Fußnoten

1 Dies sagt ausdrücklich Dio 51, 23 zum J. 725 [29]: τέως μὲν οὐν ταῦτ᾽ ἐποίουν (d.h. so lange die Bastarner nur die Triballer – bei Oescus in Niedermoesien – und die Dardaner in Obermoesien angriffen), οὐδὲν σφίσι πρᾶγμα πρὸς τοὺς Ῥωμαίους ἠν˙ ἐπεὶ δὲ τόν τε Αἷμον ὑπερέβησαν καὶ τὴν Θρᾴκην τὴν Δενϑελητῶν ἔνσπονδον αὐτοῖς οὐσαν κατέδραμον κ. τ. λ. Die Bundesgenossen in Moesien, von denen Dio 38, 10 spricht, sind die Küstenstädte.


2 Wenn Dio sagt (51, 23): τὴν Σεγετικὴν καλουμένην προσεποίησατο καὶ ἐς τὴν Μυσίδα ἐνέβαλε, so kann jene Stadt wohl nur Serdica sein, das heutige Sofia, am oberen Oescus, der Schlüssel für das moesische Land.


3 Nach dem Feldzug des Crassus ist das eroberte Land wahrscheinlich in der Weise organisirt worden, daß die Küste zum thrakischen Reich kam, wie dies Zippel röm. Illyricum S. 243 dargethan hat, der westliche Theil aber ähnlich wie Thrakien den einheimischen Fürsten zu Lehn gegeben ward, an deren eines Stelle der noch unter Tiberius fungirende praefectus civitatium Moesiae et Triballiae (C.I.L. V, 1838) getreten sein muß. Die übliche Annahme, daß Moesien anfänglich mit Illyricum verbunden gewesen sei, ruht nur darauf, daß dasselbe bei der Aufzählung der im Jahre 727 [27] zwischen Kaiser und Senat getheilten Provinzen bei Dio 53, 12 nicht genannt werde und also in ›Dalmatien‹ enthalten sei. Aber auf die Lehnstaaten und die procuratorischen Provinzen erstreckt sich diese Aufzählung überhaupt nicht und insofern ist bei jener Annahme alles in Ordnung. Dagegen sprechen gegen die gewöhnliche Auffassung schwerwiegende Argumente. Wäre Moesien ursprünglich ein Theil der Provinz Illyricum gewesen, so hätte es diesen Namen behalten; denn bei Theilung der Provinz pflegt der Name zu bleiben und nur ein Determinativ hinzuzutreten. Die Benennung Illyricum aber, die Dio ohne Zweifel a.a.O. wiedergiebt, hat sich in dieser Verbindung immer beschränkt auf das obere (Dalmatien) und das untere (Pannonien). Ferner bleibt, wenn Moesien ein Theil von Illyricum war, für jenen Praefecten von Moesien und Triballien, resp. seinen königlichen Vorgänger kein Raum. Endlich ist es wenig wahrscheinlich, daß im J. 727 [27] einem einzigen senatorischen Statthalter ein Commando von dieser Ausdehnung und Wichtigkeit anvertraut worden ist. Dagegen erklärt sich alles einfach, wenn nach dem Kriege des Crassus in Moesien kleine Clientelstaaten entstanden; diese standen als solche von Haus aus unter dem Kaiser und da bei deren successiver Einziehung und Umwandlung in eine Statthalterschaft der Senat nicht mitwirkte, konnte sie leicht in den Annalen ausfallen. Vollzogen hat sie sich in oder vor dem J. 743 [11], da der damals den Krieg gegen die Thraker führende Statthalter L. Calpurnius Piso, dem Dio 54, 34 irrig die Provinz Pamphylien beilegt, als Provinz nur Pannonien oder Moesien gehabt haben kann und, da in Pannonien damals Tiberius als Legat fungirte, für ihn nur Moesien übrig bleibt. Im J. 6 n. Chr. erscheint sicher ein kaiserlicher Statthalter von Moesien.


4 Der officielle Titel des Cottius war nicht König, wie der seines Vaters Donnus, sondern ›Gauverbandsvorstand‹ (praefectus civitatium), wie er auf dem noch stehenden im Jahre 745/6 [9/8] von ihm zu Ehren des Augustus errichteten Bogen von Susa genannt wird. Aber die Stellung war ohne Zweifel lebenslänglich und, unter Vorbehalt der Bestätigung des Lehnsherrn, auch erblich, also insofern der Verband allerdings ein Fürstenthum, wie er auch gewöhnlich heißt.


5 Wir kennen diese Straße nur in der Gestalt, die der Sohn des Erbauers Kaiser Claudius ihr gab; ursprünglich kann sie natürlich nicht via Claudia Augusta geheißen haben, sondern nur via Augusta, und schwerlich als ihr Endpunkt in Italien Altinum, ungefähr das heutige Venedig, betrachtet worden sein, da unter Augustus noch alle Reichsstraßen nach Rom führten. Daß die Straße auch durch das obere Etschthal lief, ist erwiesen durch den bei Meran gefundenen Meilenstein (C.I.L. V, 8003); daß sie an die Donau führte, ist bezeugt, die Verbindung dieses Straßenbaus mit der Anlage von Augusta Vindelicum, wenn dies auch zunächst nur Marktflecken (forum) war, mehr als wahrscheinlich (C.I.L. III p. 711); auf welchem Wege von Meran aus Augsburg und die Donau erreicht wurden, wissen wir nicht. Späterhin ist die Straße dahin corrigirt worden, daß sie bei Botzen die Etsch verläßt und das Eisackthal hinauf über den Brenner nach Augsburg führt.


6 Die Oertlichkeit, ›in welcher die Besser den Gott Dionysos verehren‹ und die Crassus ihnen nahm und den Odrysen gab (Dio 51, 25), ist gewiß derselbe Liberi patris lucus, in welchem Alexander opferte und der Vater des Augustus, cum per secreta Thraciae exercitum duceret, das Orakel wegen seines Sohnes befragte (Sueton Aug. 94) und das schon Herodot (2, 111; vgl. Euripides Hec. 1267) als unter Obhut der Besser stehendes Orakelheiligthum erwähnt. Gewiß ist es nordwärts der Rhodope zu suchen; wiedergefunden ist es noch nicht.


7 Daß die Schlacht bei Arbalo (Plinius h.n. 11, 17, 55) in dieses Jahr gehört, zeigt Obsequens 72 und also geht auf sie die Erzählung bei Dio 54, 33


8 Daß der Sturz des Drusus in der Saalegegend erfolgte, wird aus Strabon 7, 1, 3 p. 291 gefolgert werden dürfen, obwohl er nur sagt, daß er auf dem Heerzuge zwischen Salas und Rhein umkam und die Identification des Salas mit der Saale allein auf der Namensähnlichkeit beruht. Von der Unglücksstätte wurde er dann bis in das Sommerlager transportirt (Seneca cons. ad Marciam 3: ipsis illum hostibus aegrum cum veneratione et pace mutua prosequentibus nec optare quod expediebat audentibus) und in diesem ist er gestorben (Sueton Claud. 1). Dies lag tief im Barbarenland (Valerius Max. 5, 5, 3) und nicht allzuweit von dem Schlachtfelde des Varus (Tacitus ann. 2, 7, wo die vetus ara Druso sita gewiß auf den Sterbeplatz zu beziehen ist); man wird dasselbe im Wesergebiet suchen dürfen. Die Leiche wurde dann in das Winterlager geschafft (Dio 55, 2) und dort verbrannt; diese Stätte galt nach römischem Gebrauch auch als Grabstätte, obwohl die Beisetzung der Asche in Rom stattfand, und darauf ist der honorarius tumulus mit der jährlichen Leichenfeier zu beziehen (Sueton a.a.O.). Wahrscheinlich hat man dessen Stätte in Vetera zu suchen. Wenn ein späterer Schriftsteller (Eutrop 7, 13) von dem monumentum des Drusus bei Mainz spricht, so ist dies nicht wohl das Grabmal, sondern das anderweitig erwähnte Tro paeum (Florus 2, 30: Marcomanorum spoliis et insignibus quendam editum tumulum in tropaei modum excoluit)


9 Die Mittheilung Dios 55, 10a, zum Theil bestätigt durch Tacitus ann. 4, 44, kann nicht anders aufgefaßt werden. Diesem Statthalter muß ausnahmsweise auch Noricum und Raetien unterstellt gewesen sein oder der Lauf der Operationen veranlaßte ihn die Grenze seiner Statthalterschaft zu überschreiten. Daß er Böhmen selbst durchschritten habe, was in noch größere Schwierigkeiten verwickeln würde, fordert der Bericht nicht.


10 Auf eine rückwärtige Verbindung der Rheinlager mit dem Hafen von Boulogne dürfte die vielbestrittene Notiz des Florus 2, 30 zu beziehen sein: Bonnam (oder Bormam) et Gessoriacum pontibus iunxit classibusque firmavit womit zu vergleichen sind die von demselben Schriftsteller erwähnten Castelle an der Maas. Bonn kann damals füglich die Station der Rheinflotte gewesen sein; Boulogne ist auch in späterer Zeit noch Flottenstation gewesen. Drusus konnte wohl Veranlassung haben den kürzesten und sichersten Landweg zwischen den beiden Flottenlagern für Transporte brauchbar zu machen, wenn auch der Schreiber wahrscheinlich, um das Auffallende bemüht, durch zugespitzte Ausdrucksweise Vorstellungen erweckt, die so nicht richtig sein können.


11 Ueber die administrative Theilung Galliens fehlt es, abgesehen von der Abtrennung der Narbonensis, an allen Nachrichten, da sie nur auf kaiserlichen Verfügungen beruhte und darüber nichts in die Senatsprotokolle kam. Aber von der Existenz eines gesonderten ober- und untergermanischen Commandos geben die erste Kunde die Feldzüge des Germanicus, und die Varusschlacht ist unter jener Voraussetzung kaum zu verstehen; hier erscheinen wohl die hiberna inferiora, die von Vetera (Velleius 2, 120), und den Gegensatz dazu, die superiora können nur die von Mainz gemacht haben, aber auch diese stehen nicht unter einem Collegen, sondern unter dem Neffen, also einem Unterbefehlshaber des Varus. Wahrscheinlich hat die Theilung erst in Folge der Niederlage in den letzten Jahren des Augustus stattgefunden.


12 Das von Drusus in monte Tauno angelegte praesidium (Tacitus ann. 1, 56) und das mit Aliso zusammengestellte φρούριον ἐν Χάττοις παρ᾽ αὐτῷ τῷ Ῥήνῳ (Dio 54, 33) sind wahrscheinlich identisch, und die besondere Stellung des Mattiakergaus hängt augenscheinlich mit der Anlage von Mogontiacum zusammen.


13 Daß das ›Castell am Zusammenfluß des Lupias und des Helison‹ bei Dio 54, 33 identisch ist mit dem öfter genannten Aliso und dies an der oberen Lippe gesucht werden muß, ist keinem Zweifel unterworfen, und daß das römische Winterlager an den Lippequellen (ad caput Lupiae Velleius 2, 105), unseres Wissens das einzige derartige auf germanischem Boden, eben dort zu suchen ist, wenigstens sehr wahrscheinlich. Daß die beiden an der Lippe hinlaufenden Römerstraßen und deren befestigte Marschlager wenigstens bis in die Gegend von Lippstadt führten, haben namentlich Hölzermanns Untersuchungen dargethan. Die obere Lippe hat nur einen namhaften Zufluß, die Alme, und da unweit der Mündung dieser in die Lippe das Dorf Elsen liegt, so darf hier der Namensähnlichkeit einiges Gewicht beigelegt werden. – Der Ansetzung von Aliso an der Mündung der Glenne (und Liese) in die Lippe, welche unter andern Schmidt vertritt, steht vornehmlich entgegen, daß das Lager ad caput Lupiae dann von Aliso verschieden gewesen sein muß, überhaupt dieser Punkt von der Weserlinie zu weit abliegt, während von Elsen aus der Weg geradezu durch die Dörenschlucht in das Werrethal führt. Ueberhaupt bemerkt Schmidt (Westfälische Zeitschrift für Gesch. und Alterthumskunde 20 S. 259), kein Anhänger der Identification von Aliso und Elsen, daß die Höhen von Wever (unweit Elsen) und überhaupt der linke Thalrand der Alme der Mittelpunkt eines Halbkreises sind, welchen die vorliegenden Gebirge bilden und diese hochgelegene, trockene, bis zu dem Gebirge eine genaue Uebersicht gestattende Gegend, welche das ganze lippische Land deckt und selbst in der Front durch die Alme gedeckt ist, sich gut eignet zum Ausgangspunkt eines Zuges gegen die Weser.


14 Das und nicht mehr sagt Velleius 2, 110: in omnibus Pannoniis non disciplinae (= Kriegszucht) tantummodo, sed linguae quoque notitia Romanae, plerisque etiam litterarum usus et familiaris animorum erat exercitatio. Es sind das dieselben Erscheinungen wie sie bei den Cheruskerfürsten begegnen, nur in gesteigertem Maße; und sie sind vollkommen begreiflich, wenn man sich der von Augustus aufgestellten pannonischen und breukischen Alen und Cohorten erinnert.


15 Nimmt man an, daß von den zwölf Legionen, die gegen Maroboduus im Marsch waren (Tacitus ann. 2, 46) so viele, als wir bald nachher in Germanien finden, also fünf auf dieses Heer kommen, so zählte das illyrische Heer des Tiberius sieben, und die Zahl von zehn (Velleius 2, 113) kann füglich bezogen werden auf den Zuzug aus Moesien und Italien, die funfzehn auf den Zuzug aus Aegypten oder Syrien und auf die weiteren Aushebungen in Italien, von wo die neu ausgehobenen Legionen zwar nach Germanien, aber die dadurch abgelösten zu Tiberius Heer kamen. Ungenau spricht Velleius 2, 112 gleich im Beginn des Krieges von fünf durch A. Caecina und Plautius Silvanus ex transmarinis provinciis herangeführten Legionen; einmal konnten die überseeischen Truppen nicht sofort zur Stelle sein und zweitens sind die Legionen des Caecina natürlich die moesischen. Vgl meinen Commentar zum mon. Ancyr. ed. 2 p. 71.


16 Das sagt Velleius 2, 118: adsiduus militiae nostrae prioris comes, iure etiam civitatis Romanae eius equestres consequens gradus, was mit dem ductor popularium des Tacitus ann. 2, 10 zusammenfällt. In dieser Zeit müssen dergleichen Offiziere nicht selten vorgekommen sein; so fochten in dem dritten Feldzug des Drusus inter primores Chumstinctus et Avectius tribuni ex civitate Nerviorum (Livius ep. 141) und unter Germanicus Chariovalda dux Batavorum (Tac. ann. 2, 11).


17 Das Bildniß des Varus zeigt eine Kupfermünze der africanischen Stadt Achulla, geschlagen unter seinem Proconsulat von Africa im J. 747/8 d. St., vor Chr. 7/6 (L. Müller num. de l'ancienne Afrique 2 p. 44, vgl. p. 52). Die Basis, welche einst die ihm von der Stadt Pergamon gesetzte Bildsäule trug, haben die Ausgrabungen daselbst wieder ans Licht gebracht, die Unterschrift lautet: ὁ δῆμος [ἐτίμησεν] Πόπλιον Κοινκτίλιον Σέξτου υἱὸν Οὐάρ[ον] πάσης ἀρετῆ[ς ἕνεκα].


18 Der dionische Bericht, der einzige, der diese Katastrophe in einigem Zusammenhang überliefert, erklärt den Verlauf derselben in genügender Weise, wenn man nur, was Dio allerdings nicht hervorhebt, das allgemeine Verhältniß des Sommer- und des Winterlagers hinzunimmt und die von Ranke (Weltgeschichte 3, 2, 275) mit Recht gestellte Frage, wie gegen eine locale Insurrection das ganze Heer hat marschiren können, damit beantwortet. Der Bericht des Florus beruht keineswegs auf ursprünglich anderen Quellen, wie derselbe Gelehrte annimmt, sondern lediglich auf dem dramatischen Zusammenrücken der Motive, wie es allen Historikern dieses Schlages eigen ist. Die friedliche Rechtspflege des Varus und die Erstürmung des Lagers kennt die bessere Ueberlieferung beide auch und in ihrem ursächlichen Zusammenhang; die lächerliche Schilderung, daß, während Varus auf dem Gerichtsstuhl sitzt und der Herold die Parteien vorladet, die Germanen zu allen Thoren in das Lager einbrechen, ist nicht Ueberliefernug, sondern aus dieser verfertigtes Tableau. Daß dieses außer mit der gesunden Vernunft auch mit Tacitus Schilderung der drei Marschlager in unlösbarem Widerspruch steht, leuchtet ein.


19 Die normale Stärke der drei Alen und der sechs Cohorten ist insofern nicht genau zu berechnen, als darunter einzelne Doppelabtheilungen (miliariae) gewesen sein können; aber viel über 20000 Mann kann das Heer nicht gezählt haben. Andrerseits liegt keine Ursache vor eine wesentliche Differenz der effectiven Stärke von der normalen anzunehmen. Die zahlreichen Detachirurgen, deren Erwähnung geschieht (Dio 56, 19), finden ihren Ausdruck in der verhältnißmäßig geringen Zahl der Anxilien, die immer dafür vorzugsweise verwendet wurden.


20 Da Germanicus, von der Ems kommend, das Gebiet zwischen Ems und Lippe, das heißt das Münsterland, verheert und nicht weit davon der Teutoburgiensis saltus liegt, wo Varus Heer zu Grunde ging (Tacitus ann. 1, 61), so liegt es am nächsten diese Bezeichnung, welche auf das flache Münsterland nicht paßt, von dem das Münsterland nordöstlich begrenzenden Höhenzug, dem Osning zu verstehen; aber auch an das etwas weiter nördlich parallel mit dem Osning von Minden zur Huntequelle streichende Wiehengebirge kann gedacht werden. Den Punkt an der Weser, an dem das Sommerlager stand, kennen wir nicht; indeß ist nach der Lage von Aliso bei Paderborn und nach den zwischen diesem und der Weser bestehenden Verbindungen wahrscheinlich dasselbe etwa bei Minden gewesen. Die Richtung des Rückmarsches kann jede andere, nur nicht die nächste nach Aliso gewesen sein, und die Katastrophe erfolgte also nicht auf der militärischen Verbindungslinie zwischen Minden und Paderborn selbst, sondern in größerer oder geringerer Entfernung von dieser. Varus mag von Minden etwa in der Richtung auf Osnabrück marschirt sein, dann nach dem Angriff von dort aus nach Paderborn zu gelangen versucht und auf diesem Marsch in einem jener beiden Höhenzüge sein Ende gefunden haben. Seit Jahrhunderten ist in der Gegend von Venne an der Huntequelle eine auffallend große Anzahl von römischen Gold-, Silber- und Kupfermünzen gefunden worden, wie sie in augustischer Zeit umliefen, während spätere Münzen daselbst so gut wie gar nicht vorkommen (vgl. die Nachweisungen bei Paul Höfer der Feldzug des Germanicus im Jahre 16. Gotha 1884. S. 82 fg.). Einem Münzschatz können diese Funde nicht angehören wegen des zerstreuten Vorkommens und der Verschiedenheit der Metalle; einer Handelsstätte auch nicht wegen der zeitlichen Geschlossenheit; sie sehen ganz aus wie der Nachlaß einer großen aufgeriebenen Armee, und die vorliegenden Berichte über die Varusschlacht lassen sich mit dieser Localität vereinigen. – Ueber das Jahr der Katastrophe hätte nie gestritten werden sollen; die Verschiebung in das Jahr 10 ist ein bloßes Versehen. Die Jahreszeit wird einigermaßen dadurch bestimmt, daß zwischen der Anordnung der illyrischen Siegesfeier und dem Eintreffen der Unglücksbotschaft in Rom nur fünf Tage liegen und jene wahrscheinlich den Sieg vom 3. August zur Voraussetzung hat, wenn sie auch nicht unmittelbar auf diesen gefolgt ist. Danach wird die Niederlage etwa im September oder October stattgefunden haben, was auch dazu stimmt, daß der letzte Marsch des Varus offenbar der Rückmarsch aus dem Sommer- in das Winterlager gewesen ist.


21 Den fortdauernden Kriegsstand bezeugen Tacitus ann. 1, 9 und Dio 56, 26; aber berichtet wird gar nichts aus den nominellen Feldzügen der Sommer 12, 13 und 14 und die Expedition vom Herbst des J. 14 erscheint als die erste von Germanicus unternommene. Allerdings ist Germanicus wahrscheinlich noch bei Augustus Lebzeiten als Imperator ausgerufen worden (mon. Ancyr. p. 17); aber es steht nichts im Wege dies auf den Feldzug des J. 11 zu beziehen, in dem Germanicus mit proconsularischer Gewalt neben Tiberius commandirte (Dio 56, 25). Im J. 12 war er in Rom zur Verwaltung des Consulats, welche er das ganze Jahr hindurch behielt und mit welcher es damals noch ernsthaft genommen wurde; dies erklärt, weßhalb Tiberius, wie dies jetzt erwiesen ist (Hermann Schulz, quaest. Ovidianae. Greifswald 1883, S. 15f.), noch im J. 12 nach Germanien ging und sein Rheincommando erst im Anfang des J. 13 mit der pannonischen Siegesfeier niederlegte.


22 Die Annahme Schmidts (Westfäl. Zeitschrift 20 S. 301), daß die erste Schlacht auf dem idistavisischen Feld etwa bei Bückeburg geschlagen sei, die zweite, wegen der dabei erwähnten Sümpfe, vielleicht am Steinhudersee, bei dem südlich von diesem liegenden Dorf Bergkirchen, wird von der Wahrheit sich nicht weit entfernen und kann wenigstens als Veranschaulichung gelten. Auf ein gesichertes Ergebniß muß bei diesem wie bei den meisten taciteischen Schlachtberichten verzichtet werden.


23 Die Angabe des Tacitus (ann. 2, 45), daß dies eigentlich ein Krieg der Republikaner gegen die Monarchisten gewesen sei, ist wohl nicht frei von Uebertragung hellenisch-römischer Anschauungen auf die sehr verschiedene germanische Welt. So weit der Krieg eine ethisch-politische Tendenz gehabt hat, wird ihn nicht das nomen regis wie Tacitus sagt, sondern das certum imperium visque regia des Velleius (2, 108) hervorgerufen haben.


24 Es triumphirten über Spanien, abgesehen von dem wohl politischen Triumph des Lepidus, im J. 718 [36] Cn. Domitius Calvinus (Consul 714 [40]), im J. 720 C [34]. Norbanus Flaccus (Consul 716 [38]), zwischen 720 [29] und 725 [29] L. Marcius Philippus (Consul 716 [38]) und Appius Claudius Pulcher (Consul 716 [38]), im J. 726 [28] C. Calvisius Sabinus (Consul 715 [89]), im J. 728 [26] Sex. Appuleius (Consul 725 [29]). Die Schriftsteller erwähnen nur den Sieg, den Calvinus über die Cerretaner (bei Puycerda in den östlichen Pyrenäen) erfocht (Dio 48, 42; vgl. Velleius 2, 78 und die Münze des Sabinus mit Osca Eckhel 5, 203).


25 Da Augusta Emerita in Lusitanien erst im J. 729 [25] Colonie ward (Dio 53, 26) und diese bei dem Verzeichniß der Provinzen, in denen Augustus Colonien gegründet hat (mon. Ancyr. p. 119, vgl. p. 222), nicht füglich unberücksichtigt geblieben sein kann, so wird die Trennung von Lusitania und Hispania ulterior erst nach dem cantabrischen Kriege stattgefunden haben.


26 Callaecien ist nicht bloß von der ulterior aus eingenommen worden, sondern muß noch in der früheren Zeit des Augustus zu Lusitanien gehört haben, ebenso Asturien anfänglich zu dieser Provinz geschlagen worden sein. Sonst ist die Erzählung bei Dio 54, 5 nicht zu verstehen; T. Carisius, der Erbauer Emeritas, ist offenbar der Statthalter von Lusitanien, C. Furnius der der Tarraconensis. Damit stimmt auch die parallele Darstellung bei Florus 2, 33, denn die Drigaecini der Handschriften sind sicher die Βριγαικινοί, die Ptolemaeus 2, 6, 29 unter den Asturern aufführt. Darum faßt auch Agrippa in seinen Messungen Lusitania mit Asturia und Callaecia zusammen (Plinius 4, 22, 118) und bezeichnet Strabon 3, 4, 20 p. 166 die Callaeker als früher Lusitaner genannt. Schwankungen in der Abgrenzung der spanischen Provinzen erwähnt Strabon 3, 4, 19 p. 166.


27 Es sind dies die 4. macedonische, die 6. victrix und die 10. gemina. Die erste von diesen kam in Folge der durch Claudius britannische Expedition veranlaßten Verschiebung der Truppenlager an den Rhein. Die beiden anderen, obwohl inzwischen mehrfach anderswo verwendet, standen noch im Anfang der Regierung Vespasians in ihrer alten Garnison und mit ihnen anstatt der 4. die von Galba neu errichtete 1. adiutrix (Tacitus hist. 1, 44). Alle drei wurden in Veranlassung des Bataverkrieges an den Rhein geschickt, und es kam davon nur eine zurück. Denn noch im J. 88 lagen in Spanien mehrere Legionen (Plinius paneg. 14; vgl. Hermes 3, 118), von welchen eine sicher die schon vor dem J. 79 in Spanien garnisonirende 7. gemina (C.I.L. II, 2477) ist; die zweite muß eine von jenen dreien sein und ist wahrscheinlich die 1. adiutrix, da diese bald nach dem J. 88 an den Donaukriegen Domitians sich betheiligt und unter Traian in Obergermanien steht, was die Vermuthung nahe legt, daß sie eine der mehreren im J. 88 von Spanien nach Obergermanien geführten Legionen gewesen und bei dieser Veranlassung aus Spanien weggekommen ist. – In Lusitanien haben keine Legionen gestanden.


28 Bei dem Ort Pisoraca (Herrera am Pisuerga, zwischen Palencia und Santandér), der allein auf Inschriften des Tiberius und des Nero und zwar als Ausgangspunkt einer Kaiserstraße genannt wird (C.I.L. II, 4883. 4884), dürfte das Lager der cantabrischen Legion gewesen sein, wie bei Leon das asturische. Auch Augustobriga (westlich von Zaragoza) und Complutum (Alcalá de Henares nordwärts von Madrid) werden nicht ihrer städtischen Bedeutung wegen, sondern als Truppenlager Reichsstraßencentren gewesen sein.


29 Damit kann in Verbindung gebracht werden, daß dieselbe Legion auch, wenn gleich nur zeitweise und mit einem Detachement, in Numidien activ gewesen ist.


30 Daß ›die Iberer Römer genannt werden‹, wie Josephus (contra Ap. 2, 4) sich ausdrückt, kann nur auf die Ertheilung des latinischen Rechts durch Vespasian bezogen werden und ist eine incorrecte Angabe des Fremden.


31 Das wohl jüngste sicher datirbare Denkmal der einheimischen Sprache ist eine Münze von Osicerda, welche den während des gallischen Krieges von Caesar geschlagenen Denaren mit dem Elephanten nachgeprägt ist, mit lateinischer und iberischer Aufschrift (Zobel estudio histórico de la moneda antiqua española 2, 11). Unter den ganz oder theilweise epichorischen Inschriften Spaniens mögen sich manche jüngere befinden; öffentliche Setzung ist bei keiner derselben auch nur wahrscheinlich.


32 Es hat eine Zeit gegeben, wo die Peregrinengemeinden das Recht die lateinische zur Geschäftssprache zu machen vom Senat erbitten mußten; aber für die Kaiserzeit gilt das nicht mehr. Vielmehr ist hier wahrscheinlich häufig das Umgekehrte eingetreten, zum Beispiel das Münzrecht in der Weise gestattet worden, daß die Aufschrift lateinisch sein mußte. Ebenso sind öffentliche Gebäude, die Nichtbürger errichteten, lateinisch bezeichnet; so lautet eine Inschrift von Ilipa in Andalusien (C.I.L. II, 1087): Urchail Atitta f(ilius) Chilasurgun portas fornic(es) aedificand(a) curavit de s(ua) p(ecunia). Daß das Tragen der Toga auch Nichtrömern gestattet und ein Zeichen von loyaler Gesinnung war, zeigt sowohl Strabons Aeußerung über die Tarraconensis togata wie Agricolas Verhalten in Britannien (Tacitus Agric. 21)


33 Diese merkwürdigen Ordnungen erhellen namentlich aus den spanischen Ortsverzeichnissen bei Plinius und sind von Detlefsen (Philologus 32, 606 fg.) gut dargelegt worden. Die Terminologie freilich ist schwankend. Da die Bezeichnungen civitas, populus, gens der selbständigen Gemeinde eigen sind, kommen sie von Rechtswegen diesen Theilen zu; also wird zum Beispiel gesprochen von den X civitates der Autrigonen, den XXII populi der Asturer, der gens Zoelarum (C.I.L. II, 2633), welche eben eine dieser 22 Völkerschaften ist. Das merkwürdige Document, das wir von diesen Zoelae besitzen (C.I.L. II, 2633) lehrt, daß diese gens wieder in gentilitates zerfiel, welche letzteren auch selbst gentes hießen, wie eben dieses selbst und andere Zeugnisse (Eph. ep. II, p. 243) beweisen. Es findet sich auch civis in Beziehung auf einen der cantabrischen populi (Eph. ep. II p. 243). Aber auch für den größeren Gau, der ja einstmals die politische Einheit war, giebt es andere Bezeichnungen nicht als diese eigentlich retrospective und incorrecte; namentlich gens wird dafür selbst im technischen Stil verwendet (z.B.C.I.L. II, 4233 Intercat(iensis) ex gente Vaccaeorum). Daß das Gemeinwesen in Spanien auf jenen kleinen Districten ruht, nicht auf den Gauen, erhellt sowohl aus der Terminologie selbst wie auch daraus, daß Plinius 3, 3, 18 jenen 293 Ortschaften die civitates contributae aliis gegenüberstellt; ferner zeigt es der Beamte at census accipiendos civitatium XXIII Vasconum et Vardulorum (C.I.L. VI, 1463) verglichen mit dem censor civitatis Remorum foederatae (C.I.L. XI, 1855 vgl. 2607).


34 Da die latinische Gemeindeverfassung für eine nicht städtisch organisirte Gemeinde nicht paßt, so müssen diejenigen spanischen, welche noch nach Vespasian der städtischen Organisation entbehrten, entweder von der Verleihung des latinischen Rechts ausgeschlossen oder für sie besondere Modificationen eingetreten sein. Das letztere dürfte mehr Wahrscheinlichkeit haben. Latinische Namensform zeigen nachvespasianische Inschriften auch der gentes, wie C.I.L. II, 2633 und Eph. ep. II, 322; und wenn einzelne aus dieser Zeit sich finden sollten mit nichtrömischen Namen, so wird immer noch zu fragen sein, ob hier nicht bloß factische Vernachlässigung zu Grunde liegt. Indicien nichtrömischer Gemeindeordnung, in den sparsamen sicher vorvespasianischen Inschriften verhältnißmäßig häufig (C.I.L. II, 172. 1953. 2633. 5048), sind mir in sicher nachvespasianischen nicht vorgekommen.


35 Die Richtung der via Augusta giebt Strabon (3, 4, 9 p. 160) an; ihr gehören alle Meilensteine an, die jenen Namen haben, sowohl die aus der Gegend von Lerida (C.I.L. II. 4920-4928) wie die zwischen Tarragona und Valencia gefundenen (das. 4949-4954) wie endlich die zahlreichen ab Iano Augusto, qui est ad Baetem oder ab arcu, unde incipit Baetica, ad oceanum.


36 In Clunia ist eine Dedication an die Mütter gefunden (C.I.L. II, 2776) – die einzige spanische dieses bei den westlichen Kelten so weit verbreiteten und so lange anhaltenden Cults –, in Uxama eine den Lugoves gesetzte (das. 2818), welche Gottheit bei den Kelten von Aventicum wiederkehrt.


37 Die Hinkeiamben (1, 61) lauten:

Hoch schätzt des feinen Dichters Lieder Verona;

Des Maro freut sich Mantua.

Pataviums großer Livius macht der Stadt Ruhm aus

Und Stella wie ihr Flaccus auch.

Apollodoren rauscht Beifall des Nils Woge;

Von Nasos Ruhm ist Sulmo voll.

Die beiden Seneca und den einzigen Lucanus

Rühmt das beredte Corduba

Das lustige Gades wird den Canius sein nennen,

Emerita meinen Decian.

Also wird unser Bilbilis auf dich stolz sein,

Licinian, und auch auf mich.


38 Das iberische Münzgebiet reicht entschieden über die Pyrenäen hinüber, wenn auch die einzelnen Münzaufschriften, welche unter anderm auf Perpignan und Narbonne bezogen werden, nicht sicherer Deutung sind. Da alle diese Prägungen unter römischer Autorisation stattgefunden haben, so legt dies die Frage nahe, ob nicht früher, namentlich vor der Gründung von Narbo (636 [118] d. St.), dieser Theil der späteren Narbonensis unter dem Statthalter des diesseitigen Spaniens gestanden hat. Aquitanische Münzen mit iberischer Aufschrift giebt es nicht, so wenig wie aus dem nordwestlichen Spanien, wahrscheinlich weil die römische Oberherrschaft, unter deren Tutel diese Prägung erwachsen ist, so lange dieselbe dauerte, das heißt vielleicht bis zum numantinischen Krieg, jene Gebiete nicht umfaßte.


39 Das zeigt die merkwürdige Inschrift von Avignon (Herzog Gall. Narb. n. 403): T. Carisius T.f. pr(aetor) Volcar(um) dat, das älteste Zeugniß für die römische Ordnung des Gemeinwesens in diesen Gegenden.


40 Nur etwa Noviodunum (Nyon am Genfersee) kann in den drei Gallien der Anlage nach mit Lugudunum zusammengestellt werden (3, 254); aber da diese Gemeinde später als civitas Equestrium auftritt (inser. Helv. 115), so scheint sie unter die Gaue eingereiht zu sein, was von Lugudunum nicht gilt.


41 Die aus Vienna von den Allobrogen früher Vertriebenen (οἱ ἐκ Οὐιέννης τῆς Ναρβωνησίας ὑπὸ τῶν Ἀλλοβρίγων ποτὲ ἐκπεσόντες) bei Dio 46, 50 können nicht wohl andere gewesen sein als römische Bürger, da die Gründung einer Bürgercolonie zu ihren Gunsten nur unter dieser Voraussetzung sich begreift. Die ›frühere‹ Vertreibung stand wohl in Zusammenhang mit dem Allobrogenaufstand unter Catugnatus im J. 693 (3, 224 [61]). Die Erklärung, warum die Vertriebenen nicht zurückgeführt, sondern anderweitig angesiedelt wurden, fehlt, aber es lassen sich dafür mancherlei Veranlassungen denken, und die Thatsache selbst wird dadurch nicht in Zweifel gestellt. Die der Stadt zufließenden Renten (Tacitus h. 1, 65) mögen ihr wohl auf Kosten von Vienna verliehen worden sein.


42 Der Boden gehörte früher den Segusiavern (Plinius h.n. 4, 18, 107; Strabo p. 186. 192), einem der kleinen Clientelgaue der Haeduer (Caesar b.G. 7, 75); aber in der Gaueintheilung zählt sie nicht zu diesen, sondern steht für sich als μητρόπολις (Ptolemaeus 2, 8, 11. 12).


43 Dies sind die 1200 Soldaten, mit welchen, wie der Judenkönig Agrippa bei Josephus (bell. 2, 16, 4) sagt, die Römer das gesammte Gallien in Botmäßigkeit halten.


44 Nichts ist so bezeichnend für die Stellung Triers in dieser Zeit als die Verordnung des Kaisers Gratianus vom J. 376 (C. Th. 13, 3, 11), daß den Professoren der Rhetorik und der Grammatik beider Sprachen in sämmtlichen Hauptstädten der damaligen siebzehn gallischen Provinzen zu ihrem städtischen Gehalt die gleiche Zulage aus der Staatskasse gegeben, für Trier aber diese höher bemessen werden solle.


45 Bei Caesar erscheinen wohl, im Großen und Ganzen genommen, dieselben Gaue, wie sie dann in der angustischen Ordnung vertreten sind, aber zugleich vielfache Spuren kleinerer Clientelverbände (vgl. 2, 238); so werden als ›Clienten‹ der Haeduer genannt die Segusiaver, die Ambivareten, die Aulerker Brannoviker und die Brannovier (b.G. 7, 75), als Clienten der Treverer die Condruser (b.G. 4. 6), als solche der Helvetier die Tulinger und Latobrigen. Mit Ausnahme der Segusiaver fehlen diese alle auf dem Lyoner Landtage. Dergleichen kleinere nicht völlig in die Vororte aufgegangene Gaue mag es in Gallien zur Zeit der Unterwerfung in großer Zahl gegeben haben. Wenn nach Josephus (bell. 2, 16, 4) den Römern 305 gallische Gaue und 1200 Städte gehorchten, so mögen dies die Ziffern sein, die für Caesars Waffenerfolge herausgerechnet worden sind; wenn die kleinen iberischen Völker in Aquitanien und die Clientelgaue im Keltenland mitgezählt wurden, konnten dergleichen Zahlen wohl herauskommen.


46 Darauf führt außer der Inschrift bei Boissieu p. 609, wo die Worte tot[i]us cens[us Galliarum] mit dem Namen eines der Altarpriester in Verbindung gebracht werden, die Ehreninschrift, welche die drei Gallien einem kaiserlichen Beamten a censibus accipiendis setzen (Henzen 6944); derselbe scheint die Katasterrevision für das ganze Land geleitet zu haben, eben wie früher Drusus, während die Schätzung selbst durch Commissarien für die einzelnen Landschaften erfolgte. Auch ein sacerdos Romae et Augusti der Tarraconensis wird belobt ob curam tabulari censualis fideliter administratam (C.I.L. H, 4248); es waren also mit der Steuerrepartirung wohl die Landtage aller Provinzen befaßt. Die kaiserliche Finanzverwaltung der drei Gallien war wenigstens der Regel nach so getheilt, daß die beiden westlichen Provinzen (Aquitanien und Logudunensis) unter einem Procurator standen, Belgica und die beiden Germanien unter einem andern; doch hat es rechtlich feste Competenzen dafür wohl nicht gegeben. Auf eine regelmäßige Betheiligung bei der Aushebung darf aus der von Hadrian, offenbar außerordentlicher Weise, mit Vertretern aller spanischen Districte gepflogenen Verhandlung (vita 12) nicht geschlossen werden.


47 Für die arca Galliarum, den Freigelassenen der drei Gallien (Henzen 6393), den adlector arcae Galliarum, inquisitor Galliarum, iudex arcae Galliarum giebt meines Wissens keine andere Provinz Analogien; und von diesen Einrichtungen hätten, wenn sie all gemein gewesen wären, die Inschriften sicher auch sonst Spuren bewahrt. Diese Einrichtungen scheinen auf eine sich selbst verwaltende und besteuernde Körperschaft zu führen (der in seiner Bedeutung unklare adlector kommt als Beamter in Collegien vor C.I.L. VI, 355; Orelli 2406); wahrscheinlich bestritt diese Kasse die wohl nicht unbeträchtlichen Ausgaben für die Tempelgebäude und für das Jahrfest. Eine Staatskasse ist die arca Galliarum nicht gewesen.


48 Als Gesammtzahl der auf dem Lyoner Altar verzeichneten Gemeinden giebt Strabo (4, 3, 2 p. 192) sechzig an, als die Zahl der aquitanischen in dem keltischen Theil nördlich von der Garonne vierzehn (4, 1, 1 p. 177). Tacitus ann. 3, 44 nennt als Gesammtzahl der gallischen Gaue vierundsechzig, ebenso, wenn auch in unrichtiger Verbindung, der Scholiast zur Aeneis 1, 286. Auf die gleiche Gesammtzahl führt das Verzeichniß bei Ptolemaeus aus dem zweiten Jahrhundert, welches für Aquitanien 17, für die Lugudunensis 25, für Belgica 22 Gaue aufführt. Von seinen aquitanischen Gauen fallen 13 auf das Gebiet zwischen Loire und Garonne, 4 auf das zwischen Garonne und Pyrenäen. In dem späteren aus dem 5. Jahrh., das unter dem Namen der Notitia Galliarum bekannt ist, fallen auf Aquitanien 26, auf die Lugudunensis (ausschließlich Lyons) 24, auf Belgica 27. Alle diese Zahlen sind vermuthlich eine jede für ihre Zeit richtig; zwischen der Errichtung des Altars im J. 742 [12] und der Zeit des Tacitus (denn auf diese ist seine Angabe wohl zu beziehen) können ebenso vier Gaue hinzugetreten sein, wie sich die Verschiebung der Zahlen vom 2. bis zum 5. Jahrh. auf einzelne zum guten Theil speciell noch nachweisliche Aenderungen zurückführen läßt. – Bei der Wichtigkeit dieser Ordnungen wird es nicht überflüssig sein sie wenigstens für die beiden westlichen Provinzen im Speciellen darzulegen. In der rein keltischen Mittelprovinz stimmen die drei Verzeichnisse bei Plinius (1. Jahrh.), Ptolemaeus (2. Jahrh.) und der Notitia (5. Jahrh.) in 21 Namen überein: Abrincates – Andecavi – Aulerci Cenomani – Aulerci Diablintes – Aulerci Eburovici – Baiocasses (Bodiocasses Plin., Vadicasii Ptol.) – Carnutes – Coriosolites (ohne Zweifel die Samnitae des Ptolemaeus) – Haedui – Lexovii – Meldae – Namnetes – OsismiiParisii – Redones – Senones – Tricassini – Turones – Veliocasses (Rotomagenses) – Veneti- Unelli (Constantia); in drei weiteren: CaletaeSegusiavi – Viducasses stimmen Plinius und Ptolemaeus, während sie in der Notitia fehlen, weil inzwischen die Caletae mit den Veliocasses oder den Rotomagenses, die Viducasses mit den Baiocasses zusammengelegt und die Segusiavi in Lyon aufgegangen waren. Dagegen erscheinen hier statt der drei verschwundenen zwei neue durch Theilung entstandene: Aureliani (Orleans) abgezweigt aus den Carnutes (Chartres) und Autessiodurum (Auxerre) abgezweigt aus den Senones (Seus). Uebrig bleiben bei Plinius zwei Namen: Boi – Atesui; bei Ptolemaeus einer: Arvii; in der Notitia einer: Saii. – Für das keltische Aquitanien stimmen die drei Listen in elf Namen überein: Arverni – Bituriges Cubi – Bituriges Vivisci (Burdigalenses) – Cadurci – Gabales – Lemovici Nitiobriges (Aginnenses) – Petrucorii – Pictones – Ruteni – Santones; die zweite und dritte in dem zwölften der Vellaunii, der bei Plinius ausgefallen sein wird; Plinius allein hat (abgesehen von den problematischen Aquitani) zwei Namen mehr: Ambilatri und Anagnutes, Ptolemaeus einen sonst unbekannten: Datii; vielleicht ist mit zweien von diesen die strabonische Zahl der vierzehn voll zu machen. Die Notitia hat außer jenen elf noch zwei auf Spaltung beruhende, die Albigenses (Albi am Tarn) und die Ecolismenses (Angoulême). – In ähnlicher Weise verhalten sich die Listen der östlichen Gaue. Obwohl untergeordnete Differenzen sich ergeben, die hier nicht erörtert werden können, liegt das Wesen und die Beständigkeit der gallischen Gautheilung deutlich vor.


49 Die vier vertretenen Völkerschaften sind die Tarbeller, Vasaten, Auscier und Convener. Außer diesen zählt Plinius im südlichen Aquitanien nicht weniger als 25 größtentheils sonst unbekannte Völkerschaften auf als rechtlich jenen vier gleichstehend.


50 Plinius und, vermuthlich auch hier älteren Quellen folgend, Ptolemaeus wissen von dieser Theilung nichts; aber wir besitzen noch die ungefügen Verse des Gascogner Bauern (Borghesi opp. 8, 544), der dies in Rom auswirkte, ohne Zweifel in Gemeinschaft mit einer Anzahl seiner Landsleute, obwohl er es vorgezogen hat dies nicht hinzuzusetzen:

Flamen, item dumvir, quaestor pagiq(ue) magister

Verus ad Augustum legato (so) munere functus

pro novem optinuit populis seiungere Gallos:

urbe redux Genio pagi hanc dedicat aram.

Flamen, auch Zweimann, Schatzmeister und Schulze des Dorfes

Ging den Kaiser ich an, Verus, nach erhaltenem Auftrag;

Wirkte dem Neungau aus von ihm zu scheiden die Galler

Und zurück von Rom weih den Altar ich dem Dorfgeist.

Die älteste Spur der administrativen Trennung des iberischen Aquitaniens von dem gallischen ist die Nennung des ›Bezirks von Lactora‹ (Lectoure) neben Aquitanien in einer Inschrift aus traianischer Zeit (C.I.L. V, 875: procurator provinciarum Luguduniensis et Aquitanicae, item Lactorae). Diese Inschrift beweist allerdings an sich mehr die Verschiedenheit der beiden Gebiete als die formelle Absonderung des einen von dem andern; aber es läßt sich anderweitig zeigen, daß bald nach Traian die letztere durchgeführt war. Denn daß der abgetrennte Bezirk ursprünglich in neun Gaue zerfiel, wie jene Verse es sagen, bestätigt der seitdem gebliebene Name Novempopulana; unter Pius aber zählt der Bezirk bereits elf Gemeinden (denn der dilectator per Aquitanicae XI populos Boissien Lyon p. 246 gehört gewiß hierher), im fünften Jahrhundert zwölf; denn so viele zählt die Notitia unter der Novempopulana auf. Diese Vermehrung erklärt sich ebenso wie die S. 86 A. 2 erörterte. Auf die Statthalterschaft bezieht die Theilung sich nicht; vielmehr blieben das keltische und das iberische Aquitanien beide unter demselben Legaten. Aber die Novempopulana erhielt unter Traian ihren eigenen Landtag, während die keltischen Districte Aquitaniens nach wie vor den Landtag von Lyon beschickten.


51 Es fehlen einige kleinere germanische Völkerschaften, wie die Baetasier und die Sunuker, vielleicht aus ähnlichen Gründen wie die kleineren iberischen; ferner die Cannenefaten und die Friesen, wahrscheinlich weil diese erst später reichsunterthänig geworden sind. Die Bataver sind vertreten.


52 So hat sich in Nemausus eine in keltischer Sprache geschriebene Weihinschrift gefunden, gesetzt Ματρεβο Ναμαυσικαβο (C.I.L. XI p. 383), das heißt den örtlichen Müttern.


53 Beispielsweise liest man auf einem in Néris-les-Bains (Allier) gefundenen Altarstein (Desjardins géographie de la Gaule Romaine 2, 476); Bratronos Nantonicn Epadatextorici Leucullo Suio rebelocitoi. Auf einem andern, den die Pariser Schiffergilde unter Tiberius dem höchsten besten Jupiter setzte (Mowat Ball. épigr. de la Gaule 1, 25 sq.), ist die Hauptinschrift lateinisch, aber über den Reliefs der Seitenflächen, die eine Procession von neun bewaffneten Priestern darzustellen scheinen, stehen erklärende Beischriften: Senani Useiloni... und Eurises, die nicht lateinisch sind. Solches Gemenge begegnet auch sonst, zum Beispiel in einer Inschrift von Arrènes (Creuse; Bull. épigraphique de la Gaule 1, 38): Sacer Peroco ieuru (wahrscheinlich = fecit) Duorico v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito).


54 Die Postbücher und Straßentafeln verfehlen nicht bei Lyon und Toulouse anzumerken, daß hier die Lengen beginnen.


55 Die zweite Berner Glosse zu Lucan 1, 445, die den Teutates richtig zum Mars macht und auch sonst glaubwürdig scheint, sagt von ihm: Hesum Mercurium credunt, si quidem a mercatoribus colitur.

56 Josephus bell. Iud. 2, 16, 4. Ebenda sagt König Agrippa zu seinen Juden, ob sie sich etwa einbildeten reicher zu sein als die Gallier, tapferer als die Germanen, klüger als die Hellenen. Damit stimmen alle andern Zeugnisse überein. Nero vernimmt den Aufstand nicht ungern occasione nata spoliandarum iure belli opulentissimarum provinciarum (Sueton Nero 40; Plutarch Galb. 5); die dem Insurgentenheer des Vindex abgenommene Beute ist unermeßlich (Tacitus hist. 1, 51). Tacitus hist. 3, 46 nennt die Haeduer pecunia dites et voluptatibus opulentos. Nicht mit Unrecht sagt der Feldherr Vespasians zu den abgefallenen Galliern bei Tacitus hist. 4, 74: regna bellaque per Gallias semper fuere, donec in nostrum ius concederetis; nos quam-quam totiens lacessiti iure victoriae id solum vobis addidimus quo pacem tueremur, nam neque quies gentium sine armis neque arma sine stipendiis neque stipendia sine tributis haberi queunt. Die Steuern drückten wohl schwer, aber nicht so schwer wie der alte Fehde- und Faustrechtzustand.


57 Sein Epigramm ›auf den Gerstenwein‹ ist erhalten (anthol. Pal. 9, 368):

Τίς πόϑεν εἶς, Διόνυσε; μὰ γὰρ τὸν ἀληϑέα Βάκχον,

οὐ σ᾽ ἐπιγιγνώσκω˙ τὸν Διὸς οἶδα μόνον.

κεῖνος νέκταρ ὄδωδε˙ σὺ δὲ τράγου˙ ἦ ῥά σε Κελτοὶ

τῇ πενίῃ βοτρύων τεῦξαν ἀπ᾽ ἀσταχύων.

τῷ σε χρὴ καλέειν Δημήτριον, οὐ Διόνυσον,

πυρογένη μᾶλλον καὶ βρόμον, οὐ Βρόμιον.

Du, Dionysos, von wo kommst du? Bei dem richtigen Bacchus!

Ich erkenne dich nicht; Zeus Sohn kenn' ich allein.

Jener duftet nach Nektar; du riechst nach dem Bocke. Die Kelten,

Denen die Rebe versagt, braueten dich aus dem Halm,

Scheuer-, nicht Feuersohn, Erdkind, nicht Kind dich des Himmels,

Nur für das Futtern gemacht, nicht für den lieblichen Trunk.

Auf einem in Paris gefundenen irdenen Ring (Mowat Bull. épigr. de la Gaule 2, 110. 3, 133), der hohl und zum Füllen der Becher eingerichtet ist, sagt der Trinkende zu dem Wirth: copo, conditu(m) [cnoditu ist Schreibfehler] abes; est reple(n)da – Wirth, du hast mehr im Keller; die Flasche ist leer, und zu der Kellnerin: ospita, reple lagona(m) cervesa – Mädchen, fülle die Flasche mit Bier.


