Schwefelsäure

[669] Schwefelsäure, die Verbindung des Schwefeltrioxydes mit Wasser, kommt in der Natur hauptsächlich in Salzen vor. Schwefelsäureanhydrid (Schwefeltrioxyd), entsteht beim Überleiten von Schwefeldioxyd mit Sauerstoff über Platinasbest oder erhitztes Eisenoxyd, Chrom- oder Manganoxyd, bildet lange, farblose, wasserfreie Prismen, schmilzt bei 15°, siedet bei 46°, raucht stark an der Luft, indem es Wasser anzieht und in Schwefelsäurehydrat übergeht; verbindet sich mit explosiver Heftigkeit mit Wasser; wird in der Teerfarbenindustrie verwendet, meist in S. gelöst, als rauchende S. (Nordhäuser S., Vitriolöl). Diese wird bereitet durch Destillation von basischem Ferrisulfat (durch Rösten von Eisenvitriol gewonnen), jetzt vielfach durch Lösen von Schwefeltrioxyd in konzentrierter S., und bildet eine ölige Flüssigkeit, die schon bei gewöhnlicher Temperatur Schwefelsäureanhydrid abdunsten läßt und daher raucht; spez. Gewicht 1,85-1,90; scheidet beim Abkühlen Kristalle von Pyro-S. ab, die bei 35° wieder schmelzen; Pyro-S. dient zum Lösen des Indigos, zur Darstellung vieler Teefarben, zur Verarbeitung des Erdwachses. Gewöhnliche oder engl. S. wird im großen durch Oxydation von schwefliger Säure durch Salpetersäure in Gegenwart von Wasserdämpfen hergestellt. Die schweflige Säure wird durch Rösten von Eisenkies in besondern Öfen (Kiesöfen) oder als Nebenprodukt metallurgischer Operationen gewonnen, mit überschüssiger Luft in große, mit Bleiplatten bekleidete Räume (Bleikammern, in neuerer Zeit vielfach ersetzt durch mit Siebplatten aus säurefestem Steinzeug ausgesetzte Türme, sog. Plattentürme) geleitet und hier mit Salpetersäuredämpfen und Wasserdampf innig gemischt. Auf dem Boden der Kammern sammelt sich eine verdünnte S. (Kammersäure; 50-55° B., spez. Gewicht 1,5) an; die zu Stickstoffoxyd reduzierte Salpetersäure wird durch die mitgeführte Luft wieder oxydiert zu Stickstofftetroxyd, das von neuem schweflige Säure in S. überführt, zum Teil aber durch die großen Mengen mitgeführten Stickstoffes aus den Kammern fortgeführt wird. Um Salpetersäureverluste zu vermeiden, leitet man die Abgase durch einen mit Koks ausgesetzten Turm (Gay-Lussac-Turm), in dem starke S. herabrieselt, die Stickstoffoxyde zu sog. nitroser Säure (Gay-Lussac-Säure) bindet. Die nitrose Säure verdünnt man mit Kammersäure und läßt sie im Gloverturm (zwischen Kiesöfen und Bleikammern) heruntertropfen; hier entzieht die schweflige Säure ihr die Stickstoffoxyde, und die Kammersäure wird konzentriert. Fehlt es in den Bleikammern an Wasserdampf, so scheidet sich kristallinische Nitrosyl-S. (Nitrosulfonsäure, Bleikammerkristalle) ab, die durch mehr Wasser in S. und Stickoxyde zerfällt. Die Kammersäure wird in Bleipfannen konzentriert bis zum spez. Gewicht 1,75 (60° B., 80 prozentige S.): Pfannensäure, und weil sie bei höherm Gehalt Blei angreift, weiterhin in Gefäßen von Glas oder Platin bis zum spez. Gewicht 1,84 (66° B., 92-94 prozentige Säure): rohe engl. S.; enthält immer Bleisulfat, meist Arsensäure und Stickstoffoxyde und ist durch Berührung mit organischen Stoffen (Stroh u.a.) gelb bis braun gefärbt, liefert durch Destillation aus Platinretorten reine konzentrierte oder destillierte S., nur noch 11/2 Proz. Wasser enthaltend, die beim Abkühlen Kristalle von wasserfreier S. abscheidet; diese schmilzt bei 10,5°, raucht schwach an der Luft. Konzentrierte S. wirkt höchst ätzend, verkohlt organische Substanzen, ist ein heftiges Gift, hat eine große Verwandtschaft zum Wasser, zieht aus der Luft Feuchtigkeit an, entwickelt beim Mischen mit Wasser soviel Wärme, daß das Wasser zum Sieden kommen kann. Die Hauptmenge der S. dient zur Sodafabrikation und zur Gewinnung von Superphosphaten. Die schwefelsauren Salze (Sulfate) entstehen aus der Säure und Metallen oder durch Umsetzung mit Basen und mit Salzen leichter flüchtiger Säuren (Karbonaten, Nitraten, Chloriden); die sauren oder primären Sulfate sind meist in Wasser löslich, von den neutralen oder sekundären Salzen sind die des Kalziums, Strontiums, Baryums und Bleies schwer oder gar nicht löslich und dienen zur Abscheidung der S. aus Lösungen; Sulfate entstehen auch durch Erhitzen von Sulfiden mit Luft (Rösten). Die einzelnen Salze sind bei den betreffenden Metallen erwähnt. – Vgl. Lunge (2. Aufl. 1893); Jurisch (1893), Mierzinski (1904).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 669.
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