Gottfried von Bouillon

[253] Gottfried von Bouillon, der Eroberer Jerusalems, war geboren in der Mitte des 11. Jahrh. und folgte seinem Oheim Gottfried dem Bucklichen, Herzog von Niederlothringen, [253] 1076 als Herzog von Bouillon. Er hatte sich schon durch Heldenthaten im Kampfe für Kaiser Heinrich IV. berühmt gemacht, als er zum Anführer der Kreuzritter gewählt wurde, welche 1096 den ersten Kreuzzug (s.d.) zur Eroberung des heiligen Landes machten. Er zwang den Kaiser zu Konstantinopel zum Beistande, gerieth aber durch die Treulosigkeit desselben mit seinem Heere bei der Belagerung von Antiochien, der Hauptstadt Syriens, in große Noth. Doch durch das Auffinden der heiligen Lanze (angeblich derselben, mit welcher Christus am Kreuze verwundet worden war) wurden die Kreuzfahrer aufs Neue so von Muth beseelt, daß sie einen glänzenden Sieg über die Ungläubigen davontrugen. Nun wurde Jerusalem belagert und nach fünf Wochen, am 19. Juli 1099, erobert. G. zeichnete sich hierbei auf das vortheilhafteste aus. Vergebens bemühte er sich jedoch, der Wuth, mit welcher die Eroberer die Ungläubigen niedermetzelten, Schranken zu setzen; 70,000 Muselmänner wurden durch das Schwert umgebracht und die Juden in ihrer Synagoge verbrannt. Darauf wurde G. einmüthig zum König von Jerusalem ernannt, aber der fromme Streiter wollte an dem Ort, wo sein Erlöser die Dornenkrone getragen hatte, keine irdische Krone tragen, und begnügte sich mit dem Titel eines Vertheidigers und Barons des heiligen Grabes. Nur ein Jahr währte jedoch seine milde und weise Regierung und schon 14 Tage nach der Eroberung Jerusalems rückte der Sultan von Ägypten mit einem großen Heere rachedürstend heran. Er wurde in der Schlacht bei Askalon auf das Haupt geschlagen. Als hierauf die Kreuzfahrer größtentheils in ihre Heimat sich zurückbegaben, blieb G. mit einem nur sehr kleinen Heere in Jerusalem zurück. Er setzte nun einen Patriarchen ein, stiftete zwei Domcapitel und erbaute im Thale Josaphat ein Kloster. Mit dem Entwurf weiser Gesetze beschäftigt, starb er schon am 18. Juli 1100. Er wurde neben dem Grabe des Erlösers auf dem Calvarienberge bestattet. Ihm hat der berühmte ital. Dichter Tasso in seinem, »Befreiten Jerusalem« ein unvergängliches Denkmal gesetzt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 253-254.
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