58 Sueton Dom. 7. Wenn als Grund angegeben ward, daß die hohen Kornpreise durch das Umwandeln des Ackerlandes in Weinberge veranlaßt seien, so war das natürlich ein auf den Unverstand des Publicums berechneter Vorwand.


59 Wenn noch Hehn (Kulturpflanzen S. 76) für den Weinbau der Arverner und der Sequaner außerhalb der Narbonensis sich auf Plinius h.n. 14, 1, 18 beruft, so folgt er beseitigten Textinterpolationen. Es ist möglich, daß das straffere kaiserliche Regiment in den drei Gallien den Weinbau mehr zurückhielt als das schlaffe senatorische in der Narbonensis.


60 Eines der Professorengedichte des Ausonius ist vier griechischen Grammatikern gewidmet: Alle fleißig walteten sie des Lehramts; Schmal nur war der Sold ja und dünn der Vortrag; Aber da sie lehrten zu meinen Zeiten, Will ich sie nennen. Dies ist um so verdienstlicher, da er nichts Rechtes bei ihnen gelernt hat: Wohl, weil mich gehindert die allzu schwache Fassungskraft des Geistes und mich von Hellas Bildung fern hielt leider damals des Knaben Trauriger Irrthum. Diese Gedanken sind öfter, aber selten in sapphischem Maße vorgetragen worden.


61 Romana gravitas: Hieronymus ep. 125 p. 929 Vall.


62 Diese Theilung einer Provinz unter drei Statthalter ist in der römischen Verwaltung sonst ohne Beispiel; das Verhältniß von Africa und Numidien bietet wohl eine äußere Analogie, ist aber politisch bedingt durch die Stellung des senatorischen Statthalters zu dem kaiserlichen Militärcommandanten, während die drei Statthalter der Belgica gleichmäßig kaiserlich sind und gar nicht abzusehen ist, warum den beiden germanischen Sprengel innerhalb der Belgica statt eigener angewiesen werden. Nur das Zurücknehmen der Grenze unter Beibehaltung des bisherigen Namens – ähnlich wie das transdanuvianische Dacien späterhin als cisdanuvianisches dem Namen nach fortbestand – erklärt diese Seltsamkeit.


63 Die Stärke der Auxilien der oberen Armee läßt sich für die domitianisch-traianische Epoche mit ziemlicher Sicherheit auf etwa 10000 Mann bestimmen. Eine Urkunde vom J. 90 zählt vier Alen und vierzehn Cohorten dieser Armee auf; zu diesen kommt wenigstens eine Cohorte (I Germanorum), die nachweislich sowohl im J. 82 wie im J. 116 daselbst garnisonirte; ob zwei Alen, die im J. 82 und mindestens drei Cohorten, die im J. 116 daselbst sich befanden und die in der Liste vom J. 90 fehlen, im Jahr 90 dort garnisonirten oder nicht, ist zweifelhaft, die meisten derselben aber sind wohl vor 90 aus der Provinz weg oder erst nach 90 in dieselbe gekommen. Von jenen 19 Auxilien ist eine sicher (coh. I Damascenorum), eine andere (ala I Flavia gemina) vielleicht eine Doppelabtheilung. Im Minimum also ergiebt sich als Normaletat der Auxilien dieses Heeres die oben bezeichnete Ziffer, und bedeutend kann sie nicht überschritten sein. Wohl aber mögen die Auxilien von Untergermanien, dessen Garnisonen weniger ausgedehnt waren, an Zahl geringer gewesen sein.


64 An der Grenzbrücke über den Abrinca-, jetzt Vinxtbach, der alten Grenze der Erzdiöcesen Köln und Trier, standen zwei Altäre, der auf der Seite von Remagen den Grenzen, dem Ortsgeist und dem Jupiter (Finibus et Genio loci et Iovi optimo maximo) gewidmet von Soldaten der 30. niedergermanischen Legion, der auf der Seite von Andernach dem Jupiter, dem Ortsgott und der Juno geweiht von einem Soldaten der 8. obergermanischen (Brambach 649. 650).


65 Limes (von limus quer) ist ein unseren Rechtsverhältnissen fremder und daher auch in unserer Sprache nicht wiederzugebender technischer Ausdruck, davon hergenommen, daß die römische Ackertheilung, die alle Naturgrenzen ausschließt, die Quadrate, in welche der in Privateigenthum stehende Boden getheilt wird, durch Zwischenwege von einer bestimmten Breite trennt; diese Zwischenwege sind die limites und insofern bezeichnet das Wort immer zugleich sowohl die von Menschenhand gezogene Grenze wie die von Menschenhand gebaute Straße. Diese Doppelbedeutung behält das Wort auch in der Anwendung auf den Staat (unrichtig Rudorff grom. Inst. S. 289); limes ist nicht jede Reichsgrenze, sondern nur die von Menschenhand abgesteckte und zugleich zum Begehen und Postenstellen für die Grenzvertheidigung eingerichtete (vita Hadriani 12: locis in quibus barbari non fluminibus, sed limitibus dividuntur), wie wir sie in Germanien und in Africa finden. Darum werden auch auf die Anlage dieses limes die für den Straßenbau dienenden Bezeichnungen angewandt aperire (Velleius 2, 121, was nicht, wie Müllenhoff Ztschr. f.d. Alt. N.F. II S. 32 will, so zu verstehen ist wie unser Oeffnen des Schlagbaums), munire, agere (Frontinus strat. 1, 3, 10: limitibus per CXX m.p. actis). Darum ist der limes nicht bloß eine Längenlinie, sondern auch von einer gewissen Breite (Tacitus ann. 1, 50: castra in limite locat). Daher verbindet sich die Anlage des limes oft mit derjenigen des agger, das heißt des Straßendammes (Tacitus ann. 2, 7: cuncta novis limitibus aggeribusque permunita) und die Verschiebung desselben mit der Verlegung der Grenzposten (Tacitus Germ. 29: limite acto promotisque praesidiis). Der Limes ist also die Reichsgrenzstraße, bestimmt zur Regulirung des Grenzverkehrs dadurch, daß ihre Ueberschreitung nur an gewissen den Brücken der Flußgrenze entsprechenden Puncten gestattet, sonst untersagt wird. Zunächst ist dies ohne Zweifel herbeigeführt worden durch Abpatrouillirung der Linie, und so lange dies geschah, blieb der limes ein Grenzweg. Er blieb dies auch, wenn er an beiden Seiten befestigt ward, wie dies in Britannien und an der Donaumündung geschah; auch der britannische Wall heißt limes (S. 171 A. 1). Es konnten aber auch an den gestatteten Ueberschreitungspuncten Posten aufgestellt und die Zwischenstrecken der Grenzwege in irgend einer Weise unwegsam gemacht werden. In diesem Sinne sagt der Biograph in der oben angeführten Stelle von Hadrian, daß an den lmites er stipitibus magnis in modum muralis saepis funditus iactis atque conexis barbaros separavit. Damit verwandelt sich die Grenzstraße in eine mit gewissen Durchgängen versehene Grenzbarricade, und das ist der Limes Obergermaniens in der entwickelten weiterhin darzulegenden Gestalt. Uebrigens wird das Wort in diesem Werthe in republikanischer Zeit nicht gebraucht und ist ohne Zweifel dieser Begriff des limes erst entstanden mit der Einrichtung der den Staat, wo Naturgrenzen fehlen, umschließenden Postenkette, welcher Reichsgrenzschutz der Republik fremd, aber das Fundament des augustischen Militär-und vor allem des augustischen Zollsystems ist.


66 Die auf das linke Ufer übergesiedelten Sugambrer werden unter diesem Namen nachher nicht erwähnt und sind wahrscheinlich die unterhalb Köln am Rhein wohnenden Cugerner. Aber daß die Sugambrer auf dem rechten Ufer, welche Strabo erwähnt, wenigstens noch zu Claudius Zeit bestanden, zeigt die nach diesem Kaiser benannte, also sicher unter ihm und zwar aus Sugambrern errichtete Cohorte (C.I.L. III p. 877); und sie so wie die vier anderen wahrscheinlich augustischen Cohorten dieses Namens bestätigen, was eigentlich auch Strabon sagt, daß diese Sugambrer zum römischen Reich gehörten. Sie sind wohl wie die Mattiaker erst in den Stürmen der Völkerwanderung verschwunden.


67 Das Castell von Niederbiber unweit der Mündung der Wied in den Rhein so wie das von Arzbach bei Montabaur im Lahngebiet gehören schon zu Obergermanien. Die besondere Bedeutung jener Festung, des größten Castells in Obergermanien, beruht darauf, daß sie die römischen Linien auf dem rechten Rheinufer militärisch abschloß.


68 Dies fordern die Aushebungen (Eph. epigr. 5 p. 274), während die Friesen, wie sie im J. 58 (Tacitus ann. 13. 54) auftreten, eher unabhängig erscheinen; auch der ältere Plinius (h.n. 25, 3, 22) unter Vespasian nennt sie im Rückblick auf die Zeit des Germanicus gens tum fida. Wahrscheinlich hängt dies zusammen mit der Unterscheidung der Frisii und Frisiavones bei Plinius 4, 15, 101 und der Frisii maiores und minores bei Tacitus Germ. 34. Die römisch gebliebenen Friesen werden die westlichen sein, die freien die östlichen; wenn die Friesen überhaupt bis zur Ems reichen (Ptolemaeus 3, 11, 7), so mögen die später römischen etwa westwärts der Yssel gesessen haben. Anderswo als an der noch heute ihren Namen tragenden Küste darf man sie nicht ansetzen; die Nennung bei Plinius 4, 17, 106 steht vereinzelt und ist ohne Zweifel fehlerhaft.


69 Die vierte obergermanische Legion war im J. 58 nach Kleinasien geschickt wegen des armenisch-parthischen Krieges (Tacitus ann. 13, 35).


70 Froutin strat. 4, 3, 14. In ihrem Gebiet müssen die einrückenden Truppen eine Reservestellung und ein Depot angelegt haben; nach kürzlich bei Mirabeau-sur-Bèze, 22 Kilom. nordöstlich von Dijon gefundenen Ziegeln haben Mannschaften von wenigstens fünf der einrückenden Legionen hier Bauten ausgeführt (Hermes 19, 437).


71 Unter dem Legaten Q. Acutius Nerva, welcher wahrscheinlich der Consul des J. 100 ist, also nach diesem Jahre Untergermanien verwaltete, standen nach Inschriften von Brohl (Brambach 660. 662. 679. 680) in dieser Provinz vier Legionen, die I Minervia, VI victrix, X gemina, XXII primigenia. Da jede dieser Inschriften nur zwei oder drei nennt, so kann die Besatzung damals nur aus drei Legionen bestanden haben, wenn während Acutius Statthalterschaft die I Minervia für die anderswohin abgegebene XXII primigenia eintrat. Aber bei weitem wahrscheinlicher ist es, da bei den Detachirungen in die Steinbrüche bei Brohl nicht immer alle Legionen betheiligt waren, daß Jene vier Legionen gleichzeitig in Untergermanien garnisonirten. Diese vier Legionen sind wahrscheinlich eben die, welche bei der Reorganisation der germanischen Heere durch Vespasian nach Untergermanien kamen (S. 145 A. 1), nur daß die 1. Minervia von Domitian an die Stelle der wahrscheinlich von ihm aufgelösten 21. gesetzt ist.


72 Nach Zangemeisters (Westdeutsche Zeitschrift 3, 307ff.) schönen Entzifferungen steht es fest, daß eine Militärstraße am linken Rheinufer von Mainz bis an die Grenze der obergermanischen Provinz schon unter Claudius angelegt ward.


73 Der volle Name c(ivitas) M(attiacorum) Ta(unensium) erscheint auf der Inschrift von Castel Brambach 1330; als civitas Mattiacorum oder civitas Taunensium kommt sie öfter vor, mit Duovirn, Aedilen, Decurionen, Sacerdotalen, Sevirn; eigenthümlich und für die Grenzstadt bezeichnend sind die wahrscheinlich als Municipalmiliz zu fassenden hastiferi civitatis Mattiacorum (Brambach 1336). Das älteste datirte Document dieser Gemeinde ist vom J. 198 (Brambach 956).

74 Die Berichte über diesen Krieg sind verloren gegangen; Zeit und Ort lassen sich bestimmen. Da die Münzen dem Domitian den Titel Germanicus seit dem Anfang des J. 84 geben (Eckhel 6, 378. 397), so fällt der Feldzug in das J. 83. Dazu stimmt die in eben dieses Jahr fallende Aushebung der Usiper und ihr verzweifelter Fluchtversuch (Tacitus Agr. 28; vgl. Martialis 6, 60). Es war ein Angriffskrieg (Sueton Dom. 6: expeditio sponte suseepta; Zonaras 11, 19: λεηλατήσας τινὰ τῶν πέραν Ῥήνου τῶν ἐνσπόνδων). Die Verlegung der Postenlinie bezeugt Frontinus, der den Krieg mitgemacht hat, strat. 2, 11, 7: cum in finibus Cubiorum, (Name unbekannt und wohl verdorben) castella poneret und 1, 3, 10: limitibus per CXX m.p. actis, was hier mit den militärischen Operationen in unmittelbare Verbindung gebracht wird, daher auch von dem Chattenkrieg selbst nicht getrennt und nicht auf die längst in römischer Gewalt stehenden agri decumates bezogen werden darf. Auch ist das Maß von 177 Kilometern wohl denkbar für die Militärlinie, die Domitian am Taunus angelegt hat (nach Cohausens Ansetzungen röm. Grenzwall S. 8 stellt sich der spätere Limes vom Rhein um den Taunus herum bis zum Main auf 2371/2 Kil.), aber viel zu klein, um auf die Verbindungslinie von da bis Regensburg bezogen werden zu können.


75 Die Germanen (Sueton Dom. 6) können nur die Chatten und deren frühere Verbündete sein, vielleicht zunächst eben die Usiper und ihre Schicksalsgenossen. Ausgebrochen ist der Aufstand in Mainz, das allein ein Doppellager zweier Legionen war. Saturninus wurde von Raetien aus angegriffen durch die Truppen des L. Appius Maximus Norbanus. Denn anders kann das Epigramm Martials 9, 84 um so weniger gefaßt werden, als sein Besieger, senatorischen Standes wie er war, ein reguläres Commando in Raetien und Vindelicien nicht verwalten und nur durch einen Kriegsfall in diese Landschaft geführt werden konnte, wie denn auch die sacrilegi furores deutlich auf den Aufstand weisen. Die Ziegel desselben Appius, die in den Provinzen Obergermanien und Aquitanien sich gefunden haben, berechtigen nicht ihn zum Legaten der Lugdunensis zu machen, wie Asbach (westdeutsche Zeitschrift 3, 9) vorschlägt, sondern müssen auf die Epoche nach der Ueberwindung des Antonius bezogen werden (Hermes 19, 438). Wo die Schlacht geliefert ward, bleibt zweifelhaft; am nächsten liegt die Gegend von Vindonissa, bis wohin Saturninus dem Norbanus entgegen gegangen sein kann. Wäre Norbanus erst bei Mainz auf die Aufständischen gestoßen, was an sich auch denkbar erscheint, so hatten diese den Rheinübergang in der Gewalt und konnte der Zuzug der Germanen durch das Aufgehen des Rheines nicht verhindert werden.

76 Die abgerissene Notiz findet sich hinter dem Veroneser Provinzialverzeichniß (Notitia dignitatum ed. Seeck p. 253): nomina civitatum trans Renum fluvium quae sunt: Usiphorum (schr. Usiporum) – Tuvanium (schr. Tubantum) – Nictrensium – Novarii Casuariorum: istae omnes civitates trans Renum in formulam Belgicae primae redactae trans castellum Montiacese: nam LXXX leugas trans Renum Romani possederunt. Istae civitates sub Gallieno imperatore a barbaris occupatae sunt. Daß die Usiper später in dieser Gegend gewohnt haben, bestätigt Tacitus hist 4, 37. G. 32; daß sie im J. 83 zum Reich gehört haben, vielleicht aber erst kurz vorher unterworfen waren, geht aus der Erzählung Agr. 28 hervor. Die Tubanten und Chasuarier stellt Ptolemaeus 2, 11, 11 in die Nähe der Chatten; daß sie das Schicksal der Usiper theilten, ist demnach wahrscheinlich. Eine sichere Identification der anderen beiden verdorbenen Namen ist bisher nicht gefunden; vielleicht standen die Tencterer hier oder einige der kleinen nur bei Ptolemaeus 2, 11, 6 mit diesen genannten Stämme. Die Notiz nannte in ihrer ursprünglichen Form die Belgica schlechthin, da die Provinz erst durch Diocletian getheilt worden ist, und diese insofern mit Recht, als die beiden Germanien geographisch zu Belgica gehörten. – Das angegebene Maß führt, wenn man das Kinzigthal nach Nordosten verfolgt, über Fulda hinaus nahezu bis Hersfeld. Auch Inschriftenfunde reichen hier östlich weit über den Rhein hinaus, bis in die Wetterau; Friedberg und Butzbach waren starkbelegte Militärpositionen, in Altenstadt zwischen Friedberg und Büdingen ist eine auf Grenzschutz deutende (collegium iuventutis) Inschrift vom J. 242 (C.I. Rh. 1410) gefunden worden.


77 Was die nur bei Tacitus Germ. 29 vorkommende Benennung agri decumates (denn mit agri wird das letztere Wort doch zu verbinden sein) bedeutet, ist ungewiß; möglich ist es, daß das in der früheren Kaiserzeit gewiß als Eigenthum des Staats oder vielmehr des Kaisers betrachtete Gebiet, wie der alte ager occupatorius der Republik, von dem zuerst Besitz Ergreifenden gegen Abgabe des Zehnten benutzt werden konnte; aber weder ist es sprachlich erwiesen, daß decumas ›zehntpflichtig‹ heißen kann, noch kennen wir derartige Einrichtungen der Kaiserzeit. Uebrigens sollte man nicht übersehen, daß die Schilderung des Tacitus sich auf die Zeit vor der Einrichtung der Neckarlinie bezieht; auf die spätere paßt sie so wenig wie die zwar nicht klare, aber doch sicher mit dem früheren Rechtsverhältniß zusammenhängende Benennung.


78 Dies hat Zaugemeister (Westdeutsche Zeitschrift 3 S. 246) erwiesen.


79 Daß hier mehrere Altäre dedicirt wurden, während sonst bei diesen Centralheiligthümern nur einer genannt wird, erklärt sich vielleicht durch das Zurücktreten des Romacults neben dem der Kaiser. Wenn gleich zu Anfang mehrere Altäre errichtet worden, was wahrscheinlich ist, so hat einer der Söhne sowohl dem oder den verstorbenen flavischen Kaisern wie auch seinem eigenen Genius Altäre setzen lassen.


80 Daß die Verlegung stattfand, kurz bevor Tacitus im J. 98 die Germania schrieb, sagt er, und daß Domitian der Urheber ist, folgt auch daraus, daß er den Urheber nicht nennt.


81 Auch dies hat Zangemeister (Westdeutsche Zeitschrift 3, 237f.) urkundlich festgestellt.


82 Dies Maß gilt für die Castelllinie von Rheinbrohl bis Lorch (Cohausen, der röm. Grenzwall S. 7f.). Für den Erdwall kommt die Mainstrecke von Miltenberg bis Großkrotzenburg, von etwa 30 röm. Milien, in Abzug. Bei der älteren Neckarlinie ist der Erdwall beträchtlich kürzer, da statt desjenigen von Miltenberg bis Lorch hier der viel kürzere des Odenwaldes von Wörth bis Wimpfen eintritt.


83 Wenn, wie dies wahrscheinlich ist, die Angabe, daß Hadrian die Reichsgrenzstraßen durch Verhaue gegen die Barbaren sperrte (S. 112), mit und vielleicht zunächst auf die obergermanische sich bezieht, so ist der Wall, dessen Reste vorhanden sind, sein Werk nicht; mag dieser Pallisaden getragen haben oder nicht, kein Bericht würde diese erwähnen und den Wallbau übergehen. Daß Hadrian die Grenzvertheidigung im ganzen Reiche revidirte, sagt Dio 69, 9. – Die Benennung des Pfahls oder Pfahlgrabens kann nicht römisch sein, römisch heißen die Pfähle, welche in den Lagerwall eingerammt auf demselben eine Pallisadenkette bilden, nicht pali, sondern valli oder sudes, ebenso der Wall selbst nie anders als vallum. Wenn die wie es scheint auf der ganzen Linie bei den Germanen dafür von je her übliche Bezeichnung wirklich von den Pallisaden entlehnt ist, so muß sie germanischen Ursprungs sein und kann nur aus der Zeit herstammen, wo dieser Wall ihnen in seiner Integrität und seiner Bedeutung vor Augen stand. Ob die ›Gegend‹ Palas, die Ammian 18, 2, 15 erwähnt, damit zusammenhängt, ist zweifelhaft.


84 In einem solchen kürzlich zwischen den Castellen von Schlossau und Hesselbach, 1700 Meter von dem ersteren, 4-5 Kil. von dem letzteren, aufgedeckten hat sich eine Weihinschrift (Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift 1. Juli 1884) gefunden, welche die Truppe, die ihn erbaut hat, ein Detachement der 1. Cohorte der Sequaner und Rauriker unter Commando eines Centurionen der 22. Legion gesetzt hat als Danksagung ob burgum explic(itum). Diese Thürme also waren burgi.


85 Das älteste datirte Zeugniß für diese sind zwei Inschriften der Besatzung von Böckingen gegenüber Heilbronn am linken Ufer des Neckar vom J. 148 (Brambach C.I. Rh. 1583. 1590).


86 Das älteste datirte Zeugniß für die Existenz dieser Linie ist die Inschrift von vicus Aurelii (Oehringen) vom J. 169 (Brambach C.I. Rh. 1558), zwar nur privat, aber gewiß nicht gesetzt vor der Anlage dieses zu der Linie Miltenberg-Lorch gehörenden Castells; wenig jünger die von dem ebenfalls dazu gehörigen Jagsthausen vom J. 179 (C.I. Rh. 1618). Danach dürfte vicus Aurelii seinen Namen von Marcus führen, nicht von Caracalla, wenn auch von diesem bezeugt ist, daß er manche Castelle in diesen Gegenden anlegte und nach sich benannte (Dio 77, 13).


87 Ueber die Dislocation der obergermanischen Truppen fehlt es zwar an genügender Kunde, doch nicht ganz an Anhaltspunkten. Von den beiden Hauptquartieren in Obergermanien ist das von Straßburg nach der Einrichtung der Neckarlinie erweislich nur schwach belegt und wahrscheinlich mehr administratives als militärisches Centrum gewesen (Westdeutsches Correspondenzblatt 1884 S. 132). Dagegen hat die Besatzung von Mainz immer einen beträchtlichen Theil der Gesammtstärke in Anspruch genommen, um so mehr als dieselbe wahrscheinlich der einzige größere geschlossene Truppenkörper in ganz Obergermanien war. Die übrigen Truppen vertheilen sich theils auf den Limes, dessen Castelle nach Cohausens (röm. Grenzwall S. 335) Schätzung durchschnittlich 8 Kilometer von einander entfernt, also insgesammt gegen 50 waren, theils auf die inneren Castelle, insbesondere an der Odenwaldlinie von Gundelsheim bis Wörth; daß die letzteren wenigstens zum Theil auch nach Anlegung des äußeren Limes besetzt blieben, ist mindestens wahrscheinlich. Bei der ungleichen Größe der noch meßbaren Castelle ist es schwer zu sagen, welche Truppenzahl erforderlich war, um sie vertheidigungsfähig zu machen. Cohausen (a.a.O.S. 340) rechnet auf ein mittelgroßes Castell einschließlich der Reserve 720 Mann. Da die gewöhnliche Cohorte der Legion wie der Auxilien 500 Mann zählt und die Castellbauten nothwendig auf diese Zahl haben Rücksicht nehmen müssen, wird die Besatzung des Castells für den Fall der Belagerung durchschnittlich mindestens auf diese Zahl angesetzt werden müssen. Unmöglich hat nach der Reduction die obergermanische Armee die Castelle auch nur des Limes gleichzeitig in dieser Stärke besetzen können. Noch weit weniger konnte sie, selbst vor der Reduction, mit ihren 30000 Mann (S. 108) die zwischen den Castellen befindlichen Linien auch nur besetzt halten; wenn aber dies nicht möglich war, so hatte die gleichzeitige Besetzung auch der sämmtlichen Castelle in der That keinen Zweck. Allem Anschein nach ist wohl jedes Castell in der Weise angelegt worden, daß es, gehörig besetzt, gehalten werden konnte, aber der Regel nach – und an dieser Grenze war der Friedensstand Regel – war das einzelne Castell nicht nach Kriegsfuß, sondern nur in so weit mit Truppen belegt, daß die Posten in den Wachtthürmen ausgesetzt und die Straßen so wie die Schleichwege unter Aufsicht gehalten werden konnten. Die ständigen Besatzungen der Castelle sind vermuthlich sehr viel schwächer gewesen als gewöhnlich angenommen wird. Wir besitzen aus dem Alterthum ein einziges Verzeichniß einer derartigen Besatzung; es ist vom J. 155 und betrifft das Castell von Kutlowitza nördlich von Sofia (Eph. epigr. 4 p. 524), wofür die Armee von Untermoesien und zwar die 11. Legion die Besatzung stellte. Diese Truppe zählte damals außer dem commandirenden Centurionen nur 76 Mann. – Die raetische Armee war wenigstens vor Marcus noch viel weniger im Stande ausgedehnte Linien zu besetzen: sie zählte damals höchstens 10000 Mann und hatte außer dem raetischen Limes noch die Donaulinie von Regensburg bis Passau zu belegen.


88 Dies beweist die bei Weißenburg gefundene Urkunde Traians vom J. 107.

89 Die bisherigen Untersuchungen über den raetischen Limes haben die Bestimmung dieser Anlage noch wenig aufgeklärt; ausgemacht ist nur, daß sie weniger als die analoge obergermanische auf militärische Besetzung eingerichtet war. Eine derartige schwächere Grenzsperrung kann füglich schon vor dem Marcomanenkrieg den Hermunduren gegenüber beliebt worden sein: auch schließt was Tacitus über deren Verkehr in Augusta Vindelicum berichtet, die damalige Existenz eines raetischen Limes keineswegs aus. Nur müßte man dann erwarten, daß er nicht in Lorch endigte, sondern sich an die Neckarlinie anschloß; einigermaßen thut er dies auch, insofern bei Lorch an die Stelle des Limes die Rems tritt, welche bei Cannstatt in den Neckar einmündet.


90 Von den sieben Legionen, die bei Neros Tode in den beiden Germanien standen (S. 120), löste Vespasian fünf auf; es blieben die 21. und die 22., wozu dann die zur Niederwerfung des Aufstandes eingerückten sieben oder acht Legionen, die 1. adiutrix, 2. adiutrix, 6. victrix, 8., 10. gemina, 11., 13. (?) und 14. hinzutraten. Von diesen ist nach Beendigung des Krieges die 1. adiutrix wahrscheinlich nach Spanien (S. 59 A. 1), die 2. adiutrix wahrscheinlich nach Britannien (S. 159 A. 2), die 13. gemina (wenn diese überhaupt nach Germanien kam) nach Pannonien gesandt worden; die anderen sieben blieben, und zwar in der unteren Provinz die 6., 10., 21. und 22. (S. 133 A. 1), in der oberen die 8., 11. und 14. Zu den letzteren trat wahrscheinlich im J. 88 die aus Spanien abermals nach Obergermanien gesandte 1. adiutrix hinzu (S. 59 A. 1). Daß unter Traian die 1. adiutrix und die 11. in Obergermanien standen, beweist die Inschrift von Baden-Baden Brambach 1666. Die 8. und die 14. sind erwiesener Maßen beide mit Cerialis nach Germanien gekommen und haben beide längere Zeit daselbst garnisonirt.


91 Traianus ward von Nerva im J. 96 oder 97 als Legat nach Germanien gesandt, wahrscheinlich dem oberen, da dem unteren damals Vestricius Spurinna vorgestanden zu haben scheint. Hier im Oktober des J. 97 zum Mitregenten ernannt, erhielt er die Nachricht von Nervas Tode und seiner Ernennung zum Augustus im Februar 98 in Köln. Den Winter und den folgenden Sommer mag er dort geblieben sein; im Winter 98/99 war er an der Donau. Die Worte des Eutropius 8, 2: urbes trans Rhenum in Germania reparavit (woraus die oft gemißbrauchte Notiz bei Orosius 7, 12, 2 abgeschrieben ist), welche nur auf die obere Provinz bezogen werden können, aber natürlich nicht dem Legaten, sondern dem Caesar oder dem Augustus gelten, erhalten eine Bestätigung durch die civitas Ulpia s(altus?) N(icerini?) Lopodunum der Inschriften. Die ›Wiederherstellung‹ dürfte im Gegensatz stehen nicht zu den Einrichtungen Domitians, sondern zu den ungeordneten Anfängen städtischer Anlagen im Decumatenland vor der Verlegung der Militärgrenze. Auf kriegerische Vorgänge unter Traian führt keine Spur; daß er ein castellum in Alamannorum solo, nach dem Zusammenhang am Main unweit Mainz, anlegte und nach seinem Namen nannte (Ammian 17, 1, 11), beweist dafür ebensowenig wie daß ein später Dichter (Sidonius carm. 7, 115), Altes und Neues vermengend, Agrippina unter ihm den Schrecken der Sugambrer, das heißt in seinem Sinn der Franken nennt.


92 Nicht bloß der ursachliche Zusammenhang, sondern selbst die zeitliche Folge dieser wichtigen Vorgänge liegen im Unklaren. Der relativ beste Bericht bei Zosimus 1, 29 bezeichnet den germanischen Krieg als die Ursache, weßhalb Valerianus gleich bei seiner Thronbesteigung 253 seinen Sohn zum Mitherrscher gleichen Rechts gemacht habe; und den Titel Germanicus maximus führt Valerian schon im J. 256 (C.I.L. VIII, 2380; ebenso 259 C.I.L. XI, 826), vielleicht sogar, wenn der Münze Cohen n. 54 zu trauen ist, den Titel Germanicus maximus ter.


93 Daß die Germanen, gegen die Gallienus zu streiten hatte, wenigstens hauptsächlich am Unterrhein zu suchen sind, zeigt die Residenz seines Sohnes in Agrippina, wo er doch nur als nomineller Repräsentant des Vaters zurückgeblieben sein kann. Auch der Biograph c. 8 nennt die Franken.


94 Von dem Grade der Geschichtsfälschung, welche in einem Theil der Kaiserbiographien herrscht, macht man sich schwer eine Vorstellung; es wird nicht unnütz sein hier an dem Bericht über Pustumus dies beispielsweise zu zeigen. Er heißt hier (freilich in einer Einlage) Iulius Postumus (tyr. 6), auf den Münzen und Inschriften M. Cassianius Latinius Postumus, im epitomirten Victor 32 Cassius Labienus Postumus. – Er regiert sieben Jahre (Gall. 4; tyr. 3. 5); die Münzen nennen seine tr. p. X, und zehn Jahre giebt ihm Eutropius 9, 10. – Sein Gegner heißt Lollianus, nach den Münzen Ulpius Cornelius Laelianus, Laelianus bei Eutropius 9, 9 (nach der einen Handschriftenklasse, während die andere der Interpolation der Biographen folgt) und bei Victor (c. 33), Aelianus in der victorianischen Epitome. – Postumus und Victorinus herrschen nach dem Biographen gemeinschaftlich; aber es giebt keine beiden gemeinschaftliche Münzen, und somit bestätigen diese den Bericht bei Victor und Eutropius, daß Victorinus der Nachfolger des Postumus gewesen ist. – Es ist eine Besonderheit dieser Kategorie von Fälschungen, daß sie in den eingelegten Urkunden gipfeln. Das Kölner Epitaphium der beiden Victorinus (tyr. 7): hic duo Victorini tyranni(!) siti sunt kritisirt sich selbst. Das angebliche Patent Valerians (tyr. 3), womit dieser den Galliern die Ernennung des Postumus mittheilt, rühmt nicht bloß prophetisch des Postumus Herrschergaben, sondern nennt auch verschiedene unmögliche Aemter: einen Transrhenani limitis dux et Galliae praeses hat es zu keiner Zeit gegeben und kann Postumus ἀρχὴν ἐν Κελτοῖς στρατιωτῶν ἐμπεπιστευμένος (Zosimus 1, 38) nur praeses einer der beiden Germanien oder, wenn sein Commando ein außerordentliches war, dux per Germanias gewesen sein. Ebenso unmöglich ist in derselben Quasi-Urkunde der tribunatus Vocontiorum des Sohnes, eine offenbare Nachbildung der Tribunate, wie sie in der Notitia Dign. aus der Zeit des Honorius auftreten. – Gegen Postumus und Victorinus, unter denen die Gallier und die Franken fechten, zieht Gallienus mit Aureolus, später seinem Gegner, und dem späteren Kaiser Claudius; er selbst wird durch einen Pfeilschuß verwundet, siegt aber, ohne daß durch den Sieg sich etwas ändert. Von diesem Kriege wissen die anderen Berichte nichts. Postumus fällt in dem von dem sogenannten Lollianus angezettelten Militäraufstand, während nach dem Bericht bei Victor und Eutropius Postumus dieser Mainzer Insurrection Herr wird, aber dann die Soldaten ihn erschlagen, weil er ihnen Mainz nicht zur Plünderung überliefern will. Ueber die Erhebung des Postumus steht neben der im Wesentlichen mit der gewöhnlichen übereinstimmenden Erzählung, daß Postumus den seiner Hut anvertrauten Sohn des Gallienus treulos beseitigt habe, eine andere offenbar als Rettung erfundene, wonach das Volk in Gallien dies that und dann dem Postumus die Krone antrug. Die enkomiastische Tendenz für den, der Gallien das Schicksal der Donauländer und Asiens erspart und es vor den Germanen gerettet habe, tritt hier und überall (am offenbarsten tyr. 5) zu Tage; womit denn zusammenhängt, daß dieser Bericht den Verlust des rechten Rheinufers und die Züge der Franken nach Gallien, Spanien und Africa nicht kennt. Bezeichnend ist noch, daß der angebliche Stammvater des constantinischen Hauses auch hier mit einer ehrenvollen Nebenrolle bedacht wird. Diese nicht zerrüttete, sondern durchgefälschte Erzählung wird völlig beseitigt werden müssen; die Berichte einerseits bei Zosimus, andererseits der aus einer gemeinschaftlichen Quelle schöpfenden Lateiner Victor und Eutropius, kurz und zerrüttet wie sie sind, können allein in Betracht kommen.


95 Postumus Herrschaft dauerte zehn Jahre (S. 149 A. 2). Daß im J. 259 der ältere Sohn des Gallienus bereits todt war, lehrt die Inschrift von Modena C.I.L. XI, 826; also fällt Postumus Abfall sicher in oder vor dieses Jahr. Da die Gefangennahme des Tetricus nicht wohl später als 272, unmittelbar nach der zweiten Expedition gegen Zenobia, angesetzt werden kann und die drei gallischen Herrscher Postumus 10, Victorinus 2 (Eutropius 9, 9), Tetricus 2 (Victor 35) Jahre regiert haben, so bringt dies Postumus Abfall etwa auf 259; doch sind dergleichen Zahlen häufig etwas verschoben. Wenn die Dauer der Germanenzüge in Spanien unter Gallienus auf 12 Jahre bestimmt wird (Orosius 7, 41, 2), so scheint dies nach der hieronymischen Chronik oberflächlich berechnet zu sein. Die üblichen genauen Zahlen sind unbeglaubigt und täuschend.


96 Nach dem Biographen c. 14. 15 hat Probus die Germanen des rechten Rheinufers in Abhängigkeit gebracht, so daß sie den Römern tributpflichtig sind und die Grenze für sie vertheidigen (omnes iam barbari vobis arant, vobis iam serviunt et contra interiores gentes militant); das Recht der Waffenführung wird ihnen vorläufig gelassen, aber daran gedacht bei weiteren Erfolgen die Grenze vorzuschieben und eine Provinz Germanien einzurichten. Auch als freie Phantasien eines Römers des vierten Jahrhunderts – mehr ist es nicht – haben diese Aeußerungen ein gewisses Interesse.


97 Allem Anschein nach sind die politischen Relationen zwischen Rom und Britannien in der Zeit vor der Eroberung wesentlich auf das von Caesar wiederhergestellte und garantirte (b.G. 5, 22) Fürstenthum der Trinovanten zu beziehen. Daß König Dubnovellaunus, der nebst einem andern ganz unbekannten Britannerfürsten bei Augustus Schutz suchte, hauptsächlich in Essex herrschte, zeigen seine Münzen (mein mon. Ancyr. 2. Ausg. p. 138 fg.). Die britannischen Fürsten, die den Augustus beschickten und seine Oberherrschaft anerkannten (denn so scheint Strabon 4, 5, 3 p. 200 gefaßt werden zu müssen; vgl. Tacitus ann. 2, 24), haben wir auch zunächst dort zu suchen. Cunobelinus, nach den Münzen der Sohn des Königs Tasciovanus, von dem die Geschichte schweigt, gestorben, wie es scheint bejahrt, zwischen 40 und 43, im Regiment also wahrscheinlich dem späteren des Augustus und denen des Tiberius und Gaius parallel gehend, residirte in Camalodunum (Dio 60, 21); um ihn und um seine Söhne dreht sich die Vorgeschichte der Invasion. Wohin Bericus, der zum Claudius kam (Dio 60, 19), gehört, wissen wir nicht, und es mögen auch andere brittische Dynasten dem Beispiel derer von Colchester gefolgt sein; aber an der Spitze stehen diese.


98 Tacitus Agr. 13: consilium id divus Augustus vocabat, Tiberius praeceptum.


99 Die Auseinandersetzung bei Strabon 2, 5, 8 p. 115. 4, 5, 3 p. 200 giebt offenbar die gouvernementale Version. Daß nach Einziehung der Insel der freie Verkehr und damit der Ertrag der Zölle sinken werde, muß wohl als Eingeständniß des Satzes genommen werden, daß die römische Herrschaft und die römischen Tribute den Wohlstand der Unterthanen herabdrückten.


100 Als Ursache des Krieges giebt Sueton Claud. 17 an: Britanniam tune tumultuantem ob non redditos transfugas; was O. Hirschfeld mit Recht in Verbindung bringt mit Gai. 44: Adminiò Cunobellini Britannorum regis filio, qui pulsus a patre cum exigua manu transfugerat, in deditionem recepto. Mit dem tumultuari werden wohl wenigstens beabsichtigte Plünderfahrten nach der gallischen Küste gemeint sein. Um den Bericus (Dio 60, 19) ist der Krieg gewiß nicht geführt worden.


101 Ebenso war Mona nachher receptaculum perfugarum (Tacitus ann. 14, 29).


102 Tacitus ann. 12, 37: pluribus gentibus imperitantem.


103 Die drei Legionen vom Rhein sind die 2. Augusta, die 14. und die 20.; aus Pannonien kam die 9. spanische. Dieselben vier Legionen standen dort noch zu Anfang der Regierung Vespasians; dieser rief die 14. ab zum Kriege gegen Civilis und diese kam nicht zurück, dafür aber wahrscheinlich die 2. adiutrix. Diese ist vermuthlich unter Domitian nach Pannonien verlegt, unter Hadrian die 9. aufgelöst und durch die 6. victrix ersetzt worden. Die beiden anderen Legionen 2. Augusta und 20. haben vom Anfang bis zum Ende der Römerherrschaft in England gestanden.


104 Die nur auf bedenkliche Emendationen gestützte Identification der Boduner und Catuellaner bei Dio 60, 20 mit Völkerschaften ähnlichen Namens bei Ptolemaeus kann nicht richtig sein; diese ersten Kämpfe müssen zwischen der Küste und der Themse stattgefunden haben.


105 Tacitus ann. 12, 31: (P. Ostorius) cuncta castris ad.. ntonam (überliefert ist castris antonam) et Sabrinam fluvios cohibere parat. So ist hier herzustellen, nur daß der sonst nicht überlieferte Name des Flusses Tern nicht ergänzt werden kann. Die einzigen in England gefundenen Inschriften von Soldaten der 14. Legion, die unter Nero England verließ, sind in Wroxeter, dem sogenannten ›englischen Pompeii‹, zum Vorschein gekommen. Da dort sich auch die Grabschrift eines Soldaten der 20. gefunden hat, war das von Tacitus bezeichnete Lager vielleicht anfänglich beiden Legionen gemeinsam und ist die 20. erst später nach Deva gekommen. Daß das Lager bei Isca gleich nach der Invasion angelegt ward. geht aus Tacitus 12, 32. 38 hervor.

106 Eine schlechtere Relation als die des Tacitus über diesen Krieg 14, 31-39 ist selbst bei diesem unmilitärischsten aller Schriftsteller kaum aufzufinden. Wo die Truppen standen und wo die Schlachten geliefert wurden, hören wir nicht, dafür aber von Zeichen und Wundern genug und leere Worte nur zu viel. Die wichtigen Thatsachen, die im Leben des Agricola 31 erwähnt werden, fehlen im Hauptbericht, insonderheit die Erstürmung des Lagers. Daß Paullinus von Mona kommend nicht bedacht ist die Römer im Südosten zu retten, sondern seine Truppen zu vereinigen, begreift sich, aber nicht, warum er, wenn er Londinium aufopfern wollte, deßwegen dahin marschirt. Ist er wirklich dorthin gekommen, so kann er nur mit einer persönlichen Bedeckung ohne das Corps, das er auf Mona bei sich gehabt, dort erschienen sein; was freilich auch keinen Sinn hat. Das Gros der römischen Truppen, sowohl der von Mona zurückgeführten wie der sonst noch vorhandenen, kann nach Aufreibung der neunten Legion nur auf der Linie Deva-Viroconium-Isca gestanden haben; Paullinus schlug die Schlacht mit den beiden in den beiden ersten dieser Lager stehenden Legionen, der 14. und der (unvollständigen) 20. Daß Paullinus schlug, weil er schlagen mußte, sagt Dio 62, 1-12, und wenn gleich dessen Erzählung sonst auch nicht gebraucht werden kann, um die des Tacitus zu bessern, so scheint dies durch die Sachlage selbst gefordert.


107 Tacitus hist. 1, 2 faßt das Resultat zusammen in die Worte perdomita Britannia et statim missa.


108 Der kaiserliche Finanzbeamte unter Pius, Appian (prooem. 5) bemerkt, daß die Römer den besten Theil (τὸ κράτιστον) der brittischen Insel besetzt hätten οἰδὲν τῆς ἄλλης δεόμενοι. οὐ γὰρ εὔφορος αὐτοῖς ἐστὶν οὑδ᾽ ἣν ἔχουσιν. Das ist die Antwort der Gouvernementalen an Agricola und seine Meinungsgenossen.


109 Die Meinung, daß der nördliche Wall an die Stelle des südlichen getreten sei, ist ebenso verbreitet wie unhaltbar; die Cohortenlager am Hadrianswall, wie sie uns die Inschriften des 2. Jahrh. zeigen, bestanden im wesentlichen unverändert noch am Ende des 3. (denn dieser Epoche gehört der betreffende Abschnitt der Notitia an). Beide Anlagen haben neben einander bestanden, seit die jüngere hinzugetreten war; auch zeigt die Masse der Denkmäler am Severuswall mit Evidenz, daß er bis zum Ende der römischen Herrschaft in Britannien besetzt geblieben ist. – Der Bau des Severus kann nur auf die nördliche Anlage bezogen werden. Einmal war die Anlage des Hadrian von der Art, daß eine etwanige Wiederherstellung unmöglich, wie dies von der severischen gesagt wird, als Neubau aufgefaßt werden konnte; aber die Anlage des Pius war ein bloßer Erddamm (murus cespiticius vita c. 5) und unterliegt hier die gleiche Annahme minderem Bedenken. Zweitens paßt die Länge des Severuswalles von 32 Milien (Victor epit. 20; die unmögliche Zahl 132 ist ein Schreibfehler unserer Handschriften des Eutropius 8, 19 – wo Paulus das Richtige bewahrt hat –, der dann von Hieronymus J. Abr. 2221, Orosius 7, 17, 7 und Cassiodor zum J. 207 übernommen worden ist) nicht auf den Hadrianswall von 80 Milien; aber die Anlage des Pius, die nach den inschriftlichen Erhebungen etwa 40 Milien lang war, kann wohl gemeint sein, da die Endpunkte der severischen Anlage an den beiden Meeren recht wohl andere und näher gelegene gewesen sein können. Wenn endlich nach Dio 76, 12 von der Mauer, welche die Insel in zwei Theile theilt, nördlich die Caledonier, südlich die Maeaten wohnen, so sind zwar die Wohnsitze der letzteren sonst nicht bekannt (vgl. 75, 5), können aber unmöglich, auch nach der Schilderung, die Dio von ihrer Gegend macht, südlich vom Hadrianswall angesetzt und die der Caledonier bis an diesen erstreckt werden. Also ist hier die Linie Glasgow-Edinburgh gemeint.


110 A limite id est a vallo heißt es im Itinerarium p. 464.


111 Der Hauptbeweis dafür liegt in dem unzweifelhaft bald nach dem J. 108 (C.I.L. VII, 241) eintretenden Verschwinden dieser Legion und ihrer Ersetzung durch die sechste victrix. Die beiden Notizen, welche auf dies Ereigniß hindeuten (Fronto p. 217 Naber: Hadriano imperium obtinente quantum militum a Britannis caesum? Vita 5: Britanni teneri sub Romana dicione non poterant) so wie die Anspielung bei Juvenal 14, 196: castella Brigantum führen auf einen Aufstand, nicht auf einen Einfall.


112 Wenn Pius nach Pausanias 8, 43, 4 ἀπετέμετο τῶν ἐν Βριττανίᾳ Βριγάντων τὴν πολλὴν, ὅτι ἐπεσβαίνειν καὶ οὗτοι σὺν ὅπλοις ἦρξαν ἐς τὴν Γενουνίαν μοῖραν (unbekannt, vielleicht, wie O. Hirschfeld vorschlägt, die Brigantenstadt Vinovia) ὑπηκόους Ῥωμαίων, so folgt daraus nicht, daß es auch Briganten in Caledonien gab sondern daß die Briganten in Nordengland damals das befriedete Brittenland heimsuchten und darum ein Theil ihres Gebiets confiscirt ward.


113 Daß er die Absicht gehabt hat den ganzen Norden in römische Gewalt zu bringen (Dio 76, 13), verträgt sich weder recht mit der Abtretung (a.a.O.) noch mit dem Mauerbau und ist wohl ebenso fabelhaft wie der römische Verlust von 50000 Mann, ohne daß es auch nur zum Kampfe kam.


114 Die Theilung ergiebt sich aus Dio 55, 23.

115 Auf ihn geht wohl das Epigramm des Seneca (vol. 4 p. 69 Bährens): oceanusque tuas ultra se respicit aras. Auch der Tempel, der nach der Spottschrift desselben Seneca (8,3) dem Claudius bei Lebzeiten in Britannien errichtet ward, und der damit sicher identische Tempel des Gottes Claudius in Camalodunum (Tacitus 14, 31) ist wohl nicht als städtisches Heiligthum zu fassen, sondern nach Analogie der Augustusheiligthümer von Lugudunum und Tarraco. Die delecti sacerdotes, welche specie religionis omnes fortunas effundebant, sind die bekannten Provinzialpriester und Spielgeber.


116 Das hier stationirte Commando war wenigstens in späterer Zeit ohne Frage das wichtigste unter den britannischen; und es wird auch dort (denn an Eburacum ist hier ohne Zweifel gedacht) ein Palatium erwähnt (vita Severi 22). Das praetorium, unterhalb Eburacum wohl an der Küste gelegen (itin. Ant. p. 466), mag der Sommersitz des Statthalters gewesen sein.


117 Nördlich von Aldborough und Easingwold (beide etwas nördlich von York) haben sich keine gefunden (Bruce the Roman wall p. 61).


118 Das Baptisterium ist vielleicht das Grabmal des Kaisers.


119 Daß im J. 50 noch keine Legionen an der Donau selbst standen, folgt aus Tacitus ann. 12, 29; sonst wäre es nicht nöthig gewesen zur Aufnahme der übertretenden Sueben eine Legion dorthin zu schicken. Auch die Anlage des claudischen Savaria paßt besser, wenn die Stadt damals norisch war, als wenn sie schon zu Pannonien gehörte; und da die Zutheilung dieser Stadt zu Pannonien mit der gleichen Abtrennung von Carnuntum und mit der Verlegung der Legion dahin sicher der Zeit nach zusammengehört, so dürfte dies alles erst in nachclaudischer Zeit stattgefunden haben. Auch die geringe Zahl der in den Donaulagern gefundenen Inschriften von Italikern (Eph. ep. 5 p. 225) deutet auf spätere Entstehung. Allerdings haben sich in Carnuntum einige Grabschriften von Soldaten der 15. Legion gefunden, die nach der äusseren Form und nach dem Fehlen des Cognomen älter zu sein scheinen (Hirschfeld arch. epigraph. Mittheilungen 5, 217). Derartige Zeitbestimmungen können, wo es sich um ein Decennium handelt, volle Sicherheit nicht in Anspruch nehmen; indeß muß eingeräumt werden, daß auch jene Argumente keinen vollen Beweis machen und die Translocation früher, etwa unter Nero begonnen haben kann. Für die Anlegung oder Erweiterung dieses Lagers durch Vespasian spricht die einen derartigen Bau bezeugende Inschrift von Carnuntum aus dem J. 73 (Hirschfeld a a.O.).

120 Thrakischer, getischer, dacischer Orts- und Personennamen kennen wir ganze Reihen; sprachlich bemerkenswert ist eine mit -centhus zusammengesetzte Gruppe von Personennamen: Bithicenthus, Zipacenthus, Disacenthus, Tracicenthus, Linicenthus (Bull. de corr. hell. 6, 179), von denen die ersten beiden in ihrer anderen Hälfte (Bithus, Zipa) auch isolirt häufig begegnen. Eine ähnlich Gruppe bilden die Composita mit -poris, wie Mucaporis (Thraker Bull. a.a.O., Daker zahlreich), Cetriporis, Rhaskyporis, Bithoporis, Dirdiporis.


121 Das sagt Tacitus ann. 2, 64 ausdrücklich. Freie Thraker, vom römischen Standpunct aus betrachtet, gab es damals nicht; wohl aber behauptete das thrakische Gebirge, namentlich die Rhodope der Besser auch im Friedensstand den von Rom eingesetzten Fürsten gegenüber eine kaum als Unterthänigkeit zu bezeichnende Stellung; sie erkannten wohl den König an, gehorchten ihm aber, wie Tacitus (a.a.O. und 4, 46. 51) sagt, nur wenn es ihnen paßte.


122 Wir haben noch ein Kotys gewidmetes griechisches Epigramm des Antipater von Thessalonike (anthol. Planud. 4, 75), desselben Dichters, der auch den Thrakersieger Piso (S. 21) feierte, und eine an Kotys gerichtete lateinische Epistel in Versen des Ovidius (ex Ponto 2, 9).

123 Es ist eine der empfindlichsten Lücken der römischen Kaisergeschichte, daß die Standlager der beiden Legionen, welche unter den julisch-claudischen Kaisern die Besatzung von Moesien bildeten, der 4. Seythica und der 5. Macedonica (wenigstens standen diese dort im J. 33: C.I.L. III, 1698) sich bis jetzt nicht mit Sicherheit nachweisen lassen. Wahrscheinlich waren es Viminacium und Singidunum in dem späteren Obermoesien. Unter den Legionslagern Niedermoesiens, von denen namentlich das von Troesmis zahlreiche Monumente aufzuweisen hat, scheint keines älter zu sein als Hadrian; die Ueberreste der obermoesischen sind bis jetzt so sparsam, daß sie wenigstens nicht hindern deren Entstehung ein Jahrhundert weiter zurück zu legen. Wenn der König von Thrakien im J. 18 gegen Bastarner und Skythen rüstet (Tacitus ann. 2, 65), so hätte dies auch als Vorwand nicht geltend gemacht werden können, wenn niedermoesische Legionslager schon damals bestanden hätten. Eben diese Erzählung zeigt, daß die Kriegsmacht dieses Lehnfürsten nicht unbedeutend war, und die Beseitigung eines unfügsamen Königs von Thrakien Vorsicht erheischte.


124 Daß das regnum Vannianum (Plinius h.n. 4, 12, 81), der Suebenstaat (Tacitus ann. 12, 29; hist. 3, 5. 21) nicht bloß, wie es nach Tacitus ann. 2, 63 scheinen könnte, auf die Wohnsitze der mit Maroboduus und Catualda übergetretenen Leute, sondern auf das ganze Gebiet der Marcomanen und Quaden bezogen werden muß, zeigt deutlich der zweite Bericht ann. 12, 29. 30, da hier als Gegner des Vannius neben seinen eigenen insurgirten Unterthanen die westlich und nördlich an Böhmen angrenzenden Völker, die Hermunduren und Lugier erscheinen. Als Grenze gegen Osten bezeichnet Plinius a.a.O. die Gegend von Carnuntum (Germanorum ibi confinium), genauer den Fluß Marus oder Duria, der die Sueben und das regnum Vannianum von ihren östlichen Nachbarn scheidet, mag man nun das dirimens eos mit Müllenhoff (Sitzungsberichte der Berliner Akademie 1883 S. 871) auf die Jazygen oder was näher liegt, auf die Bastarner beziehen. Sachlich grenzten wohl beide, die Jazygen südlich, die Bastarner nördlich mit den Quaden des Marchthals. Demnach ist der Marus die March und die Scheide machen die zwischen dem March- und dem Waagthal sich erstreckenden kleinen Karpathen. Wenn also jene Gefolgschaften inter flumen Marum et Cusum angesiedelt werden, so ist der sonst nicht genannte Cusus, falls die Angabe genau ist, nicht die Waag oder gar, wie Müllenhoff meinte, die unterhalb Gran in die Donau fallende Eipel, sondern ein Zufluß der Donau westlich der March, etwa der Gusen bei Linz. Auch fordert die Erzählung bei Tacitus 12, 29. 30. daß das Gebiet des Vannius westlich noch über die March hinausgereicht hat. Die Subscription unter dem ersten Buch der Betrachtungen des Kaisers Marcus ἐν Κουάδοις πρὸς τῷ Γρανοίᾳ beweist wohl, daß damals der Quadenstaat sich bis zum Granfluß erstreckte; aber dieser Staat deckt sich nicht mit dem regnum Vannianum.


125 Regibus Bastarnarum et Roxolanorum filios, Dacorum fratrum captos aut hostibus ereptos remisit (Orelli 750) ist verschrieben; es muß fratres heißen oder allenfalls fratrum filios. Ebenso ist nachher per quae zu lesen für per quem und rege statt regem.


126 In Pannonien standen um das J. 70 zwei Legionen, die 13. gemina und die 15. Apollinaris, für welche letztere während ihrer Betheiligung am armenischen Krieg einige Zeit die 7. gemina eintrat (C.I.L. III p. 482). Von den beiden später hinzugetretenen Legionen 1. adiutrix und 2. adiutrix lag die erste noch im Anfang der Regierung Traians in Obergermanien (S. 145 A. 1) und kann erst unter diesem nach Pannonien gekommen sein; die zweite unter Vespasian in Britannien stationirte ist wahrscheinlich erst unter Domitian nach Pannonien gekommen (S. 159 A. 2). Auch das moesische Heer zählte nach der Vereinigung mit dem dalmatischen unter Vespasian wahrscheinlich nur vier Legionen, also so viel wie bisher beide Heere zusammen, die späteren obermoesischen 4. Flavia und 7. Claudia und die späteren untermoesischen 1. Italica und 5. Macedonica. Die durch die Hin- und Hermärsche des Vierkaiserjahres verschobenen Stellungen (Marquardt Staatsverw. 2, 435), welche zeitweilig drei Legionen nach Moesien brachten, dürfen nicht täuschen. Die spätere dritte untermoesische Legion, die elfte, stand noch unter Traian in Obergermanien.


127 Josephus bell. 7, 4, 3: πλείοσι καὶ μείζοσι φυλακαῖς τὸν τόπον διέλαβεν, ὡς εἶναι τοῖς βαρβάροις τὴν διάβασιν τελέως ἀδύνατον. Damit scheint die Verlegung der beiden dalmatischen Legionen nach Moesien gemeint. Wohin sie gelegt wurden, wissen wir nicht. Nach der sonstigen römischen Weise ist es wahrscheinlicher, daß sie in dem Umkreis des bisherigen Hauptquartiers Viminacium stationirt worden sind als in der entfernten Gegend der Donaumündungen. Die Entstehung der dortigen Lager ist wohl erst erfolgt bei der Theilung des moesischen Commandos und bei Einrichtung der selbständigen Provinz Untermoesien unter Domitian.


128 Die Chronologie des dacischen Krieges liegt sehr im Ungewissen. Daß er bereits vor dem Chattenkrieg (83) begonnen hat, lehrt die karthagische Inschrift C. VIII, 1082 eines dreimal von Domitian, im dacischen, im germanischen und wieder im dacischen Kriege decorirten Soldaten. Eusebius setzt den Ausbruch des Krieges oder vielmehr den ersten großen Kampf in das J. Abr. 2101 oder 2102 = n. Chr. 85 (genauer 1. Oct. 84-30. Sept. 85) oder 86, den Triumph in das J. 2106 = 90; auf völlige Zuverlässigkeit haben diese Zahlen freilich keinen Anspruch. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird der Triumph in das J. 89 gesetzt (Henzen acta Arval. p. 116).


129 Das Fragment Dio 67, 7, 1 Dind. steht in der Folge der ursinischen Excerpte vor 67, 5, 1. 2. 3 und gehört auch nach der Folge der Ereignisse vor die Verhandlung mit den Lugiern. Vgl. Hermes 3, 115.


130 Arrian tact. 44 erwähnt unter den Aenderungen, die Hadrian bei der Cavallerie einführte, daß er den einzelnen Abtheilungen ihre nationalen Schlachtrufe gestattet habe, Κελτικοὺς μὲν τοῖς Κελτοῖς ἱππεῦσιν, Γετικοὺς δὲ τοῖς Γέταις, Ῥαιτικοὺς δὲ ὅσοι ἐκ Ῥαίτων.


131 Die Wälle, welche 3 Meter hoch, 2 Meter dick, mit breitem Außengraben und vielen Resten von Castellen in zwei fast parallelen Linien theils in der Länge von 150 Kil. vom linken Ufer des Prut über Tabak und Tatarbunar zum Dujestr-Liman zwischen Akerman und dem schwarzen Meer, theils in der Länge von 100 Kil. von Leowa am Prut zum Dnjestr unterhalb Bendery ziehen (Petermann geograph. Mittheilungen 1857 S. 129), mögen wohl auch römisch sein; aber es fehlt bis jetzt an jeder genaueren Feststellung.


132 Nach v. Vinckes Aufnahme (Monatsberichte über die Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin 1. J. 1839/40 S. 179f.; vgl. in v. Moltkes Briefen über Zustände in der Türkei den vom 2. Nov 1837) so wie nach den mir mitgetheilten Aufzeichnungen und Plänen des Herrn Dr. C. Schuchhardt sind hier drei Sperrungen angelegt. Die südlichste wahrscheinlich älteste ist ein einfacher Erdwall mit (auffallender Weise) gegen Süden vorliegendem Graben; ob römischen Ursprungs, kann zweifelhaft sein. Die beiden anderen Linien sind ein jetzt noch vielfach bis 3 Meter hoher Erd- und ein niedrigerer einst mit Steinen gefütterter Wall, die oft dicht neben einander her, anderswo wieder stundenweit von einander entfernt laufen. Man möchte sie für die beiden Vertheidigungslinien einer befestigten Straße halten, wenn auch in der östlichen Hälfte der Erdwall, in der südlicheren der Steinwall der nördlichere ist und sie in der Mitte sich kreuzen. An einer Stelle bildet der (hier südlichere) Erdwall die Hinterseite eines hinter dem Steinwall angelegten Castells. Der Erdwall ist auf der Nordseite von einem tiefen, auf der Südseite von einen flachen Graben gedeckt; jeden Graben schließt ein Aufwurf ab. Dem Steinwall liegt auch nördlich ein Graben vor. Hinter dem Erdwall und meist an ihn angelehnt finden sich je 750 M. von einander entfernt Castelle; andere in unregelmäßigen Entfernungen desgleichen hinter dem Steinwall. Alle Linien halten sich hinter den Karasu-Seen als der natürlichen Vertheidigungsstütze; von da, wo diese aufhört, bis zum Meer sind sie mit geringer Rücksicht auf die Terrainverhältnisse geführt. Die Stadt Tomis liegt außerhalb des Walls und nördlich davon; es sind aber ihre Festungsmauern durch einen besonderen Wall mit der Sperrbefestigung in Verbindung gesetzt.


133 Vita Hadriani 6: cum rege Roxolanorum qui de imminutis stipendiis querebatur cognito negotio pacem composuit.


134 Vita Marci 14: gentibus quae pulsae a superioribus barbaris fugerant nisi reciperentur bellum inferentibus. Dio bei Petrus Patricius fr. 6: Λαγγιβάρδων καὶ Ὀβίων (sonst unbekannt) ἑξακισχιλίων Ἴστρον περαιωϑέντων τῶν περὶ Βίνδικα (vielleicht schon damals praef. praetorio, in welchem Fall die Garde wegen dieses Vorganges ausmarschirt wäre) ἱππέων ἐξελασάντων καὶ τῶν ἀμφὶ Κάνδιδον πεζῶν ἐπιφϑασάντων εἰς παντελῆ φυγὴν οἱ βάρβαροι ἐτράποντο˙ ἐφ᾽ οἶς οὕτω πραχϑεῖσιν ἐν δέει καταστάντες ἐκ πρώτης ἐπιχειρήσεως οἱ βάρβαροι πρέσβεις παρὰ Αἰλιον Βάσσον τὴν Πανωνίαν διέποντα στέλ λουσι Βαλλομάριόν τε τὸν βασιλέα Μαρκομάνων καὶ ἑτέρους δέκα, κατ᾽ ἔϑνος ἐπιλεξάμενοι ἕνα. καὶ ὅρκοις τὴν εἰρήνην οἱ πρέσβεις πιστωσάμενοι οἰκαδε χωροῦσιν. Daß dieser Verfall vor den Ausbruch des Krieges fällt, zeigt seine Stellung; fr. 7 des Patricius ist Excerpt aus Dio 71, 11, 2.


135 Das moesische Heer gab Soldaten zum armenischen Krieg ab (Hirschfeld arch. epigr. Mitth. 6, 41); aber hier war die Grenze nicht gefährdet.


136 Die Betheiligung der rechtsrheinischen Germanen bezeugt Dio 71, 3, und nur dadurch erklären sich die Maßregeln, die Marcus für Raetia und Noricum traf. Auch die Lage von Oderzo spricht dafür, daß diese Angreifer über den Brenner kamen.


137 Die angebliche erste Erwähnung der Gothen in der Biographie Caracallas c. 10 beruht auf Mißverständniß. Wenn wirklich ein Senator sich den boshaften Scherz gestattet hat dem Mörder Getas den Namen Geticus beizulegen, weil er auf seinem Zug von der Donau nach dem Orient einige Getenschwärme (tumultuariis proeliis) besiegt habe, so meinte er Daker, nicht die damals schwerlich dort wohnenden und dem römischen Publicum kaum bekannten Gothen, deren Gleichung mit den Geten auch gewiß erst später erfunden ward. – Uebrigens führt noch weiter zurück die Angabe, daß Kaiser Maximinus (235-238) der Sohn eines in das benachbarte Thrakien übergesiedelten Gothen gewesen sei; doch wird auch darauf nicht viel zu geben sein.


138 Petrus Patricius fr. 8. Die Verwaltung des hier genannten Legaten von Untermoesien Tullius Menophilus ist durch Münzen sicher auf die Zeit Gordians und mit Wahrscheinlichkeit auf 238-240 bestimmt (Borghesi opp. 2, 227). Da der Anfang des Gothenkrieges und die Zerstörung von Istros durch Dexippos (vita Max. et Balb. 16) auf 238 festgestellt ist, so liegt es nahe die Uebernahme des Tributs damit in Zusammenhang zu bringen; auf jeden Fall ist er damals erneuert worden. Die vergeblichen Belagerungen von Markianopolis und Philippopolis durch die Gothen (Dexippos fr. 18. 19) mögen auf die Einnahme von Istros gefolgt sein. Iordanes Get. 16, 92 setzt die erstere unter Philippus, ist aber in chronologischen Fragen kein gültiger Zeuge.


139 Die Berichte über diese Vorgänge bei Zosimus 1, 21-24, Zonaras 12, 20, Ammian 31, 5, 16. 17 (welche Nachrichten bis zu der Philippopolis betreffenden dadurch, daß diese bei Zosimus wiederkehrt, als hierher gehörig fixirt werden), obwohl alle fragmentarisch oder zerrüttet, dürften aus dem Bericht des Dexippus, wovon fr. 16. 19 erhalten sind, geflossen sein und lassen sich einigermaßen vereinigen. Dieselbe Quelle liegt auch den Kaiserbiographien und Jordanes zu Grunde; beide aber haben sie in dem Grade entstellt und verfälscht, daß von ihren Angaben nur mit großer Vorsicht Gebrauch gemacht werden kann. Unabhängig ist Victor Caes. 29.


140 Vielleicht bezieht sich darauf der Einbruch der Marcomanen bei Zosimus 1, 29.


141 Ammianus 31, 5, 15: duobus navium milibus perrupto Bosporo et litoribus Propontidis Scythicarum gentium catervae transgressae ediderunt quidem acerbas terra marique strages: sed amissa suorum parte maxima reverterunt, worauf die Katastrophe der Decier erzählt und in diese die weitere Notiz eingeflochten wird: obsessae Pamphyliae civitates (dahin wird die Belagerung von Side gehören bei Dexippus selbst fr. 23), insulae populatae complures, ebenso die Belagerung von Kyzikos. Wenn in diesem Rückblick nicht alles verwirrt ist, was bei Ammian doch nicht wohl angenommen werden kann, so fällt dies vor diejenigen Seefahrten, die mit der Belagerung von Pityus beginnen und mehr ein Theil der Völkerwanderung sind als Piratenzüge. Die Zahl der Schiffe freilich dürfte durch Gedächtnißfehler von dem Zug des J 269 hierher übertragen sein. In denselben Zusammenhang gehört die Notiz bei Zosimus 1, 28 über die Skythenzüge in Asien und Kappadokien bis Ephesos und Pessinus. Die Nachricht über Ephesos in der Biographie Galliens c. o ist dieselbe, aber der Zeit nach verschoben.


142 Bei Zosimus selbst wird man völliges Verständniß dafür nicht erwarten; aber sein Gewährsmann Dexippus, der Zeitgenosse und Betheiligte, wußte wohl, warum er die bithynische Expedition die δευτέρα ἔφοδος nannte (Zos. 1, 35); und auch bei Zosimus noch erkennt man deutlich den von Dexippus beabsichtigten Gegensatz der Expedition der Boraner gegen Pityns und Trapezunt zu den hergebrachten Piratenfahrten. In der Biographie des Gallienus wird die c. 11 unter dem J. 264 erzählte skythische Expedition nach Kappadokien die trapezuntische sein so wie die damit verknüpfte bithynische die, welche Zosimus die zweite nennt; verwirrt ist hier freilich alles.


143 Dies sagt Zosimus 1, 42 und folgt auch aus dem Verhältniß der Bosporaner zu dem ersten (1, 32) und dem des ersten zu dem zweiten Zug (1, 34).


144 Dexippus Bericht über diesen Zug geben im Auszug Syncellus p. 717 (wo ἀνελόντος für ἀνελόντες gelesen werden muß), Zosimus 1, 39 und der Biograph des Gallienus c. 13. Ein Bruchstück seiner eigenen Erzählung ist fr. 22 Bei dem Fortsetzer des Dio, von dem Zonaras abhängt, ist der Vorgang unter Claudius gesetzt, durch Irrthum oder durch Fälschung, die dem Gallienus diesen Sieg nicht gönnte. Die Biographie des Gallienus erzählt den Vorgang, wie es scheint, zweimal, zuerst kurz c. 6 unter dem J. 262, dann besser unter oder nach 265 c. 13.


145 In unserer Ueberlieferung erscheint dieser Zug als eine reine Seefahrt, unternommen mit (wahrscheinlich) 2000 Schiffen (so die Biographie des Claudius; die Zahlen 6000 und 900, zwischen denen die Ueberlieferung bei Zosimus 1, 42 schwankt, sind wohl beide verdorben) und 320000 Menschen. Indeß ist es wenig glaublich, daß Dexippus, auf den diese Angaben zurückgehen müssen, die letztere Ziffer in dieser Weise hat setzen können. Andererseits ist bei der Richtung des Zuges zunächst gegen Tomis und Markianopolis es mehr als wahrscheinlich, daß dabei das von Zos. 1, 34 beschriebene Verfahren befolgt ward und ein Theil zu Lande marschirte, und unter dieser Voraussetzung mochte auch ein Zeitgenosse die Zahl der Angreifer wohl auf jene Ziffer schätzen. Auch zeigt der Verlauf des Feldzugs, namentlich der Ort der Entscheidungschlacht, daß man es keineswegs bloß mit einer Flotte zu thun hatte.


146 Die Ordnung der delphischen Amphiktionie unter der römischen Republik erhellt namentlich aus der delphischen Inschrift C.I.L. III p. 987 (vgl. Bull. de Corr. Hell. 7, 427 fg.). Den Verein bildeten damals 17 Völkerschaften mit zusammen 24 Stimmen, sämmtlich dem eigentlichen Griechenland oder Thessalien angehörig; Aetolien, Epirus, Makedonien fehlen. Nach der Umgestaltung durch Augustus (Pausanias 10, 8) blieb diese Organisation im Uebrigen bestehen, nur daß durch Beschränkung der unverhältnißmäßig zahlreichen thessalischen die Stimmen der bisher vertretenen Völkerschaften auf 18 herabgemindert wurden; dazu traten neu Nikopolis in Epirus mit 6 und Makedonien ebenfalls mit 6 Stimmen. Ferner sollten die sechs Stimmen von Nikopolis ein für allemal geführt werden, ebenso wie dies blieb für die zwei von Delphi und die eine von Athen, die übrigen Stimmen dagegen von den Verbänden, so daß zum Beispiel die eine Stimme der peloponnesischen Dorier wechselte zwischen Argos, Sikyon, Korinth und Megara. Eine Gesammtvertretung der europäischen Hellenen waren die Amphiktionen insofern auch jetzt nicht, als die früher ausgeschlossenen Völkerschaften im eigentlichen Griechenland, ein Theil der Peloponnesier und die nicht zu Nikopolis gezogenen Aetoler, darin nicht repräsentirt waren.


147 Die stehenden Zusammenkünfte in Delphi und an den Thermopylen währten fort (Pausanias 7, 24, 3; Philostratus vita Apoll. 4, 23) und natürlich auch die Ausrichtung der pythischen Spiele nebst der Ertheilung der Preise durch das Collegium der Amphiktionen (Philostratus vitae soph. 2, 27); dasselbe hat die Verwaltung der ›Zinsen und Einkünfte‹ des Tempels (Inschrift von Delphi Rhein. Mus. N.F. 2, 111) und legt aus denselben zum Beispiel in Delphi eine Bibliothek an (Lebas II, 845) oder setzt daselbst Bildsäulen.


148 Die Mitglieder des Collegiums der Ἀμφικτίονες oder, wie sie in dieser Epoche heißen, Ἀμφικτύονες, werden von den einzelnen Städten in der früher bezeichneten Weise bald von Fall zu Fall (Iteration: C.I. Gr. 1058), bald auf Lebenszeit (Plutarch an seni 20) bestellt; was wohl davon abhängt, ob die Stimme ständig war oder alternirend (Wilamowitz). Ihr Vorsteher heißt in früherer Zeit ἐπιμελητὴς τοῦ κοινοῦ τῶν Ἀμφικτυόνων (Inschriften von Delphi Rhein. Mus. N.F. 2, 111; C.I. Gr. 1713), später Ἑλλαδάρχης τῶν Ἀμφικτυόνων (C.I. Gr. 1124).


149 Die ursprünglichen Grenzen der Provinz bezeichnet Strabon 17, 3, 25 p. 840 in der Aufzählung der senatorischen Provinzen: Ἀχαία μέχρι Θετταλίας καὶ Αἰτωλῶν καὶ Ἀκαρνάνων καί τινων Ἠπειρωτικῶν ἐϑνῶν ὅσα τῇ Μακεδονίᾳ προσώριστο wobei der übrige Theil von Epirus der (von Strabon hier, für seine Zeit irrig, den senatorischen zugezählten) Provinz Illyricum zugetheilt zu werden scheint. Μέχρι einschließend zu nehmen geht, von sachlichen Erwägungen abgesehen, schon deßwegen nicht an, weil nach den Schlußworten die vorher genannten Gebiete ›Makedonien zugetheilt sind‹. Späterhin finden wir die Aetoler zu Achaia gelegt (Ptolemaeus 3, 14). Daß Epirus eine Zeitlang auch dazu gehört hat, ist möglich, nicht so sehr wegen der Angabe bei Dio 53, 12, die weder für Angustus Zeit noch für diejenige Dios vertheidigt werden kann, sondern weil Tacitus zum J. 17 (ann. 2, 53) Nikopolis zu Achaia rechnet. Aber wenigstens seit Traian bildet Epirus mit Akarnanien eine eigene procuratorische Provinz (Ptolemaeus 3, 13; C.I.L. III, 536; Marquardt St. V. 1, 331). Thessalien und alles Land nördlich vom Oeta ist stets bei Makedonien geblieben.


150 Nichts giebt von der Lage der Griechen des letzten Jahrhunderts der römischen Republik ein deutlicheres Bild als das Schreiben eines dieser Statthalter an die achäische Gemeinde Dyme (C.I. Gr. 1543). Weil diese Gemeinde sich Gesetze gegeben hat, welche der im Allgemeinen den Griechen geschenkten Freiheit (ἡ ἀποδεδομένη κατὰ κοινὸν τοῖς Ἕλλησιν ἐλευϑερία) und der von den Römern den Achaeern gegebnen Ordnung (ἡ ἀποδοϑεῖσα τοῖς Ἀχαιοῖς ὑπὸ Ῥωμαίων πολιτεία; wahrscheinlich unter Mitwirkung des Polybios Pausan. 8, 30, 9) zuwiderliefen, worüber es allerdings auch zu Aufläufen gegekommen war, zeigt der Statthalter der Gemeinde an, daß er die bei den Rädelsführer habe hinrichten lassen und ein minder schuldiger Dritter nach Rom exilirt sei.


151 Vgl. Bd. 2 S.287. 291. Die delischen Ausgrabungen der letzten Jahre haben die Beweise geliefert, daß die Insel, nachdem die Römer sie einmal an Athen gegeben hatten (I, 776), beständig athenisch geblieben ist und sich zwar in Folge des Abfalls der Athener von Rom als Gemeinde der ›Delier‹ constituirte (Eph. epigr. 5 p. 604), aber schon sechs Jahre nach der Capitulation Athens wieder athenisch war (Eph. epigr. 5 n. 184; Homolle Bull. de corr. hell. 8 P.142).


152 Ob das κοινὸν τῶν Ἀχαιῶν, das in der eigentlich republikanischen Zeit natürlicher Weise nicht vorkommt, schon am Ende derselben oder erst nach Einführung der kaiserlichen Provinzialordnung reconstituirt worden ist, ist zweifelhaft. Inschriften wie die olympische des Proquaestors Q. Ancharius Q.f. (Arch. Zeitung 1878 S. 38 N. 114) sprechen mehr für die erstere Annahme; doch kann sie nicht mit Gewißheit als voraugustisch bezeichnet werden. Das älteste sichere Zeugniß für die Existenz dieser Vereinigung ist die von ihr dem Augustus in Olympia gesetzte Inschrift (Arch. Zeitung 1877 p. 36 n. 33). Vielleicht sind dies Ordnungen des Dictators Caesar und im Zusammenhang mit dem unter ihm begegnenden Statthalter ›Griechenlands‹, wahrscheinlich des Achaia der Kaiserzeit (Cicero ad fam. 6, 6, 10). – Uebrigens haben sicher auch unter der Republik nach Ermessen des jedesmaligen Statthalters mehrere Gemeinden für einen bestimmten Gegenstand durch Deputirte zusammentreten und Beschlüsse fassen können; wie das κοινόν der Sikelioten also dem Verres eine Statue decretirte (Cicero Verr. 1. 2, 46, 114), wird Aehnliches auch in Griechenland unter der Republik vorgekommen sein. Aber die regelmäßigen provinzialen Landtage mit ihren festen Beamten und Priestern sind eine Einrichtung der Kaiserzeit.


153 Dies ist das κοινὸν Βοιωτῶν Εὐβοέων Λοκρῶν Φωκέων Δωριέων der merkwürdigen, wahrscheinlich kurz vor der actischen Schlacht gesetzten Inschrift C.I. Att. III, 568. Unmöglich kann mit Dittenberger (Arch. Zeitung 1876 S. 220) auf diesen Bund die Meldung des Pausanias 7, 16, 10 bezogen werden, daß die Römer ›nicht viele Jahre‹ nach der Zerstörung Korinths sich der Hellenen erbarmt und ihnen die landschaftlichen Vereinigungen (συνέδρια κατὰ ἔϑνος ἑκάστοις τὰ ἀρχαῖα) wieder gestattet hätten; dies geht auf die kleineren Einzelbünde.


154 Dazu gehörte nicht bloß das nahe Amyklae, sondern auch Kardamyle (durch Schenkung Augusts Pausan. 3, 26, 7), Pherae (Pausan. 4, 30, 2), Thuria (das. 4, 31, 1) und eine Zeitlang auch Korone (C I. Gr. 1258; vgl. Lebas-Foucart II, 305) am messenischen Busen, ferner die Insel Kythera (Dio 54, 7).


155 In republikanischer Zeit erscheint dieser District als τὸ κοινὸν τῶν Λακεδαιμονίων (Foucart zu Lebas II p. 110); Pausanias (3, 21, 6) irrt also, wenn er ihn erst durch Augustus von Sparta lösen läßt. Aber Ἐλευϑερολάκωνες nennen sie sich erst seit Augustus, und die Ertheilung der Freiheit wird also mit Recht auf diesen zurückgeführt.


156 Es giebt Münzen dieser Stadt mit der Aufschrift c(olonia) I(ulia) D(ume) und dem Kopf Caesars, andere mit der Aufschrift c(olonia) I(ulia) A(ugusta) Dum(e) und dem Kopf Augusts neben dem des Tiberius (Imhoof-Blumer monnaies Grecques p. 165). Daß Augustus Dyme der Colonie Patrae zugetheilt hat, ist wohl ein Irrthum des Pausanias (7, 17, 5); möglich bleibt es freilich, daß Augustus in seinen späteren Jahren diese Vereinigung verfügt hat.


157 Dies zeigt, wenigstens für die Zeit des Pius, die africanische Inschrift C.I.L. VIII, 7059 (vgl. Plutarch Arist. 21). Die Schriftstellernachrichten über die befreiten Gemeinden geben überhaupt keine Gewähr für die Vollständigkeit der Liste. Wahrscheinlich gehört zu denselben auch Elis, das von der Katastrophe der Achaeer nicht betroffen ward und auch später noch nach Olympiaden, nicht nach der Aera der Provinz datirte; überdies ist es unglaublich, daß die Stadt der olympischen Feier nicht bestes Recht gehabt hat.


158 Scharf drückt dies Aristeides aus in der Lobrede auf Rom p. 224 Jebb: διατελεῖτε τῶν μὲν Ἑλλήνων ὥσπερ τροφέων ἐπιμελόμενοι... τοὺς μὲν ἀρίστους καὶ πάλαι ἡγεμόνας (Athen und Sparta) ἐλευϑέρους καὶ αὐτονόμους ἀφεικότες αὐτῶν, τῶν δ᾽ ἄλλων μετρίως... ἐξηγούμενοι, τοὺς δὲ βαρβάρους πρὸς τὴν ἑκάστοις αὐτῶν οὖσαν φύσιν παιδεύοντες.


159 Aber dankbar blieben die hellenischen Litteraten ihrem Collegen und Patron. In dem Apolloniusroman (5, 41) schlägt der große Weise aus Kappadokien Vespasian die Ehre seiner Begleitung ab, weil er die Hellenen zu Sclaven gemacht habe, wie sie eben im Begriff waren wieder ionisch und dorisch zu reden, und schreibt ihm verschiedene Billets von ergötzlicher Grobheit. Ein Mann aus Soloi, der den Hals brach und dann wieder auflebte und bei dieser Gelegenheit alles sah, was Dante schaute, berichtete, daß er Neros Seele getroffen habe, in welche die Arbeiter des Weltgerichts Flammennägel getrieben hatten und beschäftigt waren sie in eine Natter umzugestalten; allein eine himmlische Stimme habe Einspruch gethan und geboten, den Mann wegen seines irdischen Philhellenismus in eine minder abscheuliche Bestie zu verwandeln (Plutarch de sera num. vind. a.E.).

160 Wenigstens wird in der Verordnung Hadrians über die den athenischen Grundbesitzern obliegenden Oellieferungen an die Gemeinde (C.I.A. III, 18) die Entscheidung zwar der Bule und der Ekklesia gegeben, aber Appellation an den Kaiser oder den Proconsul gestattet.


161 Was Strabon 14, 3, 3 p. 665 von dem zu seiner Zeit autonomen lykischen Städtebund berichtet, daß ihm das Kriegs- und Friedens- und das Bündnißrecht fehle, außer wenn die Römer dasselbe gestatten oder es zu ihrem Nutzen geschieht, wird ohne weiteres auch auf Athen bezogen werden dürfen.


162 Allerdings sind die bis jetzt bekannten Vorsteher des κοινον τῶν Ἀχαιῶν, deren Heimath feststeht, aus Argos, Messene, Korone in Messenien (Foucart-Lebas II 305) und haben sich darunter bisher nicht bloß keine Bürger der befreiten Gemeinden, wie Athen und Sparta, sondern auch keine der zu der Confoederation der Boeoter und Genossen gehörigen (S. 237 A. 1) gefunden. Vielleicht beschränkte sich dies κοινόν rechtlich auf das Gebiet, das die Römer die Republik Achaia nannten, das heißt das des achäischen Bundes bei seinem Untergang, und sind die Boeoter und Genossen mit dem eigentlichen κοινόν der Achäer zu demjenigen weiteren Bunde vereinigt, dessen Vorhandensein und Tagen in Argos die Inschriften von Akraephia A. 2 documentiren. Uebrigens bestand neben diesem κοινόν der Achaeer noch ein engeres der Landschaft Achaia im eigentlichen Sinn, dessen Vertreter in Aegion zusammentraten (Pausanias 7, 24, 4), eben wie das κοινὸν τῶν Ἀρκάδων (Arch. Zeit. 1879 p. 139 n. 274) und zahlreiche andere. Wenn nach Pausanias 5, 12, 6 in Olympia dem Traian οἱ πάντες Ἕλληνες, dem Hadrian αἱ ἐς τὸ Ἀχαικὸν τελοῦσαι πόλεις Bildsäulen gesetzt hatten und hier kein Mißverständniß untergelaufen ist, so wird die letztere Dedication auf dem Landtag von Aegion stattgefunden haben.


163 So (nur daß die Dorer fehlen; vgl. S. 237 A. 1) heißt der Verein auf der Inschrift von Akraephia (Keil syll. inscr. Boet. n. 31). Eben diese Urkunde aber nebst der gleichzeitigen C.I. Gr. 1625 liefert den Beweis, daß der Verein unter Kaiser Gaius statt dieser wohl eigentlich officiellen Benennung sich auch einerseits als Verein der Achaeer bezeichnet andrerseits als τὸ κοινὸν τῶν Πανελλήνων oder ἦ σύνοδος τῶν Ελλήνων, auch τὸ τῶν Ἀχαιῶν καὶ Πανελλήνων συνέδριον. Diese Ruhmredigkeit tritt anderswo nicht so grell hervor wie in jenem boeotischen Landstädtchen; aber auch in Olympia, wo der Verein seine Denkmäler vorzugsweise aufstellte, nennt er sich zwar meistens τὸ κοινὸν τῶν Ἀχαιῶν, aber zeigt oft genug dieselbe Tendenz, zum Beispiel wenn τὸ κοινὸν τῶν Ἀχαιῶν ΙΙ. Αἴλιον Ἀρίστωνα . . σύνπαντες οἱ Ἕλληνες ἀνέστησαν (Arch. Zeit 1880 p. 86 n. 344). Ebenso setzen in Sparta dem Caesar Marcus οἱ Ἕλληνες eine Bildsäule ἀπὸ τοῖ κοινοῦ τῶν Ἀχαιῶν (C.I. Gr. 1318).


164 Auch in Asia, Bithynien, Niedermoesien heißt der Vorsteher der der betreffenden Provinz angehörigen Griechenstädte Ἑλλαδάρχης, ohne daß damit mehr ausgedrückt würde als der Gegensatz gegen die Nichtgriechen. Aber wie der Hellenenname in Griechenland verwendet wird, in einem gewissen Gegensatz zu dem eigentlich correcten der Achaeer, ist dies sicher von derselben Tendenz eingegeben, die in den Panhellenea von Argos am deutlichsten sich zeichnete. So findet sich στρατηγὸς τοῖ κοινοῦ τῶν Ἀχαιῶν καὶ προστάτης διὰ βίου τῶν Ἑλλήνων (Arch. Zeit. 1877 p. 192 n. 98) oder auf einem andern Document desselben Mannes προστάτης διὰ βίου τοῦ κοινοῦ τῶν Ἀχαιῶν (Lebas-Foucart n. 305); ein ἄρξας τοῖς Ἕλλησιν σύνπασιν (Arch. Zeit. p. 195 n. 106), στρατηγὸς ἀσυνκρίτως ἄρξας τῆς Ἑλλάδος (das. 1877 p. 40 n. 42), στρατηγὸς καὶ Ἑλλαδάρχης (das. 1876 n. 8 p. 226), alle ebenfalls auf Inschriften des κοινὸν τῶν Ἀχαιῶν. Daß in diesem κοινὸν, mag es auch vielleicht bloß auf den Peloponnes bezogen werden (S. 242 A. 1), die panhellenische Tendenz darum nicht weniger sich geltend machte, ist begreiflich.

165 Die hadrianischen Panhellenen nennen sich τὸ κοινὸν συνέδριον τῶν Ἑλλήνων τῶν εἰς Πλατηὰς συνιόντων (Theben: Keil syll. inscr. Boeot. n. 31, vgl. Plutarch Arist. 19. 21), κοινὸν τῆς Ἑλλάδος (C. I. Gr. 5852), τὸ Πανελλήνιον (ebendaselbst). Ihr Vorsteher heißt ὁ ἄρχων τῶν Πανελλήνων (C. I. A. III, 681. 682. C. I. Gr. 3832, vgl. C. I. A. III, 10: ἀ[ντ]άρχων τοῦ ἱερωτάτου ἀ[γῶνος τοῦ Π]αν[ελ]ληνίου), der einzelne Deputirte Πανέλλην (z.B. C. I. A. III, 534. C. I. Gr. 1124). Daneben treten auch in nachhadrianischer Zeit noch das κοινὸν τῶν Ἀχαιῶν und dessen στρατηγός oder Ἑλλαδάρχης auf, welche wohl von jenen zu scheiden sein werden, obwohl letzterer seine Ehrendecrete jetzt nicht bloß in Olympia aufstellt, sondern auch in Athen (C.I.A. 18; zweites Exemplar in Olympia Arch. Zeit. 1879 S. 52).


166 Daß die Bemerkung Dions von Prusa or. 38 p. 148 R. über den Streit der Athener und der Lakedaemonier ὑπὲρ τῆς προπομπείας sich auf das Fest in Plataeae bezieht, ergiebt sich aus (Lucian) Ἔρωτες 18: (ὡς περὶ προπομπείας ἀγωνιούμενοι Πλαταιᾶσιν. Auch der Sophist Irenaeos schrieb περὶ τῆς Ἀϑηναίων προπομπείας (Suidas u.d.W.) und Hermogenes (de ideis 11 p. 373 Walz) giebt als Redestoff Ἀϑηναῖοι καὶ Λακεδαιμόνιοι περὶ τῆς προπομπείας κατὰ τὰ Μηδικὰ (Mittheilung von Wilamowitz).

167 Es haben sich zwei derselben erhalten, für Kibyra in Phrygien (C.I. Gr. 5882), ausgestellt vom κοινὸν τῆς Ἑλλάδος durch ein δόγμα τοῦ Πανελληνίου und für Magnesia am Maeandros (C.I. Att. III, 16). In beiden wird die gut hellenische Abstammung der betreffenden Körperschaften nebst den sonstigen Verdiensten um die Hellenen hervorgehoben. Charakteristisch sind auch die Empfehlungsbriefe, welche diese Panhellenen einem um ihr Gemeinwesen wohlverdienten Mann an seine Heimathgemeinde Aezani in Phrygien, an den Kaiser Pius und an die Hellenen in Asia insgemein mitgeben (C.I. Gr. 3832. 3833. 3834).


168 Ohne Zweifel will Plutarch mit diesen Worten (de defectu orac. 8) nicht sagen, daß Griechenland überhaupt nicht 3000 Waffenfähige zu stellen vermöge, sondern daß, wenn Bürgerheere nach alter Art gebildet würden, man nicht im Stande sein würde 3000 ›Hopliten‹ aufzustellen. In diesem Sinn mag die Aeußerung wohl so weit richtig sein, als dies bei dergleichen allgemeinen Klagen überhaupt erwartet werden kann. Die Zahl der Gemeinden der Provinz beläuft sich ungefähr auf hundert.


169 Davon erzählt Herodian 4, 8, 3. c. 9, 4, und wir haben die Inschriften zweier dieser Spartiaten, des Nikokles ἐστρατευμένος δὶς κατὰ Περσῶν (C.I. Gr. 1253) und des Dioskoras ἀπελϑὼν εἰς τὴν εὐτυχε στάτην συμμαχίαν (= expeditio) τὴν κατὰ Περσῶν (C.I. Gr. 1495).


170 Das φρόυριον (C, I.A. III, 826) kann nicht wohl anders verstanden werden.


171 ›An Mitteln‹, sagt Dio (or. 31 p. 566), ›fehlt es euch nicht, und Tausende und aber Tausende giebt es hier, denen es nützlich wäre minder reich zu sein‹; und weiterhin (p. 620): ›ihr seid reich wie sonst niemand in Hellas. Mehr als ihr besaßen eure Vorfahren auch nicht. Die Insel ist nicht schlechter geworden; ihr zieht die Nutzung von Karien und einem Theil Lykiens; eine Anzahl Städte sind euch steuerpflichtig; stets empfängt die Stadt reiche Gaben von zahlreichen Bürgern.‹ Er führt weiter aus, daß neue Ausgaben nicht hinzugetreten, wohl aber die früheren für Heer und Flotte fast weggefallen seien; nur ein oder zwei kleine Schiffe hätten sie jährlich nach Korinth (zur römischen Flotte also) zu stellen.


172 Bei den Volksfesten, die in Tiberius Zeit ein reicher Mann in Akraephia in Boeotien ausrichtete, lud er die erwachsenen Sclaven, seine Gattin die Sclavinnen mit den Freien zu Gaste (C.I. Gr. 1625.) In einer Stiftung zur Vertheilung von Oel in der Turnanstalt (γυμνάσιον) von Gytheion in Lakonien wird festgesetzt, daß an sechs Tagen im Jahr auch die Sclaven daran Antheil haben sollen (Lebas-Foucart n. 243a). Aehnliche Spenden begegnen in Argos (C.I. Gr. 1122. 1123).


173 Auf eine der unzähligen Beschwerden, mit welchen die kleinasiatischen Städte wegen ihrer Titel-und Rangstreitigkeiten die Regierung belästigten, antwortete Pius den Ephesiern (Waddington Aristide p. 51), er höre gern, daß die Pergamener ihnen die neue Titulatur gegeben hätten; die Smyrnaeer hätten es wohl nur zufällig unterlassen und würden sicher in Zukunft gutwillig das Richtige thun, wenn auch sie, die Ephesier, ihnen ihre rechten Titel beilegen würden. Einer kleinen lykischen Stadt, welche um Bestätigung eines von ihr gefaßten Beschlusses bei dem Proconsul einkommt, erwidert dieser (Benndorf lykische Reise 1, 71), treffliche Anordnungen verlangten nur Lob, keine Bestätigung; diese liege in der Sache. Die Rhetorenschulen dieser Epoche liefern auch die Concipienten für die kaiserliche Kanzlei; aber dies thut es nicht allein. Es gehört zum Wesen des Principats das Unterthanverhältniß nicht äußerlich zu accentuiren, und namentlich nicht gegen Griechen.


174 Eine formale Aenderung der Steuerordnung folgt an sich aus diesem Wechsel nicht und ist auch bei Tacitus ann. 1, 76 nicht angedeutet; wenn die Einrichtung getroffen wird, weil die Provinzialen über Steuerdruck klagen (onera deprecantes), so konnten bessere Statthalter durch zweckmäßige Repartirung, eventuell durch Erwirkung von Remission den Provinzen aufhelfen. Daß die Beförderung der Reichspost besonders in dieser Provinz als drückende Last empfunden ward, zeigt das Edict des Claudius aus Tegea (Ephem. ep. V p. 69).


175 Der athenische Aufstand unter Augustus ist sicher beglaubigt durch die aus Africanus geflossene Notiz bei Eusebius zum J. Abr. 2025 (daraus Orosius 6, 22, 2). Die Aufläufe gegen den Strategen werden oft erwähnt: Plutarch q. sympos. 8, 3 z.A.; (Lucian) Demonax 11. 64; Philostratos vit. soph. 1, 23. 2, 1, 11.


176 Dem Beamten, auch dem gebildeten, das heißt dem Freidenker, wird angerathen die Spenden, die er mache, an die religiösen Feste anzuknüpfen; denn die Menge werde in ihrem Glauben bestärkt, wenn sie sehe, daß auch die Vornehmen der Stadt auf die Götterverehrung etwas geben und sogar dafür etwas aufwenden (Plutarch praec. ger. reip. 30).


177 Ein Musterstück ist die Inschrift (Lebas – Foucart II p. 142 n. 162 j) des Μ(ᾶρκορ) Λὐρ(ήλιορ) Ζεύξιππορ ὁ καὶ Κλέανδρορ Φιλομοίσω, eines Zeitgenossen also des Pius und Marcus, welcher war ἱερεὺς Λευκιππίδων καὶ Τινδαριδᾶν, der Dioskuren und ihrer Gattinnen, der Töchter des Leukippos, aber, damit zu dem Alten das Neue nicht fehle, auch ἀρχιερέος τῶ Σεβαστῶ καὶ τῶν ϑείων προγόνων ὠτῶ. Er war in seiner Jugend ferner gewesen βουαγὸρ μικκιχιδδομένων, wörtlich Stierführer der Kleinen, nehmlich Anführer der dreijährigen Knaben – die lykurgischen Knabenheerden gingen mit dem siebenten Jahr an, aber seine Nachfahren hatten das Fehlende nachgeholt und von den Einjährigen an alle eingeheerdet und mit ›Führern‹ versehen. Dieser selbe Mann siegte (νεικάαρ = νικήσας) κασσηρατοριν, μωαν καὶ λωαν; was das heißt, weiß vielleicht Lykurgos.


178 ›Das innere Attika‹, sagt ein Bewohner desselben bei Philostratos vitae soph. 2, 7, ›ist eine gute Schule für den, der sprechen lernen will; die Stadtbewohner dagegen von Athen, welche den aus Thrakien und dem Pontus und andern barbarischen Landschaften herbeiströmenden jungen Leuten Wohnungen vermiethen, lassen mehr durch sie ihre Sprache sich verderben als daß sie ihnen das gute Sprechen beibringen. Aber im Binnenland, dessen Bewohner nicht mit Barbaren vermischt sind, ist die Aussprache und die Rede gut.‹


179 Karl Keil (Pauly Realencycl. 12 S. 2100) weist hin auf τινός für ἧς τινός und τὰ χωρία γέγοναν in der Inschrift der Gattin des Herodes (C.I.L. VI, 1342).

180 Dittenberger Hermes 1, 414. Dahin gehört auch, was der plumpe Vertreter des Apollonios seinen Helden an die alexandrinischen Professoren schreiben läßt (ep. 34), daß er Argos, Sikyon, Megara, Phokis, Lokris verlassen habe, um nicht, wenn er länger in Hellas verweile, völlig zum Barbaren zu werden.


181 Tacitus (zum J. 62 ann. 15, 20) charakterisirt einen dieser reichen und einflußreichen Provinzialen, den Claudius Timarchides aus Kreta, der in seinem Kreis allmächtig ist (ut solent praevalidi provincialium et opibus nimiis ad iniurias minorum elati) und über den Landtag, also auch über das obligate, aber für den abgehenden Proconsul mit Rücksicht auf die möglichen Rechenschaftsklagen sehr wünschenswerthe Danksagungsdecret desselben verfügt (in sua potestate situm, an proconsulibus, qui Cretam obtiuissent, grates agerentur). Die Opposition beantragt die Untersagung dieser Dankdecrete, aber es gelingt ihr nicht den Antrag zur Abstimmung zu bringen. Von einer andern Seite schildert Plutarch praec. ger. reip. c. 19, 3 diese vornehmen Griechen.


182 Herodes war ἐξ ὑπάτων (Philostratos vit. soph. 1, 25, 5 p. 536), ἐτέλει ἐκ πατέρων ἐς τοὺς δισυπάτους (das. 2 z.A.p. 545). Sonst ist von Consulaten seiner Ahnen nichts bekannt; aber sicher ist der Großvater Hipparchos nicht Senator gewesen. Möglicher Weise handelt es sich sogar nur um cognatische Ascendenten. Das römische Bürgerrecht hat die Familie nicht unter den Juliern vgl. C.I.A. III, 489), sondern erst unter den Clandiern empfangen.


183 Der erste römische Olympionike, von dem wir wissen, ist Ti. Claudius Ti. f. Nero, ohne Zweifel der spätere Kaiser, mit dem Viergespann (Arch. Zeitung 1880 p. 53); es fällt dieser Sieg wahrscheinlich Ol. 195 (n. Chr. 1), nicht Ol. 199 (n. Chr. 17), wie die Liste des Africanus angiebt (Euseb. 1, p. 214 Schöne). In diesem Jahre siegte vielmehr sein Sohn Germanicus, ebenfalls mit dem Viergespann (Arch. Zeitung 1879 S. 36). Unter den eponymen Olympioniken, den Siegern im Stadium, findet sich kein Römer; diese Verletzung des griechischen Nationalgefühls scheint vermieden worden zu sein.


184 Ein also privilegirtes Spielinstitut heißt ἀγὼν ἱερός, certamen sacrum (das heißt mit Pensionirung: Dio 51, 1) oder ἀγὼν εἰσελαστικός, certamen iselasticum (vgl. unter Anderen Plinius ad Trai. 118. 119; C.I.L. X, 515). Auch die Xystarchie wird, wenigstens in gewissen Fällen, vom Kaiser verliehen (Dittenberger Hermes 12, 17f.). Nicht mit Unrecht nennen diese Institute sich ›Weltspiele‹ (ἀγὼν οἰκουμενικός).


185 Kaiser Gaius zum Beispiel verbittet sich in seinem Schreiben an den Landtag von Achaia die ›große Zahl‹ der ihm zuerkannten Bildsäulen und begnügt sich mit den vier von Olympia, Nemea, Delphi und dem Isthmos (Keil inscr. Boeot. n. 31). Derselbe Landtag beschließt dem Kaiser Hadrian in jeder seiner Städte eine Bildsäule zu setzen, von welchen die Basis der in Abea in Messenien aufgestellten sich erhalten hat (C.I. Gr. 1307). Kaiserliche Autorisation ist für solche Setzungen von je her gefordert worden.


186 Bei der Revision der Stadtrechnungen von Byzantion fand Plinius, daß jährlich 12000 Sesterzen (2500 M.) für den dem Kaiser und 3000 Sesterzen (650 M.) für den dem Statthalter von Moesien durch eine besondere Deputation zu überreichenden Neujahrsglückwunsch angesetzt waren. Plinius weist die Behörden an diese Glückwünsche fortan nur schriftlich einzusenden, was Traian billigt (ep. ad Trai. 43. 44).


187 Daß die Landstraßen in Griechenland besonders unsicher gewesen seien, erfahren wir nicht; der Aufstand in Achaia unter Pius (vita 5, 4) ist seiner Art nach völlig dunkel. Wenn der Räuberhauptmann überhaupt – nicht eben gerade der griechische – in der geringen Litteratur der Epoche eine hervorragende Rolle spielt, so ist dies Vehikel den schlechten Romanschreibern aller Zeiten gemein. Das euboeische Oedland des feineren Dion ist nicht ein Räubernest, sondern es sind die Trümmer einer großen Gutswirthschaft, deren Inhaber seines Reichthums wegen vom Kaiser verurtheilt worden ist und die seitdem wüst liegt. Uebrigens zeigt sich hier, was freilich wenigstens für Nicht-Gelehrte keines Beweises bedarf, daß diese Geschichte gerade ebenso wahr ist wie die meisten, welche damit anfangen, daß der Erzähler sie selbst von dem Betheiligten habe; wäre die Confiscation historisch, so würde der Besitz an den Fiscus gekommen sein, nicht an die Stadt, welche der Erzähler denn auch sich wohl hütet zu nennen.


188 Des ägyptischen Kaufmanns aus Constantius Zeit naive Schilderung Achaias mag hier noch Platz finden: ›Das Land Achaia, Griechenland und Lakonien hat viel Gelehrsamkeit, aber für die übrigen Bedürfnisse ist es unzulänglich: denn es ist eine kleine und gebirgige Provinz und kann nicht viel Getreide liefern, erzeugt aber etwas Oel und den attischen Honig, und kann mehr wegen der Schulen und der Beredsamkeit gepriesen werden, nicht aber so in den meisten übrigen Beziehungen. Von Städten hat es Korinth und Athen. Korinth hat viel Handel und ein schönes Gebäude, das Amphitheater, Athen aber die alten Bilder (historias antiquas) und ein erwähnenswerthes Werk, die Burg, wo viele Bildsäulen stehen und wunderbar die Kriegsthaten der Vorfahren darstellen (ubi multis statuis stantibus mirabile est videre dicendum antiquorum bellum). Lakonien soll allein den Marmor von Krokeae aufzuweisen haben, den man den lakedaemonischen nennt.‹ Die Barbarei des Ausdrucks kommt nicht auf Rechnung des Schreibers, sondern auf die des viel späteren Uebersetzers.


189 Wenn Tacitus ann. 5, 10 Nikopolis eine colonia Romana nennt, so ist das zwar mißverständlich, aber nicht gerade unrichtig, irrig aber des Plinius (h.n. 4, 1, 5) colonia Augusti Actium cum... civitate libera Nicopolitana, da Aktion Stadt so wenig gewesen ist wie Olympia.


190 Ὁ ἀγὼν Ὀλύμπιος τὰ Ἄκτια: Strabon 7, 7, 6 p. 325. Ἀκτιάς: Josephus bell. 1, 20, 4. Ἀκτιονίκης öfter. Wie die vier großen griechischen Landesfeste bekanntlich ἡ περίοδος heißen, der in allen vier gekrönte Sieger περιοδονίκης, so wird C.I. Gr. 4472 auch den Spielen von Nikopolis beigefügt τῆς περιόδου und jene Periodos als die alte (ἀρχαία) bezeichnet. Wie die Wettspiele öfter ἰσολύμπια heißen, so findet sich auch ἀγὼν ἰσάκτιος (C.I. Gr. 4472) oder certamen ad exemplar Actiacae religionis (Tacitus ann. 15, 23).


191 So nennt sich ein Nikopolit ἄρχων τῆς ἱερᾶς Ἀκτιακῆς βουλῆς (Delphi; Rhein. Mus. N.F. 2, 111), wie in Elis es heißt ἡ πόλις Ἠλείων καὶ ἡ Ὀλυμπικὴ βουλή (Arch. Zeit. 1876 S. 57; ähnlich daselbst 1877 S. 40. 41 und sonst). Uebrigens erhielten die Spartaner, als die einzigen an dem actischen Siege mitbetheiligten Hellenen, die Leitung (ἐπιμέλεια) der aktischen Spiele (Strabon 7, 7, 6 p. 325); ihr Verhältniß zu der βουλὴ Ἀκτιακή von Nikopolis kennen wir nicht.


192 Die Schilderung seines Verfalls in der Zeit des Constantius (paneg. 11, 9) beweist für die frühere Kaiserzeit vielmehr das Gegentheil.


193 Die Ausgrabungen in Dodona haben dies bestätigt; alle Fundstücke gehören der vorrömischen Epoche an mit Ausnahme einiger Münzen. Allerdings hat ein Restaurationsbau stattgefunden, dessen Zeit sich nicht bestimmen läßt; vielleicht ist er ganz spät. Wenn Hadrian, der Ζεὺς Δωδωναῖος genannt wird (C.I. Gr. 1822), Dodona besucht hat (Dürr Reisen Hadrians S. 56), so that er es als Archäolog. Eine Befragung des Orakels in der Kaiserzeit wird nur, und auch nicht in glaubwürdigster Weise, berichtet von Kaiser Julian (Theodoretus hist. eccl. 3, 21).


194 Die Verfügung Caesars bezeugen Appian b.c. 2, 88 und Plutarch Caes. 48 und sie stimmt zu seinem eigenen Bericht b.c. 3, 80 recht gut; dagegen nennt Plinius h.n. 4, 8, 29 nur Pharsalos als freie Stadt. Zu Augustus Zeit wurde ein vornehmer Thessaler Petraeos (wahrscheinlich der Caesarianer b.c. 3, 35) lebendig verbrannt (Plutarch praec. ger. reip. 19), ohne Zweifel nicht durch ein Privatverbrechen, sondern nach Beschluß des Landtags, und es wurden die Thessaler vor das Kaisergericht gestellt (Sueton Tib. 8). Vermuthlich gehören beide Vorgänge und ebenso der Verlust der Freiheit zusammen.


195 In der Zeit der Republik scheint Skodra zu Makedonien gehört zu haben (3, 166); in der Kaiserzeit sind dies und Lissus dalmatische Städte und macht die Grenze an der Küste die Mündung des Drin.


196 Die städtischen Gründungen in diesen Gegenden außerhalb des eigentlichen Makedoniens tragen ganz den Charakter eigentlicher Colonien; so die von Philippi im Thrakerland und besonders die von Derriopos in Paeonien (Liv. 39, 53), für welchen letzteren Ort auch die specifisch makedonischen Politarchen inschriftlich bezeugt sind Inschrift vom J. 197 n. Chr.: τῶν περὶ Ἀλέξανδρον Φιλίππου ἐν Δερριόπῳ πολιταρχῶν, Duchesne und Bayet mission au mont Athos p. 103).


197 Daß auch für Lysimachos die Donau Reichsgrenze war, geht hervor aus Pausanias 1, 9, 6.


198 Kalybe bei Byzantion entstand nach Strabon (7, 6, 2 p. 320) Φιλίππου τοῦ Ἀμύντου τοὺς πονηροτάτους ἐνταῦϑα ἱδρύσαντος. Philippopolis soll sogar nach dem Bericht Theopomps (fr. 122 Müller) als Πονηρόπολις gegründet sein und die entsprechenden Colonisten empfangen haben. Wie wenig Vertrauen diese Angaben auch verdienen, so drücken sie doch in ihrem Zusammentreffen den Botany-Bay-Charakter dieser Gründungen aus.


199 Doch reicht die nördliche bessarabische Linie, die vielleicht römisch ist, bis nach Tyra (S. 206).


200 Daß Byzantion noch in traianischer Zeit unter dem Statthalter von Bithynien stand, folgt aus Plinius ad Trai. 43. Aus den Gratulationen der Byzantier an die Legaten von Moesien kann die ihrer Lage nach kaum mögliche Zugehörigkeit zu dieser Statthalterschaft nicht geschlossen werden; die Beziehungen zu dem Statthalter von Moesien erklären sich aus den Handelsverbindungen der Stadt mit den moesischen Hafenplätzen. Daß Byzanz auch im J. 53 unter dem Senat stand, also nicht zu Thrakien gehörte, geht aus Tacitus ann. 12, 62 hervor. Zugehörigkeit zu Makedonien unter der Republik bezeugt Cicero (in Pis. 35, 86 de prov. cons. 4, 6) nicht, da die Stadt damals frei war. Diese Freiheit scheint wie bei Rhodos oft gegeben und oft genommen zu sein. Cicero a.a.O. spricht sie ihr zu; im J. 53 ist sie tributpflichtig; Plinius (h.n. 4, 11, 46) führt sie als freie Stadt auf; Vespasian entzieht ihr die Freiheit (Sueton Vesp. 8).

201 Dies verbürgt das Fehlen von Münzen der thrakischen Binnenstädte, welche nach Metall und Stil in die ältere Zeit gesetzt werden könnten. Daß eine Anzahl thrakischer, besonders odrysischer Fürsten zum Theil schon in recht früher Zeit geprägt haben, beweist nur, daß sie über Küstenplätze mit griechischer oder halbgriechischer Bevölkerung geboten. Ebenso wird auch zu urtheilen sein über die ganz vereinzelt stehenden Tetradrachmen der ›Thraker‹ (Sallet num. Zeitschrift 3, 241). – Auch die im thrakischen Binnenland gefundenen Inschriften sind durchgängig aus römischer Zeit. Das in Bessapara, jetzt Tatar Bazardjik westlich von Philippopolis von Dumont (inscr. de la Thrace p. 7) gefundene Decret einer nicht genannten Stadt wird freilich in gute makedonische Zeit gesetzt, aber nur nach dem Charakter der Schrift, welcher vielleicht trügt.


202 Die funfzig Strategien Thrakiens (Plinius h.n. 4, 11, 40; Ptolemaeos 3, 11, 6) sind nicht Militärbezirke, sondern, wie dies namentlich bei Ptolemaeos deutlich hervortritt, Landkreise, die sich mit den Stämmen decken (στρατηγία Μαιδική, Βεσσική u.s.w.) und Gegensatz zu den Städten bilden. Die Bezeichnung στρατηγός hat, ebenso wie praetor, ihren ursprünglich militärischen Werth später eingebüßt. Hier liegt wohl zunächst die Analogie von Aegypten zu Grunde, das ebenso in Stadtgebiete unter städtischen Magistraten und in Landkreise unter Strategen zerfiel. Ein στρατηγός Ἀστικῆς περὶ Πέρινϑον aus römischer Zeit Eph. epigr. II p. 252.


203 In Deultus, der colonia Flavia Pacis Deultensium, wurden Veteranen der 8. Legion versorgt (C.I.L. VI, 3828). Flaviopolis auf dem Chersones, das alte Coela, ist gewiß nicht Colonie gewesen (Plinius 4, 11, 47), sondern gehört zu der eigenartigen Ansiedlung des Kaisergesindes auf diesem Domanialbesitz (Eph. epigr. V p. 82).


204 Diese Stadt Νικόπολις ἡ περὶ Αἷμον des Ptolemaeos 3, 11, 7, Νικόπολις πρὸς Ἴστρον der Münzen, das heutige Nikup an der Jantra, gehört geographisch zu Untermoesien und, wie die Statthalternamen der Münzen zeigen, seit Severus auch administrativ; aber nicht bloß führt Ptolemaeos es bei Thrakien auf, sondern die Fundorte der hadrianischen Terminalsteine C.I.L. III, 736 vgl. p. 992 scheinen es ebenfalls zu Thrakien zu stellen. Da diese griechische Binnenstadt weder zu den lateinischen Stadtgemeinden Untermoesiens noch zu dem κοινόν des moesischen Pontus paßte, ist sie bei der ersten Ordnung der Verhältnisse dem κοινόν der Thraker zugewiesen worden. Später muß sie freilich einem oder dem andern jener moesischen Verbände angeschlossen worden sein.


205 Das κοινὸν τῆς Πενταπόλεως findet sich auf einer Inschrift von Odessos C.I. Gr. 2056 c, die füglich der früheren Kaiserzeit angehören kann, die pontische Hexapolis auf zwei Inschriften von Tomis wahrscheinlich des 2. Jahrh. n. Chr. (Marquardt Staatsverw. 12 S. 305; Hirschfeld arch. epigr. Mitth. 6, 22). Die Hexapolis muß auf jeden Fall, und danach wahrscheinlich auch die Pentapolis, mit den römischen Provinzialgrenzen in Einklang gebracht werden, das heißt die griechischen Städte Untermoesiens in sich schließen. Diese finden sich auch, wenn man den sichersten Führern, den Münzen der Kaiserzeit folgt. Münzstätten (von Nikopolis abgesehen, S. 282 A.) giebt es in Untermoesien sechs: Istros, Tomis, Kallatis, Dionysopolis, Odessos und Markianopolis, und da die letzte Stadt von Traian gegründet ward, so erklärt sich damit zugleich die Pentapolis. Tyra und Olbia haben schwerlich dazu gehört; wenigstens zeigen die zahlreichen und redseligen Denkmäler der letzteren Stadt nirgends eine Anknüpfung an diesen Städtebund. Κοινὸν τῶν Ἑλλήνων heißt derselbe auf einer Inschrift von Tomis, welche ich hier wiederhole, da sie nur in der athenischen Pandora vom 1. Juni 1868 gedruckt ist: Ἀγαϑῆ τύχη. Κατὰ τὰ δόξαντα τῆ κρατήστη βουλῆ καὶ τῶ λαμπροτάτω δήμω τῆς λαμπροτάτης μητροπόλεως καὶ α τοῖ εὐωνύμου Πόντου Τόμεως τὸν Ποντάρχην Πρείσκιον Ἀννιαν[ὸ]ν ἄρξαντα τοῖ κοινοῦ τῶ[ν] Ἑλλήνων καὶ τῆς μητροπόλεως τήν α᾽ ἀρχὴν ἁγνῶς, καὶ ἀρχιερασάμενον, τὴν δι᾽ ὅπλων καὶ κυνηγε[σ]ίων ἐνδόξως φιλοτειμίαν μὴ διαλιπόντα, ἀλλὰ καὶ βουλευτὴν καὶ τῶν πρωτευόντων Φλαβίας Νέας πόλεως, καὶ τὴν ἀρχιέρειαν σύμβιον αὐτοῦ Ἰουλίαν Ἀπολαίστην πάσης τειμῆς χάρ[ε]ιν.


206 Das zeigt die merkwürdige Inschrift bei Allard (la Bulgarie orientale. Paris 1863) S. 263: Θεῶ μεγάλω Σαράπ[ιδι καὶ] τοῖς συννάοις ϑεοῖς [καὶ τῶ αὐ]τοκράτορι Τ. Αἰλίω Ἀδριαν[ῶ Ἀ]ντωνείνω Σεβαστῶ Εὐσεβ[εῖ] καὶ Μ. Αὐρηλίω Οὐήρω Καίσαρι Καρπίων Ἀνουβίωνος τῶ οἴκω τῶν Ἀλεξανδρέων τὸν βωμὸν ἐκ τῶν ἰδίων ἀνέϑηκεν ἔτους κγ᾽ [μηνὸς] Φαρμουϑὶ α᾽ ἐπὶ ἱερέων [Κ]ορνουτου τοῦ καὶ Σαραπίωνος [Πολύ]μνου τοῦ καὶ Λον[γείνου]. Die Schiffergilde von Tomis begegnet mehrfach in den Inschriften der Stadt.


207 Das stets bekriegte und oft zerstörte Olbia erlitt nach der Angabe Dios (Borysth. p. 75 R.) etwa 150 Jahre vor seiner Zeit, das heißt etwa vor dem J. 100 n. Chr., also wahrscheinlich bei dem Zug des Burebista (3, 304), die letzte und schwerste Eroberung (τὴν τελευταίαν καὶ μεγίστην ἅλωσιν). Εἰλον δὲ, fährt Dion fort, καὶ ταύτην Γέται καὶ τὰς ἄλλας τὰς ἐν τοῖς ἀριστεροῖς τοῦ Πόντου πόλεις μέχρι Ἀπολλωνίας (Sozopolis oder Sizebolu, die letzte namhafte Griechenstadt an der pontischen Westküste) ὅϑεν δὴ καὶ σφόδρα ταπεινὰ τὰ πράγματα κατέστη τῶν ταύτῃ Ἑλλήνων, τῶν μὲν οὐκέτι συνοικισϑεισῶν πόλεων, τῶν δὲ φαύλως καὶ τῶν πλείστων βαρβάρων εἰς αἰτὰς συῤῥυέντων. Der junge vornehme Stadtbürger ausgeprägter ionischer Physiognomie, dem Dion dann begegnet, welcher zahlreiche Sarmaten erschlagen oder gefangen hat und zwar den Phokylides nicht kennt, aber den Homer auswendig weiß, trägt Mantel und Hosen nach Skythenart und das Messer im Gurt. Die Stadtbürger alle tragen langes Haar und langen Bart und nur einer beides geschoren, was ihm als Zeichen serviler Haltung gegen die Römer verdacht wird. Also ein Jahrhundert später sah es dort ganz so aus, wie Ovidius Tomis schildert.


208 Ganz gewöhnlich heißt der Vater skythisch, der Sohn griechisch oder auch umgekehrt; zum Beispiel verzeichnet eine unter oder nach Traian gesetzte Inschrift von Olbia (C.I. Gr. 2074) sechs Strategen M. Ulpius Pyrrhus Sohn des Arseuaches, Demetrios Sohn des Xessagaros, Zoilos Sohn des Arsakes, Badakes Sohn des Radanpson, Epikrates Sohn des Koxuros, Ariston Sohn des Vargadakes.


209 Da Asandros sein Archontat wahrscheinlich schon von seinem Abfall von Pharnakes, also vom Sommer des J. 707 [47] gezählt hat und bereits im 4. Jahre seiner Regierung den Königstitel annimmt, so kann dieses Jahr füglich auf Herbst 709/710 [45/4] gesetzt werden, die Bestätigung also von Caesar erfolgt sein. Antonius kann sie nicht wohl ertheilt haben, da er erst Ende 712 [42] nach Asien kam; noch weniger ist an Augustus zu denken, den Pseudo-Lukianos (macrob. 15) nennt, Vater und Sohn verwechselnd.


210 Mithradates, den Claudius im J. 41 zum König des Bosporus machte, führte sein Geschlecht auf Eupator zurück (Dio 60, 8; Tacitus ann. 12, 18) und ihm folgte sein Bruder Kotys (Tacitus a.a.O.). Ihr Vater heißt Aspurgos (C.I. Gr. II p. 95), braucht aber darum kein Aspurgianer (Strabo 11, 2, 19 p. 415) gewesen zu sein. Von einem späteren Dynastiewechsel wird nicht berichtet; König Eupator in Pius Zeit (Lucian Alex. 57; vita Pii 9) weist auf das gleiche Haus. Wahrscheinlich haben übrigens diese späteren bosporanischen Könige so wie die uns nicht einmal dem Namen nach bekannten nächsten Nachfolger Polemons auch zu den Polemoniden in verwandtschaftlichen Beziehungen gestanden, wie denn der erste Polemon selbst eine Enkelin des Eupator zur Frau gehabt hatte. Die thrakischen Königsnamen, wie Kotys und Rhaskuporis, die in dem bosporanischen Königshaus gewöhnlich sind, knüpfen wohl an den Schwiegersohn des Polemon, den thrakischen König Kotys an. Die Benennung Sauromates, welche seit dem Ende des 1. Jahrh. häufig auftritt, ist ohne Zweifel durch Verschwägerung mit sarmatischen Fürstenhäusern aufgekommen, beweist aber natürlich nicht, daß ihre Träger selber Sarmaten waren. Wenn Zosimos 1, 31 den nach Erlöschen des alten Königsgeschlechts zur Regierung gelangten geringen und unwürdigen Fürsten die Schuld daran zuschreibt, daß die Gothen unter Valerian auf bosporanischen Schiffen ihre Piratenzüge ausführen konnten, so mag das seine Richtigkeit haben und zunächst Phareanses gemeint sein, von dem es Münzen aus den J. 254 und 255 giebt. Aber auch diese sind mit dem Bildniß des römischen Kaisers bezeichnet und später finden sich wieder die alten Geschlechtsnamen (alle bosporanischen Könige sind Tiberii Iulii) und die alten Beinamen, wie Sauromates und Rhaskuporis. Im Ganzen genommen sind die alten Traditionen wie die römische Schutzherrschaft auch damals hier noch festgehalten worden.


211 Die letzte bosporanische Münze ist vom J. 631 der Achaemenidenaera, n. Chr. 335; sicher hängt dies zusammen mit der eben in dieses Jahr fallenden Einsetzung des Neffen Constantins I Hanniballianus zum ›König‹, obwohl dies Königthum hauptsächlich das östliche Kleinasien umfaßte und zur Residenz Caesarea in Kappadokien hatte. Nachdem in der blutigen Katastrophe nach Constantins Tode dieser König und sein Königthum zu Grunde gegangen war, steht der Bosporus unmittelbar unter Constantinopel.


212 Noch im J. 366 war der Bosporus in römischem Besitz (Ammian 26, 10, 6); bald nachher müssen die Griechen am Nordufer des schwarzen Meeres sich selbst überlassen worden sein, bis dann Justinian die Halbinsel wieder besetzte (Prokopius bell. Goth. 4, 5). In der Zwischenzeit ging Pantikapaeon in den Hunnenstürmen zu Grunde.


213 Die Münzen der Stadt Chersonesos aus der Kaiserzeit haben die Aufschrift Χερσονήσου ἐλευϑέρας, einmal sogar βασιλευούσης, und weder Königs- noch Kaisernamen oder Kopf (A.v. Sallet Zeitschrift für Num. 1, 27. 4, 273). Die Unabhängigkeit der Stadt documentirt sich auch darin, daß sie nicht minder als die Könige des Bosporus in Gold münzt. Da die Aera der Stadt richtig auf das Jahr 36 v. Chr. bestimmt scheint (C.I. Gr. n. 8621), in welchem ihr, vermuthlich von Antonius, die Freiheit verliehen ward, so ist die vom J. 109 datirte Goldmünze der ›regierenden Stadt‹ im J. 75 n. Chr. geschlagen.


214 Nach Strabons Darstellung (11, 2, 11 p. 495) stehen die Herren von Tanais selbständig neben denen von Pantikapaeon und hängen die Stämme südlich vom Don bald von diesen, bald von jenen ab; wenn er hinzufügt, daß manche der pantikapaeischen Fürsten bis zum Tanais geboten, und namentlich die letzten, Pharnakes, Asandros, Polemon, so scheint dies mehr Ausnahme als Regel. In der A. 2 angeführten Inschrift stehen die Tanaiten unter den unterthänigen Stämmen und eine Reihe von tanaitischen Inschriften bestätigen dies für die Zeit von Marcus bis Gordian; aber die Ἕλληνες καὶ Ταναεῖται neben den ἄρχοντες Ταναειτῶν und den öfter genannten Ἑλληνάρχαι bestätigen, daß die Stadt auch damals eine nicht griechische blieb.


215 In der einzigen lebendigen Erzählung aus der bosporanischen Geschichte, die wir besitzen, der des Tacitus ann. 12, 15-21 von den beiden rivalisirenden Brüdern Mithradates und Kotys, stehen die benachbarten Stämme, die Dandariden, Siraker, Aorser unter eigenen von dem römischen Fürsten von Pantikapaeon nicht rechtlich abhängigen Herren. – In der Titulatur pflegen die älteren pantikapaeischen Fürsten sich Archonten des Bosporus, das heißt von Pantikapaeon, und von Theudosia und Könige der Sinder und sämmtlicher Maiter und anderer nichtgriechischer Völkerschaften zu nennen. Ebenso nennt die meines Wissens unter den Königsinschriften der römischen Epoche älteste den Aspurgos, Sohn des Asandrochos (Stephani comptes rendus de la comm. pour 1866 p. 128) βασιλεύοντα παντὸς Βοοσπόρου, Θεοδοσίης καὶ Σίνδων καὶ Μαϊτῶν καὶ Τορετῶν Ψησῶν τε καὶ Ταναειτῶν, ὑποτάσαντα Σκύϑας καὶ Ταύρους. Auf den Umfang des Gebietes wird aus der vereinfachten Titulatur kein Schluß gezogen werden dürfen. – In den Inschriften der späteren Zeit findet sich einmal unter Traian die wohl adulatorische Titulatur βασιλεὺς βασιλέων μέγας τοῦ παντὸς Βοοσπόρου (C.I. Gr. 2123). Die Münzen kennen überhaupt von Asandros an keinen Titel als βασιλεύς, während doch Pharnakes sich βασιλεὺς βασιλέων μέγας nennt. Ohne Zweifel ist dies Einwirkung der römischen Suzeränetät, mit der sich ein über andere Fürsten gesetzter Lehnsfürst nicht recht vertrug.


216 Es war dies der im J. 41 von Claudius eingesetzte König Mithradates, welcher einige Jahre später abgesetzt und durch seinen Bruder Kotys ersetzt ward; er lebte nachher in Rom und kam in den Wirren des Vierkaiserjahres um (Plutarch Galba 13. 15). Indeß wird weder aus den Andeutungen bei Tacitus ann. 12, 15 (vgl. Plinius h.n. 6, 5, 17) noch aus dem (durch Verwechselung der beiden Mithradates von Bosporus und von Iberien verwirrten) Bericht bei Petrus Patricius fr. 3 der Sachverhalt deutlich. Die chersonesitischen Märchen bei dem späten Constantinus Porphyrogenitus de adm. imp. c. 53 kommen natürlich nicht in Betracht. Der böse bosporanische König Sauromates Κρισκωνόρου (nicht Ῥησκοπόρου) υἱός, der mit den Sarmaten gegen Kaiser Diocletianus und Constantius so wie gegen das reichstreue Cherson Krieg führt, ist offenbar hervorgegangen aus einer Verwirrung des bosporanischen Königs- und des Volksnamens und gerade so historisch wie die Variation auf die Geschichte von David und Goliath, die Erlegung des gewaltigen Königs der Bosporaner Sauromates durch den kleinen Chersonesiten Pharnakos. Die Königsnamen allein, zum Beispiel außer den genannten der nach dem Erlöschen des Geschlechts der Sauromaten eintretende Asandros, genügen. Die städtischen Privilegien und die Oertlichkeiten der Stadt, zu deren Erklärung diese Mirabilien erfunden sind, verdienen allerdings Beachtung.


217 Es giebt keine bosporanischen Gold- oder Pseudogoldmünzen ohne den römischen Kaiserkopf, und es ist dies immer der des vom römischen Senat anerkannten Herrschers. Daß in den Jahren 263 und 265, wo im Reiche sonst nach Valerians Gefangennehmung Gallienus officiell als Alleinherrscher galt, hier zwei Köpfe auf den Münzen erscheinen, ist vielleicht nur Unkunde; doch mag der Bosporus damals unter den vielen Prätendenten eine andere Wahl getroffen haben. Die Namen werden in dieser Zeit nicht beigesetzt und die Bildnisse sind nicht sicher zu unterscheiden.


218 Dies wird man dem Skythen Toxaris in dem unter den lucianischen stehenden Dialog (c. 44) glauben dürfen; im Uebrigen erzählt er nicht bloß μύϑοις ὅμοια, sondern eben einen Mythos, dessen Könige Leukanor und Eubiotos die Münzen begreiflicher Weise nicht kennen.


219 In Betreff der Getreideausfuhr verdient die Notiz in dem Bericht des Plautius (S. 198) Beachtung.


220 Auch aus dem Erbieten einer von den römischen Truppen bedrängten Ortschaft der Siraker (am Asowschen Meer) 10000 Sclaven zu liefern (Tacitus ann. 12, 17) wird auf einen lebhaften Sclavenimport aus diesen Gegenden geschlossen werden dürfen.


221 Hätte der Staat des Lysimachos Bestand gehabt, so wäre es wohl anders gekommen. Seine Gründungen Alexandreia in der Troas und Lysimacheia, Ephesos-Arsinoe verstärkt durch die Uebersiedelung der Bewohner von Kolophon und Lebedos, liegen in der bezeichneten Richtung.


222 Nirgends haben die Grenzen der Lehnstaaten und selbst der Provinzen mehr gewechselt als im nordöstlichen Kleinasien. Die unmittelbare Reichsverwaltung trat hier für die Landschaften des Königs Polemon, wozu Zela, Neocaesarea, Trapezus gehörten, im J. 63 ein, für Klein-Armenien, wir wissen nicht genau wann, wahrscheinlich im Anfang der Regierung Vespasians. Der letzte Lehnkönig von Kleinarmenien, dessen gedacht wird, ist der Herodeer Aristobulos (Tacitus ann. 13, 7. 14, 26; Josephus ant 20, 8, 4), der es noch im J. 60 besaß; im J. 75 war die Landschaft römisch (C.I.L. III, 306) und wahrscheinlich hat die eine der seit Vespasian in Kappadokien garnisonirenden Legionen von Anfang an in dem kleinarmenischen Satala gestanden. Vespasian hat die genannten Landschaften so wie Galatien und Kappadokien zu einer großen Statthalterschaft vereinigt. Am Ende der domitianischen Regierung finden wir Galatien und Kappadokien getrennt und die nordöstlichen Provinzen zu Galatien gelegt. Unter Traian ist zuerst wiederum der ganze Bezirk in einer Hand, späterhin (Eph. ep. V n. 1345) in der Weise getheilt, daß die nordöstliche Küste zu Kappadokien gehört. Dabei ist es wenigstens insoweit geblieben, daß Trapezunt, und also auch Klein-Armenien, fortan beständig unter diesem Statthalter gestanden hat. Also hatte, von einer kurzen Unterbrechung unter Domitian abgesehen, der Legat von Galatien nichts mit der Grenzvertheidigung zu thun und ist diese, wie es auch in der Sache liegt, stets mit dem Commando Kappadokiens und seiner Legionen vereinigt gewesen.


223 Die städtische Münzprägung und die Inschriftsetzung stehen unter so vielfachen Bedingungen, daß das Fehlen oder auch die Fülle der einen wie der andern nicht ohne weiteres zu Rückschlüssen auf die Abwesenheit oder die Intensität einer bestimmten Civilisationsphase berechtigen. Für Kleinasien insbesondere ist zu beachten, daß es das gelobte Land der municipalen Eitelkeit ist und unsere Denkmäler, auch die Münzen, zum weitaus größten Theil dadurch hervorgerufen sind, daß die Regierung der römischen Kaiser dieser freien Lauf ließ.


224 ›Die Verordnung‹, sagt der Jurist Modestinus, der sie referirt (Dig. 27, 1, 6, 3) ›interessirt alle Provinzen, obwohl sie an die Asiaten gerichtet ist‹. Auch paßt sie in der That nur da, wo es Städteklassen giebt, und der Jurist fügt eine Anweisung hinzu, wie sie auf anders geordnete Provinzen anzuwenden sei. Was der Biograph des Pius c. 11 über die von Pius den Rhetoren gewährten Auszeichnungen und Gehalte berichtet, hat mit dieser Verfügung nichts zu schaffen.


225 Vortrefflich setzt Dio von Prusa in seinen Ansprachen an die Bürger von Nikomedeia und von Tarsos auseinander, daß kein gebildeter Mann für sich solche leere Bezeichnungen haben möchte und die Titelsucht für die Städte geradezu unbegreiflich sei; wie es das Zeichen der richtigen Kleinstädterei sei sich solche Rangbescheinigungen ausstellen zu lassen; wie der schlechte Statthalter durch diesen Städtehader sich immer decke, da Nikaea und Nikomedeia nie unter sich zusammenhielten. »Die Römer gehen mit euch um wie mit Kindern, denen man geringes Spielzeug schenkt; Mißhandlungen nehmt ihr hin um Namen zu bekommen; sie nennen eure Stadt die erste, um sie als die letzte zu behandeln. Den Römern seid ihr damit zum Gelächter geworden und sie nennen das ›griechische Dummheiten, (Ἑλληνικὰ ἁμαρτήματα).‹ «


226 Pausanias aus Kaesareia rückt bei Philostratus vitae soph. 2, 13 dem Herodes Attikos seine Fehler vor: παχείᾳ τῇ γλώττῃ καὶ ὡς Καππαδόκαις ξύνηϑες, ξυγκρούων μὲν τὰ σύμφωνα τῶν στοιχείων, συστέλλων δὲ τὰ μηκυνόμενα καὶ μηκυνων τὰ βραχέα. Vita Apotl. 1, 7: ἡ γλῶττα Ἀττικῶς εἰχεν, οὐδ᾽ ἀπήχϑη τὴν φωνὴν ὑπὸ τοῦ ἔϑνους.


227 Amyntas wurde noch im J. 715, bevor Antonius nach Asien zurückging, über die Pisidier gesetzt (Appian b.c. 5, 75), ohne Zweifel weil diese wieder einmal einen ihrer Raubzüge unternommen hatten. Daraus, daß er dort zuerst herrschte, erklärt es sich auch, daß er sich in Isaura seine Residenz baute (Strabon 12, 6, 3 p. 569). Galatien kam zunächst an die Erben des Deiotarus (Dio 48, 33). Erst im J. 718 erhielt Amyntas Galatien, Lykaonien und Pamphylien (Dio 49, 32).


228 Daß dies die Ursache war, weshalb diese Gegenden nicht unter römische Statthalter gelegt wurden, sagt Strabon (14, 5, 5 p. 671), der nach Zeit und Ort diesen Verhältnissen nahe stand, ausdrücklich: ἐδόκει πρὸς ἅπαν τὸ τοιοῦτο (für die Unterdrückung der Räuber und der Piraten) βασιλεύεσϑαι μᾶλλον τοὺς τόπους ἦ ὑπὸ τοῖς Ῥωμαίοις ἡγεμόσιν εἶναι τοῖς ἐπὶ τὰς κρίσεις πεμπομένοις, οἳ μήτ᾽ ἀεὶ παρεῖναι ἔμελλον (wegen der Bereisung der conventus) μήτε μεϑ᾽ ὅπλων (die allerdings dem späteren Legaten von Galatien fehlten).


229 In der großen unbenannten Ruinenstätte von Saradschik im oberen Limyrosthal im östlichen Lykien (vgl. Ritters Erdkunde 19 S. 1172) steht ein bedeutender tempelförmiger Grabbau, sicher nicht älter als das 3. Jahrh. n. Chr., an welchem in Relief zerstückelte Menschentheile, Köpfe, Arme, Beine als Embleme angebracht sind; man möchte meinen, als Wappen eines civilisirten Räuberhauptmanns (Mittheilung von Benndorf.)


230 Das berühmte Verzeichniß der der Gemeinde Ankyra gemachten Leistungen aus Tiberius Zeit (C.I. Gr. 4039) bezeichnet die galatischen Gemeinden gewöhnlich mit ἔϑνος, zuweilen mit πόλις. Später verschwindet jene Benennung; aber in der vollen Titulatur, zum Beispiel der Inschrift C.I. Gr. 4011 aus dem zweiten Jahrhundert, führt Ankyra immer noch den Volksnamen: ἡ μητρόπολις τῆς Γαλατίας Σεβαστὴ Τεκτο σάγων Ἄγκυρα.


231 Nach Pausanias 10, 36, 1 heißt bei den Γαλάται ὑπὲρ Φρυγίας φωνῇ τῇ ἐπιχωρίῳ σφίσιν die Scharlachbeere ὗς; und Lukian Alex. 51 berichtet von den Verlegenheiten des wahrsagenden Paphlagoniers, wenn ihm Συριστὶ ἢ Κελτιστὶ Fragen vorgelegt wurden und nicht gleich dieser Sprache kundige Leute zur Hand waren


232 Wenn in dem S. 314 A. 1 erwähnten Verzeichniß aus Tiberius Zeit die Spenden nur selten drei Völkern, meist zwei Völkern oder zwei Städten gegeben werden, so sind, wie Perrot (de Galatia p. 83) richtig bemerkt, die letzteren Ankyra und Pessinus und steht bei den Spenden hinter ihnen Tauion der Trokmer zurück. Vielleicht gab es damals bei diesen noch keine Ortschaft, die als Stadt gelten konnte.


233 Auch Cicero (ad Att. 6, 5, 3) schreibt von seiner Armee in Kilikien: exercitum infirmum habebam, auxilia sane bona, sed ea Galatarum, Pisidarum, Lyciorum: haec enim sunt nostra robora.


234 Beschlüsse der ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ἕλληνες C.I.A. 3487. 3957; ein Lykier geehrt ὑπὸ τοῦ κο[ινο]ῦ τῶν ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ἑλλήνων καὶ ὑπὸ τῶν ἐ[ν Πα]μφυλίᾳ πόλεων Benndorf lyk. Reise 1, 122; Schreiben an die Hellenen in Asia C.I. Gr. 3832. 3833 ὦ ἄνδρες Ἕλληνες in der Anrede an den Landtag: von Pergamon Aristides p. 517. – Ein ἄρξας τοῦ κοινοῦ τῶν ἐν Βιϑυνίᾳ Ἑλλήνων Perrot expl. de la Galatie p. 32; Schreiben des Kaisers Alexander an dasselbe Dig. 49, 1, 25. – Dio 51, 20: τοῖς ξένοις, Ἕλληνας σφᾶς ἐπικαλέσας, ἑαυτῷ τινα, τοῖς μὲν Ἀσιανοῖς ἐν Περγάμῳ, τοῖς δὲ Βιϑυνοῖς ἐν Νικομηδείᾳ τεμενίσαι ἐπέτρεψε.


235 Außer den Galatarchen (Marquardt Staatsverw. 1, 515) begegnen uns in Galatien noch unter Hadrian Helladarchen (Bull. de corr. hell. 7, 18), welche hier nur gefaßt werden können wie die Hellenarchen in Tanais (S. 290 A. 1).


236 Das συνέδριον τῶν ἐννέα δήμων (Schliemann Troia 1884 S. 256) nennt sich anderswo Ἰλιεῖς καὶ πόλεις αἱ κοινωνοῦσαι τῆς ϑυσίας καὶ τοῖ ἀγῶνος καὶ τῆς πανηγύρεως (daselbst S. 254). Ein anderes Document desselben Bundes aus der Zeit des Antigonos bei Droysen Hellenismus 2, 2, 382ff. Ebenso werden andere κοινά zu fassen sein, die auf einen engeren Kreis als die Provinz sich beziehen, wie das alte der 13 ionischen Städte, das der Lesbier (Marquardt Staatsverw. 1 S. 516), das der Phrygier auf den Münzen von Apameia. Ihre magistratischen Präsidenten haben auch diese gehabt, wie denn kürzlich sich ein Lesbiarch gefunden hat (Marquardt a.a.O.) und eben so die moesischen Hellenen unter einem Pontarchen standen (S. 283). Doch ist es nicht unwahrscheinlich, daß, wo der Archontat genannt wird, der Bund mehr ist als eine bloße Festgenossenschaft; die Lesbier sowohl wie die moesischen Fünfstädte mögen einen besonderen Landtag gehabt haben, dem diese Beamten vorstanden. Dagegen ist das κοινὸν τοῦ Ὑργαλέου πεδίου (Ramsay cities and bishopries of Phrygia p. 10), das neben mehreren δῆμοι steht, eine des Stadtrechts entbehrende Quasi-Gemeinde.


237 Am deutlichsten tritt die Zusammensetzung der kleinasiatischen Landtage hervor in Strabons (14, 3,3 p. 664) Bericht über die Lykiarchie und bei Aristeides (or. 26 p. 344) Erzählung seiner Wahl zu einem der asiatischen Provinzialpriesterthümer.


238 Beispiele für Asia C.I. Gr. 3487; für Lykien Benndorf lyk. Reise I p. 71. Die lykische Bundesversammlung aber bezeichnet die Jahre nicht nach dem Archiereus, sondern nach dem Lykiarchen.


239 Tacitus ann. 4, 15. 55. Die Stadt, welche einen von dem Landtag der Provinz (dem κοινὸν τῆς Ἀσίας u.s.w.) gewidmeten Tempel besitzt, führt deßwegen das Ehrenprädicat der ›den (Kaiser-) Tempel hütenden‹ (νεωκόρος); und wenn eine deren mehrere aufzuweisen hat, wird die Zahl beigesetzt. Man kann an diesem Institut deutlich erkennen, wie der Kaiser cultus seine volle Ausbildung in Kleinasien erhalten hat. Der Sache nach ist der Neokorat allgemein, auf jede Gottheit und jede Stadt anwendbar; titular, als Ehrenbeiname der Stadt, begegnet er mit verschwindenden Ausnahmen allein in dem kleinasiatischen Kaisercultus – nur einige griechische Städte der Nachbarprovinzen, wie Tripolis in Syrien, Thessalonike in Makedonien haben darin mitgemacht.


240 So wenig die ursprüngliche Verschiedenheit der Landtagspräsidentur und des provinzialen Oberpriesterthums für den Kaisercultus in Zweifel gezogen werden kann, so tritt doch nicht bloß bei jener der in Hellas, von wo die Organisation der κοινά überhaupt ausgeht, noch deutlich erkennbare magistratische Charakter des Vorstehers in Kleinasien völlig zurück, sondern es scheint hier in der That da, wo das κοινόν mehrere sacrale Mittelpuncte hat, der Ἀσιάρχης und der ἀρχιερεὺς τῆς Ἀσίας sich verschmolzen zu haben. Die das bürgerliche Amt scharf accentuirende Titulatur στρατηγός führt der Präsident des κοινόν in Kleinasien nie, auch ἄρξας τοῦ κοινοῖ (S. 317 A. 1) oder τοῦ ἔϑνους (C.I. Gr. 4380k 4 p. 1168) ist selten; die Composita Ἀσιάρχης, Λυκιάρχης, analog dem Ἑλλαδάρχης von Achaia, sind schon zu Strabons Zeit die gebräuchliche Bezeichnung. Daß in den kleineren Provinzen, wie Galatien und Lykien, der Archon und der Archiereus der Provinz getrennt geblieben sind, ist gewiß. Aber in Asien ist das Vorhandensein von Asiarchen für Ephesos und Smyrna inschriftlich festgestellt (Marquardt Staatsverw. 1, 514), während es doch nach dem Wesen der Institution nur einen Asiarchen für die ganze Provinz geben konnte. Auch ist hier die Agonothesie des Archiereus beglaubigt (Galenus zum Hippokrates de part. 18, 2 p. 567 Kühn: παρ᾽ ἡμῖν ἐν Περγάμῳ τῶν ἀρχιερέων τὰς καλουμένας μονομαχίας ἐπιτελούντων), während eben sie das Wesen des Asiarchats ist. Allem Anschein nach haben die Rivalitäten der Städte hier dahin geführt, daß, nachdem es mehrere von der Provinz gewidmete Kaisertempel in verschiedenen Städten gab, die Agonothesie dem effectiven Landtagspräsidenten genommen und dafür dem Oberpriester jedes Tempels der titulare Asiarchat und die Agonothesie übertragen ward. Dann erklärt sich auf den Münzen der 13 ionischen Städte (Mionnet 3, 61, 1) der Ἀσιάρχης καὶ ἀρχιερεύς ιγ᾽ πόλεων und kann auf ephesischen Inschriften derselbe Ti. Julius Reginus bald Ἀσιάρχης β᾽ ναῶν τῶν ἐν Ἐφέσῳ (Wood inscr. from the great theatre n. 18), bald ἀρχιερεὺς β᾽ ναῶν τῶν ἐν Ἐφέσῳ (daselbst n. 8. 14, ähnlich 9) genannt werden. – Nur auf diese Weise sind auch die Institutionen des vierten Jahrhunderts zu begreifen. Hier erscheint in jeder Provinz ein Oberpriester, in Asia mit dem Titel des Asiarchen, in Syrien mit dem des Syriarchen und so weiter. Wenn die Verschmelzung des Archon und des Archiereus in der Provinz Asia schon früher begonnen hatte, so lag nichts näher als sie jetzt bei der Verkleinerung der Provinzen überall in dieser Weise zu combiniren.


241 C.I. Gr. 3902b.


242 Dio von Prusa or. 35 p. 66 R. nennt die Asiarchen und die analogen Archonten (ihre Agonothesie bezeichnet er deutlich und auf sie führen auch die verdorbenen Worte τοὺς ἐπωνύμους τῶν δύο ἠπείρων τῆς ἑσπέρας ὅλης, wofür wohl zu schreiben ist τῆς ἑτέρας ὅλης) τοὶς ἁπάντων ἄρχοντας τῶν ἱερέων. Es fehlt bekanntlich bei der Bezeichnung der Provinzialpriester fast stehend die ausdrückliche Beziehung auf den Kaisercult; wenn sie in ihren Sprengeln die Rolle spielen sollten wie der Pontifex maximus in Rom, so hatte das seinen guten Grund.


243 Maximinus stellte zu diesem Zweck dem Oberpriester der einzelnen Provinz militärische Hülfe zur Verfügung (Eusebius hist. eccl. 8, 14, 9); und der berühmte Brief Julians (ep. 49; vgl. ep. 63) an den damaligen Galatarchen giebt ein deutliches Bild der Obliegenheiten desselben. Er soll das ganze Religionswesen der Provinz beaufsichtigen; dem Statthalter gegenüber seine Selbständigkeit wahren, nicht bei ihm antichambriren, ihm nicht gestatten mit militärischer Escorte im Tempel aufzutreten, ihn nicht vor, sondern in dem Tempel empfangen, innerhalb dessen er der Herr und der Statthalter Privatmann ist; von den Unterstützungen, die die Regierung für die Provinz ausgeworfen hat (30000 Scheffel Getreide und 60000 Sextarien Wein) den fünften Theil an die in die Clientel der heidnischen Priester tretenden Armen spenden, das Uebrige sonst zu mildthätigen Zwecken verwenden; in jeder Stadt der Provinz womöglich mit Beihülfe der Privaten Verpflegungshäuser (ξενοδοχεῖα) nicht bloß für Heiden, sondern für jedermann ins Leben rufen und den Christen nicht ferner das Monopol der guten Werke gestatten; die sämmtlichen Priester der Provinz durch Beispiel und Ermahnung überhaupt zum gottesfürchtigen Wandel und zur Vermeidung des Besuchs der Theater und der Schenken anhalten und insbesondere zum fleißigen Besuch der Tempel mit ihrer Familie und ihrem Gesinde, oder, wenn sie nicht zu bessern sind, sie absetzen. Es ist ein Hirtenbrief in bester Form, nur mit veränderter Adresse und mit Citaten aus Homer statt aus der Bibel. So deutlich diese Anordnungen den Stempel des bereits zusammenbrechenden Heidenthums an sich tragen und so gewiß sie in dieser Ausdehnung der früheren Epoche fremd sind, so erscheint doch das Fundament, die allgemeine Oberaufsicht des Oberpriesters der Provinz über das Cultwesen, keineswegs als eine neue Einrichtung.


244 Diese Truppe kann nach der Stellung bei Josephus bell. 2, 16, 4 zwischen den nicht mit Garnison belegten Provinzen Asia und Kappadokia nur auf Galatien bezogen werden. Natürlich gab sie auch die Detachements, welche in den abhängigen Gebieten am Kaukasus standen, damals – unter Nero – wie es scheint auch die auf dem Bosporus selbst stehenden, wobei freilich auch das moesische Corps betheiligt war (S. 292).


245 Prätorianer stationarius Ephesi: Eph. epigr. IV n. 70. Ein Soldat in statione Nicomedensi: Plinius ad Trai. 74. Ein Legionarcenturio in Byzantium, daselbst 77. 78.


246 In dem kleinasiatischen Municipalwesen kommt alles vor, nur nicht das Waffenwesen. Der smyrnaeische στρατηγὸς ἐπὶ τῶν ὅπλων ist natürlich eine Reminiscenz so gut wie der Cultus des Herakles ὁπλοφύλαξ (C.I. Gr.3162).


247 Der Eirenarch von Smyrna sendet, um den Polykarpos zu verhaften, diese Gensdarmen aus: ἐξῆλϑον διωγμῖται καὶ ἱππεῖς μετὰ τῶν συνήϑων αὐτοῖς ὅπλων, ὡς ἐπὶ λῃστὴν τρέχοντες (acta mart. ed. Ruinart p. 39). Daß sie nicht die eigentliche soldatische Rüstung hatten, wird auch sonst bemerkt (Ammian 27, 9, 6: adhibitis semiermibus quibusdam – gegen die Isaurer – quos diogmitas appellant). Von ihrer Verwendung im Marcomanenkrieg berichtet der Biograph des Marcus c. 26: armavit et diogmitas und die Inschrift von Aezani in Phrygien C.I. Gr. 3031 a 8 = Lebas-Waddington 992: παρασχὼν τῷ κυρίῳ Καίσαρι σύμμαχον διωγμείτην παρ᾽ ἑαυτοῦ.


248 In Knidos (Bull. de corr. hell. 7, 62) hatten im J. 741/2 [13/2] d. St. einige wie es scheint angesehene Bürger das Haus eines ihnen persönlich Verfeindeten drei Nächte hindurchgestürmt; bei der Abwehr hatte einer der Sclaven des belagerten Hauses durch ein aus dem Fenster geworfenes Gefäß den einen der Angreifer getödtet. Die Besitzer des belagerten Hauses wurden darauf des Todtschlags angeklagt, perhorrescirten aber, da sie die öffentliche Meinung gegen sich hatten, das städtische Gericht und verlangten die Entscheidung durch den Spruch des Kaisers Augustus. Dieser ließ die Sache durch einen Commissar untersuchen und sprach die Angeklagten frei, wovon er die Behörde in Knidos in Kenntniß setzte mit der Bemerkung, daß sie die Angelegenheit nicht unparteiisch behandelt hätten und sie anwies sich nach seinem Spruche zu verhalten. Das ist allerdings, da Knidos eine freie Stadt war, ein Eingreifen in deren sonveräne Rechte, wie auch in Athen Appellation an den Kaiser und sogar an den Proconsul in hadrianischer Zeit statthaft war (S. 240 A. 2). Aber wer die Justizverhältnisse einer Griechenstadt dieser Epoche und dieser Stellung erwägt, wird nicht zweifeln, daß durch derartiges Eingreifen wohl mancher ungerechte Spruch veranlaßt, aber viel häufiger ein solcher verhindert ward.


249 Die in kleinasiatischen Inschriften oft erwähnte Gerusia hat mit der von Lysimachos in Ephesos getroffenen gleichnamigen politischen Einrichtung (Strabon 14, 1, 21 p. 640; Wood Ephesus inscr. from the temple of Diana n. 19) nichts weiter gemein; den Charakter derselben in römischer Zeit bezeichnet theils Vitruvius 2, 8, 10: Croesi (domum) Sardiani civibus ad requiescendum aetatis otio seniorum collegio gerusiam dedicaverunt, theils die in der lykischen Stadt Sidyma kürzlich gefundene Inschrift (Benndorf lyk. Reise 1, 71), wonach Rath und Volk beschließen, wie das Gesetz es fordert, eine Gerusia einzurichten und in diese 50 Buleuten und 50 andere Bürger einzuwählen, welche dann einen Gymnasiarchen der neuen Gerusia bestellen. Dieser auch sonst begegnende Gymnasiarch so wie der Hymnode der Gerusia (Menadier qua condic. Ephesii usi sint p. 51) sind unter den uns bekannten Aemtern dieser Körperschaft die einzigen für ihre Beschaffenheit charakteristischen. Analog, aber weniger angesehen, sind die Collegien der νέοι, die auch ihre eigenen Gymnasiarchen haben. Zu den beiden Aufsehern der Turnplätze für die erwachsenen Bürger machen den Gegensatz die Gymnasiarchen der Epheben (Menadier p. 91). Gemeinschaftliche Mahlzeiten und Feste (auf die der Hymnode sich bezieht) fehlten natürlich namentlich bei der Gerusia nicht. Sie ist keine Armenversorgung, aber auch kein der municipalen Aristokratie reservirtes Collegium; charakteristisch für die Weise des bürgerlichen Verkehrs der Griechen, bei welchen der Turnplatz etwa ist was in unsern kleinen Städten die Bürgercasinos.


250 Die Meilensteine beginnen hier mit Vespasian (C.I.L. III, 306) und sind seitdem zahlreich, namentlich von Domitian bis auf Hadrian.


251 Am deutlichsten zeigen dies die in der Senatsprovinz Bithynien unter Nero und Vespasian durch den kaiserlichen Procurator ausgeführten Wegebauten (C.I.L. III, 346. Eph. V n. 96). Aber auch bei den Wegebauten in den senatorischen Provinzen Asia und Kypros wird der Senat nie genannt und es wird dafür dasselbe angenommen werden dürfen. Im dritten Jahrh. ist hier wie überall der Bau auch der Reichsstraßen auf die Communen übergegangen (Smyrna: C.I.L. III, 471; Thyateira: Bull. de corr. hell. 1, 101; Paphos: C.I.L. III, 218).


252 Die Christen des Küstenstädtchens Korykos im rauhen Kilikien pflegten, gegen den allgemeinen Gebrauch, ihren Grabschriften regelmäßig den Stand beizusetzen. Auf den dort von Langlois und neuerdings von Duchesne (Bull. de corr. hell. 7, 230 fg.) aufgenommenen Grabschriften finden sich ein Schreiber (νοτάριος), ein Weinhändler (οἰνέμπορος), zwei Oelhändler (ἐλεοπώλης), ein Gemüsehändler (λαχανοπώλης), ein Fruchthändler (ὀπωροπώλης), zwei Krämer (κάπηλος), fünf Goldschmiede (αὐράριος dreimal, χρυσόχοος zweimal), wovon einer auch Presbyter ist, vier Kupferschmiede (χαλκότυπος einmal, χαλκεύς dreimal), zwei Instrumentenmacher (ἀρμενοράφος), fünf Töpfer (κεραμεύς), von denen einer als Arbeitgeber (ἐργοδότης) bezeichnet wird, ein anderer zugleich Presbyter ist, ein Kleiderhändler (ἱματιοπώλης), zwei Leinwandhändler (λινοπάλης), drei Weber (ὀϑονιακός), ein Wollarbeiter (ἐρευργός), zwei Schuster (καλιγάριος, καλτάριος), ein Kürschner (ἱνιοράφος, wohl für ἡνιοράφος, pellio), ein Schiffer (ναύκληρος), eine Hebamme (ἰατρινή); ferner ein Gesammtgrab der hochansehnlichen Geldwechsler (σύσστεμα τῶν εὐγενεστάτων τραπεζιτῶν). So sah es daselbst im 5. und 6. Jahrhundert aus.


253 Dieser für das 4. Jahrh. bezeugte Verkehr (Ammian 22, 7, 8; Claudianus in Eutrop. 1, 59) ist ohne Zweifel älter. Anderer Art ist es, daß, wie Philostratus vita Apoll. 8, 7, 12 angiebt, die nicht griechischen Bewohner von Phrygien ihre Kinder an die Sclavenhändler verkauften.


254 Συνεργασία τῶν λαναρίων (Wood Ephesus, city n. 4). Auch auf den Inschriften von Korykos (S. 331 A. 1) sind lateinische Handwerkerbenennungen häufig. Die Stufe heißt γράδος in den phrygischen Inschriften C.I. Gr. 3900. 3902 i.


255 Einer von diesen ist Xenophon des Herakleitos Sohn von Kos, bekannt aus Tacitus (ann. 12, 61. 67) und Plinius n.h. 29, 1, 7 und einer Reihe von Denkmälern seiner Heimath (Bull. de corr. hell. 5, 468). Als Leibarzt (ἀρχιατρός, welcher Titel hier zuerst begegnet) des Kaisers Claudius gewann er solchen Einfluß, daß er mit seiner ärztlichen Thätigkeit die einflußreiche Stellung des kaiserlichen Kabinetssecretärs für die griechische Correspondenz verband (ἐπὶ τῶν Ἑλληνικῶν ἀποκριμάτων; vgl. Suidas u.d.W. Διονύσιος Ἀλεξανδρεύς) und nicht bloß für seinen Bruder und Oheim das römische Bürgerrecht und Offizierstellen von Ritterrang und für sich außer dem Ritterpferd und dem Offiziersrang noch die Decoration des Goldkranzes und des Speers bei dem britannischen Triumph erwirkte, sondern auch für seine Heimath die Steuerfreiheit. Sein Grabmal steht auf der Insel und seine dankbaren Landsleute setzten ihm und den Seinigen Statuen und schlugen zu seinem Gedächtniß Münzen mit seinem Bildniß. Er ist es, der den todtkranken Claudius durch weitere Vergiftung umgebracht haben soll und demgemäß, als ihm wie seinem Nachfolger gleich werth, auf seinen Denkmälern nicht bloß wie üblich ›Kaiserfreund‹ (φιλοσεβαστός) heißt, sondern speciell Freund des Claudius (φιλοκλαύδιος) und des Nero (φιλονέρων, dies nach sicherer Restitution). Sein Bruder, dem er in dieser Stellung folgte, bezog ein Gehalt von 500000 Sesterzen (100000 Mark), versicherte aber dem Kaiser, daß er nur ihm zu Liebe die Stellung angenommen hätte, da seine Stadtpraxis ihm 100000 Sesterzen mehr eingetragen habe. Trotz der enormen Summen, die die Brüder außer für Kos namentlich für Neapel aufgewendet hatten, hinterließen sie ein Vermögen von 30 Mill. Sesterzen (61/2 Mill. Mark).


256 Die Urkunde steht bei Dittenberger n. 349. Attalos II machte eine ähnliche Stiftung in Delphi (Bull. de corr. hell. 5, 157).


257 Ein Arzt aus Smyrna, Hermogenes des Charidemos Sohn (C.I. Gr. 3311), schrieb nicht bloß 77 Bände medicinischen Inhalts, sondern daneben, wie sein Grabstein berichtet, historische Schriften: über Smyrna, über Homers Vaterland, über Homers Weisheit, über die Städtegründungen in Asia, in Europa, auf den Inseln, Itinerarien von Asia und von Europa, über Kriegslisten, chronologische Tabellen über die Geschichte Roms und Smyrnas. Ein kaiserlicher Leibarzt Menekrates (C.I. Gr. 6607), dessen Herkunft nicht angegeben wird, begründete, wie seine römischen Verehrer ihm bescheinigen, die neue logische und zugleich empirische Medicin (ἰδίας λογικῆς ἐναργοῦς ἰατρικῆς κτίστης) in seinen auf hundert sechs und fünfzig Bände sich belaufenden Schriften.


258 Die Vorstellung, daß das Römer- und das Partherreich zwei neben einander stehende Großstaaten sind und zwar die einzigen, die es giebt, beherrscht den ganzen römischen Orient, namentlich die Grenzprovinzen. Greifbar tritt sie uns in der johanneischen Apokalypse entgegen, in dem Nebeneinanderstellen wie des Reiters auf dem weißen Roß mit dem Bogen und des auf dem rothen mit dem Schwert (6, 2. 3), so der Megistanen und der Chiliarchen (6, 15 vgl. 18, 23. 19, 18). Auch die Schußkatastrophe ist gedacht als Ueberwältigung der Römer durch die den Kaiser Nero zurückführenden Parther (c. 9, 14. 16, 12) und Armagedon, was immer damit gemeint sein mag, als der Sammelplatz der Orientalen zu dem Gesammtangriff auf den Occident. Allerdings deutet der im römischen Reich schreibende Verfasser diese wenig patriotischen Hoffnungen mehr an als er sie ausspricht.


259 Dies gilt sogar einigermaßen für die Chronologie. Die officielle Historiographie der Sassaniden reducirt den Zeitraum zwischen dem letzten Dareios und dem ersten Sassaniden von 558 auf 266 Jahre (Nöldeke Tabari S. 1).


260 Die Unterkönige der Persis heißen in der Titulatur stehend ›Zag Alohin‹ (wenigstens sollen die aramäischen Zeichen diesen vermuthlich in der Aussprache persisch ausgedrückten Worten entsprechen), Gottes Sohn (Mordtmann Zeitschrift für Numismatik 4, 155 fg.), und dem entspricht auf den griechischen Münzen der Großkönige die Titulatur ϑεοπάτωρ. Auch die Bezeichnung ›Gott‹ findet sich, wie bei den Seleukiden und den Sassaniden. – Warum den Arsakiden ein Doppeldiadem beigelegt wird (Herodian 6, 2, 1), ist nicht aufgeklärt.


261 Τῶν Παρϑυαίων συνέδριόν φησιν (Ποσειδώνιος) εἶναι, sagt Strabon 11, 9, 3 p. 515, διττόν, τὸ μὲν συγγενῶν, τὸ δὲ σοφῶν καὶ μάγων, ἐξ ὧν ἀμφοῖν τοὺς βασιλεῖς καϑίστασϑαι (καϑίστησιν die Hdschr.). Justinus 42, 4, 1: Mithradates rex Parthorum ... propter crudelitatem a senatu Parthico regno pellitur.


262 In Aegypten, dessen Hofceremoniell, wie wohl das der sämmtlichen Staaten der Diadochen, auf das von Alexander angeordnete und insofern auf das des persischen Reiches zurückgeht, scheint der gleiche Titel auch persönlich verliehen worden zu sein (Franz C.I. Gr. III p. 270). Daß bei den Arsakiden das Gleiche vorkam, ist möglich. Bei den griechisch redenden Unterthanen des Arsakidenstaats scheint die Benennung μεγιστᾶνες in dem ursprünglichen strengeren Gebrauch die Glieder der sieben Häuser zu bezeichnen; es ist beachtenswerth, daß megistanes und satrapae zusammengestellt werden (Seneca ep. 21; Josephus 11, 3, 2. 20, 2, 3). Daß bei Hoftrauer der Perserkönig die Megistanen nicht zur Tafel zieht (Sueton Gai. 5), legt die Vermuthung nahe, daß sie das Vorrecht hatten mit ihm zu speisen. – Auch der Titel τῶν πρώτων φίλων findet sich bei den Arsakiden ähnlich wie am ägyptischen und am pontischen Hofe (Bull. de corr. hell. 7 p. 349).


263 Ein königlicher Mundschenk, der zugleich Feldherr ist, wird genannt bei Josephus ant. 14, 13, 7 = bell. 1, 13, 1. Aehnliche Hofämter kommen in den Diadochenstaaten häufig vor.


264 Tacitus ann. 15, 2. 31. Wenn nach der Vorrede des Agathangelos (p. 109 Langlois) zur Zeit der Arsakiden der älteste und tüchtigste Prinz die Landesherrschaft führte, die drei ihm nächststehenden aber Könige der Armenier, der Inder und der Massageten waren, so liegt hier vielleicht dieselbe Ordnung zu Grunde. Daß das parthisch-indische Reich, wenn es mit dem Hauptland verbunden war, ebenfalls als Secundogenitur galt, ist sehr wahrscheinlich.


265 Diese meint wohl Justinus 41, 2, 2: proximus maiestati regum praepositorum ordo est; ex hoc duces in bello, ex hoc in pace rectores habent. Den einheimischen Namen bewahrt die Glosse bei Hesychios: βίσταξ ὁ βασιλεὺς παρὰ Πέρσαις. Wenn bei Ammian 23, 6, 14 die Vorsteher der persischen regiones vitaxae (schr. vistaxae), id est magistri equitum et reges et satrapae heißen, so hat er ungeschickt Persisches auf ganz Innerasien bezogen (vgl. Hermes 16, 613); übrigens kann die Bezeichnung ›Reiterführer‹ für diese Unterkönige darauf gehen, daß sie, wie die römischen Statthalter, die höchste Civil- und die höchste Militärgewalt in sich vereinigten und die Armee der Parther überwiegend aus Reiterei bestand.


266 Das lehrt die einem Gotarzes in der Inschrift von Kermanschahân in Kurdistan (C.I. Gr. 4674) beigelegte Titulatur σατράπης τῶν σατραπῶν. Dem Arsakidenkönig dieses Namens kann sie als solchem nicht beigelegt werden; wohl aber mag, wie Olshausen (Monatsbericht der Berliner Akademie 1878 S. 179) vermuthet, damit diejenige Stellung bezeichnet werden, die ihm nach seinem Verzicht auf das Großkönigthum (Tacitus ann. 11, 9) zukam.


267 Noch später heißt eine Reitertruppe im parthischen Heer die ›der Freien‹. Josephus ant. 14, 13, 5 = bell. 1, 13, 3.


268 Die älteste bekannte Münze mit Pahlavischrift ist zu Claudius Zeit unter Volagasos I geschlagen; sie ist zweisprachig und giebt dem König griechisch den vollen Titel, aber nur den Namen Arsakes, iranisch bloß den einheimischen Individualnamen abgekürzt (Vol.).


269 Gewöhnlich beschränkt man dies auf die Großsilbermünze und betrachtet das Kleinsilber und das meiste Kupfer als königliche Prägung. Indeß damit wird dem Großkönig eine seltsame secundäre Rolle in der Prägung zugetheilt. Richtiger wird wohl jene Prägung aufgefaßt als überwiegend für das Ausland, diese als überwiegend für den inneren Verkehr bestimmt; die zwischen beiden Gattungen bestehenden Verschiedenheiten erklären sich auf diese Weise auch.


270 Der erste Herrscher, der sie führt, ist Phraapates um 188 v. Chr. (Percy Gardner Parthian coinage p. 27).


271 So steht auf den Münzen des Gotarzes (unter Claudius) Γωτέρζης βασιλεὶς βασιλέων ὑὸς κεκαλουμένος Ἀρταβάνου. Auf den späteren ist die griechische Aufschrift oft ganz unverständlich.


272 Während das Reich des Dareios, seinen Inschriften zufolge, die Gâdara (die Gandâra der Inder, Γανδᾶραι der Griechen, am Kabulfluß) und die Hindu (die Indusanwohner) in sich schließt, werden die ersteren in einer der Inschriften des Asoka unter seinen Unterthanen aufgeführt, und ein Exemplarseines großen Edicts hat sich in Kapurdi Giri oder vielmehr in Schahbaz Garhi (Yusufzai-District) gefunden, nahezu 6 deutsche Meilen nordwestlich von der Mündung des Kabulflusses in den Indus bei Atak. Der Sitz der Regierung dieser nordwestlichen Provinzen von Asokas Reich war (nach der Inschrift C.I. Indicar. I p. 91) Takkhasilâ, Τάξιλα der Griechen, etwa 9 deutsche Meilen OSO. von Atak, der Regierungssitz für die südwestlichen Landschaften Udjdjênî (Ὀζήνη). Der östliche Theil des Kabulthals gehörte also auf jeden Fall zu Asokas Reich. Daß der Khaiberpaß die Grenze gebildet habe, ist nicht geradezu unmöglich; wahrscheinlich aber gehörte das ganze Kabulthal zu Indien und machte die Grenze südlich von Kabul die scharfe Linie der Sulaiman-Kette und weiter südwestlich der Bolanpaß. Von dem späteren indoskythischen König Huvischka (Ooerke der Münzen), der an der Yamunâ in Mathurâ residirt zu haben scheint, hat sich eine Inschrift bei Wardak nicht weit nördlich von Kabul gefunden (nach Mittheilungen Oldenbergs).


273 Der A. 3 genannte ägyptische Kaufmann gedenkt c. 47 ›des streitbaren Volks der Baktrianer, die ihren eigenen König haben‹. Damals also war Baktrien von dem unter parthischen Fürsten stehenden Indusreich getrennt. Auch Strabon 11, 11, 1 p. 516 behandelt das baktrisch-indische Reich als der Vergangenheit angehörig.


274 Wahrscheinlich ist er der Kaspar – in älterer Tradition Gathaspar –, der unter den heiligen drei Königen aus dem Morgenland auftritt (Gutschmid Rhein. Mus. 19, 162).


275 Das bestimmteste Zeugniß der Partherherrschaft in diesen Gegenden findet sich in der unter Vespasian von einem ägyptischen Kaufmann aufgesetzten Küstenbeschreibung des rothen Meeres c. 38: ›Hinter der Indusmündung im Binnenland liegt die Hauptstadt von Skythien Minnagara; beherrscht aber wird diese von den Parthern, die beständig einander verjagen‹ (ἱπὸ Πάρϑων συνεχῶς ἀλλήλους ἐνδιωκόντων). Dasselbe wird in etwas verwirrter Weise c. 41 wiederholt; es kann hier scheinen, als läge Minnagara in Indien selbst oberhalb Barygaza und schon Ptolemaeos ist dadurch irre geführt worden; aber gewiß hat der Schreiber, der über das Binnenland nur von Hörensagen spricht, nur sagen wollen, daß eine große Stadt Minnagara im Binnenland nicht fern von Barygaza liege und von da viel Baumwolle nach Barygaza geführt werde. Auch können die nach demselben Gewährsmann in Minnagara zahlreich begegnenden Spuren Alexanders nur am Indus, nicht in Gudjerat sich gefunden haben. Die Lage Minnagaras am unteren Indus, unweit Haiderabad, und die Existenz einer parthischen Herrschaft daselbst unter Vespasian erscheint hiedurch gesichert. – Damit werden verbunden werden dürfen die Münzen des Königs Gondopharos oder Hyndopherres, welcher in einer sehr alten christlichen Legende von dem Apostel der Parther und der Inder, dem heiligen Thomas zum Christenthum bekehrt wird und in der That der ersten römischen Kaiserzeit anzugehören scheint (Sallet num. Zeitschr. 6, 355; Gutschmid Rhein. Mus. 19, 162); seines Brudersohns Abdagases (Sallet a.a.O.S. 365), welcher mit dem parthischen Fürsten dieses Namens bei Tacitus ann. 6. 36 identisch sein kann, auf jeden Fall einen parthischen Namen trägt, endlich des Königs Sanabaros, der kurz nach Hyndopherres regiert haben muß, vielleicht sein Nachfolger gewesen ist. Dazu gehören noch eine Anzahl anderer mit parthischen Namen, Arsakes, Pakoros, Vonones, bezeichneten Münzen. Diese Prägung stellt sich entschieden zu der der Arsakiden (Sallet a.a.O.S. 277); die Silberstücke des Gondopharos und des Sanabaros – von den übrigen giebt es fast nur Kupfer – entsprechen genau den Arsakidendrachmen. Allem Anschein nach gehören diese den Partherfürsten von Minnagara; daß neben der griechischen hier indische Aufschrift erscheint, wie bei den späten Arsakiden Pahlavischrift, paßt dazu. Aber es sind dies nicht Münzen von Satrapen, sondern, wie dies auch der Aegypter andeutet, mit den ktesiphontischen rivalisirender Großkönige; Hyndopherres nennt sich in sehr verdorbenem Griechisch βασιλεὺς βασιλέων μέγας αὐτοκράτωρ und in gutem Indisch ›Maharadja Radjadi Radja‹. Wenn, wie dies nicht unwahrscheinlich ist, in dem Mambaros oder Akabaros, den der Periplus c. 41. 52 als Herrscher der Küste von Barygaza nennt, der Sanabaros der Münzen steckt, so gehört dieser in die Zeit Neros oder Vespasians und herrschte nicht bloß an der Indusmündung, sondern auch über Gudjerat. Wenn ferner eine unweit Pischawar gefundene Inschrift mit Recht auf den König Gondopharos bezogen wird, so muß dessen Herrschaft bis dort hinauf, wahrscheinlich bis nach Kabul hin sich erstreckt haben. – Daß Corbulo im J. 60 die Gesandtschaft der von den Parthern abgefallenen Hyrkaner, damit sie von jenen nicht aufgegriffen würden, an die Küste des rothen Meeres schickte, von wo sie, ohne parthisches Gebiet zu betreten, die Heimath erreichen konnten (Tacitus 15, 25), spricht dafür, daß das Industhal damals dem Herrscher von Ktesiphon nicht botmäßig war.


276 Daß das Großkönigthum der Arsakiden von Minnagara nicht viel über die neronische Zeit hinaus bestanden hat, ist nach den Münzen wahrscheinlich. Was für Herrscher auf sie gefolgt sind, ist fraglich. Die baktrisch-indischen Herrscher griechischen Namens gehören überwiegend, vielleicht sämmtlich der voraugustischen Epoche an; auch manche einheimischen Namens, zum Beispiel Maues und Azes, fallen nach Sprache und Schrift (zum Beispiel der Form des ω Ω) vor diese Zeit. Dagegen sind die Münzen der Könige Kozulokadphises und Ooemokadphises und diejenigen der Sakerkönige, des Kanerku und seiner Nachfolger, welche alle namentlich durch den bis dahin in der indischen Prägung nicht begegnenden Goldstater vom Gewicht des römischen Aureus sich deutlich als einheitliche Prägung charakterisiren, allem Anschein nach später als Gondopharos und Sanabaros. Sie zeigen, wie der Staat des Industhals sich in immer steigendem Maß im Gegensatz gegen die Hellenen wie gegen die Iranier national-indisch gestaltet hat. Die Regierung dieser Kadphises wird also zwischen die indo-parthischen Herrscher und die Dynastie der Saker fallen, welche letztere mit dem J. 78 n. Chr. beginnt (Oldenberg in Sallets Ztschr. für Num. 8, 292). In dem Schatz von Pischawar gefundene Münzen dieser Sakerkönige nennen merkwürdiger Weise griechische Götter in verstümmelter Form Ηρακιλο, Σαραπο, neben dem nationalen Βουδο. Die spätesten ihrer Münzen zeigen den Einfluß der ältesten Sassanidenprägung und dürften der zweiten Hälfte des dritten Jahrh. angehören (Sallet Zeitschrift für Numismatik 6, 225).


277 Die indo-griechischen und die indo-parthischen Herrscher, ebenso die Kadphises bedienen sich auf ihren Münzen in großem Umfang neben der griechischen der einheimischen indischen Sprache und Schrift; die Sakerkönige dagegen haben niemals indische Sprache und indisches Alphabet gebraucht, sondern verwenden ausschließlich die griechischen Buchstaben und die nicht griechischen Aufschriften ihrer Münzen sind ohne Zweifel skythisch. So steht auf Kanerkus Goldstücken bald βασιλεὶς βασιλέων Κανήρκου, bald ραο νανοραο κανηρκι κορανο, wo die ersten beiden Wörter eine skythisirte Form des indischen Râdjâdi Râdjâ sein werden, die beiden folgenden den Eigen- und den Stammnamen (Guschana) des Königs enthalten (Oldenberg a.a.O.S. 294). Also waren diese Saker in anderem Sinne Fremdherrscher in Indien als die baktrischen Hellenen und die Parther. Doch sind die unter ihnen in Indien gesetzten Inschriften nicht skythisch, sondern indisch.


278 Arrian, der als Statthalter von Kappadokien selbst über die Armenier das Commando geführt hatte (contra Al. 29), nennt in der Taktik Armenier und Parther immer zusammen (4, 3. 44, 1 wegen der schweren Reiterei, der gepanzerten κοντοφόροι und der leichten Reiterei, der ἀκροβολισταί oder ἱπποτοξόται; 35, 7 wegen der Pluderhosen) und wo er von Hadrians Einführung der barbarischen Cavallerie in das römische Heer spricht, führt er die berittenen Schützen zurück auf das Muster ›der Parther oder Armenier‹ (44, 1).


279 Als Mitherrscher Aegyptens ist der Bastard Caesars Πτολεμαῖος ὁ καὶ Καῖσαρ ϑεὸς φιλοπάτωρ φιλομήτωρ, wie seine Königsbenennung lautet (C.I. Gr. 4717), eingetreten in dem ägyptischen Jahr 29. Aug. 711/2, wie die Jahresrechnung ausweist (Wescher Bullett. dell' Inst. 1866 p. 199; Krall Wiener Studien 5,313). Da er an den Platz des Gatten und Bruders seiner Mutter Ptolemaeos des Jüngeren tritt, so wird dessen Beseitigung durch Kleopatra, deren nähere Umstände nicht bekannt sind, eben damals erfolgt sein und den Anlaß gegeben haben ihn als König von Aegypten zu proclamiren. Auch Dio 47, 31 setzt seine Ernennung in den Sommer des J. 712 vor die Schlacht von Philippi. Dieselbe ist also nicht Antonius Werk, sondern von den beiden Herrschern gemeinschaftlich genehmigt zu einer Zeit, wo ihnen daran gelegen sein mußte der Königin von Aegypten, die allerdings von Anfang an auf ihrer Seite gestanden hatte, entgegenzukommen.


280 Das meint Augustus, wenn er sagt, daß er die großentheils unter Könige vertheilten Provinzen des Orients wieder zum Reiche gebracht habe (mon. Ancyr. 5, 14: provincias amnis, que trans Hadrianum mare vergunt ad orientem, Cyrenasque, iam ex parte magna regibus eas possidentibus ...reciperavi.)


281 Die Decenz, die für Augustus ebenso charakteristisch ist wie für seinen Collegen das Gegentheil, verleugnet sich auch hier nicht. Nicht bloß wurde in Betreff Caesarions die Vaterschaft, die der Dictator selbst so gut wie anerkannt hatte, späterhin officiell verleugnet; auch die Kinder des Antonius von der Kleopatra, wo freilich nichts zu verleugnen war, sind wohl als Glieder des kaiserlichen Hauses betrachtet, aber nie förmlich als Kinder des Antonius anerkannt worden. Im Gegentheil heißt der Sohn der Tochter des Antonius von Kleopatra, der spätere König von Mauretanien Ptolemaeos in der athenischen Inschrift C.I.A. III, 555 Enkel des Ptolemaeos; denn Πτολεμαίου ἔκγονος kann in diesem Zusammenhang, nicht wohl anders gefaßt werden. Man erfand in Rom diesen mütterlichen Großvater um den wirklichen officiell verschweigen zu können. Wer es vorzieht, was O. Hirschfeld vorschlägt, ἔκγονος als Urenkel zu nehmen und auf den mütterlichen Urgroßvater zu beziehen, kommt zu demselben Resultat; denn dann ist der Großvater übergangen, weil die Mutter im Rechtssinne vaterlos war. – Ob die Fiction, die mir wahrscheinlicher ist, so weit ging einen bestimmten Ptolemaeos zu bezeichnen, etwa dem im J. 712 gestorbenen letzten Lagiden das Leben zu verlängern, oder ob man sich begnügte im Allgemeinen den Vater zu fingiren, ist nicht zu entscheiden. Aber auch darin hielt man die Fiction fest, daß der Sohn der Tochter des Antonius den Namen des fictiven Großvaters erhielt. Daß dabei der Herkunft von den Lagiden vor derjenigen von Massinissa der Vorzug gegeben ward, mag wohl mehr durch die Rücksicht auf das kaiserliche Haus herbeigeführt sein, welches das Bastardkind als zugehörig behandelte, als durch die hellenischen Neigungen des Vaters.


282 Es ist an sich glaublich, daß Autonius dem Phraates so lange wie möglich die bevorstehende Invasion verbarg und darum bei Rücksendung des Monaeses sich bereit erklärte auf Grund der Rückgabe der verlorenen Feldzeichen Frieden zu schließen (Plutarch 37; Dio 49, 24; Florus 2, 20 [4, 10]). Aber er wußte vermuthlich, daß dies Anerbieten nicht würde angenommen werden, und Ernst kann es ihm mit diesen Anträgen auf keinen Fall gewesen sein; ohne Zweifel wollte er den Krieg und den Sturz des Phraates.


283 Was darüber Strabon 11, 13, 4 p. 524, offenbar nach der von Antonius Waffengefährten Dellius und vermuthlich auf dessen Geheiß aufgesetzten Darstellung dieses Krieges (vgl. das. 11, 13, 3; Dio 49, 39), berichtet, ist ein recht kläglicher Rechtfertigungsversuch des geschlagenen Generals. Wenn Antonius nicht den nächsten Weg nach Ktesiphon einschlug, so kann dafür der König Artavasdes nicht als falscher Wegweiser in Anspruch genommen werden; es war eine militärische und wohl mehr noch eine politische Verrechnung des obersten Feldherrn.


284 Die Thatsache der Absetzung und der Hinrichtung und die Zeit bezeugen Dio 49, 32 und Valerius Maximus 9, 15 ext. 2; die Ursache oder der Vorwand wird mit dem armenischen Krieg zusammenhängen.


285 Der Bericht über die Besitzergreifung Armeniens fehlt, aber die Thatsache geht aus Tacitus ann. 11, 9 deutlich hervor. Wahrscheinlich gehört hieher, was Josephus 20, 3, 3 von der Absicht des Nachfolgers des Artabanos erzählt, gegen die Römer Krieg zu führen, wovon der Satrap von Adiabene Izates ihn vergebens abmahnt. Josephus nennt diesen Nachfolger wohl irrig Bardanes. Artabanos III unmittelbarer Nachfolger war nach Tacitus ann. 11,8 sein gleichnamiger Sohn, den nebst seinem Sohn dann Gotarzes aus dem Wege räumte; und dieser Artabanos IV wird hier gemeint sein.

286 Die Meldung des Petrus Patricius (fr. 3 Müll.), daß der König Mithradates von Iberien den Abfall von Rom geplant, aber, um den Schein der Treue zu wahren, seinen Bruder Kotys an Claudius gesandt habe und dann, da dieser dem Kaiser von jenen Umtrieben Anzeige gemacht, abgesetzt und durch den Bruder ersetzt worden sei, verträgt sich nicht mit der gesicherten Thatsache, daß in Iberien wenigstens vom J. 35 (Tacitus 6, 32) bis zum J. 60 (Tacitus 14, 26) Pharasmanes, im J. 75 dessen Sohn Mithradates (C.I.L. III, 6052) geherrscht hat. Ohne Zweifel hat Petrus den Mithradates von Iberien und den gleichnamigen König des Bosporus (S. 289 A. 1) zusammengeworfen und liegt hier die Erzählung zu Grunde, welche Tacitus ann. 12, 18 voraussetzt.


287 Wenn die Münzen, die freilich meistens nur nach der Bildnißähnlichkeit sich scheiden lassen, richtig attribuirt sind, so reichen die des Gotarzes bis Sel. 362 Daesius = n. Chr. 51 Juni und beginnen die des Volagasos (von Vonones II kennen wir keine) mit Sel. 362 Gorpiäus = n. Chr. 51 Sept. (Perey Gardner Parthian coinage p. 50. 51), was mit Tacitus 12, 14. 44 übereinstimmt.


288 Gorneae, bei den Armeniern Garhni, wie die Ruine (nahe östlich von Eriwan) noch jetzt genannt wird. Kiepert.

289 Noch nach dem Angriff beschwerte Tiridates sich, cur datis nuper obsidibus redintegrataque amicitia... vetere Armeniae possessione depelleretur, und Corbulo stellte ihm, falls er sich bittweise an den Kaiser wende, ein regnum stabile in Aussicht (Tacitus 12, 37). Auch anderswo wird als der eigentliche Kriegsgrund die Weigerung des Lehnseides bezeichnet (Tacitus 12, 34).


290 Der Bericht bei Tacitns ann. 13, 34-41 umfaßt ohne Zweifel die Campagnen der J. 58 und 59, da Tacitus unter dem J. 59 von dem armenischen Feldzug schweigt, unter dem J. 60 aberann. 14, 23 unmittelbar an 13, 41 anknüpft und offenbar nur einen einzigen Feldzug schildert, überhaupt, wo er in dieser Weise zusammenfaßt, in der Regel anticipirt. Daß der Krieg nicht erst 59 angefangen haben kann, bestätigt weiter die Thatsache, daß Corbulo die Sonnenfinsterniß vom 30. April 59 auf armenischem Boden beobachtete (Plinius h.n. 2, 70, 180); wäre er erst 59 eingerückt, so konnte er so früh im Jahre kaum die feindliche Grenze überschritten haben. Einen Jahreinschnitt zeigt die Erzählung des Tacitus 13, 34-41 an sich nicht, wohl aber läßt sie bei seiner Art zu berichten die Möglichkeit zu, daß das erste Jahr mit dem Ueberschreiten des Euphrat und der Festsetzung in Armenien verging, also der c. 35 erwähnte Winter der des J. 58/9 ist, zumal da bei der Beschaffenheit des Heeres eine derartige Kriegseinleitung wohl am Platze und bei dem kurzen armenischen Sommer es militärisch zweckmäßig war den Einmarsch und die eigentliche Kriegführung also zu trennen.


291 Aus der Darstellung des Tacitus 15, 6 sieht die Parteilichkeit und die Verlegenheit deutlich heraus. Die Auslieferung Armeniens an Tiridates auszusprechen wagt er nicht und läßt sie den Leser nur schließen.


292 Das sagt Tacitus selbst 15, 10: nee a Corbulone properatum, quo gliscentibus periculis etiam subsidii laus augeretur, in naiver Unbefangenheit über den schweren Tadel, den dieses Lob in sich trägt. Wie parteiisch der ganze auf Corbulos Depeschen beruhende Bericht gehalten ist, beweist unter anderem, daß dem Paetus in einem Athem die ungenügende Verproviantirung des Lagers (15, 8) und die Uebergabe desselben trotz reichlicher Vorräthe (15, 16) zum Vorwurf gemacht und die letztere Thatsache daraus geschlossen wird, daß die abziehenden Römer die nach der Capitulation den Parthern auszuliefernden Vorräthe lieber zerstörten. Wie die Erbitterung gegen Tiberius in der Schönfärberei des Germanicus, so hat die gegen Nero in der des Corbulo ihren Ausdruck gefunden.


293 Corbulos Angabe, daß Paetus in Gegenwart seiner Soldaten und der parthischen Abgesandten sich eidlich verpflichtet habe bis zum Eintreffen der Antwort Neros keine Truppen nach Armenien zu schicken, erklärt Tacitus 15, 16 für unglaubwürdig; der Sachlage entspricht sie, und es ist auch nicht dagegen gehandelt worden.


294 Da nach Tacitus 15, 25 (vgl. Dio 62, 22) Nero die Gesandten des Vologasos wohlwollend entließ und die Möglichkeit einer Verständigung, wenn Tiridates persönlich erscheine, durchblicken ließ, so kann Corbulo in diesem Fall nach seinen Instructionen gehandelt haben; aber eher möchte dies zu den im Interesse Corbulos hinzugesetzten Wendungen gehören. Daß bei dem Prozeß, der diesem einige Jahre nachher gemacht ward, diese Vorgänge zur Sprache gekommen sind, ist wahrscheinlich nach der Notiz, daß einer der Offiziere von der armenischen Campagne sein Ankläger wurde. Die Identität des Cohortenpräfecten Arrius Varus bei Tacitus ann. 13, 9 und des Primipilen hist. 3, 6 ist mit Unrecht bestritten worden; vgl. zu C.I.L. V, 867.


295 In Ziata (Charput) haben sich zwei Inschriften eines Castells gefunden, welches eine der von Corbulo über den Euphrat geführten Legionen, die 3. Gallica, dort auf Corbulos Geheiß im J. 64 anlegte (Eph. epig. V p. 25).

296 Nero beabsichtigte inter reliqua bella auch einen äthiopischen (Plinius 6, 29, 182 vgl. 184). Darauf beziehen sich die Truppensendungen nach Alexandreia (Tacitus hist. 1, 31. 70).


297 Als Zielpunkt der Expedition bezeichnen sowohl Tacitus h. 4, 6 wie Sueton Ner. 19 die kaspischen Thore, d.h. den Kaukasuspaß zwischen Tiflis und Wladi-Kawkas bei Darial, welchen nach der Sage Alexander mit eisernen Pforten schloß (Plinius h.n. 6, 11, 30; Josephus bell. 7, 7, 4; Procop Pers. 1, 10). Sowohl nach dieser Localität wie nach der ganzen Anlage der Expedition kann dieselbe unmöglich gegen die Albaner am westlichen Ufer des kaspischen Meeres sich gerichtet haben; hier sowohl wie an einer anderen Stelle (ann. 2, 68: ad Armenios, inde Albanos Heniochosque) können nur die Alanen gemeint sein, die bei Josephus a.a.O. und sonst eben an dieser Stelle erscheinen und öfter mit den kaukasischen Albanern verwechselt worden sind. Verwirrt ist freilich auch der Bericht des Josephus. Wenn hier die Alanen mit Genehmigung des Königs der Hyrkaner durch die kaspischen Thore in Medien und dann in Armenien einfallen, so hat der Schreiber an das andere kaspische Thor östlich von Rhagae gedacht; aber dies wird sein Vorsehen sein, da der letztere im Herzen des parthischen Reichs gelegene Paß unmöglich das Ziel der neronischen Expedition gewesen sein kann und die Alanen nicht am östlichen Ufer des kaspischen Meeres, sondern nordwärts vom Kaukasus saßen. Dieser Expedition wegen wurde die beste der römischen Legionen, die 14. aus Britannien abgerufen, die freilich nur bis Pannonien kam (Tacitus h. 2, 12 vgl. 27. 66), und eine neue Legion, die 1. italische, von Nero gebildet (Sueten Ner. 19). Man sieht daraus, in welchem Rahmen sie entworfen war.


298 In welchem Zusammenhang er dem Vespasian den Kaisertitel verweigerte (Dio 66, 11), erhellt nicht; möglicher Weise unmittelbar nach dessen Schilderhebung, bevor er erkannt hatte, daß die Flavianer die stärkeren seien. Seine Verwendung für die Fürsten von Kommagene (Joseph, bell. 7, 7, 3) war von Erfolg, also rein persönlich, keineswegs ein Protest gegen die Umwandlung des Königreichs in eine Provinz.


299 Die vier syrischen Legionen sind die 3. Gallica, die 6. ferrata (beide bisher in Syrien), die 4. Scythica (bisher in Moesien, aber bereits am parthischen wie am jüdischen Kriege betheiligt) und die 16. Flavia (neu). Die eine Legion von Palaestina ist die 10. fretensis (bisher in Syrien). Die zwei von Kappadokien sind die 12. fulminata (bisher in Syrien; von Titus nach Melitene gelegt Joseph, bell. 7, 1, 3) und die 15. Apollinaris (bisher in Pannonien, aber gleich der 4. Scythica am parthischen wie am jüdischen Kriege betheiligt). Die Garnisonen wurden also so wenig wie möglich gewechselt, nur zwei der schon früher nach Syrien gerufenen Legionen dort fest stationirt und eine neu eingerichtete dorthin gelegt. – Nach dem jüdischen Kriege unter Hadrian wurde die 6. ferrata von Syrien nach Palaestina geschickt.


300 In diese Zeit (vgl. C.I.L. V, 6988) fällt auch wohl die kappadokische Statthalterschaft des C. Rutilius Gallicus, von der es heißt (Statius 1, 4, 78): hune.. timuit ... Armenia et patiens Latii iam pontis Araxes, vermuthlich mit Beziehung auf einen von dieser römischen Besatzung ausgeführten Brückenbau. Daß Gallicus unter Corbulo gedient hat, ist bei dem Stillschweigen des Tacitus nicht wahrscheinlich.


301 Daß, während M. Ulpius Traianus, der Vater des Kaisers, Statthalter von Syrien war, unter Vespasian im J. 75 Krieg am Euphrat auszubrechen drohte, sagt Plinius in seiner Lobrede auf den Sohn c. 14, wahrscheinlich mit starker Uebertreibung; die Ursache ist unbekannt.


302 Es giebt datirte und mit den Individualnamen der Könige versehene Münzen von (V)ologasos aus den J. 389 und 390 = 77-78; von Pakoros aus den J. 389-394 = 77-82 (und wieder 404-407 = 92-95); von Artabanos aus dem J. 392 = 80/1. Die entsprechenden geschichtlichen Daten sind, bis auf die Artabanos und Titus verknüpfende Notiz bei Zonaras (11, 18; vgl. Sueton Ner. 57; Tacitus h. 1, 2), verschollen, aber die Münzen deuten auf eine Epoche rascher Thronwechsel und wie es scheint simultaner Prägung streitender Pätendenten.


303 Das beweist die abgerissene Notiz aus Arrian bei Suidas (u.d.W. ἐπίκλημα): ὁ δὲ Πάκορος ὁ Παρϑυαίων βασιλεὺς καὶ ἄλλα τινὰ ἐπικλήματα ἐπέφερε Τραιανᾠ τῷ βασιλεῖ und die Aufmerksamkeit, welche in Plinius um das J. 112 geschriebenem Bericht an den Kaiser (ad Trai. 74) den Beziehungen zwischen Pakoros und dem Dakerkönig Decebalus gewidmet wird. Die Regierungszeit dieses parthischen Königs läßt sich nicht genügend fixiren. Parthische Münzen mit Königsnamen giebt es aus der ganzen Zeit Traians nicht; die Silberprägung scheint während derselben geruht zu haben.


304 Daß Axidares (oder Exedares) ein Sohn des Pakoros und vor Parthomasiris König von Armenien gewesen, aber durch Chosroes abgesetzt worden war, zeigen die Trümmer des dionischen Berichts 68, 17; und darauf führen auch die beiden arrianischen Fragmente (16 Müller), das erste, wahrscheinlich aus einer Ansprache eines Vertreters der Interessen des Axidares an Traian: Ἀξιδάρην δὲ ὅτι ἄρχειν χρὴ Ἀρμε νίας, οὔ μοι δοκεῖ εῖναί σε ἀμφίλογον, worauf wohl die gegen Parthomasiris vorliegenden Beschwerden folgten, und die Antwort, offenbar des Kaisers, daß es nicht des Axidares Sache sei, sondern seine, über Parthomasiris zu richten, weil er – wie es scheint Axidares – zuerst den Vertrag gebrochen und dafür gebüßt habe. Welche Verschuldung der Kaiser dem Axidares zur Last legt, erhellt nicht; aber auch bei Dio sagt Chosroes, daß er weder den Römern noch den Parthern genügt habe.


305 Die Trümmer des dionischen Berichts bei Xiphilinus und Zonaras zeigen deutlich, daß der parthische Feldzug in zwei Campagnen zerfällt, die erste (Dio 56, 17, 1. 18, 2. 23-25), welche durch das Consulat des Pedo auf 115 fixirt wird (auch das Datum des Malalas p. 275 für das Erdbeben von Antiocheia 13. Dec. 164 der antiochenischen Aera = 115 n. Chr. stimmt überein) und die zweite (Dio c. 26-32, 3), welche durch die zwischen April und August d.J. erfolgte (s. meine Notiz bei Droysen Hellenismus 3, 2, 361) Ertheilung des Titels Parthicus (c. 28, 2) auf 116 fixirt wird. Daß c. 23 die Titel Optimus (ertheilt im Laufe des J. 114) und Parthicus außer der Zeitfolge erwähnt werden, lehrt sowohl ihre Zusammenstellung wie die spätere Wiederkehr der zweiten Ehre. Von den Fragmenten gehören die meisten in den ersten Feldzug, c. 22, 3 und wohl auch 22, 1. 2 in den zweiten. – Die imperatorischen Acclamationen stehen nicht im Wege. Traianus war erweislich im J. 113 imp. VI (C.I.L. VI, 960); im J. 114 imp. VII (C.I.L. IX, 1558 und sonst); im J. 115 imp. IX (C. IX, 5894 und sonst) und imp. XI (Fabretti 398, 289 und sonst); im J. 116 imp. XII (C. VIII, 621. X, 1634) und XIII (C. III D. XXVII). Dio bezeugt eine Acclamation aus dem J. 115 (68, 19) und eine aus dem J. 116 (68, 28); für beide ist reichlich Raum und kein Grund vorhanden, gerade imp. VII auf die Unterwerfung Armeniens zu beziehen, wie das versucht worden ist.


306 Die drastische Schilderung der syrischen Armee Traians bei Fronto (p. 206 fg. Naber) stimmt fast wörtlich mit der der Armee des Corbulo bei Tacitus ann. 13, 35. ›Durch die lange Entwöhnung vom Kriegsdienst waren die römischen Truppen überhaupt arg heruntergekommen (ad ignaviam redactus); aber die elendesten unter den Soldaten waren die syrischen, unbotmäßig, störrig, beim Appell unpünktlich, nicht auf dem Posten zu finden, von Mittag an betrunken; selbst die Rüstung zu tragen ungewohnt und der Strapazen unfähig und des einen Waffenstückes nach dem andern sich entledigend halb nackt wie die Leichten und die Schützen. Außerdem waren sie durch die erlittenen Schleppen so demoralisirt, daß sie beim ersten Anblick der Parther den Rücken wandten und die Hörner ihnen gleichsam galten als das Signal gebend zum Davonlaufen‹. In der gegensätzlichen Schilderung Traians heißt es unter anderm: ›er ging nicht durch die Zelte, ohne sich um den Soldaten genau zu bekümmern, sondern zeigte seine Verachtung gegen den syrischen Luxus und sah sich die rohe Wirthschaft der Pannonier an (sed contemnere – so ist zu lesen – Syrorum munditias, introspicere Pannoniorum inscitias); so beurtheilte er nach der Haltung (cultus) des Mannes seine Brauchbarkeit (ingenium)‹. Auch in dem orientalischen Heer des Severus werden die ›europäischen‹ und die syrischen Soldaten unterschieden (Dio 75, 12).


307 Das zeigen die mala proelia in der angeführten Stelle Frontos und Dios Angabe 68, 19, daß Traianus Samosata ohne Kampf einnahm; also hatte die dort stationirte 16. Legion es verloren.


308 Es mag sein, daß gleichzeitig auch Armenien abgefallen ist. Aber wenn Gutschmid (bei Dierauer in Büdingers Untersuchungen, 1, 179) den Meherdotes und Sanatrukios, welche Malalas als Könige Persiens in dem traianischen Kriege aufführt, zu Königen des wieder abfallenden Armenien macht, so wird dies erreicht durch eine Kette verwegener Correcturen, die die Personen- und die Völkernamen ebenso verschieben wie den pragmatischen Zusammenhang umgestalten. Es finden sich allerdings in dem verwirrten Le gendenknäuel des Malalas wohl einige historische Thatsachen, zum Beispiel die Einsetzung des Parthamaspates (der hier Sohn des Königs Chosroes von Armenien ist) zum König von Parthien durch Traian; und so mögen auch die Daten von Traians Abfahrt aus Rom im Oct. (114), seiner Landung in Seleukeia im December und seinem Einzug in Antiocheia am 7. Jan. (115) correct sein. Aber wie dieser Bericht vorliegt, kann der Geschichtschreiber ihn nur ablehnen, nicht rectificiren.


309 Fronto princ. hist. p. 209 Naber: cum praesens Traianus Euphratis et Tigridis portoria equorum et camelorum trib[utaque ordinaret, Ma]cer (?) caesus est. Dies geht auf den Moment, wo, während Traian an der Tigrismündung verweilte, Babylonien und Mesopotamien abfielen.


310 Ungefähr mit gleichem Recht läßt Julian (Caes. p. 328) den Kaiser sagen, daß er gegen die Parther die Waffen nicht ergriffen habe, bevor sie das Recht verletzt hätten, und wirft ihm Dio (68, 17) vor den Krieg aus Ehrgeiz geführt zu haben.


311 Unmöglich kann Hadrian Armenien aus dem römischen Lehnsverband entlassen haben. Die Notiz des Biographen c. 21: Armeniis regem habere permisit, cum sub Traiano legatum habuissent führt vielmehr auf das Gegentheil, und wir finden am Ende der hadrianischen Regierung im Heer des Statthalters von Kappadokien das Contingent der Armenier (Arrian c. Alan. 29). Pius hat nicht bloß die Parther durch seine Vorstellungen bestimmt von der beabsichtigten Invasion Armeniens abzustehen (vita 9), sondern auch Armenien in der That zu Lehen gegeben (Münzen aus den J. 140-144, Eckhel 7 p. 15). Auch daß Iberien sicher unter Pius im Lehnsverband gestanden hat, weil sonst die Parther über deren König nicht hätten in Rom Beschwerde führen können (Dio 69, 15), setzt das gleiche Lehnsverhältniß für Armenien voraus. Die Namen der armenischen Könige dieser Zeit sind nicht bekannt. Wenn die proximae gentes, mit deren Herrschaft Hadrian den von Traian zum parthischen König bestellten Partherfürsten entschädigte (vita c. 5), in der That die Armenier sind, was nicht unwahrscheinlich ist, so liegt darin eine Bestätigung sowohl der dauernden Abhängigkeit Armeniens von Rom wie der fortdauernden Herrschaft der Arsakiden daselbst. Auch der Αὐρήλιος Πάκορος βασιλεὺς μεγάλης Ἀρμενίας, der seinem in Rom verstorbenen Bruder Aurelius Merithates dort ein Grabmal errichtete (C.I. Gr. 6559), gehört seinem Namen nach zu dem Haus der Arsakiden. Schwerlich aber ist er der von Vologasos IV. ein- und von den Römern abgesetzte König von Armenien (S. 406); wäre dieser gefangen nach Rom gekommen, so würden wir es wissen, und es hätte auch dieser kaum in einer römischen Inschrift sich König von Groß-Armenien nennen dürfen.


312 Als belehnt von Traianus oder Hadrianus führt Arrian (peripl. c. 15) auf die Heniocher und Machelonen (vgl. Dio 68, 18. 71, 14); die Lazen (vgl. Suidas u.d.W. Δομετιανός), denen auch Pius einen König setzte (vita 9), die Apsilen; die Abasger; die Sanigen; diese alle innerhalb der bis Dioskurias = Sebastopolis reichenden Reichsgrenze; jenseit derselben im Bereich des bosporanischen Lehnstaats die Zicher oder Zincher (das. c. 27).


313 Außer Arrian peripl. c. 7 bestätigt dies der Offizier aus hadrianischer Zeit praepositus numerorum tendentium in Ponto Absaro (C X, 1202).


314 Vgl. S. 407 A. 1. Auch das im J. 185 in Valarschapat (Etschmiazin) unweit Artaxata garnisonirende Detachement wahrscheinlich von 1000 M. (weil unter einem Tribun) gehörte zu einer der kappadokischen Legionen (C.I.L. III, 6052).


315 Hadrians Bemühung um die Freundschaft, der orientalischen Lehnsfürsten wird oft hervorgehoben, nicht ohne Hindeutung darauf, daß er sich mehr als billig von ihnen habe gefallen lassen (vita c. 13. 17. 21). Pharasmanes von Iberien kam auf seine Einladung nicht nach Rom, folgte aber derjenigen des Pius (vita Hadr. 13. 21; vita Pii 9; Dio 69, 15, 2, welches Expert unter Pius gehört).


316 Den merkwürdigen Bericht des Statthalters von Kappadokien unter Hadrian Flavius Arrianus über die Mobilmachung der kappadokischen Armee gegen die ›Skythen‹ besitzen wir noch unter dessen kleinen Schriften; er war selbst am Kaukasus und besichtigte die dortigen Pässe (Lydus de mag. 3, 53).


317 Das lehren die Trümmer des dionischen Berichts bei Xiphilin, Zonaras und in den Excerpten; die richtige Lesung Ἀλανοί statt Ἀλβανοί hat Zonaras bewahrt; daß die Alanen auch das Albanergebiet plünderten, ergiebt die Fassung der exc. Ursin. LXXII.


318 So heißt er bei Lucian hist. conscr. 21; wenn derselbe ihn Alex. 27 Othryades nennt, so schöpft er hier aus einem Historiker von dem Schlage derer, welche er in jener Schrift verspottet und von denen ein anderer denselben Mann als Oxyroes hellenisirte (hist. conscr. c. 18).


319 Syrien verwaltete, als der Krieg ausbrach, L. Attidius Cornelianus (C.I. Gr. 4661 vom J. 160; vita Marci 8; C.I.L. III, 129 vom J. 162), nach ihm Iulius Verus (C.I.L. III, 199, wahrscheinlich vom J. 163), alsdann Avidius Cassius, vermuthlich seit dem J. 164. Daß die übrigen Provinzen des Ostens an Cassius Befehle gewiesen wurden (Philostratus vit. soph. 1, 13; Dio 71, 3), ähnlich wie dies bei Corbulo als Legaten von Kappadokien geschehen war, kann sich nur auf die Zeit nach dem Abgang des Kaisers Verus beziehen; so lange dieser den nominellen Oberbefehl führte, ist dafür kein Raum.


320 Ein wahrscheinlich dionisches Fragment (bei Suidas u.d.W. Μάρτιος) erzählt, daß Priscus in Armenien die Καινὴ πόλις anlegte und mit römischer Besatzung versah, sein Nachfolger Martius Verus die dort entstandene nationale Bewegung beschwichtigte und diese Stadt zur ersten Armeniens erklärte. Dies ist Valarschapat (Οὐαλαρσαπάτ oder Οὐαλεροκτίστη bei Agathangelos), seitdem die Hauptstadt Armeniens. Καινὴ πόλις ist, wie mich Kiepert belehrt, schon von Stilting erkannt als Uebersetzung des armenischen Nôr-Khalakh, welche zweite Benennung Valarschapat bei den armenischen Autoren des fünften Jahrhunderts stets neben der gewöhnlichen führt. Moses von Khorene läßt nach Bardesanes die Stadt aus einer unter König Tigran VI, der nach ihm 150-188 regiert, hierhin geführten Judencolonie entstehen; ihre Ummauerung und Benennung führt er auf dessen Sohn Valarsch II 188-208 zurück. Daß die Stadt im J. 185 starke römische Besatzung hatte, zeigt die Inschrift C.I.L. III, 6052.


321 Daß Sohaemos Achaemenide und Arsakide war (oder zu sein vorgab), und Königssohn und König so wie römischer Senator und Consul, bevor er König von Groß-Armenien ward, sagt sein Zeitgenosse Jamblichos (c. 10 des Auszugs bei Photios). Wahrscheinlich gehört er der Dynastenfamilie von Hemesa an (Josephus 20, 8, 4 und sonst). Wenn Jamblichos der Babylonier ›unter ihm‹ schrieb, so kann dies wohl nur so verstanden werden, daß er seinen Roman in Artaxata verfaßt hat. Daß Sohaemos vor Pakoros über Armenien geherrscht hat, wird nirgends gesagt und ist nicht wahrscheinlich, da weder Frontos Worte (p. 127 Naber) noch die des Fragments aus Dio (?) 71, 1: Μάρτιος Οὐῆρος τὸν Θουκυδίδην ἐκπέμπει καταγαγεῖν Σόαιμον ἐς Ἀρμενίαν auf Wiedereinsetzung führen, die Münzen aber mit rex Armeniis datus (Eckhel 7, 91; vgl. vita Veri 7, 8) diese in der That ausschließen. Den Vorgänger des Pakoros kennen wir nicht und wissen nicht einmal, ob der Thron, den er einnahm, erledigt oder besetzt war.


322 Dies zeigen die mesopotamischen Königs- und Stadtmünzen. Berichte über die Friedensbedingungen fehlen in unserer Ueberlieferung.


323 Der Anfang des ursinischen Excerpts Dio 75, 1, 2 ist verwirrt. Οἱ Ὀρροηνοὶ, heißt es, καὶ οἱ Ἀδιαβηνοὶ ἀποστάντες καὶ Νίσιβιν πολιορκοῦντες καὶ ἡττηϑέντες ὑπὸ Σεουήρου ἐπρεσβεύσαντο πρὸς αὐτὸν μετὰ τὸν τοῦ Νίγρου ϑάνατον. Osrhoene war damals römisch, Adiabene parthisch; von wem fallen die beiden Landschaften ab? und wessen Partei haben die Nisibener ergriffen? Daß deren Gegner vor Absendung der Gesandtschaft von Severus geschlagen worden, widerspricht dem Verlauf der Erzählung; denn weil ihre Gesandten dem Severus ungenügende Anerbietungen machen, überzieht sie dieser mit Krieg. Wahrscheinlich ist die Unterstützung Nigers durch Unterthanen der Parther und deren Gemeinschaft mit Nigers römischem Parteigänger nun genau als Abfall von Severus aufgefaßt; daß die Leute nachher behaupten, sie hätten beabsichtigt vielmehr Severus zu unterstützen, wird deutlich als Ausflucht bezeichnet. Die Nisibener mögen sich geweigert haben mitzuthun und deshalb von den Anhängern Nigers angegriffen worden sein. So erklärt es sich, was auch aus dem xiphilinischen Auszug Dio 75, 2 erhellt, daß das linke Euphratufer für Severus Feindesland war, nicht aber Nisibis; römisch braucht die Stadt darum damals nicht gewesen zu sein, vielmehr ist sie nach allen Spuren dies erst durch Severus geworden.


324 Da die Kriege gegen die Araber und die Adiabener in der That gegen die Parther gerichtet waren, so war es in der Ordnung, daß dem Kaiser deßwegen die Titel Parthicus Arabicus und Parthicus Adiabenicus ertheilt wurden; sie finden sich auch, aber gewöhnlich bleibt Parthicus weg, offenbar weil, wie der Biograph des Severus sagt (c. 9), excusavit Parthicum nomen, ne Parthos lacesseret. Dazu stimmt die sicher in das J. 195 gehörende Notiz bei Dio 75, 9, 6 über das friedliche Abkommen mit den Parthern und die Abtretung eines Stückes von Armenien an sie.


325 Daß auch Armenien in ihre Gewalt gerieth, deutet Herodian 5, 9, 2 an, freilich ist seine Darstellung schief und fehlerhaft.


326 Als bei dem Frieden im J. 218 das alte Verhältniß zwischen Rom und Armenien erneuert wurde, machte der König von Armenien sich Aussicht auf Erneuerung der römischen Jahresgelder (Die 78, 27: τοῦ Τιριδάτου τὸ ἀργίριον ὃ κατ᾽ ἔτος παρὰ τῶν Ῥωμαίων εὑρίσκετο ἐλπίσαντος λήψεσϑαι). Eigentliche Tributzahlung der Römer an die Armenier ist für die severische und die vorseverische Zeit ausgeschlossen, stimmt auch keineswegs zu den Worten Dios; der Zusammenhang wird der bezeichnete sein. Im 4. und 5. Jahrh. wurde das Castell von Biriparach im Kaukasus, das den Darielpaß sperrte, von den Persern, die seit dem Frieden von 364 hier die Herren spielten, mit römischem Zuschuß unterhalten und dies ebenfalls als Tributzahlung aufgefaßt (Lydus de mag. 3, 52. 53; Priscus fr. 31 Müll.).

327 Artaxares nennt seinen Vater Papakos in der S. 414 A. 2 angeführten Inschrift König; wie damit auszugleichen ist, daß nicht bloß die einheimische Legende (bei Agathias 2, 27) den Pabek zum Schuster macht, sondern auch der Zeitgenosse Dion (wenn in der That Zonaras 12, 15 diese Worte aus ihm entlehnt hat) den Artaxares nennt ἐξ ἀφανῶν καὶ ἀδόξων, wissen wir nicht. Natürlich nehmen die römischen Schriftsteller für den schwachen legitimen Arsakiden Partei gegen den gefährlichen Usurpator.


328 Strabon (unter Tiberius) 15, 3, 24: νῦν δ᾽ ἤδη καϑ᾽αἱτοὺς συνεστῶτες οἱ Πέρσαι βασιλέας ἔχουσιν ὑπηκόους ἑτέροις βασιλεῦσι, πρότερον μὲν Μακεδόσι, νῦν δὲ Παρϑυαίοις.


329 Wenn Nöldeke sagt (Tabarî S. 449): ›Daß die Hauptländer der Monarchie direct der Krone unterworfen waren, bildete den Hauptunterschied des Sassanidenreichs vom arsacidischen, welches in den verschiedensten Provinzen wirkliche Könige hatte‹, so wird die Macht des Großkönigthums ohne Zweifel durchaus durch die Persönlichkeit des Inhabers bedingt und unter den ersten Sassaniden eine viel stärkere gewesen sein als unter den letzten verkommenen Arsakiden. Aber ein principieller Gegensatz ist nicht erfindlich. Von Mithradates I an, dem eigentlichen Gründer der Dynastie, nennt sich der arsakidische Herrscher ›König der Könige‹, eben wie später der sassanidische, während Alexander der Große und die Seleukiden diesen Titel nie geführt haben. Auch unter ihnen herrschten einzelne Lehnkönige, zum Beispiel in der Persis(S.412 A. 2); aber die regelmäßige Form der Reichsverwaltung war das Lehnkönigthum damals nicht und die griechischen Herrscher nannten sich nicht danach, so wenig wie die Caesaren wegen Kappadokien oder Numidien den Großkönigtitel annahmen. Die Satrapen des Arsakidenstaats sind wesentlich die Marzbanen der Sassaniden. Eher mögen die großen Reichsämter, welche in der sassanidischen Staatsordnung den Oberverwaltungsstellen der diocletianisch-constantinischen Constitution entsprechen und wahrscheinlich für diese das Vorbild gewesen sind, dem Arsakidenstaat gemangelt haben; dann würden allerdings beide sich ähnlich zu einander verhalten wie die Reichsordnung Augusts zu der Constantins. Aber wir wissen zu wenig von der Arsakidenordnung, um dies mit Sicherheit zu behaupten.


330 Nach den in der arabischen Chronik des Tabarî erhaltenen persischen Aufzeichnungen aus der letzten Sassanidenzeit erobert Ardaschir, nachdem er Ardawan eigenhändig den Kopf abgehauen und den Titel Schahan-Schah, König der Könige angenommen hat, zuerst Hamadhan (Ekbatana) in Großmedien, dann Adharbaidjan (Atropatene), Armenien, Mosul (Adiabene); ferner Suristan oder Sawad (Babylonien). Von da geht er nach Istachr in seine persische Heimath zurück und erobert dann von neuem ausziehend Sagistan, Gurgan (Hyrkanien), Abraschahr (Nisapur im Partherland), Marw (Margiane), Balch (Baktra) und Charizm (Chiwa) bis zu den äußersten Grenzen von Chorasan. ›Nachdem er viele Leute getödtet und ihre Köpfe nach dem Feuertempel der Anahedh (in Istachr) geschickt hatte, kehrte er von Marw nach Pars zurück und ließ sich in Gor (Feruzabad) nieder‹. Wie viel hiervon Legende ist, wissen wir nicht (vgl. Nöldeke Tabarî S. 17. 116).


331 Griechisch (C.I. Gr. 4675) lautet der Titel: Μάσδασνος (Mazda-Diener, als Eigenname behandelt) ϑεὸς Ἀρταξάρης βασιλεὺς βασιλέων Ἀριανῶν ἐκ γένους ϑεῶν; genau damit stimmt der Titel seines Sohnes Sapor I (das. 4676), nur daß nach Ἀριανῶν eingeschoben ist καὶ Ἀναριανῶν, also die Erstreckung der Herrschaft auf das Ausland hervorgehoben wird. In der Titulatur der Arsakiden, so weit sie aus den griechischen und persischen Münzaufschriften erhellt, kehren ϑεός, βασιλεὶς βασιλέων, ϑεοπάτωρ (= ἐκ γένους ϑεῶν) wieder, dagegen fehlt die Hervorhebung der Arianer und bezeichnender Weise der Mazda-Diener; daneben erscheinen zahlreiche andere den syrischen Königen entlehnte Titel, wie ἐπιφανής, δίκαιος, νικάτωρ auch der römische αὐτοκράτωρ.

332 Frawardin, Ardhbehescht u.s.w. (Ideler Chronologie 2, 515). Merkwürdiger Weise haben wesentlich dieselben Monatnahmen sich in dem provinzialen Kalender der römischen Provinz Kappadokien behauptet (Ideler 1, 443), sie müssen aus der Zeit herrühren, wo dieselbe persische Satrapie war.


333 So erzählt der zuverlässige Dio 78, 1; unbeglaubigt ist die Version Herodians 4, 11, daß Artabanos die Tochter zusagte und bei der Verlobungsfeier Antoninus auf die anwesenden Parther einbauen ließ.


334 Wenn an der Nennung der Kadusier in der Biographie c. 6 etwa Wahres ist, so veranlaßten die Römer diesen wilden der Regierung nicht botmäßigen Stamm im Südwesten des kaspischen Meeres gleichzeitig über die Parther herzufallen.


335 Die späterhin recipirte Chronologie setzt den Beginn der Sassanidendynastie auf das Seleukidenjahr 538 = 1. Oct. 226/7 n. Chr. oder das vierte (volle) Jahr des seit Frühling 222 regierenden Severus Alexander (Agathias 4, 24). Nach anderen Daten zählte König Ardaschir das Jahr Herbst 223/4 n. Chr. als sein erstes, nahm also wohl in diesem den Großkönigtitel an (Nöldeke Tabarî S. 410). Die letzte bis jetzt bekannte datirte Münze des älteren Systems ist vom J. 539. Als Dion schrieb zwischen 230 und 234, war Artabanos todt und sein Anhang überwältigt, und wurde das Einrücken des Artaxares in Mesopotamien und Syrien erwartet.


336 Der Kaiser blieb wahrscheinlich in Palmyra; wenigstens gedenkt eine palmyrenische Inschrift C.I. Gr. 4483 der ἐπιδημία ϑεοῦ Ἀλεξάνδρου.


337 Die unvergleichlich schlechten Berichte über diesen Krieg (der relativ beste ist der aus gemeinschaftlicher Quelle bei Herodian, Zonaras und Syncellus p. 674 vorliegende) entscheiden nicht einmal die Frage, wer in diesen Kämpfen Sieger blieb. Während Herodian von einer beispiellosen Niederlage der Römer spricht, feiern die lateinischen Quellen, die Biographie sowohl wie Victor, Eutrop und Rufius Festus, den Alexander als den Besieger des Artaxerxes oder Xerxes, und nach diesen letzteren ist auch der weitere Verlauf der Dinge günstig. Die Vermittlung giebt Herodian 6, 6, 5 an die Hand. Nach den armenischen Berichten (Gutschmid Ztschr. der deutschen morgenländ. Gesellschaft 31, 47) haben die Arsakiden mit Unterstützung der Kaukasusvölker sich in Armenien noch bis zum J. 237 gegen Ardaschir behauptet; diese Diversion mag richtig und auch den Römern zu Gute gekommen sein.


338 Den besten Bericht geben, aus derselben Quelle schöpfend, Syncellus p. 683 und Zonaras 12, 18. Damit stimmen die Einzelangaben Ammians 23, 5, 7. 17 und so ziemlich der gefälschte Brief Gordians an den Senat in der Biographie c. 27, aus dem die Erzählung c. 26 unkundig hergestellt ist; Antiocheia war in Gefahr, aber nicht in den Händen der Perser.


339 So stellt Zonaras 12, 19 den Hergang dar; damit stimmt Zosimus 3, 32 und auch der spätere Verlauf der Dinge zeigt Armenien nicht geradezu im persischen Besitz. Wenn nach Euagrius 5, 7 damals bloß Klein-Armenien römisch blieb, so mag das insofern nicht unrichtig sein, als die Abhängigkeit des Lehnkönigs von Groß-Armenien nach dem Frieden wohl nur eine nominelle war.


340 Der biblische Bericht (1. Kön. 9, 18) über die Erbauung der Stadt Thamar in Idumaea durch König Salomo ist nur durch ein freilich altes Mißverständniß auf Thadmor übertragen worden; immer enthält die irrige Beziehung desselben auf diese Stadt bei den späteren Juden (Chron. 2, 8, 4 und die griechische Uebersetzung von 1. Kön. 9, 4) das älteste Zeugniß für deren Existenz (Hitzig Ztschr. der deutschen morgenl. Ges. 8, 222).


341 Ausdrücklich berichtet wird dies nirgends; aber alle Umstände sprechen dafür. Daß die römisch-parthische Grenze, bevor die Römer auf dem linken Euphratufer sich festsetzten, am rechten wenig unterhalb Sura war, sagt am bestimmtesten Plinius (h.n. 5, 26, 89: a Sura proxime est Philiscum – vgl. S. 425 A. 1 – oppidum Parthorum ad Euphratem; ab eo Seleuciam dierum decem navigatio), und hier ist sie bis zur Einrichtung der Provinz Mesopotamien unter Severus geblieben. Die Palmyrene des Ptolemaeus (5, 15, 24. 25) ist eine Landschaft Koelesyriens, die einen guten Theil des Gebiets südlich von Palmyra zu umfassen scheint, sicher aber bis an den Euphrat reicht und Sura einschließt; andere städtische Centren außer Palmyra scheinen nicht aufgeführt zu werden und nichts im Wege zu stehen diesen grossen District als Stadtgebiet zu fassen. Namentlich so lange Mesopotamien parthisch war, aber auch nachher noch hat mit Rücksicht auf die angrenzende Wüste ein dauernder Grenzschutz hier nicht fehlen können; wie denn im 4. Jahrhundert nach Ausweis der Notitia die Palmyrene stark besetzt war, die nördliche von den Truppen des Dux von Syrien, Palmyra selbst und die südliche Hälfte von denen des Dux von Phoenike. Daß in der früheren Kaiserzeit hier keine römischen Truppen gestanden haben, ist durch das Schweigen der Schriftsteller und das Fehlen der in Palmyra selbst zahlreichen Inschriften verbürgt. Wenn in der Peutingerschen Tafel unter Sura vermerkt ist: ›fines exercitus Syriatici et commercium barbarorum‹, d.h. ›hier endigen die römischen Besatzungen und hier ist der Zwischenort für den Barbarenverkehr‹, so ist damit nur gesagt, was in späterer Zeit Ammian (23, 3, 7: Callinicum munimentum robustum et commercandi opimitate gratissimum) und noch Kaiser Honorius (Cod. Just. 4, 63, 4) wiederholen, daß Kallinikon zu den wenigen dem römisch-barbarischen Grenzhandel freigegebenen Entrepots gehört; aber nicht einmal für die Entstehungszeit der Tafel folgt daraus, daß damals Reichstruppen dort standen, da ja die Palmyrener im Allgemeinen auch zur syrischen Armee gehörten und bei dem exercitus Syriaticus an sie gedacht sein kann. Es muß die Stadt eine eigene Truppenmacht aufgestellt haben, ähnlich wie die Fürsten von Numidien und von Pantikapaeon. Dadurch allein wird auch sowohl das Abweisen der Truppen des Antonius wie das Verhalten der Palmyrener in den Wirren des 3. Jahrh. verständlich, nicht minder das Auftreten der numeri Palmyrenorum unter den militärischen Neuerungen derselben Epoche.


342 Ammian 23, 5, 2: Cercusium... Diocletianus exiguum ante hoc et suspectum muris turribusque circumdedit celsis,... ne vagarentur per Syriam Persae ita ut paucis ante annis cum magnis provinciarum contigerat damnis. Vgl. Procopius de aed. 2, 6. Vielleicht ist dieser Ort nicht verschieden von dem Φάλγα oder Φάλιγα des Isidorus von Charax (mans. Parth. 1; Stephanus Byz. u.d.W.) und dem plinianischen Philiscum (S. 424 A. 1).

343 Von den sieben bis jetzt außerhalb Palmyra gefundenen Dedicationen an den palmyrenischen Malach Belos haben die drei in Rom zum Vorschein gekommenen (C.I.L. VI, 51. 710. C.I. Gr. 6015) neben griechischem oder lateinischem auch palmyrenischen Text, zwei africanische (C.I.L. VIII, 2497. 8795 add.) und zwei dacische (Arch. Epigr. Mitth. aus Oesterreich 6, 109. 111) bloß lateinischen. Die eine der letzteren ist von einem offenbar aus Palmyra gebürtigen Duoviralen von Sarmizegetusa P. Aelius Theimes gesetzt diis patriis Malagbel et Bebellahamon et Benefal et Manavat.


344 Woher diese Monatsnamen rühren, ist dunkel; sie treten zuerst in der assyrischen Keilschrift auf, sind aber nicht assyrischen Ursprungs. In Folge der assyrischen Herrschaft sind sie dann in dem Bereich der syrischen Sprache in Gebrauch geblieben. Abweichungen finden sich; der zweite Monat, der Dios der griechisch redenden Syrer, unser November, heißt bei den Juden Markeschwan, bei den Palmyrenern Kanun (Waddington n. 2574b). Uebrigens sind diese Monatsnamen, so weit sie innerhalb des römischen Reiches zur Anwendung kommen, wie die makedonischen dem julianischen Kalender angepaßt, so daß nur die Monatsbenennung differirt, der Jahranfang (1. Oct.) des syrisch-römischen Jahres auf die griechischen wie auf die aramäischen Benennungen gleichmäßig Anwendung findet.


345 Zum Beispiel Archon, Grammateus, Proedros, Syndikos, Dekaprotoi.


346 Dies lehrt die Inschrift von Palmyra C.I. Gr. 4491. 4492 = Waddington 2600 = Vogué inscr. sém. Palm. 22, diesem Hairanes im J. 251 gesetzt von einem Soldaten der in Arabien stehenden Legion. Sein Titel ist griechisch ὁ λαμπρότατος συνκλητικός, ἔξα[ρχος (= princeps) Παλμυ]ρηνῶν, palmyrenisch ›erlauchter Senator, Haupt von Thadmor‹. Die Grabschrift (C.l. Gr. 4507 = Waddington 2621 = Vogué 21) des Vaters des Hairanes, Septimios Odaenathos Sohnes des Hairanes, Enkels des Vaballathos, Urenkels des Nassoros, giebt auch ihm schon senatorischen Rang.


347 Allerdings wird der Vater dieses Odaenathos nirgends genannt; aber es ist so gut wie sicher, daß er der Sohn des eben genannten Hairanes ist und den Namen von seinem Großvater führt. Auch Zosimus 1, 39 nennt ihn einen von den Vorfahren her von der Regierung ausgezeichneten Palmyrener (ἄνδρα Παλμυρηνὸν καὶ ἐκ προγόνων τῆς παρὰ τῶν βασιλέων ἀξιωϑέντα τιμῆς).


348 In der Inschrift Waddington 2603 = Vogué 23, die die Zunft der Gold- und Silberarbeiter von Palmyra im J. 257 dem Odaenathos setzt, heißt es ὁ λαμπρότατος ὑπατικός, also vir consularis, und griechisch δεσπότης, syrisch mâran. Die erstere Bezeichnung ist kein Amtstitel, sondern eine Angabe der Rangklasse; so steht vir consularis nicht selten hinter dem Namen ganz wie vir clarissimus (C.I.L.X.p. 1117 und sonst) und findet sich ὁ λαμπρότατος ὑπατικός neben und vor verschiedenartigen Amtstiteln, zum Beispiel dem des Proconsuls von Africa (C.I. Gr. 2979, wo λαμπρότατος fehlt), des kaiserlichen Legaten von Pontus und Bithynien (C.I. Gr. 3747. 3748. 3771) und von Palaestioa (C.I. Gr. 4151), des Statthalters von Lykien und Pamphylien (C.I. Gr. 4272); erst in nachconstantinischer Zeit wird es mit dem Namen der Provinz verbunden als Amtstitel verwendet (z.B.C.I. Gr. 2596. 4266e) Hieraus ist also für die Rechtsstellung des Odaenathus nichts zu entnehmen. Ebenso darf in der syrischen Bezeichnung des Herrn nicht gerade der Herrscher gefunden werden; sie wird auch einem Procurator gegeben (Waddington 2606 = Vogué 25).


349 Syrien bildete in der Kaiserzeit ein eigenes Reichszollgebiet und es ward der Reichszoll nicht bloß an der Küste, sondern auch an der Euphratgrenze, insonderheit bei Zeugma erhoben. Daraus folgt mit Nothwendigkeit, daß auch weiter südwärts, wo der Euphrat nicht mehr in römischer Gewalt war, an der römischen Ostgrenze ähnliche Zölle eingerichtet waren. Nun hat ein Beschluß des Raths von Palmyra vom J. 137 gelehrt, daß die Stadt und ihr Gebiet einen eigenen Zollbezirk bildeten und von allen ein- oder ausgehenden Waaren zu Gunsten der Stadt der Zoll erhoben ward. Daß dies Gebiet außerhalb des Reichszolles stand, ist wahrscheinlich, einmal weil, wenn eine das palmyrenische Gebiet einschließende Reichszolllinie bestanden hätte, deren Erwähnung in jener ausführlichen Verfügung nicht wohl fehlen könnte: zweitens weil eine von den Reichszolllinien eingeschlossene Gemeinde des Reiches schwerlich das Recht gehabt hat an ihrer Gebietsgrenze in diesem Umfang Zölle zu erheben. Man wird also in der Zollerhebung der Gemeinde Palmyra dieselbe Sonderstellung zu erkennen haben, welche ihr in militärischer Hinsicht beigelegt werden muß. Vielleicht ist ihr dagegen zu Gunsten der Reichskasse eine Auflage gemacht worden, etwa die Ablieferung einer Quote des Zollertrages oder auch ein erhöhter Tribut. Aehnliche Einrichtungen wie für Palmyra mögen auch für Bostra und Petra bestanden haben; denn zollfrei sind die Waaren sicher auch hier nicht eingegangen und nach Plinius h.n. 12, 14, 65 scheint von dem arabischen über Gaza ausgehenden Weihrauch Reichszoll nur in Gaza an der Küste erhoben zu sein. Die Trägheit der römischen Verwaltung ist stärker als die Fiscalität; sie mag die unbequemen Landgrenzzölle öfter von sich auf die Gemeinden abgewälzt haben.


350 Diese Karawanen (συνοδίαι) erscheinen auf den palmyrenischen Inschriften als feste Genossenschaften, die dieselben Fahrten ohne Zweifel in bestimmten Intervallen unter ihrem Vormann (συνοδιάρχης Waddington 2589. 2590. 2596) unternehmen; so setzen einem solchen eine Bildsäule die mit ihm ›nach Vologesias hinabgegangenen Kaufleute‹ (οἱ σὺν αὐτῷ κατελϑόντες εἰς Ὀλογεσιάδα ἔνποροι Waddingtom 2599 vom J. 247) oder ›herauf von Forath (vgl. Plinius h.n. 6, 28, 145) und Vologasias‹ οἱ συναναβάντες μετ᾽ αἰτοῦ ἔμποροι ἀπὸ Φοράϑου κὲ Ὀλογασιάδος Waddington 2589 vom J. 142) oder ›herauf von Spasinu Charax‹ (οἱ σὺν αὐτῷ ἀναβάντες ἀπὸ Σπασίνου Χάρακος Waddington 2596 vom J. 193; ähnlich 2590 vom J. 155). Alle diese Führer sind vornehme mit Ahnenreihen ausgestattete Männer; ihre Ehrendenkmäler stehen in der großen Colonnade neben denen der Königin Zenobia und ihrer Familie. Besonders merkwürdig ist einer derselben Septimius Vorodes, von dem es eine Reihe von Ehrenbasen aus den J. 262-267 giebt (Waddington 2606-2610); auch er war Karawanenhaupt ἀνακομίσαντα τὰς συνοδίας ἔκ τῶν ἰδίων καὶ μαρτυρηϑέντα ὑπὸ τῶν ἀρχεμπόρων ~Waddington n. 2606 a; also bestritt er die Kosten der Rückreise für die ganze Begleitung und wurde wegen dieser Freigebigkeit von den Großhändlern öffentlich belobt). Aber er bekleidete auch nicht bloß die städtischen Aemter des Strategen und Agoranomen, sondern war sogar kaiserlicher Procurator zweiter Klass« (ducenarius) und Argapetes (S. 434 A. 1).


351 Nach dem griechischen Bericht (Zonaras 12, 21) flüchtet König Tiridates zu den Römern, seine Söhne aber treten auf die Seite der Perser; nach dem armenischen wird König Chosro von seinen Brüdern ermordet und des Chosro Sohn Tiridates zu den Römern geflüchtet (Gutschmid Zeitschrift der deutschen morgenl. Gesch. 31, 48). Vielleicht ist der letztere vorzuziehen.


352 Den einzigen festen chronologischen Anhalt geben die alexandrinischen Münzen, nach welchen Valerianus zwischen 29. Aug. 259 und 28. Aug. 260 gefangen ward. Daß er nach seiner Gefangennahme nicht mehr als Kaiser galt, erklärt sich, da die Perser ihn zwangen seinen ehemaligen Unterthanen Befehle in ihrem Interesse zu ertheilen (Fortsetzung des Dio fr. 3).


353 Die besseren Berichte wissen nur davon, daß Valerianus in persischer Gefangenschaft starb. Daß Sapor ihn beim Besteigen des Pferdes als Schemel benutzte (Lactantius de mort. persec. 5; Orosius 7, 22, 4; Victor ep. 33) und schließlich ihn schinden ließ (Lactantius a.a.O.; Agathias 4, 23; Cedrenus p. 454), ist eine christliche Erfindung, die Vergeltung für die von Valerian angeordnete Christenverfolgung.


354 Die Tradition, wonach Mareades (so Ammian 23, 5, 3; Mariades Malalas 12 p. 295; Mariadnes Forts, des Dio fr. 1) oder, wie er hier heißt, Cyriades sich zum Augustus ausrufen ließ (vit. trig. tyr. 1), ist schwach beglaubigt; sonst könnte darin wohl die Veranlassung gefunden werden, weshalb Sapor ihn hinrichten ließ.


355 Kallistos heißt er in der einen wohl auf Dexippus zurückgehenden Ueberlieferung bei Syncellus p. 716 und Zonaras 12, 23, dagegen Ballista in den Kaiserbiographien und bei Zonaras 12, 24.


356 Er war nach dem zuverlässigsten Bericht procurator summarum (ἐπὶ τῶν καϑόλου λόγων βασιλέως: Dionysios bei Eusebios h.e. 7, 10, 5), also Finanzminister mit Ritterrang; der Fortsetzer des Dio (fr. 3 Müll.) drückt dies in der Sprache der späteren Zeit aus mit κόμης τῶν ϑησαυρῶν καὶ ἐφεστὼς τῇ ἀγορᾷ τοῦ σίτου.


357 Wenigstens nach dem Bericht, der den Kaiserbiographien zu Grunde liegt (vita Gallieni 3 und sonst). Nach Zonaras 12, 24, dem einzigen Schriftsteller, der außerdem das Ende des Kallistos erwähnt, ließ Odaenathos denselben tödten.


358 Daß Odaenathos so wie nach ihm sein Sohn Vaballathos (abgesehen natürlich von der Zeit nach dem Bruche mit Aurelianus) keineswegs Augusti waren (wie die vit. Gallieni 12 fälschlich angiebt), zeigt sowohl das Fehlen des Augustusnamens auf den Münzen wie auch der nur für einen Unterthan mögliche Titel v(ir) c(onsularis) = ὑ(πατικός) den wie der Vater (S. 427 A. 4) so auch der Sohn noch führt. Die Statthalterstellung wird auf den Münzen des Sohnes mit im(perator) d(ux) R(omanorum) = αὐτ(οκράτωρ) σ(τρατηγός) bezeichnet; übereinstimmend damit sagen Zonaras (12, 23 und abermals 12, 24) und Syncellus (p. 716), daß Gallienus den Odaenatbos wegen eines Sieges über die Perser und den Ballista zum στρατηγὸς τῆς ἑῴας oder πάσης ἀνατολῆς bestellte; der Biograph des Gallienus 10, daß er obtinuit totius Orientis imperium. Damit werden alle asiatischen Provinzen und Aegypten gemeint sein; das hinzugefügte imperator = αὐτοκράτωρ (vgl. trig. tyr. 15, 6; post reditum de Perside – Herodes des Odaenathus Sohn – cum patre imperator est appellatus) soll ohne Zweifel die von der gewöhnlichen statthalterlichen verschiedene freiere Handhabung der Gewalt ausdrücken. – Dazu tritt weiter der jetzt förmlich angenommene Titel eines Königs von Palmyra (trig. tyr. 15, 2: adsumpto nomine regali), welchen auch der Sohn nicht auf den ägyptischen, aber wohl auf den syrischen Münzen führt. Daß Odaenathus in einer im August 271, also nach seinem Tode und während des Krieges der Seinigen mit Aurelian gesetzten Inschrift wahrscheinlich melekh malkê, ›König der Könige‹ heißt (Vogué n. 28), gehört zu den revolutionären Demonstrationen dieses Zeitraumes und macht für die frühere Zeit keinen Beweis.


359 Die zahlreichen Inschriften des Septimius Vorodes, gesetzt in den Jahren 262 bis 267 (Waddington 2606-2610), also bei Lebzeiten Odaenaths, bezeichnen ihn sämmtlich als kaiserlichen Procurator zweiter Klasse (ducenarius), daneben aber theils mit dem Titel ἀργαπέτης, welches persische, aber auch bei den Juden gangbare Wort ›Burgherr‹, ›Vicekönig‹ bedeutet (Levy Ztschr. der deutschen morgenländ. Gesellschaft 18, 90; Nöldeke das. 24, 107), theils als δικαιοδότης τῆς μητροκολωνίας, was ohne Zweifel, wenn nicht sprachlich, so doch sachlich dasselbe Amt ist. Vermuthlich ist darunter dasjenige zu verstehen, weßhalb Odaeuaths Vater das ›Haupt von Thadmor‹ heißt (S. 427 A. 2): der für das Kriegsrecht wie für die Rechtspflege competente Einzelvorsteher von Palmyra; nur daß, seit der erweiterten Stellung Odaenaths, dieser Posten als Unteramt von einem Manne ritterlichen Ranges bekleidet wird. Der Vermuthung Sachaus (Ztschr. der d. morgenl. Ges. 35, 738), daß dieser Vorodes der ›Wurud‹ einer Kupfermünze des hiesigen Kabinets und beide mit dem zugleich mit dem Vater umgebrachten älteren Sohn des Odaenathos Herodes identisch seien, stehen ernstliche Bedenken entgegen. Herodes und Orodes sind verschiedene Namen (in der palmyrenischen Inschrift Waddington 2610 stehen beide neben einander); der Sohn eines Senators kann nicht füglich ein Ritteramt bekleiden; ein mit seinem Bildniß münzender Procurator ist selbst für diese exceptionellen Verhältnisse nicht denkbar. Wahrscheinlich ist die Münze überhaupt nicht palmyrenisch. ›Sie ist‹, schreibt mir v. Sallet, ›wahrscheinlich älter als Odaenathos und gehört wohl einem Arsaciden des 2. Jahrh. nach Chr.; sie zeigt einen Kopf mit einem dem sassanidischen ähnlichen Kopfputz; die Rückseite, S C im Lorbeerkranz, scheint den Münzen von Antiochia nachgeahmt‹. – Wenn später nach dem Bruch mit Rom im J. 271 in einer Inschrift von Palmyra (Waddiugton 2611) zwei Feldherren der Palmyrener unterschieden werden, ὁ μέγας στρατηλάτης, der auch geschichtlich bekannte Zabdas, und ὁ ἐνϑάδε στρατηλάτης Zabbaeos, so ist der letztere vermuthlich eben der Argapetes.


360 Dafür spricht die Sachlage; Zeugnisse fehlen. In den Kaiserbiographien dieser Epoche pflegen die Armenier unter den von Rom unabhängigen Grenzvölkern aufgeführt zu werden (Valer. 6; trig. tyr. 30, 7. 18; Aurel. 11. 27. 28. 41); aber dies gehört zu ihren völlig unzuverlässigen decorativen Bestandtheilen.


361 Dieser bescheidenere Bericht (Eutropius 9, 10; vita Gallieni 10; trig. tyr. 15, 4; Zos. 1, 39, der allein die zweimalige Expedition bezeugt) wird dem, der die Einnahme der Stadt meldet (Syncellus p. 716), vorgehen müssen.


362 Dies zeigen die Erzählungen über den Carinus (Dios Forts. p. 8) und über den Rufinus (S. 436 A. 2). Daß nach Odaeoathos Tode ein auf Gallienus Geheiß gegen die Perser agirender Feldherr Heraclianus von Zenobia angegriffen und überwunden ward (vita Gall. 13, 5), ist an sich nicht unmöglich, da ja die Fürsten von Palmyra das Obercommando im ganzen Osten von Rechts wegen besaßen und eine solche Action, auch wenn sie von Gallienus veranlaßt war, behandelt werden konnte als dagegen verstoßend, und es würde dies das gespannte Verhältniß deutlich bezeichnen; aber der Gewährsmann ist so schlecht, daß darauf wenig zu geben ist.


363 Das lehrt die charakteristische Erzählung des Petrus fr. 10, welches vor fr. 11 zu stellen ist.


364 Die Erzählung des Fortsetzers des Dio fr. 7, daß der alte Odaenathos als des Hochverraths verdächtig von einem (sonst nicht erwähnten) Rufinus getödtet und der jüngere, als er diesen bei dem Kaiser Gallienus verklagt habe, auf die Erklärung des Rufinus, daß der Kläger das gleiche Schicksal verdiene, abgewiesen sei, kann so wie sie liegt nicht richtig sein. Aber Waddingtons Vorschlag dem Gallienus den Gallus zu substituiren und in dem Kläger den Gatten Zenobias zu erkennen, ist nicht statthaft, da der Vater dieses Odaenathos Hairanes war, bei diesem für eine derartige Execution gar kein Grund vorliegt und das Excerpt in seiner ganzen Beschaffenheit unzweifelhaft auf Gallienus geht. Vielmehr wird der alte Odaenathos der Gemahl der Zenobia sein und der Schriftsteller dem Vaballathos, auf dessen Namen geklagt ward, irrig den Vaternamen beigelegt haben.


365 Alle Einzelheiten, die in unseren Erzählungen über die Zenobia umlaufen, stammen aus den Kaiserbiographien; und wiederholen wird sie nur, wer diese Quelle nicht kennt.


366 Den Namen Vaballathos geben, außer den Münzen und den Inschriften, Polemius Silvius p. 243 meiner Ausgabe und der Biograph des Aurelianus c. 38, indem er die Angabe, daß Odaenathos zwei Söhne Timolaus und Herennianus hinterlassen habe, als unrichtig bezeichnet. In der That scheinen diese beiden lediglich in den Kaiserbiographien auftretenden Personen nebst allem was daran hängt von dem Scribenten erfunden, auf den die Durchfälschung dieser Biographien zurückgeht. Auch Zosimus 1, 59 weiß nur von einem mit der Mutter in Gefangenschaft gerathenen Sohn.


367 Ob Zenobia für sich die formelle Mitregierung in Anspruch genommen hat, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. In Palmyra nennt sie sich selbst noch nach dem Bruch mit Rom bloß βασιλίσση (Waddington 2611. 2628). Im übrigen Reich mag sie den Titel Augusta, Σεβαστή in Anspruch genommen haben; denn wenn auch Münzen der Zenobia aus der Zeit vor dem Bruch mit Rom fehlen, so kann doch einerseits die alexandrinische Inschrift mit βασιλίσσης καὶ βασιλέως προσταξάντων (Eph. epigr. IV p. 25 n. 33) keinen Anspruch machen auf officielle Redaction, und giebt andrerseits die Inschrift von Byblos C.I. Gr. 4503 b = Waddington zu n. 2611 in der That der Zenobia den Titel Σεβαστή neben Claudius oder Aurelian, während sie denselben dem Vaballathos versagt. Dies ist auch insofern begreiflich, als Augusta eine Ehren-, Augustus eine Amtsbezeichnung ist, also dem Weibe wohl eingeräumt werden konnte, was man dem Mann versagte.


368 So erzählt Zosimus 1, 44 den Hergang, mit dem Zonaras 12, 27 und Syncellus p. 721 im Wesentlichen stimmen. Der Bericht im Leben des Claudius c. 11 ist mehr verschoben als eigentlich widersprechend; die erste Hälfte ist nur durch die Nennung des Saba angedeutet; die Erzählung beginnt mit dem erfolgreichen Versuch des Timagenes, den Angriff des Probus (hier Probatus) abzuwehren. Was ich darüber bei Sallet (Palmyra S. 44) aufgestellt habe, ist nicht haltbar.


369 Die Zeitbestimmung beruht darauf, daß die Usurpationsmünzen des Vaballathos schon in seinem fünften ägyptischen Regierungsjahr, das heißt 29. Aug. 270/271 aufhören; daß sie sehr selten sind, spricht für den Anfang des Jahres. Damit stimmt wesentlich überein, daß die Erstürmung des Prucheion (das übrigens kein Stadttheil war, sondern eine Localität dicht bei der Stadt nach der Seite der großen Oase: Hieronymus vit. Hilarionis c. 33. 34 vol. 2 p. 32 Vall.) von Eusebius in der Chronik in das 1. Jahr des Claudius, von Ammian 22, 16, 15 unter Aurelian gesetzt wird; der genaueste Bericht bei Eusebius h. eccl. 7, 32 ist nicht datirt. Die Rückeroberung Aegyptens durch Probus steht nur in der Biographie desselben c. 9; sie kann so, wie sie erzählt wird, verlaufen sein, aber möglich ist es auch, daß in dieser durch und durch verfälschten Quelle die Timagenes-Geschichte mutatis mutandis auf den Kaiser übertragen ist.


370 Das hat wohl der von Zosimus 1, 52 ausgezogene Bericht über die Schlacht von Hemesa hervorheben wollen, indem er unter den Truppen Aurelians die Dalmatiner, Moeser, Pannonier, Noriker, Raeter, Mauretaner und die Garde aufzählt. Wenn er diesen die Truppen von Tyana und einige Abtheilungen aus Mesopotamien, Syrien, Phoenike, Palästina zugesellt, so geht dies ohne Zweifel auf die kappadokischen Besatzungen, die nach der Einnahme von Tyana sich angeschlossen hatten, und auf einige bei dem Einrücken Aurelians in Syrien zu ihm übergegangene römisch gesinnte Abtheilungen der Armeen des Ostens.


371 Aus Versehen setzt Eutropius 9, 13 die entscheidende Schlacht haua longe ab Antiochia; gesteigert ist dasselbe bei Rufius c. 24 (von dem Hieronymus chron. a. Abr. 2289 abhängt) und bei Syncellus p. 721 durch den Zusatz apud Immas, ἐν Ἴμμαις, welcher 33 röm. Meilen von Antiochia auf der Straße nach Chalkis zu liegende Ort von Hemesa weit abliegt. Die beiden Hauptberichte bei Zosimus und dem Biographen Aurelians stimmen in allem Wesentlichen überein.


372 Diesen Namen haben Zosimus 1, 60 und Polemius Silvius p. 243; der Achilleus des Biographen Aurelians c. 31 scheint eine Verwechselung mit dem Usurpator der diocletianischen Zeit. – Daß gleichzeitig auch in Aegypten ein Parteigänger der Zenobia und zugleich Räuberhauptmann Namens Firmus sich gegen die Regierung erhoben hat, ist wohl möglich, beruht aber nur auf den Kaiserbiographien, und die hinzugefügten Details klingen sehr bedenklich.


373 Die Chronologie dieser Ereignisse steht nicht völlig fest. Die Seltenheit der syrischen Münzen Vaballaths als Augustus beweisen, daß dem Bruch mit Aurelian (Ende 270) die Ueberwältigung bald nachfolgte. Nach den datirten Inschriften des Odaenathos und der Zenobia vom August 271 (Waddington 2611) stand damals die Herrschaft der Königin noch aufrecht. Da eine Expedition dieser Art nach den klimatischen Verhältnissen nicht wohl anders als im Frühling stattfinden kann, so wird die erste Einnahme Palmyras im Frühjahr 272 erfolgt sein. Die jüngste (bloß palmyrenische) Inschrift, die wir von da kennen (Vogué n. 116) ist vom August 272. In diese Zeit mag die Insurrection fallen, die zweite Einnahme und die Zerstörung etwa in den Frühling 273 (wonach S. 151 A. 1 zu berichtigen ist).


374 Es lehrt nichts für die Stellung der Armenier, daß in übrigens durchaus apokryphen Schilderungen (vita Valer. 6; vita Aurel. 27. 28) die Armenier nach der Katastrophe Valerians zu den Persern halten und in der letzten Krise der Palmyrener als Bundesgenossen der Zenobia neben den Persern erscheinen; beides sind selbstverständliche Consequenzen aus der allgemeinen Lage der Dinge. Daß Aurelian Armenien so wenig wie Mesopotamien unterwarf, dafür spricht in diesem Falle theils das Schweigen der Quellen, theils die Nachricht des Synesius (de regno p. 17), daß Kaiser Carinus (vielmehr Carus) in Armenien hart an der Grenze des persischen Gebiets eine persische Gesandtschaft kurzer Hand abgefertigt und durch deren Bericht erschreckt, der junge Perserkönig sich zu jeder Concession bereit erklärt habe. Wie diese Erzählung auf Probus bezogen werden kann, wie v. Gutschmid meint (Ztschr. d.D.M.G. 31, 50), sehe ich nicht ein; zu Carus persischer Expedition dagegen paßt sie recht gut.


375 Die Wiedereroberung Mesopotamiens berichtet nur der Biograph c. 8; aber bei dem Ausbruch des Perserkrieges unter Diocletian ist dasselbe römisch. Der inneren Unruhen im Perserreich wird eben daselbst gedacht; auch wird in einem im Jahre 289 gehaltenen Vortrag (paneg. 3 c. 17) der Krieg erwähnt, den gegen den König von Persien – es war dies Bahram II. – der eigene Bruder Ormies oder vielmehr Hormizd führt adscitis Sacis et Ruffis (?) et Gettis (vgl. Nöldeke, Tabarî S. 479). Wir haben überhaupt über diesen wichtigen Feldzug nur einige abgerissene Notizen.


376 Das sagt deutlich Mamertiuns (paneg. 2, 7, vgl. 2, 10. 3, 6) in der im Jahre 289 gehaltenen Rede: Syriam velut amplexu suo tegebat Euphrates antequam Diocletiano sponte (das heißt, ohne daß Diocletian zu den Waffen zu greifen brauchte, wie dann weiter ausgeführt wird) se dederent regna Persarum; ferner ein anderer Lobredner aus dem Jahre 296 (paneg. 5, 3): Partho fittra Tigrim reducto. Wendungen wie die bei Victor Caes. 39, 33, daß Galerius relictis finibus nach Mesopotamien marschirt sei, oder daß Narseh nach Rufius Festus c. 25 im Frieden Mesopotamien abtrat, können dagegen nicht geltend gemacht werden; ebenso wenig, daß orientalische Quellen die römische Besitznahme von Nisibis in 609 Sel. = 297/8 n. Chr. setzen (Nöldeke Tabarî S. 50). Wäre dies richtig, so könnte der genaue Bericht über die Friedensverhandlungen von 297 bei Petrus Patricias fr. 14 unmöglich von der Abtretung Mesopotamiens schweigen und bloß der Regulirung des Grenzverkehrs Erwähnung thun.


377 Daß Narseh in das damals römische Armenien einbrach. sagt Ammian 23, 5, 11; für Mesopotamien folgt dasselbe aus Eutrop. 9, 24. Noch am 1. März 296 bestand der Friede oder war doch die Kriegserklärung im Occident nicht bekannt (paneg. 5, 10).


378 Die Differenzen in den ausnahmsweise guten Berichten namentlich des Petrus Patricius fr. 14 und Ammians 25, 7, 9 sind wohl nur formaler Art Daß der Tigris die eigentliche Reichsgrenze sein sollte, wie Priscus lagt, schließt nicht aus, zumal bei der eigenthümlichen Beschaffenheit seines Oberlaufs, daß dieselbe dort theilweise darüber hinausgriff; vielmehr scheinen die fünf vorher bei Petrus genannten Districte eben als transtigritanische und von der folgenden allgemeinen Bestimmung aufzunehmende aufgeführt zu werden. Die Districte, welche Priscus hier und, ausdrücklich als transtigritanische, Ammian aufführen – es sind dies bei beiden Arzanene, Karduene und Zabdicene, bei Priscus Sopbene und Intilene (›vielmehr Ingiline, armenisch Angel, jetzt Egil‹: Kiepert), bei Ammian Moxoene und Rehimene (?) – können unmöglich alle vor dem Frieden, wo doch Armenien schon Romano iuri obnoxia war (Ammian 23, 5, 11), von den Römern als persische betrachtet worden sein; ohne Zweifel bildeten die westlicheren derselben schon damals einen Theil des römischen Armeniens und stehen hier nur insofern, als sie in Folge des Friedens dem Reiche als Satrapie Sophene einverleibt wurden. Daß es sich hier nicht um die Grenze der Abtretung, sondern um die des unmittelbaren Reichsgebiets handelte, zeigt der Folgesatz, der die Grenze zwischen Armenien und Medien feststellt.


