Dämmerung

[499] Dämmerung wird das matte Licht genannt, welches dem Anbruche des Tages und der Nacht unmittelbar vorausgeht, hiernach in Morgen- und Abenddämmerung unterschieden wird und die dem Auge schädliche Wirkung des plötzlichen Wechsels von Licht und Finsterniß verhindert. Dieser Wechsel müßte nämlich ohne die Dämmerung in dem Augenblicke für jeden Punkt der Erde eintreten, wo in Folge der täglichen Umdrehung derselben um die eigne Axe die Sonne nicht mehr sichtbar wäre, denn einen solchen Punkt können die, so lange sie auf kein Hinderniß stoßen, nur geradlinig sich verbreitenden Sonnenstrahlen nicht mehr treffen. Sie gehen vielmehr darüber hinaus und werden nun in den höhern Regionen des den Erdball umgebenden Dunstkreises von den dort schwebenden Dünsten, gleichsam wie von einem Spiegel, auf die Erde zurückgestrahlt. Die Morgendämmerung beginnt daher für einen Ort, sobald er durch die Drehung der Erde der Sonne so weit zugewendet worden ist, daß ihn das zurückgestrahlte Sonnenlicht erreicht, und hört auf, indem die Sonne selbst dort sichtbar wird. Die Abenddämmerung dagegen wird durch den entgegengesetzten Verlauf begrenzt, und man nimmt für gewöhnlich an, daß die erstere beginne und letztere aufhöre, sobald die Sonne 18° unter dem Horizonte eines Ortes stehe, wo dann jedem guten Auge die kleinsten Sterne sichtbar sind, oder völlige Dunkelheit herrscht. Die Dauer der Dämmerung ist jedoch nicht überall, ja nicht an einem Orte immer gleich und hängt auch von zufälligen Ursachen, wie z.B. von der Höhe und Dichtigkeit der das Sonnenlicht zurückstrahlenden Luftschichten ab. Am längsten dauert sie an den Polen der Erde, wo Tag und Nacht in das Jahr sich theilen, denn hier hält sie fast zwei Monate an und hilft daher die lange Nacht ansehnlich verkürzen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 499.
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