Cenresi

[312] Cenresi. In der Religionslehre der Tibetaner der in und durch die Natur wirkende, allverbreitete Stoff, die schöpferische[312] Gotteskraft, entsprossen der Blume Pema, ein Kind von strahlender Schönheit. Er bestand viele Incarnationen, und war in einer solchen der erste König von Tibet unter dem Namen Gina-thritz-tengo, geboren von Mangklaba, einer Königin Hindostans. In Tibet lehrte er Ackerbau, Gesetz und Künste, und regierte ein und neunzig Jahre. Seltsam ist seine Gestalt. Eilf Menschenköpfe trägt er pyramidenförmig über einander, deren oberster mit Strahlen gekrönt, und um dessen holdrothes Antlitz sich himmelblaue Locken ringeln. Eine lange leuchtende Locke fällt über die Stirne, die eine Königskrone, geziert mit Blumenarabesken und funkelnden Edelsteinen ziert. – Einst erwachte aus tiefsinnender Selbstbeschauung der Gott, und erblickte die Welt, und sah, wie verdorben die Menschen geworden, und vom Pfad der Heiligkeit abwichen, da rannte er mit dem Kopf aus Trauer, Zorn und Verzweiflung an eine Mauer, daß jener in eilf Theile zersprang, doch rettend eilte der Gott Hopamé herbei aus dem höchsten Himmel, verband und heilte, und bildete aus jedem Stück einen besondern Kopf, daher die abenteuerliche Bildung, die auch acht Arme hat. Drei linke Hände tragen zum Gedächtniß die Blume Pema, einen Bogen und Pfeil, und ein wassergefülltes Kupfergefäß, drei rechte einen Betkranz von reinem Wasserkrystall, ein Rad, und einen alle Schmerzen stillenden Ring. Die beiden übrigen Hände sind stets zum Gebet gefaltet. Außerdem ist das Bild mit schönem weiblichen Schmuck behangen, und in reiche golddurchwirkte Gewande gekleidet. Eine weiße Pemablume von außerordentlicher Größe und blendendem Glanz ist der Thron dieses wunderbaren tibetanischen Gottes.

–ch–

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Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 312-313.
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