Nerven

Nervensystem des Menschen. I. Gehirn. 1. Gehirn, im Schädel liegend, von oben gesehen; bei der rechten Hälfte ist die Harte Hirnhaut entfernt. 2. Gehirn von unten gesehen (Gehirnbasis). 3. Senkrechter Längsschnitt durch das Große und Kleine Gehirn in der Richtung der Mittellinie. 4. Wagerechter Schnitt in der Richtung a b der Fig. 3. 5. Frontaler senkrechter Schnitt in der Richtung c d der Fig. 3. 6. Schnitt durch das Kleine Gehirn in der Richtung e f der Fig. 3. 7. Großhirnwindungen im Querschnitt. 8. Gehirnhälfte eines fünfwöchigen, 9. eines sechsmonatigen Embryos.
Nervensystem des Menschen. I. Gehirn. 1. Gehirn, im Schädel liegend, von oben gesehen; bei der rechten Hälfte ist die Harte Hirnhaut entfernt. 2. Gehirn von ...
Nervensystem des Menschen. II. Rückenmark. Ganglienzellen. Nervenelemente. 1. Übergang des Rückenmarks ins Gehirn, von unten gesehen. 2. Rückenmark von vorn, 3. von links. 4. Austritt von Rückenmarksnerven aus dem Mark. 5. Verlauf der Nervenfasern im Rückenmark (Querschnitt). 6. Querschnitt durch das Rückenmark im Hals-, 7. im Rücken-, 8. im Lenden-, 9. im Endteil. 10. Markhaltige Nervenfasern. 11. Ebensolche, mit sichtbar gemachtem Achsenzylinder. 12. Marklose Nervenfasern. 13. Motorische Ganglienzelle aus dem Rückenmark. 14. Sensible Ganglienzelle. 15. Schema der sensiblen Nervenfaser. 16. Schema der motorischen Nervenfaser.
Nervensystem des Menschen. II. Rückenmark. Ganglienzellen. Nervenelemente. 1. Übergang des Rückenmarks ins Gehirn, von unten gesehen. 2. Rückenmark von vorn, ...

[255] Nerven (lat.), Organe des tierischen Körpers, die das Empfinden, Denken und Bewegen vermitteln. [Hierzu die Tafeln: Nervensystem I und II.] Das Nervensystem zerfällt bei höhern Tieren in das animale (Gehirn und Rückenmark als Zentralorgane und die daselbst entspringenden N.) und vegetative oder sympathische Nervensystem (mit den Ganglien als Zentrum und den Nervenfasern des Sympathikus als peripherischem Teil.) Das animale Nervensystem vermittelt die mit Bewußtsein verbundenen Empfindungen und Bewegungen, das vegetative regelt die Tätigkeit der Drüsen, des Darms, des Herzens etc. unter Ausschluß des Bewußtseins (Willens). Beide Systeme sind nicht streng voneinander geschieden, sondern tauschen vielfach Fasern aus. Die N. bestehen aus größern und kleinern Bündeln von Nervenprimitīvfasern, die von einer sehnigen Hülle (Nervenscheide, Neurilemma) umschlossen werden. Als anatom. und physiol. Einheit des Nervensystems gilt das Neuron (s.d.). Nachdem die N. aus den Zentralorganen als dicke Nervenstämme herausgetreten sind, spalten sie sich nach und nach in immer feinere Bündel, in Nervenzweige, Nervenästchen und endlich Nervenfädchen oder Primitivnervenfasern; letztere bestehen aus dem weißlichen, fettreichen Nervenmark (Markscheide), das stellenweise unterbrochen ist, so daß der N. wie eingeschnürt erscheint (Ranviersche Schnürringe), und dem in der Achse des N. gelegenen Achsenzylinder, der die Fortsetzung des Achsenzylinderfortsatzes der Ganglienzellen ist. Von den Nervenfasern leiten die sensiblen oder Zentripetalnervenfasern die erhaltenen Empfindungseindrücke nach dem Gehirn zu, wo sie zum Bewußtsein kommen, während die zentrifugalen, motorischen oder Bewegungs-N. den Anstoß des Willens vom Gehirn auf die Bewegungsorgane (Muskeln) übertragen. Die Gefäß-N. (vasomotorischen N.) bewirken als Vasokonstriktoren die Verengerung und als Vasodilatatoren die Erweiterung der arteriellen Blutgefäße; ihre Zentren gehören größtenteils dem sympathischen Nervensystem an. Der Mechanismus der Wechselwirkung unter den N. ist durch die Nervenphysik aufgeklärt worden. Bei unwillkürlichen Verrichtungen gehen die Empfindungsanstöße nur bis in das Rückenmark und werden dort auf die Bewegungs-N. übertragen (Reflextätigkeit, Nervenreflex). Außerdem sind die N. bei der Ernährung tätig, indem sie auf die Abscheidung der verschiedenen Drüsen (Speicheldrüsen, Schweißdrüsen u.a.) einen direkten Einfluß üben (sekretorische N.). Die motorischen N. enden an den Muskelfasern mit plattenförmigen Gebilden (motorische Endpaltte), die Empfindungs-N. mit kolben- oder knopfartigen Apparaten (End- oder Terminalkörperchen). Bei den höhern Tieren gehen vom Gehirn 12 Paar Hirn- oder Schädel-N. ab, vom Rückenmark 31-32 Paar Rückenmarks-N., von denen jeder mit einer vordern motorischen und einer hintern sensitiven Wurzel entspringt. Von den Ganglien (s.d.) gehen die N. namentlich nach den Eingeweiden und den Blutgefäßen, während die Ganglien selbst mit dem [255] Rückenmark durch andere Fäden in vielfacher Verbindung stehen. Die Schnelligkeit der Fortpflanzung eines Reizes im N. beträgt 33 m in der Sekunde. Jeder Reiz erzeugt die der Natur des N. entsprechende Vorstellung (beim Seh-N. Licht, beim Gehör-N. Schall etc.), die Empfindungs-N. verlegen den durch den Reiz erzeugten Schmerz an die Nervenendigungen (Gesetz der peripherischen oder exzentrischen Lokalisation). Die Lehre von den N., die Neurologie, ist ein Zweig der Anatomie. Über Erkrankungen der N. s. Nervenkrankheit. – Vgl. Bethe, »Anatomie und Physiologie des Nervensystems« (1903); Krafft-Ebing, »Gesunde und kranke N.« (5. Aufl. 1903); Forel, »Hygiene der N.« (2. Aufl. 1905).

Bei den wirbellosen Tieren ist ein Gehirn nicht vorhanden und die Anordnung des Nervensystems sehr verschieden. Bei den Armfüßern findet sich als Zentralorgan um den Schlund ein Nervenring (Schlundring) mit Ganglien, bei Tieren, die Kolonien bilden, besteht zum Teil ein Zusammenhang zwischen den Ganglienknoten der Einzeltiere (Kolonialnervensystem), bei den Kopffüßern ist der Schlundring mächtig entwickelt, die von dem obern Teil desselben entspringenden Seh-N. bilden vor dem Eintritt in das Auge eine große Anschwellung, das Sehganglion, während sich noch verschiedene kleinere Ganglien an den Kiemen, großen Gefäßen und Eingeweiden finden. Bei den Würmern sind neben dem Schlundring zwei Bauchstränge (Bauchmark) vorhanden.

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 255-256.
Lizenz:
Faksimiles:
255 | 256
Kategorien: