Hahnengefechte

[118] Hahnengefechte, sollen von Themistokles zum Andenken an die gute Vorbedeutung, welche einige kämpfende Hähne ihm gaben, als er gegen die Perser zog, in Athen für die Volksbelustigung eingeführt worden sein. Sie wurden alljährlich gehalten und man wählte dazu die starken und vorzüglich muthigen Hähne von Delos, Rhodos, Tanagra und Chalkis. Kleine silberne oder stählerne Sporen, die ihnen an die Füße befestigt wurden, machten das durch den Genuß anreizender Dinge, als des Knoblauchs u. dergl., zur höchsten Wuth aufgeregte Naturell dieser streitsüchtigen Thiere noch lebensgefährlicher für einander, und die Zuschauer nahmen durch Wetten den leidenschaftlichsten Antheil an diesem grausamen Schauspiele, gleichwie an den ähnlichen Wachtelkämpfen. Bei den Römern waren die Hahnengefechte nicht Gegenstände des öffentlichen Vergnügens, sondern dienten meist nach den üppigen Gastmählern der Reichen zur Privatunterhaltung. Die Lehrer des Christenthums eiferten heftig dagegen, dennoch erhielten sie sich auch im Mittelalter und sind noch heute in England an der Tagesordnung. Aus Hamburg bezog dieser Staat ehemals eine ganz[118] besonders große und tapfere Art Hähne, Sammthosen (culottes de velours) genannt, weil ihre Schenkel mit schwarzen, gelockten Haaren dicht bewachsen sind; gegenwärtig wird eine eigene Art Kampfhähne, Abkömmlinge des Fasans und der gemeinen Haushenne, im Lande selbst gezogen. Die Personen, welche aus deren Fütterung und Abrichtung einen Erwerbszweig machen, bemühen sich, ihr Verfahren geheim zu halten, nichts desto weniger ward indeß bald das Wesentlichste dieser Kunst bekannt. Zum Kampfe selbst putzt man die Streiter förmlich an, indem man ihnen die Federn auf herkömmliche Weise zustutzt und sie mit den mörderischen Sporen versieht. Hierauf werden sie gegen einander abgewogen und die Leichtesten beginnen zuerst. Die also Vorbereiteten schreiten sich nun, gleich den ehemaligen Rittern im Turnier, gewaltig hochmüthig entgegen, streifen dann mit gestreckten Flügeln rauschend über den Boden hin, sträuben die Halsfedern und den Schwanz wechselnd empor, nicken mit den Köpfen ausfordernd zu und fliegen oder springen auf einander los. Wie die Fasane lassen sie vom Kampfe nur ab, wenn sie bis zur äußersten Ermüdung auf einander gehackt und gekrallt haben, um bald von Neuem anzufangen. Wirkliche Streithähne wiederholen dieß auf 20–30 Mal, bis einer von Beiden todt und zerfleischt zu Boden sinkt, oder beschämt wegschleicht, wenn er mit dem Leben davon kommt, worauf gewöhnlich der Sieger laut aufkräht und sich in stolzer Stellung brüstet. Außer Europa sind diese Kämpfe auch in China, Persien, Tunkin, Siam, auf Malacca und Java beliebt. Die Malayen haben eine solche Passion für dieß blutige Spiel, daß es nichts Seltenes ist, Reisende mit ihren Hähnen unterm Arme zu sehen. Kommen sie in ein Dorf, so beginnt der Kampf des Fremden mit den Heimischen und die im Kreise um die Fechter lagernden Zuschauer wetten für und gegen sie. Statt der Sporen befestigt man ihnen dort kleine, haarscharfgeschliffene Dolche an die Füße und eine Menge Schleifer leben blos vom Schärfen dieser Messerchen. Die Thiere selbst haben eine solche Kampfgier, daß der[119] Streit fast immer mit dem Tode des einen Kämpfers endigt, was die vollkommen gut gezogenen in England zu vermeiden suchen. Unter den Indianern Amerika's ist dieß mit den spanischen Stiergefechten und den neapolitanischen Wachtelkämpfen so verwandte Volksvergnügen auch bekannt.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 118-120.
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