Chaldäische Sprache

[844] Chaldäische Sprache, 1) die Sprache der eigentlichen Chaldäer, zu den Iranischen Sprachen gehörend, in welcher wahrscheinlich die Keilschriften in Babylon u. Niniveh geschrieben sind u. welche in Babylon noch zu Daniels Zeiten bekannt war, jetzt aber verschwunden ist; gewöhnlich heißt seit der Alexandrinischen Zeit Ch. S. 2) die Sprache Babyloniens (daher auch Babylonische Sprache); da sie mit der syrischen einen eigenen Zweig des semitischen Sprachstammes den nordsemitischen od. aramäischen, bildet, so bezeichnet man sie, zum Unterschied von der letzteren, auch als Osiaramäische Sprache. Nach der Rückkehr der Juden aus dem Babylonischen Exil, wo diese die der ihrigen verwandte Sprache angenommen hatten, wurde das Chaldäische allmälig in Palästina Landes- u. selbst Schriftsprache; wenn daher im A. T. von Aramäischer od. im N. T. von Hebräischer Sprache geredet wird, so hat man darunter die Ch. S. zu verstehen. Das Alphabet ist das hebräische. In der Lautconstruction charakterisirt sich das Ehaidäische als eine platte Sprache. An Vocalen ist es ärmer, als das Hebräische; wie dieses liebt es, im Gegensatz zu dem Syrischen, die hellen u. vermeidet Diphthongen; betont regelmäßig die letzte Sylbe. Der Artikel wird, wie im Syrischen, dem Nomen hinten angefügt. An Formenreichthum steht es dem Syrischen u. Hebräischen nach; übrigens bewahrt es sich streng den semitischen Charakter. Vgl. Hirzel, De Chaldaismi biblici origine, Lpz. 1830. Von einer National literatur ist nicht die Rede; die chaldäisch abgefaßten, noch vorhandenen Schriften rühren von Juden her u. sind theils in dem A. T. selbst enthalten (z.B. einige Capitel in Esra 4,8–9,18. 7,12–16. u. Daniel 2,4–7,28.); theils beziehen sie sich auf dasselbe als Übersetzungen u. Paraphrasen (Targumim), unter welchen sich hauptsächlich das Targumdes Onkelos zum Pentateuch aus dem 1. Jahrh. durch Reinheit der Sprache auszeichnet u. vielleicht in Babylonien selbst verfaßt ist (vgl. Wiener, De Oncelo ejusque paraphrasi chald., Lpz. 1820); Targum des Jonathan Ben Usiel über die historischen u. prophetischen Bücher, aus dem 1. od. 2. Jahrh., mehr Paraphrase, als Übersetzung; Targum des Pseudo-Jonathan über den Pentateuch, von einem späteren Juden, vielleicht aus dem 8. od. 9. Jahrh. (vgl. Wiener, De Jonathanis in pentat. paraphrasi chald., Erl. 1823); Targum von Jerusalem über den Pentateuch, aus später Zeit u. unvollständig. Die anderen Targumim sind aus späterer Zeit. Die Targumim finden sich meist in den Polyglottenbibeln, am vollständigsten in der Basler u. der Englischen. Die Apokryphischen Bücher Tobias, Judith u. Makkabäer sind wahrscheinlich ursprünglich chaldäisch geschrieben. Derselben Sprache bediente sich Josephus bei der Abfassung der Schrift über den Jüdischen [844] Krieg. Im Talmud ist das Chaldäische nur in der Gemara herrschend, u. zwar in der Jerusalemitischen, als ein sehr verderbtes. Seit der Eroberung des Landes durch die Araber (640 n. Chr.) ist das Chaldäische gänzlich verschwunden; nach Niebuhr soll dasselbe jedoch noch in einigen Dörfern um Mosul gesprochen werden. Wörterbücher von Nathan Bar Jachiel, von Buxtorf (Bas. 1640, Fol.), Landau (Prag 1819 f., 5 Bde.); Grammatiken von Buxtorf, Hasse, Michaelis (1771), Schröder (1787), Harris (Elements of the chald. lang., Lond. 1822), Winer (Lpz. 1824, 2. A. 1842), Fürst (Lpz. 1835), Petermann (Berl. 1841), Bertheau (Gött. 1843); Winer, Chaldäisches Lesebuch, ebd. 1825. Anfang des 1. Buches Mosis (von der Rechten zur Linken zu lesen):

Chaldäische Sprache
Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 844-845.
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