, 3 Bde., 1845-64; »Span. Theater«, 2 Bde., neue Aufl. 1886), F. Wolf (1832, 1834, 1847, 1859), Lemcke (3 Bde., 1855-56), Klein (Drama, 4 Bde., 1871-75), Schäffer (Drama, 1890), Becker (1905).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 733-734.
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