Retirade

[679] Retirade wird sowol der Rückzug eines Heers oder kleinerer Truppentheile vor dem Feinde und das Zurückgehen derselben daher retiriren, als auch der Ort genannt, welcher den sich Zurückziehenden zunächst zur haltbaren Zuflucht dient. Der Weg, welchen ein Truppencorps bei seinem Rückzuge einschlägt, oder der in diesem Falle ihm angewiesen ist, heißt seine Rückzugslinie. Im Kriege ist der Rückzug eine der schwierigsten, gefährlichsten und in der Regel folgenreichsten Unternehmungen, die nur in Nothfällen beschlossen zu werden pflegt. In der Kriegsgeschichte gibt es nur wenig Beispiele gelungener Rückzüge, von denen der des Xenophon (s.d.) mit 10,000 Griechen vom Euphrat bis nach Griechenland noch immer der glänzendste ist. Aus dem dreißigjährigen Kriege ist der Rückzug des Herzogs Bernhard von Weimar im Aug. 1635 von Mainz nach Metz, und der des Feldmarschall Baner von Torgau nach Mecklenburg im J. 1637 berühmt. Aus der neuern Zeit merkwürdig ist der freiwillige Rückzug des Erzherzogs Karl im J. 1796 von Pforzheim durch die rauhe Alp bis Nördlingen; der lange Rückzug der Franzosen unter Jourdan von der Naab bis hinter den Rhein, und der von Moreau (s.d.) aus Baiern durch das Höllenthal im Schwarzwalde bis hinter den Oberrhein. Rühmlich war auch der Rückzug des Erzherzogs Karl 1809 nach der Schlacht bei Wagram nach Znaim. Eine besondere Art des Rückzugs wird beim Kriegswesen unter retrograder oder rückgängiger Bewegung verstanden, indem man darunter eine mehr von der Klugheit als unmittelbar von der Nothwendigkeit gebotene Maßregel versteht, was aber natürlich nicht ausschließt, daß man der letztern oft den Namen der ersten gibt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 679.
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