Chaldäische Sprache und Literatur

[861] Chaldäische Sprache und Literatur. Die chaldäische Sprache, d. h. der nachhebräische Dialekt Palästinas, gehört dem semitischen Sprachstamm (f Semiten) an und verdankt ihren Namen der irrigen Annahme, die Juden hätten sie nach der babylonischen Gefangenschaft aus Chaldäa in ihre Heimat verpflanzt. In Wirklichkeit ist sie ein älteres Westaramäisch, das etwa zur Zeit Alexanders d. Gr. an die Stelle des Hebräischen getreten ist, aber schon zu den Zeiten des assyrischen Reiches in einem großen Teil Vorderasiens geherrscht hat. Die Literatur beginnt mit mehreren Abschnitten des Alten Testaments (Esra 4,8–6,18; 7,12–26; Daniel 2,4–7,28; Jer. 10,11). Eine etwas jüngere Sprachform repräsentieren die Targûms, d. h. die Umschreibungen der Schriftstellen, durch die von sprachkundigen Männern der damals des Hebräischen nicht mehr mächtigen jüdischen Gemeinde der Bibelvortrag erläutert zu werden pflegte. Die wichtigsten Targûms, der »Onkelos« zum Pentateuch und der »Jonathan« zu den Propheten, gelangten im 4. Jahrh. n. Chr. zum Abschluß. Jünger und wohl in Galiläa entstanden sind die sogen. jerusalemischen Targûms, der jerusalemische Talmud (s.d.) und einige Midraschwerke. Auch einige christliche Werke des 5. Jahrh. sind »chaldäisch« geschrieben. Nahe verwandt ist auch die samaritanische Mundart, in der eine Übersetzung des Pentateuch abgefaßt ist. In der mohammedanischen Epoche wurde die chaldäische Sprache durch die arabische verdrängt, doch hat sie auf die gesamte spätere hebräische Literatur noch stark eingewirkt. Die bekanntesten Wörterbücher sind dasjenige der beiden Buxtorf (Basel 1639; neu hrsg. von Fischer und Gelbe, Leipz. 1866–70), das »Chaldäische Wörterbuch« von I. Levy (2. Ausg., Leipz. 1876, 2 Tle.), das »Neuhebräische und chaldäische Wörterbuch« von I. Levy, mit Beiträgen von Fleischer (das. 1876–89, 4 Bde.) und das »Aramäisch-neuhebräische Wörterbuch« von Dalman unter Mitwirkung von Schärf (Frankf. a. M. 1897). Grammatiken lieferten KautzschGrammatik des Biblisch-Aramäischen«, Leipz. 1884), Marti (»Kurzgefaßte Grammatik der biblisch-aramäischen Sprache«, Berl. 1896), StrackGrammatik des biblischen Aramäisch«, 3. Aufl., Leipz. 1901) und Dalman (»Grammatik des jüdisch-palästinensischen Aramäisch«, das. 1894; dazu »Aramäische Dialektproben«, das. 1896). Vgl. auch Kautzsch, Die Aramaismen im Alten Testament (Halle 1902, Teil 1).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 861.
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