Lips Tullian

[752] Lips Tullian, auch Philipp Mengstein, Elias Erasmus Schönknecht und der Wachtmeister genannt, war einer der berüchtigtsten Raubmörder. Er wurde zu Strasburg 1675 geboren und war der Sohn eines Offiziers unter den lothringischen Truppen, der an einer bei der Belagerung von Wien erhaltenen Wunde starb. L. T. nahm zeitig Kriegsdienste, trat später in ein kaiserliches Dragonerregiment in den Niederlanden, und wurde wegen guter Aufführung Wachtmeister. Weil er in einem Duell einen Kameraden tödtlich verwundet hatte, flüchtete er sich 1702 nach Prag, gerieth hier unter eine Diebsbande, verübte mehre Kirchendiebstähle, und wendete sich mit seinen Genossen nach Dresden. Hier kam er noch im nämlichen Jahre nach bedeutendem Diebstahle in Untersuchung, hielt die schärfste Tortur aus, ohne zu gestehen, und wurde zu lebenslänglichem Festungsbau verdammt. Nach wenigen Tagen jedoch schon brach er mit sieben andern Gefangenen durch, entkam glücklich und wurde von jenen zum Anführer gewählt. Körperkraft, Scharfblick, Waghalsigkeit und Geistesgegenwart eigneten ihn zum gefürchteten Stifter und Befehlshaber einer vorzüglich Sachsen beunruhigenden großen Diebsbande. Aufs neue 1705 in Leipzig ergriffen, wurde er zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt; 1710 machte er sich wieder frei, indem er glücklich durchbrach, und raubte in Verbindung mit neuen Genossen nach wie vor. Im Begriff, sich nach Frankreich zu wenden, aber wegen mangelnden Passes in Freiberg angehalten, berief sich L. T. auf einen Bekannten daselbst, fing mit dem ihn dahin begleitenden wachthabenden Bürger Händel an, und erstach diesen. Sogleich arretirt, leugnete er diesen Mord als absichtlichen, überstand die Tortur und wurde 1711 wieder zu lebenslänglicher Baustrafe nach Dresden abgeliefert. Hier zettelte er eine Verschwörung an, die 1714 entdeckt wurde. Vier Wochen lang belud man ihn mit furchtbaren Ketten, ohne daß man etwas aus ihm herausbrachte; ja man mußte ihn, um ihn nicht zu tödten, wieder losschließen. Nun ließ ihn der Commandant geflissentlich ein Jahr lang mit einem auswärtigen Mitgliede seiner Bande, mit dem sich jener in Verbindung zu setzen gewußt hatte, Correspondenz führen, die immer durch jenes Hände ging. Als endlich L. T. mit dem Correspondenten confrontirt wurde, leugneten Beide standhaft, selbst unter der Tortur. Nur durch Milde, Schonung und Überredung brachte man endlich L. T. zu einem freien Geständniß seiner vielen Kirchenräubereien und einiger Mordthaten, worauf er 1715 zu Dresden mit dem Schwerte hingerichtet und sein Körper auf das Rad geflochten wurde.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 752.
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