Trepanation

[467] Trepanation wird eine chirurgische Operation genannt, welche darin besteht, daß man den Schädel mittels eines besonders dazu bestimmten Instruments, mittels des sogenannten Trepans, durchbohrt, stammt aus dem höchsten Alterthume und ist, so nothwendig und hülfreich sie auch in manchen Fällen sein mag, doch auch sehr gemisbraucht worden. Vermag sie auch unter manchen Umständen allein den Kranken vom Tode zu retten, so bleibt sie doch, hauptsächlich ihrer möglichen Folgen halber, immer eine bedenkliche Operation und sollte deshalb nur mit der größten Umsicht unternommen werden. Man schreitet zu dieser Operation, entweder um einer auf der Oberfläche des Gehirns ergossenen Flüssigkeit, die meistens aus Blut, zuweilen aber auch aus [467] Eiter besteht, einen Ausweg zu verschaffen, oder um ein eingesunkenes Knochenstück emporzuheben, oder um einen in den Bereich der Schädelhöhle eingedrungenen fremden Körper hervorzuziehen und dadurch den so leicht lebensgefährlich werdenden Druck auf das Gehirn und die davon abhängige Reizung und Entzündung desselben mit ihren weitern Folgen abzuwenden, also meistens in Fällen von Kopfverletzungen. Nicht alle Gegenden des Schädels eignen sich gleich gut zur Trepanation, denn wenn man auch in dringenden Nothfällen im ganzen Umfange desselben trepaniren kann, verschont man doch gern den Theil der Stirn, wo sich die Stirnhöhlen befinden, ferner die Schläfengegend und die Nähte. Die Operation selbst wird auf folgende Weise vollzogen. Zuerst werden an der Stelle des Kopfes, wo trepanirt werden soll, die Haare wegrasirt, dann die etwa vorhandene Hautwunde vergrößert oder, wenn eine solche nicht vorhanden, die Haut bis auf den Knochen, am liebsten durch einen Kreuzschnitt, getrennt, obschon die Gestalt des Hautschnittes sowol nach der Art und Stelle der Verletzung als auch nach der Zahl der aufzusetzenden Trepankronen auch eine andere sein kann, die dadurch gebildeten Hautlappen hierauf zurückgeschlagen und die vielleicht noch an den Knochen haftende Beinhaut abgeschabt. Hierauf setzt man, nachdem zuvor mit der sogenannten Pyramide, einem stählernen Stifte, ein kleines Loch in den Knochen gebohrt worden ist, den Trepan oder die Trephine (ein hohler eiserner Cylinder von dem Durchmesser ungefähr eines Zolles, dessen unterer Rand, die Krone, sägeförmige, sehr scharfe Zähne hat) wo möglich in senkrechter Richtung auf die zur Operation erwählte Schädelstelle und dreht nun denselben nach den Regeln der Kunst so lange um seine Achse im Kreise herum, bis ein rundes Knochenstück freigebohrt ist, welches alsdann auf eine angemessene Weise hinweggenommen wird. Ist nun eine etwa ergossene Flüssigkeit, sei es Blut oder Eiter, ausgeflossen, ein etwa in die Häute oder die Masse des Gehirns selbst eingedrungener Knochensplitter oder sonstiger fremder Körper entfernt oder ein vielleicht vorhandener Knocheneindruck beseitigt, so wird zwischen die Ränder der Hautwunde ein leichtes, mit einer milden Salbe bestrichenes Charpiebäuschchen gebracht, sodaß es, ohne die Hirnhaut zu drücken, auf dem Rande der Knochenöffnung aufliegt, dann mit einer dünnen Compresse bedeckt, darauf das Ganze durch ein Kopftuch oder eine Binde in seiner Lage erhalten und nun die Wunde, sobald es die Umstände gestatten, zugeheilt. Hierzu dient die tägliche Erneuerung des Verbandes, der immer darauf berechnet sein muß, die Vereinigung der Theile zu befördern, ein möglichst ruhiges Verhalten von Seiten des Kranken, eine angemessene Behandlung desselben mit Aderlässen, kalten Überschlägen, Abführmitteln u.s.w. Ehe es jedoch zur wirklichen Heilung oder Vernarbung kommt, vergeht gewöhnlich lange Zeit, während welcher die junge Narbe die größte Aufmerksamkeit verdient. Da diese nun, selbst bei jungen Leuten, nur nach und nach, bei Erwachsenen aber nie die Festigkeit wie die übrige Schädeldecke erhält, so muß sie bei jüngern Personen bis dahin, bei Erwachsenen aber das ganze Leben hindurch mit einer Platte von gekochtem Leder oder von weich ausgefüttertem Metall bedeckt werden, um das Gehirn gegen äußere Einflüsse zu schützen. Unter manchen Umständen kann es nothwendig werden, die Trepanation zu wiederholen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 467-468.
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