379 Die Standquartiere der syrischen Legionen genau zu bestimmen vermögen wir nicht; doch ist, was hier gesagt ist, wesentlich gesichert. Unter Nero stand die 10. Legion in Raphaneae südwestlich von Hamath (Joseph, bell. 7, 1, 3) und ebendaselbst oder doch ungefähr in dieser Gegend unter Tiberius die 6. (Tacitus ann. 2, 79); wahrscheinlich in oder bei Antiocheia die 12. unter Nero (Joseph, bell. 2, 18, 9). Wenigstens eine Legion stand am Euphrat; für die Zeit vor der Einziehung Kommagenes bezeugt dies Josephus bell. 7, 1, 3, und späterhin hatte eine der syrischen Legionen ihr Hauptquartier in Samosata (Ptolemaeus 5, 15, 11; Inschrift aus Severus Zeit C.I.L. VI, 1409; Itin. Antonini p. 186). Wahrscheinlich hatten die Stäbe der meisten syrischen Legionen ihren Sitz in den westlichen Districten, und geht die immer wiederkehrende Beschwerde, daß das Lagern in den Städten die syrische Armee zerrütte, hauptsächlich auf diese Einrichtung. Ob in der besseren Zeit an dem Wüstensaum eigentliche Legionshauptquartiere bestanden haben, ist zweifelhaft; bei den Grenzposten daselbst haben auch Detachements der Legionen Verwendung gefunden und namentlich ist der besonders unruhige District zwischen Damaskos und Bostra stark mit Legionären belegt worden, die einerseits das Commando von Syrien stellte, andererseits das arabische seit Einrichtung desselben durch Traian.


380 Von Byblos giebt es eine Münze aus Augustus Zeit mit griechischer und phoenikischer Aufschrift (Imhoof-Blumer monnaies grecques 1883 p. 443).


381 Johannes Chrysostomos aus Antiocheia († 407) weist mehrfach (de sanctis martyr. opp. ed. Paris. 1718 vol. 2 p. 651; homil. 19 das. p. 188) hin auf die ἑτεροφωνία, die βάρβαρος φωνή des λαός im Gegensatz zu der Sprache der Gebildeten.


382 Der Auszug des Photios aus dem Roman des Jamblichos c. 11, welcher den Verfasser irrig zu einem Babylonier macht, wird durch das Scholion dazu wesentlich berichtigt und ergänzt. Der Geheimschreiber des Großkönigs, der unter den traianischen Gefangenen nach Syrien kommt, dort des Jamblichos Erzieher wird und ihn in der ›barbarischen Weisheit‹ unterweist, ist natürlich eine Figur des in Babylon spielenden Romans, den Jamblichos von diesem seinem Lehrmeister vernommen haben will; aber charakteristisch für die Zeit ist der armenische Hoflitterat und Prinzenerzieher (denn als ›guten Rhetor‹ hat ihn doch wohl Sohaemos nach Valarschapat berufen) selbst, der kraft seiner magischen Kunst nicht bloss den Fliegenzauber und die Geisterbeschwörung versteht, sondern auch dem Verus den Sieg über Vologasos vorhersagt und zugleich Geschichten, wie sie auch in Tausend und einer Nacht stehen könnten, den Griechen griechisch erzählt.

383 Die syrische Litteratur besteht fast ausschließlich aus Uebersetzungen griechischer Werke. Unter den Profanschriften stehen in erster Reihe aristotelische und plutarchische Tractate, dann praktische Schriften juristischen oder agronomischen Inhalts und populäre Unterhaltungsbücher, wie der Alexanderroman, Aesops Fabeln, Menanders Sentenzen.


384 Die syrische Uebersetzung des Neuen Testaments, der älteste uns bekannte syrische Sprachtext, ist wahrscheinlich in Edessa entstanden; die στρατιῶται der Apostelgeschichte heissen hier ›Römer‹.


385 Dies sagt Diodor 20, 47 von der Vorläuferin Antiocheias, der nur etwa eine Meile weiter flußaufwärts angelegten Stadt Antigoneia. Antiocheia ist für das Syrien der alten Zeit ungefähr gewesen, was für das heutige Aleppo ist, der Knotenpunct des inneren Verkehrs; nur daß bei jener Gründung, wie schon die gleichzeitige Anlage des Hafens von Seleukeia beweist, die unmittelbare Verbindung mit dem Mittelmeer beabsichtigt und daher die Anlage weiter nach Westen gelegt ward.


386 Der Raum zwischen Antiocheia und Daphne war mit Landhäusern und Vignen gefüllt (Libanios pro rhetor. 2 p. 213 Reiske) und es gab hier auch eine Vorstadt Herakleia oder auch Daphne (O. Müller antiq. Antioch. p. 44; vgl. vita Veri 7); aber wenn Tacitus ann. 2, 83 diese Vorstadt Epidaphne nennt, so ist dies einer seiner seltsamsten Schnitzer. Plinius h.o. 5, 21, 79 sagt correct: Antiochia Epidaphnes cognominata.


387 ›Womit wir vornehmlich alle schlagen‹, sagt der Antiochener Libanios in der unter Constantius gehaltenen Lobrede auf seine Heimath (1, 354 R.), nachdem er die Quellen der Daphne und die von dort nach der Stadt geführten Leitungen geschildert hat, ›das ist die Bewässerung unserer Stadt; wenn sonst auch jemand es mit uns aufnehmen mag, so geben sie alle nach, so wie die Rede kommt auf das Wasser, seine Fülle wie seine Trefflichkeit. In den öffentlichen Bädern hat jeder Strom das Maß eines Flusses, in den privaten manche das gleiche, die übrigen nicht viel weniger. Wer die Mittel hat, ein neues Bad anzulegen, thut dies unbesorgt um hinreichenden Zufluß und braucht nicht zu fürchten, daß wenn fertig, es ihm trocken liegen werde. Deßhalb ist jeder Stadtbezirk [es gab deren achtzehn] auf die besondere Eleganz seiner Badeanstalt bedacht; es sind diese Bezirkbadeanstalten um so viel schöner als die allgemeinen, als sie kleiner sind als diese und die Bezirksgenossen wetteifern immer die einen die anderen zu übertreffen. Man ermißt die Fülle der fließenden Wasser an der Menge der (guten) Wohnhäuser; denn so viel der Wohnhäuser, so viel sind auch der fließenden Wasser, ja sogar in den einzelnen Häusern oft mehrere; und auch die Mehrzahl der Werkstätten hat den gleichen Vorzug. Darum schlagen wir uns auch nicht an den öffentlichen Brunnen darum, wer zuerst zum Schöpfen kommt, an welchem Uebelstand so viele ansehnliche Städte leiden, wo um die Brunnen ein heftiges Gedränge ist und Lärm um die zerbrochenen Krüge. Bei uns fließen die öffentlichen Brunnen zur Zierde, da jeder innerhalb der Thüren sein Wasser hat. Und es ist dies Wasser so klar, daß der Eimer leer scheint, und so anmuthend, daß es zum Trinken einladet‹.


388 ›Das Sonnenlicht‹, sagt derselbe Redner p. 363, ›lösen andere Lichter ab, Leuchten, die das ägyptische Illuminationsfest hinter sich lassen; und bei uns unterscheidet sich die Nacht vom Tage nur durch die Verschiedenheit der Beleuchtung; die fleißigen Hände finden keinen Unterschied und schmieden weiter und wer da will, singt und tanzt, so daß Hephaestos und Aphrodite hier in die Nacht sich theilen‹. Bei dem Straßensport, den der Prinz Gallus sich gestattete, waren die antiochenischen Laternen ihm sehr unbequem (Ammian 14, 1, 9).


389 Die merkwürdige Reichsbeschreibung aus der Zeit des Constantius (Müller geogr. min. 2 p. 513 fg.), die einzige derartige Schrift, worin die gewerblichen Zustände eine gewisse Berücksichtigung finden, sagt von Syrien in dieser Hinsicht: ›Antiocheia hat alles, was man begehrt, in Fülle, vor allem aber seine Rennspiele. Rennspiele haben auch Laodikeia, Berytos, Tyros, Kaesareia (in Palästina). Nach auswärts sendet Laodikeia Jockeys, Tyros und Berytos Schauspieler, Kaesareia Tänzer (pantomimi), Heliupolis am Libanos Flötenbläser (choraulae), Gaza Musiker (auditores, womit ἀκροάματα incorrect wiedergegeben ist), Askalon Ringkämpfer (athletae), Kastabala (eigentlich schon in Kilikien) Faustkämpfer‹.


390 Von dem syrischen Wort abbuba Pfeife.


391 Das Schriftchen Lucians von der zu Hierapolis vom ganzen Orient verehrten syrischen Göttin giebt eine Probe der wilden und wollüstigen Fabulirung, welche dem syrischen Cultus eigen ist. In dieser Erzählung – der Quelle von Wielands Kombabus – wird die Selbstverstümmelung ironisirt, wie sie den Frommen als ein Act hoher Moralität und gottseligen Glaubens galt.


392 Der österreichische Ingenieur Joseph Tschernik (Ergänzungsheft 44 zu Petermanns geographischen Mittheilungen, 1875 S. 3. 9) fand Basaltplatten von Oelpressen nicht bloß auf dem wüsten Plateau bei Kala'at el-Hossn zwischen Hemesa und dem Meer, sondern auch in der Zahl von über zwanzig östlich von Hemesa bei el-Ferklûs, wo der Basalt selbst nicht vorkommt, sowie ebendaselbst zahlreiche gemauerte Terrassen und Ruinenhügel; Terrassirungen auf der ganzen Strecke von 16 Meilen zwischen Hemesa und Palmyra. Sachau (Reise in Syrien und Mesopotamien 1883. S. 23. 55) fand Reste von Wasserleitungen an verschiedenen Stellen der Straße von Damaskos nach Palmyra. Die in den Fels gehauenen Cisternen von Arados, deren schon Strabon (16, 2, 13p. 753) gedenkt, thun noch heute ihren Dienst (Renan Phénicie p. 40).


393 In Arados, einer zu Strabons Zeit (16, 2, 13 p. 753) sehr volkreichen Stadt, erscheint unter Augustus ein πρόβουλος τῶν ναυαρχησάντων (C.I. Gr. 4736 h, besser bei Renan mission de Phénicie p. 31).


394 Totius orbis descriptio c. 24; nulla forte civitas Orientis est eius spissior in negotio. Die Urkunden der statio (C.I. Gr. 5853, C.I.L. X, 1601) geben von diesen Faktoreien ein lebendiges Bild. Sie dienen zunächst religiösen Zwecken, das heißt für den Cult der tyrischen Götter am fremden Ort; zu diesem Zwecke wird in der größeren Station von Ostia von den tyrischen Schiffern und Kaufleuten eine Abgabe erhoben und aus deren Ertrag der kleineren ein jährlicher Zuschuß von 1000 Sesterzen gewährt, der für die Miethe des Locals verwendet wird; die übrigen Kosten werden von den Tyriern in Puteoli, ohne Zweifel durch freiwillige Beiträge, aufgebracht.


395 Für Berytos beweist dies die Puteolaner Inschrift C.I.L. X, 1634; für Damaskos legt es die dem Iupiter optimus maximus Damascenus daselbst gesetzte X, 1576 wenigstens nahe. –Uebrigens zeigt sich auch hier, mit wie gutem Grund Puteoli Klein-Delos heißt. Auf Delos begegnen in der letzten Zeit seiner Blüthe, das heißt etwa in dem Jahrhundert vor dem mithradatischen Krieg, die syrischen Factoreien und die syrischen Culte in ganz gleicher Weise und in noch größerer Fülle: wir finden dort die Gilde der Herakleisten von Tyros (τὸ κοινὸν τῶν Τυρίων Ἡρακλεϊστῶν ἐμπόρων καὶ ναυκλήρων C.I. Gr. 2271), der Poseidoniasten von Berytos (τὸ κοινὸν Βηρυτίων Ποσειδωνιαστῶν ἐμπόρων καὶ ναυκλήρων καὶ ἐγδοχέων Bull. de Corr. Hell. 7 p. 468), der Verehrer des Adad und der Atargatis von Hierapolis (das. 6, 495 fg.), abgesehen von den zahlreichen Denksteinen syrischer Kaufleute. Vgl. Homolle das. 8 p. 110 fg.


396 Indem Salvianus (gegen 450) den gallischen Christen zu Gemüthe führt, daß sie um nichts besser seien als die Heiden, weist er hin (de gub. dei 4, 14, 69) auf die nichtswürdigen negotiatorum et Syricorum omnium turbae, quae maiorem ferme civitatum universarum partem occupaverunt. Gregor von Tours erzählt, daß König Guntchram in Orleans von der gesammten Bürgerschaft eingeholt wird und gefeiert wie in lateinischer Sprache so auch auf hebräisch und auf syrisch (8, 1: hinc lingua Syrorum, hinc Latinorum, hinc... Judaeorum in diversis laudibus varie concrepabat) und daß nach Erledigung des Bischofsitzes von Paris ein syrischer Kaufmann denselben sich zu verschaffen wußte und die dazu gehörigen Stellen an seine Landsleute vergab (10, 26: omnem scholam decessoris sui abiciens Syros de genere suo ecclesiasticae domui ministros esse statuit). Sidonius (um 450) schildert die verkehrte Welt von Ravenna (ep. 1, 8) mit den Worten: fenerantur clerici, Syri psallunt; negotiatores militant, monachi negotiantur. Usque hodie, sagt Hieronymus (in Ezech. 27 vol. 5 p. 513 Vall.) permanet in Syris ingenitus negotiationis ardor, qui per totum mundum lucri cupiditate discurrunt et tantam mercandi habent vesaniam, ut occupato nunc orbe Romano (geschrieben gegen Ende des 4. Jahrh.) inter gladios et miserorum neces quaerant divitias et paupertatem periculis fugiant. Andere Belege giebt Friedländer Sittengeschichte 25 S. 67. Ohne Bedenken wird man die zahlreichen Inschriften des Occidents hinzufügen dürfen, welche von Syrern herrühren, auch wenn diese sich nicht ausdrücklich als Kaufleute bezeichnen. Belehrend ist dafür das Coemeterium der kleinen norditalischen Landstadt Concordia aus dem 5. Jahrh., die auf dem selben bestatteten Ausländer sind alle Syrer, meist Apamener (C.I.L. III p. 1060); ebenso gehören alle in Trier gefundenen griechischen Inschriften Syrern (C.I. Gr. 9891. 9892. 9893). Diese Inschriften sind nicht bloß in syrischer Weise datirt, sondern zeigen auch Besonderheiten des dortigen dialektischen Griechisch (Hermes 19, 423). – Daß diese syrisch-christliche zu dem Gegensatz des orientalischen und occidentalischen Klerus in Beziehung stehende Diaspora mit der jüdischen nicht zusammengeworfen werden darf, zeigt der Bericht bei Gregorius deutlich; sie hat offenbar viel höher gestanden und durchgängig den besseres Ständen angehört.


397 Das ist zum Theil noch heute so. Die Zahl der Seidenarbeiter in Höms wird auf 3000 angeschlagen (Tschernik a.a.O.)


398 Eine der ältesten, das heißt nach Severus und vor Diocletian gesetzten Grabschriften dieser Art ist die lateinisch-griechische unweit Lyon gefundene (Wilmanus 2498; vgl. Lebas-Waddington n. 2329) eines Θαῖμος ὁ καὶ Ἰουλιανὸς Σαάδου (lateinisch Thaemus Iulianus Sati fil.), gebürtig aus Atheila (de vico Athelani) unweit Kanatha in Syrien (noch jetzt Atîl unweit Kanawât im Hauran) und Decurio in Kauatha, ansässig in Lyon πάτραν λείπων ἧκε τῷδ᾽ ἐπὶ χώρῳ und hier Großhändler für aquitanische Waaren ([ἐς πρ]ᾶσιν ἔχων ἐνπόρ[ιο]ν ἀγορασμῶν [με]στὸν ἐκ Ἀκουιτανίης ὧδ᾽ ἐπὶ Λουγουδούνοιο – negotiatori Lugudni et prov. Aquitanica. Danach müssen diese syrischen Kaufleute nicht allein mit syrischen Waaren gehandelt, sondern mit ihrem Capital und ihrer Geschäftskenntniß den Großhandel überhaupt betrieben haben.


399 Charakteristisch ist das lateinische Epigramm an einem Kelterhause C.I.L. III, 188 in dieser Heimath der ›apamenischen Traube‹ (vita Elagabali c. 21).


400 Daß die Dekapolis und die Reorganisation des Pompeius wenigstens bis nach Kanata (Kerak) nordwestlich von Bostra reichte, steht durch die Zeugnisse der Schriftsteller und durch die nach der pompeianischen Aera datirten Münzen fest (Waddington zu 2412 d). Wahrscheinlich gehören derselben Stadt die Münzen mit dem Namen Γαβ(ε)ίν(ια) Κάναϑα und Daten derselben Aera (Reichardt num. Zeitschrift 1880 S. 53); es würde danach dieser Ort zu den zahlreichen von Gabinius restituirten gehören (Josephus 14, 5, 3). Waddington freilich (zu n. 2329) giebt diese Münzen, so weit er sie kannte, dem zweiten Ort dieses Namens, dem heutigen Kanawât, der eigentlichen Hauptstadt des Haurân nordwärts von Bostra; aber es ist wenig wahrscheinlich, daß Pompeius und Gabinius Organisation sich so weit ostwärts erstreckt hat. Vermuthlich ist diese zweite Stadt jünger und benannt nach der ersten, der östlichsten der Dekapolis.


401 Die ›flüchtigen Leute aus der Tetrarchie des Philippos‹, welche im Heer des Tetrarchen von Galilaea Herodes Antipas dienen und in der Schlacht gegen den Araber Aretas zum Feinde übergehen (Josephus 18, 5, 1), sind ohne Zweifel auch aus der Trachonitis ausgetriebene Araber.


402 Waddington 2366 = Vogué inscr. du Haouran n. 3. Zweisprachig ist auch die älteste Grabschrift dieser Gegend aus Suwêda Waddington 2320 = Vogué n. 1, die einzige im Haurân, die das stumme Jota ausdrückt. Die Aufschriften sind auf beiden Denkmälern so angebracht, daß nicht zu bestimmen ist, welche Sprache voransteht.


403 Bei Medain Sâlih oder Hidjr, südlich von Teimâ, dem alten Thaema, sind kürzlich von den Reisenden Doughty und Huber eine Reihe nabataeischer Inschriften aufgefunden worden, die, großentheils datirt, von der Zeit des Augustus bis zum Tode Vespasians reichen. Lateinische Inschriften fehlen, und die wenigen griechischen sind spätester Zeit; allem Anschein nach ist bei der Umwandlung des nabataeischen Reiches in eine römische Provinz was von dem inneren Arabien zu jenem gehörte, von den Römern aufgegeben worden.

404 Die Stadt Damaskos unterwarf sich freiwillig unter den letzten Seleukiden um die Zeit der Dictatur Sullas dem damaligen König der Nabataeer, vermuthlich dem Aretas, mit dem Scaurus schlug (Josephus 13, 15). Auch die Münzen mit der Aufschrift βασιλέως Ἀρέτου φιλέλληνος (Eckhel 3, 330; Luynes rev. de numism. 1858 p. 311) sind vielleicht in Damaskos geschlagen, als dies von den Nabataeern abhängig war; die Jahreszahl auf einer derselben ist zwar nicht mit Sicherheit bezogen, führt aber vermuthlich in die letzte Zeit der römischen Republik. Wahrscheinlich hat diese Abhängigkeit der Stadt von den nabataeischen Königen fortbestanden, so lange es überhaupt solche gab. Daraus, daß die Stadt Münzen mit den Köpfen der römischen Kaiser geprägt hat, folgt wohl die Abhängigkeit von Rom und daneben die Selbstverwaltung, aber nicht die Unabhängigkeit von dem römischen Lehnsfürsten; die derartigen Schutzverhältnisse sind so mannichfaltig gestaltet, daß diese Ordnungen wohl sich mit einander vertragen konnten. Für die Fortdauer des Nabataeerregiments spricht theils, daß der Ethnarch des Königs Aretas in Damaskos den Apostel Paulus, wie dieser im 2. Brief an die Korinther 11, 32 schreibt, verhaften lassen wollte, theils die seit kurzem festgestellte Thatsache (unten A. 1), daß die Herrschaft der Nabataeer nordöstlich von Damaskos noch unter Traian fortdauerte. – Indem man umgekehrt davon ausging, daß, wenn Aretas in Damaskos herrscht, die Stadt nicht römisch sein kann, hat man auf verschiedenen Wegen versucht, jenen Vorgang im Leben des Paulus chronologisch zu fixiren. Man hat an die Verwickelung zwischen Aretas und der römischen Regierung in den letzten Jahren des Tiberius gedacht; aber wie diese verlief, ist es nicht wahrscheinlich, daß sie in dem Besitzstand des Aretas eine dauernde Veränderung herbeigeführt hat. Melchior de Vogué (mélanges d'arch. Orientale app. p. 33) hat darauf hingewiesen, daß zwischen Tiberius und Nero – genauer zwischen den Jahren 33 und 62 (Saulcy num. de la terre sainte p. 36) – Kaisermünzen von Damaskus fehlen und das Regiment der Nabataeer daselbst in diese Zwischenzeit gesetzt, indem er annahm, daß Kaiser Gaius wie so vielen andern Lehnsfürsten, auch dem Araber seine Huld erwiesen und ihn mit Damaskos belehnt habe. Aber derartige Unterbrechungen der Prägung treten häufig auf und fordern keine so tief greifende Erklärung. Man wird wohl darauf verzichten müssen an dem Schalten des Nabataeerkönigs in Damaskos für die Lebensgeschichte des Paulus einen chronologischen Haltpunct zu finden und überhaupt Paulus Aufenthalt in dieser Stadt der Zeit nach zu definiren. Wenn der auf jeden Fall stark verschobenen Darstellung des Vorgangs in der Apostelgeschichte 9 in soweit zu trauen ist, ging Paulus nach Damaskos vor der Bekehrung, um die Christenverfolgung, in welcher Stephanos umgekommen war, dort fortzusetzen, und beschlossen dann, als er bekehrt in Damaskos vielmehr für die Christen eintrat, die dortigen Juden ihn umzubringen, wobei also vorausgesetzt werden muß, daß der Beamte des Aretas, ähnlich wie Pilatus, der Ketzerverfolgung der Juden Raum gab. Aus den zuverläßigen Angaben des Galaterbriefes folgt ferner, daß die Bekehrung bei Damaskos stattfand (denn dies zeigt das ὑπέστρεψα und Paulus von da nach Arabien ging ferner daß er drei Jahre nach der Bekehrung zum ersten und siebzehn Jahre nach derselben zum zweiten Mal nach Jerusalem kam, wonach die apokryphen Berichte der Apostelgeschichte über seine Jerusalemreisen zu berichtigen sind (Zeller Apostelgesch. S. 216). Aber weder ist die Zeit des Todes des Stephanos genau bestimmbar, noch viel weniger der Zeitraum zwischen diesem und der Flucht des bekehrten Paulus aus Damaskos, noch die Zwischenzeit zwischen seiner zweiten Reise nach Jerusalem und der Abfassung des Galaterbriefes, noch das Jahr der Abfassung desselben selbst.


405 Die kürzlich bei Dmêr, nordöstlich von Damaskos auf der Straße nach Palmyra, gefundene nabataeische Inschrift (Sachau Zeitschrift der deutschen morgenl. Gesellschaft Bd. 38 S. 535), datirt aus dem Monat Ijjar des Jahres 405 nach römischer (d.h. seleukidischer) Zählung und dem 24. Jahr des Königs Rabel, des letzten nabataeischen, also aus dem Mai 94 n. Chr., hat gezeigt, daß dieser District bis auf die Einziehung dieses Reiches unter der Herrschaft der Nabataeer geblieben ist. Uebrigens scheinen die Herrschaftsgebiete hier geographisch durch einander gewürfelt gewesen zu sein; so stritten um das Gebiet von Gamala am See Genezareth der Tetrarch von Galilaea und der Nabataeerkönig (Josephus 18, 5, 1).


406 Vielleicht durch Gabinius (Appian Syr. 51).


407 Strabon 16, 4, 21 p. 779. Die Münzen dieser Könige zeigen indeß den Kaiserkopf nicht. Aber daß im nabataeischen Reiche nach römischen Kaiserjahren datirt werden konnte, beweist die nabataeische Inschrift von Hebrân (Vogué Syrie centrale inscr. n. 1) datirt vom 7. Jahr des Claudius, also vom Jahre 47. Hebrân, wenig nördlich von Bostra, scheint auch später zu Arabien gerechnet worden zu sein (Lebas-Waddington 2287) und nabataeische Inschriften öffentlichen Inhalts begegnen außerhalb des Nabataerstaats nicht; die wenigen der Art aus der Trachonitis sind privater Natur.


408 ›Leuke Kome im Lande der Nabataeer‹ sagt Strabon unter Tiberius 16, 4, 23 p. 780, ist ein großer Handelsplatz, wohin und von wo die Karawanen händler (καμηλέμποροι) mit so zahlreichen Leuten und Kameelen sicher und bequem von und nach Petra gehen, daß sie in nichts von Heerlagern sich ›unterscheiden‹. Auch der unter Vespasian schreibende ägyptische Kaufmann erwähnt in seiner Küstenbeschreibung des rothen Meeres c. 19 ›den Hafen und die Festung (φρούριον) Leuke kome, von wo der Weg nach Petra führt zum König der Nabataeer Malichas. Er kann als Handelsplatz gelten für die auf nicht eben großen Schiffen dorthin aus Arabien verschifften Waaren. Darum wird dorthin ein Einnehmer geschickt (ἀποστέλλεται) des Eingangszolls von einem Viertel des Werthes und der Sicherheit wegen ein Centurio (ἑκατοντάρχης) mit Mannschaft‹. Da ein römischer Reichsangehöriger hier des Schickens von Beamten und Soldaten erwähnt, so können dies nur römische sein, auch paßt für das Heer des Nabataeerkönigs der Centurio nicht und ist die Steuerform ganz die römische. Daß ein Clientelstaat in das Gebiet der Reichssteuer eingezogen wird, kommt auch sonst, zum Beispiel in den Alpengegenden vor. Die Straße von Petra nach Gaza erwähnt Plinius h.n. 6, 28, 144.


409 Waddington 2196: Ἀδριανοῦ τοῦ καὶ Σοαίδου Μαλέχου ἐϑνάρχου στρατηγοῦ νομάδων τὸ μνημῖον.


410 Epiphanius haeres. 51 p. 483 Dind. führt aus, daß der 25. December, der Geburtstag Christi schon in Rom in dem Saturnalienfest, in Alexandreia in dem (auch im Decret von Kanopos erwähnten) Fest der Kikellia und in anderen heidnischen Culten in analoger Art festlich begangen worden sei. ›Dies geschieht in Alexandreia in dem sogenannten Jungfrauenheiligthum (Κόριον)..... und wenn man die Leute fragt, was dies Mysterium bedeute, so antworten und sagen sie, daß heute in dieser Stunde die Jungfrau den Ewigen (τὸν αἰῶνα) geboren habe. Dies geschieht in gleicher Weise in Petra, der Hauptstadt von Arabia in dem dortigen Tempel, und in arabischer Sprache besingen sie die Jungfrau, welche sie auf arabisch Chaamu nennen, das heißt das Mädchen, und den aus ihr Geborenen Dusares, das heißt den Eingeborenen des Herrn‹. Der Name Chaamu ist vielleicht verwandt mit dem Aumu oder Aumos der griechischen Inschriften dieser Gegend, der mit Ζεὺς ἀνίκητος Ἥλιος geglichen wird (Waddington 2392-2395. 2441. 2455. 2456).


411 Dabei ist abgesehen von der merkwürdigen in Harrân unweit Zorava gefundenen arabisch-griechischen Inschrift (man beachte die Folge) vom J. 568 n. Chr., gesetzt von dem Phylarchen Asuraelos Sohn des Talemos (Waddington 2464). Dieser Christ ist ein Vorläufer Mohammeds


412 .Αὐσονίων μούσης ὑψινόου πρύτανις. Kaibel epigr. 440.

413 Nach den arabischen Berichten wanderten die Benu Sâlih aus der Gegend von Mekka (um 190 n. Chr. nach den Ansetzungen von Caussin de Perceval hist. des Arabes 1, 212) nach Syrien und siedelten sich hier an neben den Benu-Samaida, in denen Waddington die φυλὴ Σομαιϑηνῶν einer Inschrift von Suwêda (n. 2308) wiederfindet. Die Ghassaniden, die (nach Caussin um 205) von Batn-Marr ebenfalls nach Syrien in dieselbe Gegend einwanderten, wurden von den Salihîten auf Anweisung der Römer gezwungen Tribut zu zahlen und entrichteten diesen eine Zeitlang, bis sie (nach demselben um das J. 292) die Salihîten überwanden und ihr Führer Thalaba, Sohn Amrs, von den Römern als Phylarch anerkannt ward. Diese Erzählung mag richtige Elemente enthalten; aber maßgebend bleibt immer der im Text wiedergegebene Bericht Prokops de bello Pers. 1, 17. Die Phylarchen einzelner Provinzen, von Arabia (d.h. Provinz Bostra: nov. 102 c. 1) und von Palaestina (d.h. Provinz Petra: Prokop de bello Pers. 1, 19) sind älter, aber wohl nicht um viel. Wäre ein Oberscheich dieser Art in vorjustinianischer Zeit von den Römern anerkannt worden, so würden die römischen Schriftsteller und die Inschriften davon wohl die Spuren aufweisen; aber aus vorjustinianischer Zeit fehlt es an solchen.


414 Ob die Rechtsstellung der Juden in Alexandreia mit Recht von Josephus (contra Ap. 2, 4) auf Alexander zurückgeführt wird, ist insofern zweifelhaft, als, so weit wir wissen, nicht er, sondern der erste Ptolemaeer massenweise Juden dort ansiedelte (Josephus ant. 12, 1; Appian Syr. 50). Die merkwürdige Gleichartigkeit, mit der die Judenschaften in den verschiedenen Diadochenstaaten sich gestaltet haben, muß, wenn sie nicht auf Alexanders Anordnungen beruht, auf das Rivalisiren und Imitiren bei der Städtegründung zurückgeführt werden. Daß Palaestina bald ägyptisch, bald syrisch war, hat bei diesen Ansiedelungen ohne Zweifel wesentlich mitgewirkt.


415 Der Judengemeinde in Smyrna gedenkt eine kürzlich daselbst gefundene Inschrift (Reinach Revue des études juives 1883 p. 161): Ῥουφεῖνα Ἰουδαί(α) ἀρχισυναγωγὸς κατεσκεύασεν τὸ ἐνσόριον τοῖς ἀπελευϑέροις καὶ ϑρέμ(μ)ασιν μηδένος ἄλ(λ)ου ἐξουσίαν ἔχοντος ϑάψαι τινά˙ εἰ δέ τις τολμήσει, δώσει τῷ ἱερωτάτῳ ταμείῳ (δηναρίους) αφ, καὶ τῷ ἔϑνει τῶν Ἰουδαίων (δηναρίους) α. Ταύτης τῆς ἐπιγραφῆς τὸ ἀντίγραφον ἀποκεῖται εἰς τὸ ἀρχεῖον. Einfache Collegien werden in Strafandrohungen dieser Art nicht leicht mit dem Staat oder der Gemeinde auf eine Linie gestellt.


416 Wenn die alexandrinischen Juden später behaupteten den alexandrinischen Makedoniern rechtlich gleichgestellt zu sein (Josephus contra Ap. 2, 4, bell. 2, 18, 7), so war dies eine Entstellung des wahren Sachverhältnisses. Sie waren Schutzgenossen zunächst der Phyle der Makedonier, wahrscheinlich der vornehmsten von allen und darum nach Dionysos benannt (Theophilus ad Autolycum 2, 7), und weil das Judenquartier ein Theil dieser Phyle war, macht Josephus in seiner Weise sie selbst zu Makedoniern. Die Rechtsstellung der Bevölkerung der Griechenstädte dieser Kategorie erhellt am deutlichsten aus der (Nachricht Strabons (bei Josephus ant. 14, 7, 2) über die vier Kategorien derjenigen von Kyrene: Stadtbürger, Landleute (γεωργοί), Fremde und Juden. Sieht man von den Metöken ab, die ihre rechtliche Heimath auswärts haben, so bleiben als heimathberechtigte Kyrenaeer die vollberechtigten Bürger, also die Hellenen und was man als solche gelten ließ, und die zwei Kategorien der vom activen Bürgerrecht Ausgeschlossenen, die Juden, die eine eigene Gemeinde bilden, und die Unterthanen, die Libyer, welchen die Autonomie fehlt. Dies konnte leicht so verschoben werden, daß die beiden privilegirten Kategorien auch als gleich berechtigt erschienen.


417 Pseudo-Longinus περὶ ὕψους 9: Weit besser als der Götterkrieg ist bei Homeros die Schilderung der Götter in ihrer Vollkommenheit und echten Größe und Reinheit, wie die des Poseidon (Ilias 13, 18 fg.). Ebenso schreibt der Gesetzgeber der Juden, kein geringer Mann (οὐχ ὁ τυχὼν ἀνήρ), nachdem er die göttliche Gewalt in würdiger Weise erfaßt und zum Ausdruck gebracht hat, gleich zu Anfang der Gesetze (Genesis 1, 3): Es sprach der Gott – was? es werde Licht! und es ward Licht; es werde die Erde! und die Erde ward.


418 Der Jude Philon schreibt die Behandlung der Juden in Italien auf Rechnung des Seianus (leg. 24; in Flacc. 1), die der Juden im Osten auf die des Kaisers selbst. Aber Josephus führt vielmehr was in Italien geschah zurück auf einen Scandal in der Hauptstadt, welchen drei jüdische fromme Schwindler und eine zum Judenthum bekehrte vornehme Dame gegeben hatten, und Philon selbst giebt zu, daß Tiberius nach Seians Sturz den Statthaltern nur gewisse Milderungen in dem Verfahren gegen die Juden aufgegeben habe. Die Politik des Kaisers und die seiner Minister den Juden gegenüber war im wesentlichen dieselbe.


419 Agrippa II, der die jüdischen Ansiedelungen im Ausland aufzählt (bei Philon leg. ad Gaium 36), nennt keine Landschaft westlich von Griechenland, und unter den in Jerusalem weilenden Fremden, die die Apostelgeschichte 2, 5 fg. verzeichnet, sind aus dem Westen nur Römer genannt.


420 Antipatros begann seine Laufbahn als Statthalter (στρατηγός) von Idumaea (Joseph. 14, 1, 3), und heißt dann Verwalter des jüdischen Reiches (ὁ τῶν Ἰουδαίων ἐπιμελητής Jos. 14, 8, 1), das heißt etwa erster Minister. Mehr liegt auch nicht in der gegen Rom wie gegen Herodes adulatorisch gefärbten Erzählung des Josephus (ant. 14, 8, 5 bell. 1, 10, 3), daß Caesar dem Antipatros die Wahl überlassen habe seine Machtstellung (δυναστεία) selbst zu bestimmen und, da dieser ihm die Entscheidung anheimstellt, ihn zum Verwalter (ἐπίτροπος) von Judaea bestellt habe. Dies ist nicht, wie Marquardt St. V. 1, 408 will, die (damals noch gar nicht bestehende) römische Procuratur der Kaiserzeit, sondern ein formell von dem jüdischen Ethnarchen verliehenes Amt, eine ἐπιτροπή, wie die bei Josephus bell. 2, 18, 6 erwähnte. In den Actenstücken aus Caesars Zeit vertritt die Juden allein der Erzpriester und Ethnarch Hyrkanos; Caesar gab dem Antipatros, was dem Unterthanen eines abhängigen Staats gewährt werden konnte, das römische Bürgerrecht und die personale Immunität (Jos. ant. 14, 8, 3; bell. 1, 9, 5), aber er machte ihn nicht zum Beamten Roms. Daß Herodes, aus Judaea vertrieben, von den Römern eine römische Offizierstellung etwa in Samaria erhalten hat, ist glaublich; aber die Bezeichnungen στρατηγὸς τῆς Κοίλης Συρίας (Jos. 14, 9, 5 c. 11, 4) oder στρατηγὸς Κοίλης Συρίας καὶ Σαμαρείας (bell. 1, 10, 8) sind mindestens irreführend, und ebenso incorrect nennt derselbe Schriftsteller den Herodes später deswegen, weil er τοῖς ἐπιτροπεύουσι τῆς Συρίας als Rathgeber dienen soll (ant. 15, 10, 3), sogar Συρίας ὅλης ἐπίτροπον (bell. 1, 20, 4, wo Marquardts Aenderung St. V. 1, 408 Κοίλης den Sinn zerstört).


421 In dem Decret Caesars bei Josephus 14, 10, 5. 6 ist die aus Epiphanius sich ergebende Lesung die einzig mögliche: danach wird das Land von der (durch Pompeius auferlegten: Josephus 14, 4, 4) Steuer, vom zweiten Jahr der laufenden Verpachtung an, befreit und weiter verordnet, daß die Stadt Ioppe, die damals aus römischem Besitz in jüdischen überging, zwar auch ferner den vierten Theil der Feldfrüchte in Sidon an die Römer abliefern, aber dafür dem Hyrkanos ebenfalls in Sidon als Aequivalent jährlich 20675 Scheffel Getreide gewährt werden sollen, woneben die Ioppenser auch noch den Zehnten an Hyrkanos entrichten. Auch zeigt die ganze sonstige Erzählung, daß der judische Staat seitdem von Tributzahlung frei ist; daß Herodes von den der Kleopatra zugewiesenen Districten, die er ihr abpachtet, φόροι zahlt (ant. 15, 4, 2. 4. c. 5, 3), bestätigt nur die Regel. Wenn Appian b.c. 5, 75 unter den von Antonius mit Tribut belegten Königen den Herodes für Idumaea und Samaria aufführt, so fehlt Judaea auch hier nicht ohne guten Grund; und auch für diese Nebenländer kann ihm der Tribut von Augustus erlassen sein. Der detaillirte und zuverlässige Bericht über die Schatzung, die Quirinius anordnet, zeigt mit völliger Klarheit, daß das Land bis dahin von römischer Steuer frei war.


422 In demselben Decret heißt es: καὶ ὅπως μηδεὶς μήτε ἄρχων μήτε στρατηγὸς ἢ πρεσβευτὴς ἐν τοῖς ὅροις τῶν Ἰουδαίων ἀνιστᾷ (›vielleicht συνισιᾳ‹ Wilamowitz) συμμαχίαν καὶ στρατιώτας ἐξιῇ (so Wilamowitz für ἐξείη) ἢ τὰ χρήματα τούτων εἰσπράττεσϑαι ἢ εἰς παραχειμασίαν ἢ ἄλλῳ τινὶ ὀνόματι, ἀλλ᾽ εἶναι πανταχόϑεν ἀνεπηρεάστους (vgl. 14, 10, 2: παραχειμασίαν δὲ καὶ χρήματα πράττεσϑαι οὐ δοκιμάζω). Dies entspricht im Wesentlichen der Formel des wenig älteren Freibrieß für Termessos (C.I.L.I.n. 204): nei quis magistratu prove magistratu legatus ne[ive] quis alîus meilites in oppidum Thermesum ... agrumve ... hiemandi caussa introducito ... nisei senatus nominatim utei Thermesum ... in hibernacula meilites deducantur decreverit.

Der Durchmarsch ist demnach gestattet. In dem Privilegium für Judaea scheint außerdem noch die Aushebung untersagt gewesen zu sein.


423 Dieser Titel, der zunächst das collegialische Vierfürstenthum bezeichnet, wie es bei den Galatern herkömmlich war, ist dann allgemeiner für die Sammt-, ja auch für die Einherrschaft, immer aber als im Rang dem königlichen nachstehend verwendet worden. In dieser Weise erscheint er außer in Galatien auch in Syrien vielleicht seit Pompeius, sicher seit Augustus. Die Nebeneinanderstellung eines Ethnarchen und zweier Tetrarchen, wie sie im J. 713 für Jadaea nach Josephus (ant. 14, 13, 1; bell. 1, 12, 5) angeordnet ward, begegnet sonst nicht wieder; analog ist Pheroras Tetrarch der Peraea unter seinem Bruder Herodes (bell. 1, 24, 5).


424 Die Angabe des Josephus, daß Judaea zur Provinz Syrien gezogen und dessen Statthalter unterstellt worden sei (ant. 17 fin.: τοῦ δὲ Ἀρχελάου χώρας ὑποτελοῦς προσνεμηϑείσης τῇ Σύρων; 18, 1, 1: εἰς τὴν Ἰουδαίων προσϑήκην τῆς Συρίας γενομένην; c. 4, 6) scheint unrichtig zu sein; vielmehr bildete Judaea wahrscheinlich seitdem eine eigene procuratorische Provinz. Genaue Unterscheidung zwischen dem rechtlichen und dem factischen Eingreifen des syrischen Statthalters darf man bei Josephus nicht erwarten. Daß derselbe die neue Provinz ordnete und die erste Schatzung leitete, entscheidet nicht über die Frage, welche Einrichtung ihr gegeben ward. Wo die Juden sich über ihren Procurator bei dem Statthalter von Syrien beschweren und dieser gegen denselben einschreitet, ist allerdings der Procurator von dem Legaten abhängig; aber wenn L. Vitellius dies that (Josephus 18, 4, 2), so griff dessen Macht eben außerordentlicher Weise hinaus über die Provinz (Tacitus ann. 6, 32; Staatsrecht 2, 822), und in dem andern Fall zeigen die Worte des Tacitus 12, 54: quia Claudius ius statuendi etiam de procuratoribus dederat, daß der Statthalter von Syrien kraft seiner allgemeinen Competenz ein solches Urtheil nicht hätte fällen können. Sowohl das ius gladii dieser Procuratoren (Josephus bell. 2, 8, 1: μέχρι τοῦ κτείνειν λαβὼν παρὰ τοῦ Καίσαρος ἐξουσίαν, ant. 18, 1, 1; ἡγησόμενος Ἰουδαίων τῇ ἐπὶ πᾶσιν ἐξουσίᾳ) wie ihr ganzes Auftreten beweisen, daß sie nicht zu denen gehörten, die unter einem kaiserlichen Legaten stehend nur finanzielle Geschäfte besorgten, sondern vielmehr wie die Procuratoren von Noricum und Raetia auch für Rechtspflege und Heerbefehl die höchste Instanz bildeten. Also hatten die Legaten von Syrien dort nur die Stellung wie die von Pannonien in Noricum und der obergermanische in Raetien. Dies entspricht auch der allgemeinen Entwickelung der Verhältnisse: alle größeren Königreiche sind bei der Einziehung nicht den benachbarten großen Statthalterschaften zugelegt worden, deren Machtfülle zu steigern nicht in der Tendenz dieser Epoche liegt, sondern zu selbstständigen meist zuerst ritterlichen Statthalterschaften gemacht worden.


425 Nach Josephus (ant. 20, 8, 7 genauer als bell. 2, 13, 7) bestand der größte Theil der römischen Truppen in Palaestina aus Caesareern und Sebastenern. Die ala Sebastenorum focht im jüdischen Kriege unter Vespasian (Josephus bell. 2, 12, 5). Vgl. Eph. epigr. 5 p. 194. Alae und cohortes Iudaeorum giebt es nicht.


426 Die Einkünfte des Herodes beliefen sich nach Josephus 17, 11, 4 auf etwa 1200 Talente, wovon auf Batanaea mit den Nebenländern etwa 100, auf Galilaea und Peraea 200, das Uebrige auf den Antheil des Archelaos entfallen; dabei ist wohl das ältere hebräische Talent (zu etwa 7830 Mark) gemeint, nicht, wie Hultsch (Metrol. 2 S. 605) annimmt, das Denartalent (zu etwa 5220 Mark), da die Einkünfte desselben Gebiets unter Claudius bei demselben Josephus (19, 8, 2) auf 12 Mill. Denare (etwa 10 Mill. Mark) angesetzt werden. Den Hauptposten darin bildete die Bodenabgabe, deren Höhe wir nicht kennen; in syrischer Zeit betrug sie wenigstens zeitweilig den dritten Theil vom Getreide und die Hälfte von Wein und Oel (1 Makkab. 10, 30), zu Caesars Zeit für Ioppe ein Viertel der Frucht (S. 501 A. 1), woneben dann noch der Tempelzehnte stand. Dazu kamen eine Anzahl andrer Steuern und Zölle, Auctionsabgaben, Salzsteuer, Wege- und Brückengelder u. dgl. m.; diese sind es, auf welche die Zöllner der Evangelien sich beziehen.


427 An der Marmorschranke (δρύφακτος), welche den inneren Tempelraum abgrenzte, standen deßwegen Warnungstafeln in lateinischer und griechischer Sprache (Josephus bell. 5, 5, 2. 6, 2, 4; ant. 15, 11, 5). Eine der letzteren, die kürzlich wiedergefunden ist (Revue archéologique Bd. 23 J. 1872 S. 220) und jetzt in dem öffentlichen Museum von Constantinopel sich befindet, lautet: μήϑ᾽ ἕνα ἀλλογενῆ εἰσπορεύεσϑαι ἐντὸς τοῦ περὶ τὸ ἱερὸν τρυφάκτου καὶ περιβόλου. ὃς δ᾽ἂν ληφϑῆ, ἑαυτῷ αἴτιος ἔσται διὰ τὸ ἐξακολουϑεῖν ϑάνατον. Das Iota im Dativ ist vorhanden, die Schrift gut und passend für frühe Kaiserzeit. Diese Tafeln sind schwerlich von den jüdischen Königen gesetzt, die kaum einen lateinischen Text hinzugefügt haben würden und auch keine Ursache hatten mit dieser sonderbaren Anonymität den Tod in Aussicht zu stellen. Wenn sie von der römischen Regierung aufgestellt wurden, erklärt sich beides; auch sagt Titus bei Josephus bell. 6, 2, 4 in einer Ansprache an die Juden: οὐχ ἡμεῖς τοὺς ὑπερβάντας ὑμῖν ἀναιρεῖν ἐπετρέψαμεν, κἂν Ῥωμαῖός τις ᾖ; – Trägt die Tafel wirklich Spuren von Axthieben, so stammen diese von den Soldaten des Titus.


428 Der besondere Haß des Gaius gegen die Juden (Philo leg. 20) ist nicht die Ursache, sondern die Folge der alexandrinischen Judenhetze gewesen. Da also auch das Einverständniß der Führer der Judenhetze mit dem Statthalter (Philo in Flacc. 4) so, wie die Juden meinten, nicht bestanden haben kann, weil der Statthalter nicht füglich glauben konnte durch Preisgebung der Juden sich dem neuen Kaiser zu empfehlen, so entsteht allerdings die Frage, warum die Führer der Judenfeinde eben diesen Moment für die Judenhetze wählten und vor allem warum der Statthalter, dessen Trefflichkeit Philoso nachdrücklich anerkennt, dieselbe zuließ und wenigstens in ihrem weiteren Verlauf sich an ihr betheiligte. Wahrscheinlich sind die Dinge so hergegangen wie sie oben erzählt sind: der Judenhaß und Judenneid gährten seit langem in Alexandreia (Josephus b. 2, 18, 9; Philo leg. 18); der Wegfall des alten strengen Regiments und die augenscheinliche Ungnade, in welcher der Präfect bei Gaius stand, gaben Raum für den Krawall; die Ankunft Agrippas gab den Anlaß; die geschickte Verwandlung der Synagogen in Tempel des Gaius stempelte die Juden zu Kaiserfeinden, und nachdem dies geschehen war, wird Flaccus allerdings die Verfolgung aufgegriffen haben, um sich dadurch bei dem Kaiser zu rehabilitiren.


429 Als Strabon in Aegypten war in der früheren augusteischen Zeit, standen die Juden in Alexandreia unter einem Ethnarchen (geogr. 17, 1, 13 p. 798 und bei Josephus ant. 14, 7, 2). Als dann unter Augustus der Ethnarchos oder Genarchos, wie er auch heißt, starb, trat an seine Stelle ein Rath der Aeltesten (Philo leg. 10); doch ›untersagte Augustus‹, wie Claudius angiebt (Joseph. 19, 5, 2), ›den Juden nicht die Bestellung von Ethnarchen‹, was wohl heißen soll, daß die Wahl eines Einzelvorstehers nur für diesmal unterlassen, nicht ein für allemal abgeschafft ward. Unter Gaius gab es offenbar nur Aelteste der Judenschaft; und auch unter Vespasian begegnen diese (Josephus bell. 7, 10, 1). Ein Archon der Juden in Antiocheia wird genannt bei Josephus bell. 7, 3, 3.


430 Apion redete und schrieb über alles und jedes, über die Metalle und die römischen Buchstaben, über die Magie und von den Hetaeren, über ägyptische Urgeschichte und Apicius Kochrecepte, vor allem aber machte er Glück mit seinen Vorträgen über Homer, die ihm das Ehrenbürgerrecht in zahlreichen griechischen Städten erwarben. Er hatte entdeckt, daß Homeros darum mit dem unpassenden Worte μῆνις seine Ilias begonnen habe, weil die ersten beiden Buchstaben als Ziffern die Bücherzahl der beiden von ihm zu schreibenden Epen darstellen; er nannte den Gastfreund in Ithaka, bei dem er das Brettspiel der Freier erkundet habe; ja er hatte Homeros selbst aus der Unterwelt beschworen, um ihn am seine Heimath zu befragen, derselbe sei auch gekommen und habe sie ihm gesagt, aber ihn verpflichtet, sie andern nicht zu verrathen.


431 Die Schriften Philons, welche diese ganze Katastrophe uns mit unvergleichlicher Actualität vorführen, schlagen diesen Ton nirgends an; aber auch abgesehen davon, daß dieser reiche und bejahrte Mann mehr ein guter Mensch als ein guter Hasser war, versteht es sich von selbst, daß diese Consequenzen der Vorgänge von jüdischer Seite nicht öffentlich dargelegt wurden. Was die Juden dachten und fühlten, wird man nicht nach dem beurtheilen dürfen, was sie namentlich in ihren griechisch geschriebenen Schriften zu sagen zweckmäßig fanden. Wenn das Buch der Weisheit und das dritte Makkabaeerbuch in der That gegen die alexandrinische Judenverfolgung gerichtet sind (Hausrath neutestam. Zeitgesch. 2, 259 fg.), was übrigens nichts weniger als gewiß ist, so sind sie wo möglich noch zahmer gehalten als die Schriften Philons.


