Tyrus

[506] Tyrus, im A. T. Zor genannt, war nach Sidon die berühmteste See- und Handelsstadt Phöniziens (s.d.), von der an der Nordküste von Afrika und an der Westküste von Europa Colonien angelegt wurden, deren Handel sich über alle Länder am Mittelmeere, ja bis Britannien und vielleicht ins baltische Meer erstrekte, und welcher Karavanen die Erzeugnisse Arabiens und Indiens zuführten. König David bekam von T. das Cedernholz zum Bau seines Palastes auf Jebus, und Salomon berief daher die Werkmeister zum Tempelbau, denn in T. blühten auch Künste und Wissenschaft. Nach einer Belagerung von 13 Monaten wurde T. 586 v. Chr. durch die Assyrer eingenommen, noch während der Belagerung aber hatte sich ein großer Theil der Bewohner auf einer nahen, kleinen Felseninsel angesiedelt und dieses neue T. erhob sich schnell zu hoher Blüte. Als Alexander der Große sich Phönizien und Syrien schon unterworfen hatte, widerstand ihm T. allein noch und ward erst nach siebenmonatlicher Gegenwehr dadurch erobert, daß Alexander vom Lande aus einen Damm hinüberführen ließ. Die damals gänzlich verheerte und entvölkerte Stadt scheint indeß bald wieder aufgebaut worden zu sein, verlor aber ihre Handelsverbindungen mit Ostindien an Alexandrien, war jedoch bis spät in die röm. Zeiten noch ein wichtiger, auch durch seine Purpurfärbereien berühmter Handelsort. Im I. 335 fand in T. eine vom Eusebius geleitete Kirchenversammlung statt, und während der Kreuzzüge wurde es nach einigen mislungenen Versuchen endlich 1124 von den Kreuzfahrern eingenommen und lange behauptet, seit Ende des 13. Jahrh. aber war es in den Händen der Mohammedaner und ist zu dem unbedeutenden auf einer Halbinsel liegenden Orte Sur mit höchstens 3000 Einw. herabgesunken, der außer einigen Cisternen kein Denkmal des Alterthums mehr aufzuweisen hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 506.
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