Gotthard

Gotthard

[254] Gotthard (Sanct-), ist der Name desjenigen Theils der Alpen, welcher den Canton Uri von dem Canton Tessino scheidet.

Die höchsten Punkte dieses Gebirges sind das Mutthorn oder Pischiora, 9800 F., der Fibia 9730 F., der Fieudo 8586 F. hoch und der eigentliche Sanct-Gotthardspaß, welcher eine Höhe von 6650 F. erreicht. Über dieses Gebirge, in welchem sich die reizendsten und durch romantische Wildheit erhabensten, aber auch die schauerlichsten Gegenden finden, ist 1820–30 eine der schönsten Bergstraßen gelegt worden. Der Weg über den St.-Gotthard wurde schon in den ältesten Zeiten angelegt, auch verschiedene Male verbessert, und gab die kürzeste Verbindung zwischen Deutschland und Italien. Doch war derselbe mit so vielen Gefahren verknüpft, daß man ihn sehr gern vermied, seit die Straßen über den Simplon, Bernhard und Splügen (s.d.) angelegt worden waren. Seit Anlegung der Gotthardsstraße hat sich zum Vortheil für den Canton Uri die Zahl der Reisenden wieder außerordentlich vermehrt. Diese Straße zieht sich in einer Länge von 22 schweizer Stunden quer durch die Alpenkette von Fluelen am Vierwaldstädtersee bis Bellenz (Bellinzona), in welcher Gegend sie mit der Bernhardinstraße zusammenfällt. Auf der nördl. Seite geht sie 121/2 Stunden lang durch das Thal der Reuß, welche, sowie der Rhein, die Rhone und der Tessin auf dem St.-Gotthard entspringt. In einer der wildesten Gegenden geht die Straße über die hier abgebildete sogenannte Teufelsbrücke. Man gelangt zu dieser durch die Schöllinen, eine 171/2Stunden lange und schauerliche [254] Felsenkluft, durch welche die Reuß sich stürzt. Die Abbildung zeigt zwei Brücken, nämlich die alte und die neue Teufelsbrücke, welche letztere einen Bogen von. 55 F. im Durchmesser bildet und in der Mitte 95 F. über die Wasserfläche der Reuß erhaben ist. Die Straße zieht sich auf ungeheuren Mauern, dicht neben dem 100 F. hohen Wasserfall der Reuß. Bald nachher gelangt man zu dem Urseler- oder Urnerloch, einem 200 F. langen, 8–9 F. hohen und 8 F. breiten Durchgang durch einen Granitfelsen. Auf dem höchsten Punkte der Straße lag früher ein 1618 erbautes Capucinerkloster, dessen Mönche, wie die im Hospital des St.-Bernhard (s.d.) die Bewirthung der Reisenden und die Rettung Verunglückter sich zur Pflicht machten. In dem Revolutionskriege ist das Kloster zerstört worden und dasselbe wird gegenwärtig nur mangelhaft durch ein im Sommer bewohntes Wirthshaus ersetzt. Auf der ital. Seite liegt das Val di Temola, d.h. Thal des Schreckens, der gefährlichste Theil der Straße, weil er häufig den Lavinen ausgesetzt ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 254-255.
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