Drama

[220] Drama. Drama bedeutet (nach dem Griechischen) eine Handlung.[220] Gewöhnlich bezeichnet man mit diesem Worte das Schauspiel, welches zwischen dem Trauerspiele und Lustspiele in der Mitte steht; als Kunstausdruck hingegen umfaßt Drama das ganze Gebiet der dramatischen Poesie. Das Drama unterscheidet sich vom lyrischen Gedichte dadurch, daß dieses nur der Ausdruck eines persönlichen Gefühls ist, in jenem aber der Dichter eine Handlung vor unsern Augen als gegenwärtig geschehen läßt, und eben so vom epischen Gedichte, worin der Dichter eine Begebenheit als vergangen erzählt. Der Unterschied zwischen Drama und Epos ist ein sehr seiner und besteht einzig darin, daß man in der Erzählung zurück- und im Drama vorwärts bewegt wird. » Das Drama ist eine einzige, in sich abgeschlossene, interessante Handlung, dargestellt als gegenwärtig, zur Erregung und Läuterung der Gefühle.« Das Drama, wie diese Definition sagt, fordert eine einzige Handlung. Schon dadurch unterscheidet es sich vom Epos wesentlich, da in diesem mehrere Handlungen an einander gereiht werden, Episoden. Ferner muß diese eine Handlung im Drama eine in sich abgeschlossene sein, d. h. sie muß Anfang, Mitte und Ende haben. Der Anfang (Exposition) führt die Personen vor, entwickelt die Charaktere derselben und deutet auf das zu Geschehende hin. Die Mitte (Verwickelung, Schürzung des Knotens) ist das Vorschreiten der Handelnden und das Eintreten mächtiger Hindernisse, Steigerung der Leidenschaften, Erregung der Furcht oder Hoffnung. Das Ende (Katastrophe) ist die Lösung des Knotens, das Anlangen der Handelnden am Ziele oder dort, wo sie im Conflicte mit den Hemmnissen zu Grunde gehen. Endlich muß die Handlung auch eine interessante sein. Aus dem Charakter der Person entsteht das Interesse, das wir an ihr nehmen. Interessant wird eine Handlung durch Charakteristik und die Motivirung dessen, was geschieht. Die Charaktere müssen neu und wahr sein; neu – durch neue Lebensansichten, wahr – durch Consequenz. Eine Handlung ist gut motivirt, wenn darin nichts geschieht, was[221] nicht aus den Charakteren entspringt und ihre Entwickelung eine nothwendige, d. i. moralisch bedingte, ist. Der Zweck des Drama ist Erregung und Läuterung der Gefühle. Erregt wird unser Mitgefühl durch das Interesse, das wir an den handelnden Personen nehmen, wie durch das Interessante der Handlung selbst. Da der Zweck der Kunst Beruhigung ist, so ist es nicht genug, daß in Drama Gefühle in uns erregt werden, sondern sie müssen sich an Schlusse harmonisch auflösen, sich läutern. Diese Läuterung liegt in der echten Motivirung der Katastrophe, denn wir wissen uns sodann die Gründe zur Milderung des Schmerzes wie zur Erhöhung der Freude anzugeben. – Die Sprache im Drama (Diction) muß eine dem Gegenstande (Süjet) wie den Charakteren besonders angepaßte sein; je übereinstimmender diese mit den Personen und der jedesmaligen Situation ist und je weniger sie die des Dichters selbst scheint, desto besser ist sie; zu berücksichtigen ist hierbei die Zeit und der Ort, wann und wo gesprochen wird, so wie überhaupt. Alles, was zur Charakteristik der Personen gehört: Land, Zeitalter, Sitte. – Das Drama umfaßt: Trauerspiel (Tragödie); Schauspiel, Melodrama; Lustspiel (Komödie), Parodie, Travestie, Posse; Oper, Singspiel, Ballet, Pantomime – gehören nur in Bezug auf Erfindung und künstlerische Behandlung des Stoffes hierher. (Siehe die einzelnen Art. nach.)

B–l.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 220-222.
Lizenz:
Faksimiles:
220 | 221 | 222
Kategorien: