Hasse, Faustina

[183] Hasse, Faustina, eine der größten Sängerinnen ihrer Zeit, Gemahlin des ausgezeichneten Componisten Hasse, stammte aus der venetianischen Künstlerfamilie Bordoni und wurde zu Venedig 1700 geboren. Schon bei ihrem ersten Auftreten in ihre Vaterstadt bezauberte sie durch den Wohlklang ihrer Stimme und durch treffliche Gesangsfertigkeit. Ihr Ruf verbreitete sich bald über ganz Europa, durch Reisen nach Deutschland, Frankreich und [183] England. Zu Florenz wurden ihr zu Ehren Denkmünzen geprägt. – Frühzeitig erwarb sie große Reichthümer und frühzeitig schon zog sie sich von der Bühne zurück. Sie ging nach ihrer Vaterstadt Venedig und lebte dort zurückgezogen, unbefriedigten Herzens, ruhend auf ihren Lorbeeren. Ruhmbedeckt, mit vielem Vermögen hatte sie London verlassen, aber unzufrieden, durch ihr ausgezeichnetes Talent kein Herz dauernd gefesselt zu haben. In Venedig hörte sie von Hasse, als einem trefflichen Clavierspieler, feurigen Sänger und begabten Componisten sprechen, der Schönheit und Jugend mit seiner Bildung verband. Sie lernte ihn in einer Gesellschaft kennen, bewunderte sein großes Talent, achtete sein Benehmen, liebte Gestalt und Herz, und bald wurde er Gatte der 27jährigen, in voller Blüthe prangenden Jungfrau. Dem Talent des Künstlers, seinem ganzen Kunstleben gab diese Verbindung eine ungeheure Schwungkraft. Alles vereinigte sich, um sein Gemüth zu erheben, der Liebe Gewalt, das sorgenfreie, glückliche Leben, seine ehrenvolle Anstellung als Kapellmeister, die mitfühlende, mitwirkende Gattin und ihr Ruhm. 1731 ging Faustina mit ihrem Gatten, der Oberkapellmeister des k. polnischen Hoftheaters wurde, nach Dresden; sie als erste Sängerin. Beide bezogen einen Gehalt von 12,000 Rthlr. – Gefeiert und bewundert lebten sie hier eine glückliche Zeit – bis sie die Sehnsucht wieder nach dem melodienreichen Süden trieb. Sie gingen nach geraumer Zeit nach Wien zum kaiserl. Hoftheater, wo Beiden die ehrendste Aufnahme ward. Aber von da trieb sie das Verlangen nach ihrer Vaterstadt, wo die Morgensonne ihres thatenreichen, ruhmgekränzten Lebens aufgegangen war. Das Todesjahr der größten dramatischen Sängerin ihrer Zeit ist leider unbekannt. Zeitgenossen überbieten sich, die Gewalt, den Wohlklang und Schmelz ihrer Stimme, die ungeheure Fertigkeit, den glutvollen, großartigen Vortrag, ihre gewaltige Begeisterung und ihre vollendete dramatische Darstellung zu preisen. Gestalt, Schönheit und antiker Schnitt des Gesichtes befähigten[184] sie vorzugsweise zur heroischen Gattung, worin sie unübertroffen glänzte und alle berühmten Rivalinnen ihrer Zeit besiegte. Der Kothurn war ihre Höhe! – Auf der ihr zu Ehren geprägten Denkmünze wurde sie die Hohe genannt.

B.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 183-185.
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