Getreide

[419] Getreide. Allgemeine Benennung derjenigen halmtragenden Grasarten, welche vermöge ihrer größern, mehlreichern Samenkörner[419] zur Nahrung dienen. Unstreitig die wichtigsten Gewächse im Gebiet des Pflanzenreichs, deren Anbau Millionen beschäftigt und ernährt. Die Kultur der verschiedenen Getreidearten kann als die wahre Grundlage eines gesitteten Staats betrachtet werden (s. Ackerbau). Unrichtig legt man einzelnen Getreidearten den Namen Korn bei, z. B. in einem großen Theil von Deutschland dem Roggen, in Frankreich dem Weizen, in England dem Spelz, in Nordamerika dem Mais, was nur zu Mißverständnissen Anlaß gibt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß alle Getreidesorten irgendwo auf dem Erdboden wild wachsen, wie z. B. Gerste und Hafer in Deutschland; aber eben so gewiß ist es auch, daß sie ihre Vollkommenheit in diesem wilden Zustande nicht so erreichen, als wenn sie angebaut werden. In wärmern Himmelsstrichen, in Asien, Afrika und Amerika, scheinen sie sämmtlich einjährig zu sein, und nur bei uns sind einige Arten durch Anbau an Durchwinterung gewöhnt worden, weil unsre Sommerzeit zur Reise nicht hinreichend war. Sie haben mit den meisten Gräsern Bestaudung und Bestockung aus ihren untern Wurzelknoten gemein, indem sie neue Sprossen und Halme daraus treiben. Die faserigen Wurzeln verbreiten sich größtentheils in die Oberfläche des Bodens, diesen gleichsam durch das dichte Gewebe verschließend, indeß nur ein geringer Theil in die Tiefe geht, wenn er Lockerheit und Nahrungsstoff daselbst findet.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 419-420.
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