432 Dies dürfte die richtige Auffassung der jüdischen Vorstellungen sein, in denen überhaupt die positiven Thatsachen regelmäßig ins Allgemeine verfließen. In den Erzählungen vom Antimessias und vom Antichrist finden sich keine positiven Momente, die auf Kaiser Gaius paßten; den Namen Armillus, den der Targum jenem beilegt, darauf zurückzuführen, daß Kaiser Gaius zuweilen Frauenarmbänder (armillae) trug (Sueton Gai. 52), kann ernsthaft nicht vertreten werden. In der johanneischen Apokalypse, der klassischen Offenbarung jüdischen Selbstgefühls und Römerhasses, knüpft sich das Bild des Antimessias vielmehr an Nero, der sein Bild nicht ins Allerheiligste hat stellen lassen. Diese Schrift gehört bekanntlich einer Zeit und einer Richtung an, für die das Christenthum noch wesentlich eine jüdische Secte war; die Auserwählten und vom Engel Gezeichneten sind alle Juden, je 12000 aus jedem der zwölf Stämme, und haben den Vortritt vor der ›großen Menge der sonstigen Gerechten‹, das heißt der Judengenossen (c. 7; vgl. c. 12, 1). Geschrieben ist sie erwiesener Maßen nach Neros Sturz und als dessen Rückkehr aus dem Orient erwartet wurde. Nun trat freilich ein falscher Nero unmittelbar nach dem Tode des wirklichen auf und wurde im Anfang des folgenden Jahres hingerichtet (Tacitus hist. 2, 8. 9); aber an diesen denkt Johannes nicht, da der recht genaue Bericht nicht wie Johannes dabei der Parther erwähnt und für Johannes zwischen dem Sturze Neros und seiner Rückkehr ein beträchtlicher Zeitraum, auch die letztere noch in der Zukunft liegt. Sein Nero ist derjenige, der unter Vespasian im Euphratgebiet Anhang fand, den König Artabanos unter Titus anerkannte und sich anschickte mit Heeresmacht in Rom wieder einzusetzen und den endlich die Parther um das J. 88 nach längeren Verhandlungen an Domitian auslieferten (oben S. 396). Auf diese Vorgänge paßt die Apokalypse mit völliger Genauigkeit. Andrerseits kann in einer Schrift dieses Schlages daraus, daß nach c. 11, 1. 2 nur der Vorhof, nicht aber das Allerheiligste des Tempels von Jerusalem in die Gewalt der Heiden gegeben ist, unmöglich auf den damaligen Stand der Belagerung geschlossen werden; hier ist im Einzelnen alles Phantasmagorie und dies gewiß entweder beliebig gegriffen, oder, wenn man das vorzieht, angesponnen etwa an eine den römischen Soldaten, die nach der Zerstörung in Jerusalem lagerten, gegebene Ordre das ehemalige Allerheiligste nicht zu betreten. Die Grundlage der Apokalypse ist unbestritten die Zerstörung des irdischen Jerusalem und die dadurch erst gegebene Aussicht auf dessen dereinstige ideale Wiederherstellung; unmöglich läßt sich an die Stelle der erfolgten Schleifung der Stadt die bloße Erwartung der Einnahme setzen. Wenn also es von den sieben Köpfen des Drachen heißt: βασιλεῖς ἑπτά εἰσιν˙ οἱ πέντε ἔπεσαν, ὁ εἷς ἔστιν, ὁ ἄλλος οὔπω ἦλϑεν, καὶ ὅταν ἔλϑῃ ὀλίγον αὐτὸν δεῖ μεῖναι (c. 17, 10), so sind vermuthlich die fünf Augustus, Tiberius, Gaius, Claudius, Nero, der sechste Vespasian, der siebente unbestimmt; ›das Thier, welches war und nicht ist und selber der achte, aber aus den sieben ist‹, ist natürlich Nero. Der unbestimmte Siebente ist ungeschickt, wie so vieles in dieser grandiosen, aber widerspruchsvollen und oft sich übel verwickelnden Phantasmagorie, ist aber hingesetzt, nicht, weil die Siebenzahl gebraucht ward, die ja leicht durch Caesar zu gewinnen war, sondern weil der Schreiber Bedenken trug das kurze Regiment des letzten Herrschers und dessen Sturz durch den rückkehrenden Nero unmittelbar von dem regierenden Kaiser auszusagen. Unmöglich aber kann man, wie es nach Andern Renan thut, mit Einrechnung Caesars in dem sechsten Kaiser, ›welcher ist‹, Nero erkennen, der gleich nachher bezeichnet wird als der, welcher ›war und nicht ist‹, und in dem siebenten, welcher ›noch nicht gekommen ist und nicht lange herrschen wird‹, sogar den nach Renans Ansicht zur Zeit herrschenden hochbejahrten Galba. Daß dieser überhaupt so wenig, wie Otho und Vitellius, in eine solche Reihe gehört, leuchtet ein. – Aber wichtiger ist es der gangbaren Auffassung entgegenzutreten, als richte sich die Polemik gegen die neronische Christenverfolgung und die Belagerung oder die Zerstörung Jerusalems, während sie doch durchaus ihre Spitze kehrt gegen das römische Provinzialregiment überhaupt und insbesondere den Kaisercultus. Wenn von den sieben Kaisern Nero allein (mit seinem Zahlenausdruck) genannt wird, so geschieht dies nicht, weil er der schlimmste der sieben war, sondern weil die Nennung des regierenden Kaisers unter Prophezeihung eines baldigen Endes seiner Regierung in einer publicirten Schrift ihr Bedenkliches hatte und einige Rücksicht gegen den einen ›der ist‹ sich auch für einen Propheten ziemt. Neros Name war preisgegeben, überdies die Legende seiner Heilung und seiner Wiederkehr in aller Munde; dadurch ist er für die Apokalypse der Repräsentant der römischen Kaiserherrschaft und der Antichrist geworden. Was das Unthier des Meeres und sein Ebenbild und Werkzeug, das Unthier des Landes, verschulden, ist nicht die Vergewaltigung der Stadt Jerusalem (c. 11, 2), welche nicht als ihre Missethat erscheint, sondern vielmehr als ein Stück des Weltgerichts (wobei auch die Rücksicht auf den regierenden Kaiser im Spiel gewesen sein kann), sondern die göttliche Verehrung, welche die Heiden dem Unthier des Meeres zollen (c. 13, 8: προσκυνήσουσιν αὐτὸν πάντες οἱ κατοικοῖντες ἐπὶ τῆς γῆς) und welche das Unthier des Landes – das darum auch der Pseudoprophet heißt – für das des Meeres fordert und erzwingt (c. 13, 12: ποιεῖ τὴν γῆν καὶ τοὺς κατοικοῦντας ἐν αὐτῇ ἵνα προσκυνήσουσιν τὸ ϑηρίον τὸ πρῶτον, οὗ ἐϑεραπεύϑη ἡ πληγὴ τοῦ ϑανάτου αὐτοῦ); vor allem wird ihm vorgerückt das Begehren jenem ein Bild zu machen (c. 13, 14: λέγων τοῖς κατοικοῦσιν ἐπὶ τῆς γῆς ποιῆσαι εἰκόνα τῷ ϑηρίῳ ὃς ἔχει τὴν πληγὴν τῆς μαχαίρης καὶ ἔζησεν, vgl. 14, 9. 16, 2. 19, 20). Das ist deutlich theils das Kaiserregiment jenseit des Meeres, theils die Statthalterschaft auf dem asiatischen Continent, nicht dieser oder jener Provinz oder gar dieser oder jener Person, sondern die Kaiservertretung überhaupt, wie die Provinzialen Asiens und Syriens sie kannten. Wenn Handel und Wandel geknüpft erscheint an den Gebrauch des χάραγμα des Unthiers des Meeres (c. 13, 16. 17), so liegt der Abscheu gegen Bild und Schrift des Kaisergeldes deutlich zu Grunde, allerdings phantastisch umgestaltet, wie ja auch der Satanas das Kaiserbildniß reden macht. Eben diese Statthalter erscheinen nachher (c. 17) als die zehn Hörner, welche dem Unthier an seinem Abbild beigelegt werden, und heißen hier ganz richtig die ›zehn Könige, welche die Königswürde nicht haben, aber Macht wie die Könige‹; mit der Zahl, die aus der Vision Daniels übernommen ist, darf man es freilich nicht genau nehmen. Bei den Blutgerichten, die über die Gerechten ergangen sind, denkt Johannes an die reguläre Justiz wegen verweigerter Anbetung des Kaiserbildes, wie die Briefe des Plinius sie schildern (c. 13, 15: ποιήσῃ ἵνα ὅσοι ἐὰν μὴ προσκυνήσωσιν τὴν εἰκόνα τοῦ ϑηρίου ἀποκτανϑῶσιν; vgl. 6, 9. 20, 4). Wenn hervorgehoben wird, daß diese Blutgerichte besonders häufig in Rom vollzogen wurden (c. 17, 6. 18, 24), so ist damit die Vollstreckung der Verurtheilung zum Fecht- oder zum Thierkampf gemeint, welche am Gerichtsort oft nicht stattfinden konnte und bekanntlich vorzugsweise eben in Rom erfolgte (Modestinus Dig. 48, 19, 31); die neronischen Hinrichtungen wegen angeblicher Brandstiftung gehören formell nicht einmal zu den Religionsprozessen und nur Voreingenommenheit kann das in Rom vergossene Märtyrerblut, von dem Jubannes spricht, auf diese Vorgänge ausschließlich oder vorzugsweise beziehen. Die gangbaren Vorstellungen von den sogenannten Christenverfolgungen leiden unter der mangelhaften Anschauung der im römischen Reich bestehenden Rechtsnorm und Rechtspraxis; in der That war die Verfolgung der Christen stehend wie die der Räuber, und kamen nur diese Bestimmungen bald milder oder auch nachlässiger, bald schärfer zur Anwendung, wurden auch wohl einmal von oben herab besonders eingeschärft. Den ›Krieg gegen die Heiligen‹ haben erst die Späteren, denen Johannes Worte nicht genügten, hineininterpolirt (c. 13, 7). Die Apokalypse ist ein merkwürdiges Zeugniß des nationalen und religiösen Hasses der Juden gegen das occidentalische Regiment; aber man verschiebt und verflacht die Thatsachen, wenn man, wie dies namentlich Renan thut, den neronischen Schauerroman mit diesen Farben illustrirt. Der jüdische Volkshaß wartete, um zu entstehen, nicht auf die Eroberung von Jerusalem und machte, wie billig, keinen Unterschied zwischen dem guten und dem schlechten Caesar; sein Antimessias heißt wohl Nero, aber nicht minder Vespasianus oder Marcus.


433 Daß Suetonius (Claud. 25) als Anstifter der beständigen Unruhen in Rom, die diese Maßregel (nach ihm die Ausweisung aus Rom; im Gegensatz zu Dio 60, 6) zunächst hervorgerufen hätten, einen gewissen Chrestus nennt, ist aufgefaßt worden als Mißverständniß der durch Christus unter Juden und Judengenossen hervorgerufenen Bewegung, ohne zureichenden Grund. Die Apostelgeschichte 18, 2 spricht nur von Ausweisung der Juden. Allerdings ist es nicht zu bezweifeln, daß bei der damaligen Stellung der Christen zum Judenthum auch sie unter das Edict fielen.


434 Wenigstens scheinen die Juden daselbst später nur das vierte der fünf Stadtquartiere in Besitz gehabt zu haben (Josephus bell. 2, 18, 8). Auch würden wohl, wenn die geschleiften 400 Häuser ihnen in so eclatanter Weise wieder zurückgegeben, worden wären, die alle den Juden erwiesenen kaiserlichen Begünstigungen betonenden jüdischen Schriftsteller Philon und Josephus darüber nicht schweigen.


435 Es handelte sich, wie es scheint, darum, ob die Gabe der zehnten Garbe an Aaron den Priester (Num. 18, 28) dem Priester überhaupt oder dem Hohenpriester zukomme (Ewald jüd. Gesch. 63, 635).


436 Es ist nichts als eitel Schwindel, wenn der Staatsmann Josephus in der Vorrede zu seiner Geschichte des Krieges so thut, als hätten die Juden Palästinas einerseits auf die Erhebung der Euphratländer, andrerseits auf die Unruhen in Gallien und die drohende Haltung der Germanen und auf die Krisen des Vierkaiserjahrs gerechnet. Der jüdische Krieg war längst in vollem Gange, als Vindex gegen Nero auftrat und die Druiden wirklich thaten, was hier den Rabbis beigelegt wird; und wie viel auch die jüdische Diaspora in den Euphratländern bedeutete, eine jüdische Expedition von dort gegen die Römer des Ostens war ungefähr ebenso undenkbar wie aus Aegypten und Kleinasien. Es sind wohl einige Freischärler von da gekommen, wie zum Beispiel einige Fürstensöhne des eifrig jüdischen Königshauses von Adiabene (Josephus bell. 2, 19, 2. 6, 6, 4) und von den Insurgenten Bittgesandtschaften dorthin gegangen (das. 6, 6, 2); aber selbst Geld ist von daher den Juden schwerlich in bedeutendem Umfang zugeflossen. Dies charakterisirt den Verfasser mehr als den Krieg. Wenn es begreiflich ist, daß der jüdische Insurgentenführer und spätere Hofmann der Flavier sich gern den in Rom internirten Parthern gleichstellte, so ist es weniger zu entschuldigen, daß die neuere Geschichtschreibung ähnliche Wege wandelt und indem sie diese Vorgänge als Bestandtheile der römischen Hof- und Stadtgeschichte oder auch der römisch-parthischen Händel aufzufassen bemüht ist, durch dieses stumpfe Hineinziehen der sogenannten großen Politik die furchtbare Nothwendigkeit dieser tragischen Entwickelung verdunkelt.


437 Josephus (ant. 20, 8, 9) macht ihn freilich zum Secretar Neros für die griechische Correspondenz, obwohl er ihn, wo er römischen Quellen folgt (20, 8, 2) richtig als Präfecten bezeichnet; aber sicher ist derselbe gemeint. Παιδαγωγός heißt er bei ihm wie bei Tacitus ann. 13, 2 rector imperatoriae iuventae.


438 Wie die Besatzungsverhältnisse in Syrien geordnet worden sind, nachdem im J. 63 der parthische Krieg beendigt war, ist nicht völlig klar. Am Ende desselben standen sieben Legionen im Orient, die vier ursprünglich syrischen 3. Gallica, 6. Ferrata, 10. Fretensis, 12. Fulminata und drei aus dem Occident herangeführte, die 4. Scythica aus Moesien (S. 194), die 5. Macedonica wahrscheinlich ebendaher (S. 199; wofür wohl eine obergermanische Legion nach Moesien ging: S. 120), die 15. Apollinaris aus Pannonien (S. 199). Da außer Syrien damals keine asiatische Provinz mit Legionen belegt war und der Statthalter von Syrien gewiß in Friedenszeiten nie mehr als vier Legionen gehabt hat, so ist das syrische Heer ohne Zweifel damals auch auf diesen Stand zurückgeführt worden oder hat doch darauf zurückgeführt werden sollen. Die vier Legionen, die danach in Syrien bleiben sollten, waren, wie dies ja auch am nächsten liegt, die vier alten syrischen; denn die 3. war im J. 70 eben von Syrien nach Moesien marschirt (Sueton Vesp. 6; Tacitus h. 2, 74) und daß die 6. 10. 12. zum Heere des Cestius gehörten, folgt aus Josephus bell. 2, 18, 9. c. 19, 7. 7, 1, 3. Als dann der jüdische Krieg ausbrach, wurden wieder sieben Legionen für Asien bestimmt und zwar vier für Syrien (Tacitus hist. 1, 10), drei für Palaestina; die drei hinzutretenden Legionen sind eben die für den parthischen Krieg verwendeten, die 4., 5., 15., welche vielleicht damals noch auf dem Rückmarsch in ihre alten Quartiere begriffen waren. Die 4. ist wahrscheinlich damals definitiv nach Syrien gekommen, wo sie fortan geblieben ist; dagegen gab das syrische Heer die 10. an Vespasian ab, vermuthlich weil diese bei dem Feldzuge des Cestius am wenigsten gelitten hatte. Dazu bekam er die 5. und die 15. Die 5. und die 10. Legion kamen von Alexandreia (Josephus bell. 3, 1, 3. c. 4, 2); aber daß sie aus Aegypten herangeführt seien, ist nicht gut denkbar, nicht bloß weil die 10. eine der syrischen war, sondern vor allem, weil der Landmarsch von Alexandreia am Nil nach Ptolemais mitten durch das insurgirte Gebiet am Anfang des jüdischen Krieges so von Josephus nicht hätte erzählt werden können. Vielmehr ging Titus zu Schiff von Achaia nach Alexandreia am issischen Meerbusen, dem heutigen Alexandrette, und führte die beiden Legionen von da nach Ptolemais. Die 15. mag der Marschbefehl irgendwo in Kleinasien getroffen haben, da Vespasian, doch wohl um sie zu übernehmen, nach Syrien zu Lande ging (Josephus bell. 3, 1. 3). Zu diesen drei Legionen, mit denen Vespasian den Krieg begann, kam unter Titus noch eine weitere der syrischen, die 12. Von den vier Legionen, die Jerusalem einnahmen, blieben die beiden bisher syrischen im Orient, die 10. in Judaea, die 12. in Kappadokien, während die 5. nach Moesien, die 15. nach Pannonien zurückkehrte (Joseph, bell. 7, 1, 3. c. 5, 3).


439 Zu den drei Legionen gehörten 5 Alen und 18 Cohorten und das aus einer Ala und 5 Cohorten bestehende Heer von Palästina. Diese Auxilien zählten demnach 3000 Alarier und (da unter den 23 Cohorten zehn 1000 M. stark waren, dreizehn 720 M. oder wohl eher nur 480 M.; denn statt des befremdenden ἑξακοσίους erwartet man vielmehr τριακοσίους ἑξάκοντα) 16240 (oder, wenn 720 festgehalten wird, 19360) Cohortalen. Dazu kamen je 1000 Reiter der vier Könige und 5000 arabische, je 2000 Bogenschützen der übrigen drei Könige. Dies giebt zusammen, die Legion zu 6000 M. gerechnet, 52240 M., also gegen 60000, wie Josephus (bell. 3, 4, 2) sagt. Da die Abtheilungen aber also alle nach der höchst möglichen Normalstärke berechnet sind, wird die effective Gesammtzahl kaum auf 50000 angesetzt werden dürfen. Diese Zahlen des Josephus erscheinen im Wesentlichen zuverläßig ebenso wie die analogen für das Heer des Cestius bell. 2, 18, 9; dagegen sind seine auf Schätzung beruhenden Ziffern durchgängig nach dem Stil bemessen, daß das kleinste Dorf in Galilaea 15000 Einwohner zählt (bell. 3, 3, 2) und geschichtlich so unbrauchbar wie die Ziffern Falstaffs. Nur selten, zum Beispiel bei der Belagerung Jotapatas, erkennt man Rapportzahlen.


440 Dieser Bogen ist dem Titus nach seinem Tode vom Reichssenat gesetzt. Ein anderer ihm während seiner kurzen Regierung von demselben Senat im Circus gewidmeter (C.I.L. VI, 944) giebt sogar mit ausdrücklichen Worten als Grund der Denkmalerrichtung an: weil er nach Vorschrift und Anweisung und unter der Oberleitung des Vaters das Volk der Juden bezwang und die bis auf ihn von allen Feldherren, Königen und Völkern entweder vergeblich belagerte oder gar nicht angegriffene Stadt Hierusolyma zerstört hat. Die historische Kunde dieses seltsamen Schriftstückes, welches nicht bloß Nebukadnezar und Antiochos Epiphanes, sondern den eigenen Pompeius ignorirt, steht auf gleicher Höhe mit der Ueberschwenglichkeit des Preises einer recht gewöhnlichen Waffenthat.


441 Die Erzählung des Josephus, daß Titus mit seinem Kriegsrath beschloß den Tempel nicht zu zerstören, erregt durch ihre offenbare Absichtlichkeit Bedenken, und da die Benutzung des Tacitus in Sulpicius Severus Chronik von Bernays vollständig erwiesen ist, so kann allerdings wohl in Frage kommen, ob nicht dessen gerade entgegengesetzter Bericht (chron. 2, 30, 6), daß der Kriegsrath beschlossen habe den Tempel zu zerstören, aus Tacitus herrührt und ihm, obwohl er Spuren christlicher Ueberarbeitung zeigt, der Vorzug zu geben ist. Dies einpfiehlt sich weiter dadurch, daß die an Vespasian gerichtete Dedication der Argonautica des Dichters Valerius Flaccus den Sieger von Solyma feiert, der die Brandfackeln schleudert.


442 Daß der Kaiser dies Land für sich nahm (ἰδίαν αἱτῷ τὴν χώραν φυλάττων) sagt Josephus bell. 7, 6, 6; dazu stimmt nicht sein Befehl πᾶσαν γῆν ἀποδόσϑαι τῶν Ἰουδαίων (a.a.O.), worin wohl ein Irrthum oder ein Schreibfehler steckt. Zu der Expropriirung paßt es, daß im Gnadenweg einzelnen jüdischen Grundbesitzern anderswo Land angewiesen ward (Josephus vit. 16). Uebrigens ist das Gebiet wohl als Ausstattung für die dort stationirende Legion verwendet worden (Eph. epigr. II n. 696; Tacitus ann. 13, 54).


443 Eusebius h.e. 4, 2 setzt den Ausbruch in das 18., also nach seiner Rechnung (in der Chronik) das vorletzte Jahr Traians, und damit stimmt auch Dio 68, 32.

444 Eusebius selbst (bei Syncellus) sagt nur: Ἀδριανὸς Ἰουδαίους κατὰ Ἀλεξανδρέων στασιάζοντας ἐκόλασεν. Die armenische und die lateinische Uebersetzung scheinen daraus irrig eine Wiederherstellung des von den Juden zerstörten Alexandreia gemacht zu haben, von welcher auch Eusebius in der Kirchen-Geschichte 4, 2 und Dio 68. 32 nichts wissen.


445 Dies zeigen die Ausdrücke Dios 69, 13: οἱ ἁπανταχοῦ γῆς Ἰουδαῖοι und πάσης ὡς εἰπεῖν κινουμένης ἐπὶ τούτῳ τῆς οἰκουμένης.


446 Wenn nach dem Zeitgenossen Appian (Syr. 50) Hadrian abermals die Stadt zerstörte (κατέσκαψε), so beweist das sowohl die vorhergehende wenigstens einigermaßen vollendete Anlage der Colonie wie auch deren Einnahme durch die Insurgenten. Nur dadurch auch erklärt sich der große Verlust, den die Römer erlitten (Fronto de bello Parth. p. 218 Nab.: Hadriano imperium obtinente quantum militum a Iudaeis ... caesum; Dio 69, 14); und es paßt wenigstens gut dazu, daß der Statthalter von Syrien Publicius Marcellus seine Provinz verließ, um seinem Collegen Tineius Rufus (Eusebius h.e. 4, 6; Borghesi opp. 3, 64) in Palaestina Hülfe zu bringen (C.l. Gr. 4033. 4034).


447 Daß die Münzen mit diesem Namen dem hadrianischen Aufstand angehören, ist jetzt erwiesen (v. Sallet Ztschr. für Numism. 5, 110); dies ist also der Rabbi Eleazar aus Modein der jüdischen Berichte (Ewald Gesch. Isr. 72, 418; Schürer Lehrbuch S. 357). Daß der Simon, den dieselben Münzen theils mit Eleazar zusammen, theils allein nennen, der Bar-Kokheba des Justinus Martyr und des Eusebius sei, ist mindestens sehr wahrscheinlich.


448 Dio (69, 12) nennt den Krieg langwierig (οὔτ᾽ ὀλιγοχρόνιος); Eusebius setzt in der Chronik den Anfang auf das 16., das Ende auf das 18. oder 19. Jahr Hadrians; die Insurgentenmünzen sind datirt vom ersten oder vom zweiten Jahr ›der Befreiung Israels‹. Zuverlässige Daten haben wir nicht; die rabbinische Tradition (Schürer Handb. S. 361) ist dafür nicht brauchbar.


449 Biographie Alexanders c. 22: Iudaeis privilegia reservavit, Christianos esse passus est. Deutlich tritt hier die bevorzugte Stellung der Juden vor den Christen zu Tage, welche allerdings wieder darauf beruht, daß jene eine Nation darstellen, diese nicht.


450 Um zu erhärten, daß auch in der Knechtschaft die Juden eine gewisse Selbstverwaltung haben führen können, schreibt Origenes (um das J. 226) an Africanus c. 14: ›Wie viel vermag auch jetzt, wo die Römer herrschen und die Juden ihnen den Zins (τὸ δίδραχμον) zahlen, der Volksvorsteher (ὁ ἐϑνάρχης) ›bei ihnen mit Zulassung des Kaisers (συγχωροῦντος Καίσαρος). Auch Gerichte finden heimlich statt nach dem Gesetze und es wird sogar manchmal auf den Tod erkannt. Das habe ich, der ich lange im Lande dieses Volkes gelebt, selber erfahren und erkundet‹. Der Patriarch von Judaea tritt schon in dem auf Hadrians Namen gefälschten Briefe in der Biographie des Tyrannen Saturninus auf (c. 8), in den Verordnungen zuerst im J. 392 (C. Th. 16, 8, 8). Patriarchen als Vorsteher einzelner jüdischer Gemeinden, wofür das Wort seiner Bedeutung nach besser paßt, begegnen schon in den Verordnungen Constantins des ersten (C. Th. 16, 8, 1. 2).


451 Diese Regel stellen mit Berufung auf einen Erlaß des Severus die Juristen des dritten Jahrh. auf (Dig. 27, 1, 15, 6. 50, 2, 3, 3). Nach der Verordnung vom J. 321 (C. Th. 16, 8, 3) erscheint dies sogar als ein Recht, nicht als eine Pflicht der Juden, so daß es von ihnen abhing das Amt zu übernehmen oder abzulehnen.


452 Die analoge Behandlung der Castration in dem hadrianischen Erlaß Dig. 48, 8, 4, 2 und der Beschneidung bei Paulus sent. 5, 22, 3. 4 und Modestinus Dig. 48, 8, 11 pr. legen diese Auffassung nahe. Auch daß Severus Iudaeos fieri sub gravi poena vetuit (vita 17), wird wohl nichts sein als die Einschärfung dieses Verbots.

453 Die merkwürdige Nachricht bei Origenes gegen Celsus 2, 13 (geschrieben um 250) zeigt, daß die Beschneidung des Nichtjuden von Rechtswegen die Todesstrafe nach sich zog, obwohl es nicht klar ist, inwiefern dies auf Samariter oder Sicarier Anwendung fand.


454 Diesen Ausschluß des Mitregiments des Senats wie der Senatoren bezeichnet Tacitus (hist. 1, 11) mit den Worten, daß Augustus Aegypten ausschließlich durch seine persönlichen Diener verwalten lassen wollte (domi retinere; vgl. Staatsrecht 2 S. 963). Principiell gilt diese abweichende Gestaltung des Regiments für die sämmtlichen nicht von Senatoren verwalteten Provinzen, deren Vorsteher auch anfänglich vorzugsweise praefecti hießen (C.I.L. V p. 809. 902). Aber bei der ersten Theilung der Provinzen zwischen Kaiser und Senat gab es deren wahrscheinlich keine andere als eben Aegypten; und auch nachher trat der Unterschied hier insofern schärfer hervor, als die sämmtlichen übrigen Provinzen dieser Kategorie keine Legionen erhielten. Denn in dem Eintreten der ritterlichen Legionscommandanten statt der senatorischen, wie es in Aegypten Regel war, findet der Ausschluß des Senatorenregiments den greifbarsten Ausdruck.


455 Diese Bestimmung gilt nur für Aegypten, nicht für die übrigen von Nichtsenatoren verwalteten Gebiete. Wie wesentlich sie der Regierung erschien, erkennt man aus dem zu ihrer Sicherung aufgebotenen constitutionellen und religiösen Apparat (trig. tyr. c. 22).


456 Die gangbare Behauptung, daß provincia für die nicht von Senatoren verwalteten Districte nur abusiv gesetzt werde, ist nicht begründet. Privateigenthum des Kaisers war Aegypten ebenso sehr oder ebenso wenig wie Gallien und Syrien – sagt doch Augustus selber (Mon. Anc. 5, 24): Aegyptum imperio populi Romani adieci und legte dem Statthalter, da er als Ritter nicht pro praetore sein konnte, durch besonderes Gesetz die gleiche prozessualische Competenz bei, wie sie die römischen Praetoren hatten (Tacitus ann. 12, 60).


457 Selbstverständlich ist hier das Land Aegypten gemeint, nicht die den Lagiden unterworfenen Besitzungen. Kyrene war ähnlich geordnet (S. 491 A. 1). Aber auf das südliche Syrien und die übrigen längere oder kürzere Zeit in ägyptischer Gewalt stehenden Territorien ist das eigentlich ägyptische Regiment niemals angewandt worden.


458 Dazu kommt weiter Naukratis, die älteste schon vor den Ptolemaeern in Aegypten gegründete Griechenstadt; ferner Paraetonion, das freilich gewisser maßen schon außerhalb der Grenzen Aegyptens liegt.


459 Eine gewisse gemeinschaftliche Action, ähnlich derjenigen, wie sie auch von den Regionen und den vici der sich selbst verwaltenden Stadtgemeinden geübt wird, hat natürlich nicht gefehlt: dahin gehört was von Agoranomie und Gymnasiarchie in den Nomen begegnet, ebenso die Setzung von Ehrendenkmälern und dergleichen mehr, was übrigens alles nur in geringem Umfang und meist erst spät sich zeigt. Nach dem Edict des Alexander (C.I. Gr. 4957) Z. 34 scheinen die Strategen von dem Statthalter nicht eigentlich ernannt, sondern nur nach angestellter Prüfung bestätigt worden zu sein; wer den Vorschlag gehabt hat, wissen wir nicht.


460 Deutlich treten die Verhältnisse hervor in der im Anfang der Regierung des Pius dem bekannten Redner Aristeides von den ägyptischen Griechen gesetzten Inschrift (C.I. Gr. 4679), als Dedicanten werden genannt ἡ πόλις τῶν Ἀλεξανδρέων καὶ Ἑρμούπολις ἡ μεγάλη καὶ ἡ βουλὴ ἡ Ἀντινοέων νέων Ἑλλήνων καὶ οἱ ἐν τῷ Δέλτᾳ τῆς Αἰγύπτου καὶ οἱ τὸν Θηβαϊκὸν νομὸν οἰκοῦντες Ἕλληνες. Also nur Antinoupolis, die Stadt der ›neuen Hellenen‹, hat eine Bule; Alexandreia erscheint ohne diese, aber als griechische Stadt in der Gesammtheit. Außerdem betheiligten sich bei dieser Widmung die im Delta und die in Thebae lebenden Griechen, von den ägyptischen Städten einzig Groß-Hermupolis, wobei wahrscheinlich die unmittelbare Nachbarschaft von Autinoupolis eingewirkt hat. Ptolemais legt Strabon 17, 1, 42 p. 813 ein σίστημα πολιτικὸν ἐν τῷ Ἑλληνικῷ τρόπῳ bei; aber schwerlich darf man dabei an mehr denken als was der Hauptstadt nach ihrer uns genauer bekannten Verfassung zustand, also namentlich an die Theilung der Bürgerschaft in Phylen. Daß die vorptolemäische Griechenstadt Naukratis die Bule, die sie ohne Zweifel gehabt hat, in ptolemäischer Zeit behalten hat, ist möglich, kann aber für die ptolemäischen Ordnungen nicht entscheiden. – Dios Angabe (51, 17), daß Augustus die übrigen ägyptischen Städte bei ihrer Ordnung beließ, den Alexandrinern aber wegen ihrer Unzuverlässigkeit den Gemeinderath nahm, beruht wohl auf Mißverständniß, um so mehr, als danach Alexandreia zurückgesetzt erscheint gegen die sonstigen ägyptischen Gemeinden, was durchaus nicht zutrifft.


461 Die ägyptische Goldprägung hörte natürlich mit der Einziehung des Landes auf, da es im römischen Reiche nur Reichsgold giebt. Auch mit dem Silber hat Augustus es ebenso gehalten und als Herr von Aegypten lediglich Kupfer und auch dies nur in mäßigen Quantitäten schlagen lassen. Zuerst Tiberius prägte seit 27/8 n. Chr. Silbermünze für die ägyptische Circulation, dem Anschein nach als Zeichengeld, da die Stücke ungefähr dem Gewicht nach 4, dem Silbergehalt nach 1 römischen Denar entsprechen (Feuardent numismatique, Égypte ancienne 2 p. XI). Aber da im legalen Curs die alexandrinische Drachme als Obolus (also als Sechstel, nicht als Viertel; vergleiche röm. Münzwesen S. 43. 723) des römischen Denars angesetzt wurde (Hermes 5 S. 136) und das provinziale Silber gegenüber dem Reichssilber immer verlor, ist vielmehr das alexandrinische Tetradrachmon vom Silberwerth eines Denars zum Curswerth von 2/3 Denar angesetzt worden. Demnach ist bis auf Commodus, von wo ab das alexandrinische Tetradrachmon wesentlich Kupfermünze ist, dasselbe gerade ebenso Werthmünze gewesen wie das syrische Tetradrachmon und die kappadokische Drachme; man hat nur jenem den alten Namen und das alte Gewicht gelassen.


462 Daß Kaiser Hadrianus unter anderen seiner ägyptisirenden Launen auch den Nomen so wie seiner neuen Antinoupolis für einmal das Prägerecht gab, was dann nachher noch ein paar Mal geschehen ist, ändert an der Regel nichts.


463 Diese Ziffer giebt die sogenannte Epitome Victors c. 1 für die Zeit Augusts. Nachdem diese Abgabe auf Constantinopel übergegangen war, gingen dahin unter Justinian (ed. 13 c. 8) jährlich 8 Mill. Artaben (denn diese sind nach c. 6 zu verstehen) oder 262/3 Mill. römischer Scheffel (Hultsch Metrol. S. 628). wozu dann noch die von Diocletian eingeführte gleichartige Abgabe an die Stadt Alexandreia hinzutritt. Den Schiffern wurden für den Transport nach Constantinopel jährlich 8000 Solidi = 100000 M. aus der Staatskasse gezahlt.


464 Wenigstens schloß Kleopatra bei einer Getreidevertheilung in Alexandreia die Juden aus (Josephus contra Ap. 2, 5), um so viel mehr also die Aegyptier.


465 Das Edict des Alexander (C.I. Gr. 4957) Z. 33 fg. befreit die ἐν τῇ χώρᾳ (nicht ἐν τῇ πόλει) ihrer Geschäfte wegen wohnhaften ἐνγενεῖς Ἀλεξανδρεῖς von den λειτουργίαι χωρικαί.


466 ›Es bestehen‹, sagt der alexandrinische Jude Philon (in Flacc. 10), ›hinsichtlich der körperlichen Züchtigung (τῶν μαστίγων) Unterschiede in unserer Stadt nach dem Stande der zu Züchtigenden: die Aegyptier werden mit anderer Geißel gezüchtigt und von andern, die Alexandriner aber mit Stöcken (σπάϑαις; σπάϑη ist die Rispe des Palmblatts) und von den alexandrinischen Stockträgern‹ (σπαϑηφόροι, etwa bacillarius). Er beklagt sich nachher bitter, daß die Aeltesten seiner Gemeinde, wenn sie einmal gehauen werden sollten, nicht wenigstens mit den anständigen Bürgerprügeln (ταῖς ἐλευϑεριωτέραις καὶ πολιτικωτέραις μάστιξιν) bedacht worden seien.


467 Josephus contra Ap. 2, 4: μόνοις Αἰγυπτίοις οἱ κύριοι νῦν Ῥωμαῖοι τῆς οἰκουμένης μεταλαμβάνειν ἡστινοσοῦν πολιτείας ἀπειρήκασιν. 6: Aegyptiis neque regum quisquam videtur ius civitatis fuisse largitus neque nunc quilibet imperatorum (vgl. Eph. epigr. 5 p. 13). Derselbe rückt seinem Widersacher vor (2, 3, 4), daß er, ein geborener Aegyptier, seine Heimath verleugnet und sich für einen Alexandriner ausgegeben habe. – Einzelausnahmen werden dadurch nicht ausgeschlossen.


468 Auch die alexandrinische Wissenschaft hat im Sinne des Königs gegen diesen Satz (Plutarch de fort. Alex. 1, 6) protestirt; Eratosthenes bezeichnete die Civilisation als nicht den Hellenen allein eigen und nicht allen Barbaren abzusprechen, zum Beispiel nicht den Indern, den Arianern, den Römern, den Karthagern; die Menschen seien vielmehr zu theilen in ›gute‹ und ›schlechte‹ (Strabon 1. fin. p. 66). Aber von dieser Theorie ist auf die ägyptische Race auch unter den Lagiden keine praktische Anwendung gemacht worden.


469 Auch die Zulassung zu den ritterlichen Stellungen war wenigstens erschwert: non est ex albo iudex patre Aegyptio (C.I.L. IV, 1943; vgl. Staatsrecht 2, 919 A. 2; Eph. epigr. Vp. 13 n. 2). Doch begegnen früh einzelne Alexandriner in ritterlichen Aemtern wie Tiberius Julius Alexander (S. 566 A. 1).


470 Wenn die Worte des Plinius 5, 31, 128 genau sind, daß die Pharos-Insel vor dem Hafen von Alexandreia eine colonia Caesaris dictatoris sei (vgl. 3, 555), so hat der Dictator auch hier über Aristoteles hinaus wie Alexander gedacht. Darüber aber kann kein Zweifel sein, daß nach der Einziehung Aegyptens es dort nie eine römische Colonie gegeben hat.


471 Augustus Titulatur lautet bei den ägyptischen Priestern folgendermaßen: ›Der schöne Knabe, lieblich durch Liebenswürdigkeit, der Fürst der Fürsten, auserwählt von Ptah und Nun dem Vater der Götter, König von Oberägypten und König von Unterägypten, Herr der beiden Länder, Autokrator, Sohn der Sonne, Herr der Diademe, Kaisar, ewig lebend, geliebt von Ptah und Isis‹; wobei die beiden Eigennamen Autokrator Kaisar aus dem Griechischen beibehalten sind. Der Augustustitel kommt zuerst bei Tiberius in ägyptischer Uebersetzung (nti χu), mit beibehaltenem griechischem Σεβαστός zuerst unter Domitian vor. Die Titulatur des schönen lieblichen Knaben, welche in besserer Zeit nur den zu Mitregenten erklärten Kindern gegeben zu werden pflegt, ist späterhin stereotyp geworden und findet sich wie für Caesarion und Augustus, so auch für Tiberius, Claudius, Titus, Domitian verwendet. Wichtiger ist es, daß abweichend von der älteren Titulatur, wie sie zum Beispiel griechisch auf der Inschrift von Rosette sich findet (C.I. Gr. 4697), bei den Caesaren von Augustus an der Titel hinzutritt ›Fürst der Fürsten‹, womit ohne Zweifel deren den früheren Königen fehlende Großkönigstellung ausgedrückt werden soll.


472 Wenn die Leute wüßten, pflegte König Seleukos zu sagen (Plutarch an seni 11), was es für eine Last ist so viele Briefe zu schreiben und zu lesen, so wurden sie das Diadem, wenn es zu ihren Füßen läge, nicht aufheben.


473 Daß derselbe andere Abzeichen trug als die Offiziere überhaupt (Hirschfeld Verw. Gesch. S. 271), wird aus vita Hadr. 4 schwerlich gefolgert werden dürfen.


474 So hat Tiberius Julius Alexander, ein alexandrinischer Jude, in den letzten Jahren Neros diese Statthalterschaft geführt (S. 527); allerdings gehörte er einer sehr reichen und vornehmen, selbst mit dem kaiserlichen Hause verschwägerten Familie an und hatte im Partherkrieg sich als Generalstabschef Corbulos ausgezeichnet, welche Stellung er bald nachher in dem jüdischen Krieg des Titus abermals übernahm. Er muß einer der tüchtigsten Offiziere dieser Epoche gewesen sein. Ihm ist die pseudo-aristotelische offen bar von einem andern alexandrinischen Juden verfaßte Schrift περὶ κόσμου (S. 494) gewidmet (Bernays ges. Abhandl. 2, 278).


475 Unverkennbar sind der iuridicus Aegypti (C. X, 6976; auch missus in Aegyptum ad iurisdictionem Bull. dell' Inst. 1856 p. 142; iuridicus Alexandreae C. VI, 1564. VIII, 8925. 8934; Dig. 1, 20, 2) und der idiologus ad Aegyptum (C. X, 4862; procurator ducenarius Alexandriae idiologu Eph. ep. V p. 30 und C.I. Gr. 3751; ὁ γνώμων τοῦ ἰδίου λόγου C.I. Gr. 4957 v. 44 vgl. v. 39) den neben den Legaten der kaiserlichen Provinzen stehenden Hülfsbeamten für die Rechtspflege (legati iuridici) und die Finanzen (procuratores provinciae) nachgebildet (Staatsrecht 12 S. 223 A. 5). Daß sie für das ganze Land bestellt und dem praefectus Aegypti untergeordnet waren, sagt Strabon 17, 1, 12 p. 797 ausdrücklich und fordert auch die öftere Erwähnung Aegyptens in der Titulatur so wie die Wendung in dem Edict C.I. Gr. 4957 v. 39. Ausschließlich aber war ihre Competenz nicht; ›viele Prozesse‹, sagt Strabon, ›entscheidet der rechtsprechende Beamte‹ (daß er Vormünder gab, lehrt Dig. 1, 20, 2), und nach demselben liegt es dem Idiologos namentlich ob die bona vacantia et caduca für den Fiscus einzuziehen. – Dies schließt nicht aus, daß der römische iuridicus an die Stelle des älteren Dreißigergerichts mit dem ἀρχιδικαστής an der Spitze (Diodor 1, 75) getreten ist, welcher ägyptisch ist und nicht mit dem alexandrinischen ἀρχιδικαστής verwechselt werden darf, übrigens vielleicht schon vor der römischen Zeit beseitigt worden ist, und daß der Idiologus hervorgegangen ist aus einem in Aegypten bestehenden Anrecht des Königs auf die Erbschaften, wie es im übrigen Reiche in gleicher Ausdehnung nicht vorkam; welches letztere Lumbroso (recherches p. 285) sehr wahrscheinlich gemacht hat.


476 Der ἐξηγητής, nach Strabon 17, 1, 12 p. 797 der erste städtische Beamte in Alexandreia unter den Ptolemaeern wie unter den Römern und berechtigt den Purpur zu tragen, ist sicher identisch mit dem Jahrpriester in dem Testament Alexanders des in solchen Dingen sehr wohl unterrichteten Alexanderromans (3, 33 p. 149 Müll.). Wie der Exegetes neben seiner wohl im religiösen Sinn zu fassenden Titulatur die ἐπιμέλεια τῶν τῇ πόλει χρησίμων hat, so ist jener Priester des Romans ἐπιμελιστὴς τῆς πόλεως. So wenig wie den Purpur und den goldenen Kranz wird der Romanschreiber auch die Besoldung von einem Talent und die Erblichkeit erfunden haben; die letztere, bei welcher auch Lumbroso (l'Egitto al tempo dei Greci e Romani p. 152) an den ἐξηγητὴς ἔναρχος der alexandrinischen Inschriften (C.I. Gr. 4688. 4976 c) erinnert, ist vermuthlich in der Weise zu denken, daß ein gewisser Kreis von Personen durch Erbrecht berufen war und der Statthalter aus diesen den Jahrpriester bestellte. Dieser Priester Alexanders (so wie der folgenden aegyptischen Könige, nach dem Stein von Kanopos und dem von Rosette C.I. Gr. 4697) war unter den früheren Lagiden für die alexandrinischen Acte eponym, während später wie unter den Römern dafür die Königsnamen eintreten. Nicht verschieden von ihm ist wohl auch der ›Oberpriester von Alexandreia und ganz Aegypten‹ einer stadtrömischen Inschrift aus hadrianischer Zeit (C.I. Gr. 5900: ἀρχιερεῖ Ἀλεξανδρείας καὶ Αἰγύπτου πάσης Λευκίῳ Ιουλίῳ Οἱηστίνῳ καὶ ἐπιστάτῃ τοῦ Μουσείου καὶ ἐπὶ τῶν ἐν Ῥώμῃ βιβλιοϑηκῶν Ῥωμαικῶν τε καὶ Ἑλληνικῶν καὶ ἐπὶ τῆς παιδείας Ἀδριανοῦ, ἐπιστολεῖ τοῖ αὐτοῦ αὐτοκράτορος); die eigentliche Titulatur ἐξηγητής wurde, da sie gewöhnlich den Küster bezeichnet, außerhalb Aegyptens vermieden. Sollte, was die Fassung der Inschrift nahe legt, das Oberpriesterthum damals dauernd gewesen sein, so wiederholt sich bekanntlich der Uebergang von der Jährigkeit zu der wenigstens titularen, nicht selten auch reellen Lebenslänglichkeit überhaupt bei den Sacerdotien der Provinzen, zu denen dieses alexandrinische zwar nicht gehört, aber deren Stelle es in Aegypten vertritt (S. 558). Daß das Priesterthum und die Vorstandschaft des Museums zwei verschiedene Aemter sind, zeigt die Inschrift selbst. Dasselbe lehrt die Inschrift eines königlichen Oberarztes aus guter Lagidenzeit, der daneben sowohl Exeget ist wie Vorsteher des Museums (Χρύσερμον Ἡρακλείτου Ἀλεξανδρέα τὸν συγγενῆ βασιλέως Πτολεμαίου καὶ ἐξηγητὴν καὶ ἐπὶ τῶν ἰατρῶν καὶ ἐπιστάτην τοῦ Μουσείου). Aber beide Denkmäler legen zugleich nahe, daß die Stellung des ersten Beamten von Alexandreia und die Vorstandschaft des Museums häufig demselben Manne übertragen worden sind, obwohl in römischer Zeit jene vom Präfecten, diese vom Kaiser vergeben ward.


477 Nicht zu verwechseln mit dem gleichartigen Amt, das Philon (in Flacc. 16) erwähnt und Lucianus (apolog. 12) bekleidete; dies ist kein städtisches, sondern eine Subalternstelle bei der Präfectur von Aegypten, lateinisch a commentariis oder ab actis.


478 Dies ist der procurator Neaspoleos et mausolei Alexandriae (C.I.L. VIII, 8934; Henzen 6929). Beamte gleicher Art und gleichen Ranges, deren Competenz aber nicht klar erhellt, sind der procurator ad Mercurium Alexandreae (C.I.L. X, 3847) und der procurator Alexandreae Pelusii (C. VI, 1624). Auch der Pharus steht unter einem kaiserlichen Freigelassenen (C. VI, 8582).


479 Auf die Allianz der Palmyrener und der Blemyer deutet die Notiz der vita Firmi c. 3 und daß nach Zosimus 1, 71 Ptolemais zu den Blemyern abfiel (vgl. Eusebius hist. eccl. 7, 32). Aurelian hat mit diesen nur verhandelt (vita 34. 41); Probus erst warf sie wieder aus Aegypten (Zos. a.a.O.; vita 17).


480 Wir besitzen noch dergleichen Briefe, von dem damaligen Bischof der Stadt Dionysios († 265) an die in der feindlichen Stadthälfte abgesperrten Gemeindeglieder gerichtet (Eusebius hist. eccl. 7, 21. 22 vgl. 32). Wenn es darin heißt: ›leichter kommt man vom Orient in den Occident als von Alexandreia nach Alexandreia‹ und ἡ μεσαιτάτη τῆς πόλεως ὁδός, also die von der Lochiasspitze quer durch die Stadt laufende mit Säulenhallen besetzte Straße (vgl. Lumbroso l'Egitto al tempo dei Greci e Romani 1882 p. 137) mit der Wüste zwischen Aegypten und dem gelobten Lande verglichen wird, so scheint es fast, als habe Severus Antoninus seine Drohung ausgeführt eine Mauer quer durch die Stadt zu ziehen und militärisch zu besetzen (Dio 77, 23). Die Schleifung der Mauern nach der Niederwerfung des Aufstandes (Ammian 22, 16, 15) würde dann auf eben diesen Bau zu beziehen sein.


481 Die angeblich ägyptischen Tyrannen Aemilianus, Firmus, Saturninus sind als solche wenigstens nicht beglaubigt. Die sogenannte Lebensbeschreibung des zweiten ist nichts als die arg entstellte Katastrophe des Prucheion.

482 Chr. Pasch. p. 514. Procop. hist. arc. 26. Gothofred zu C. Th. 14, 26, 2. Ständige Kornvertheilungen sind schon früher in Alexandreia eingerichtet worden, aber wie es scheint nur für altersschwache Personen und vermuthlich für Rechnung der Stadt, nicht des Staats (Eusebius hist. eccl. 7, 21).


483 In der Stadt Alexandreia scheint es kein eigentliches Grundeigenthum gegeben zu haben, sondern nur eine Art Erbmiethe (Ammian 22, 11, 6; Staatsrecht 2, 963 A. 1); im Uebrigen aber hat das Privateigenthum am Boden in dem Sinn, wie das Provinzialrecht überhaupt ein solches kennt, auch in Aegypten gegolten. Von Domanialbesitz ist oft die Rede, zum Beispiel sagt Strabon 17, 1, 51 p. 828, daß die besten ägyptischen Datteln auf einer Insel wachsen, auf der Private kein Land besitzen dürften, sondern sie sei früher königlich, jetzt kaiserlich und bringe eine große Einnahme. Vespasian verkaufte einen Theil der ägyptischen Domänen und erbitterte dadurch die Alexandriner (Dio 66, 8), ohne Zweifel die Großpächter, die dann das Land an die eigentlichen Bauern in Unterpacht gaben. Ob der Grundbesitz in todter Hand, insbesondere der Priestercollegien, in der römischen Zeit noch so ausgedehnt war wie früher, kann in Zweifel gezogen werden; ebenso ob im Uebrigen der Großgrundbesitz oder das Kleineigenthum überwog; die Kleinwirthschaft war sicher allgemein. Ziffern besitzen wir weder für die Domanial- noch für die Grundsteuerquote; daß die fünfte Garbe bei Orosius 1, 8, 9 mit Einschluß des usque ad nunc aus der Genesis abgeschrieben ist, hat Lumbroso recherches p. 94 mit Recht bemerkt. Die Domanialrente kann nicht unter der Hälfte betragen haben; auch für die Grundsteuer möchte der Zehnte (Lumbroso a.a.O.p. 289. 293) kaum genügen. – Anderweitige Ausfuhr des Getreides aus Aegypten bedurfte der Bewilligung des Statthalters (Hirschfeld Annona S. 23), ohne Zweifel weil sonst in dem dicht bevölkerten Lande leicht Mangel hätte eintreten können. Doch ist diese Einrichtung sicher mehr controlirend gewesen als prohibitiv; in dem Periplus des Aegyptiers wird mehrfach (c. 7.17. 24. 28 vgl. 56) Getreide unter den Exportartikeln aufgeführt. Auch die Bestellung der Aecker scheint ähnlich controlirt worden zu sein; ›die Aegypter‹, heißt es, ›bauen lieber Rüben als Getreide, so weit sie dürfen, wegen des Rüböls‹ (Plinius h.n. 19, 5, 79).


484 Im diocletianischen Edict sind unter den fünf feinen Linnensorten die vier ersten syrisch oder kilikisch (tarsisch) und das ägyptische Leinen erscheint nicht bloß an letzter Stelle, sondern wird auch bezeichnet als tarsisches alexandrinisches, das heißt nach tarsischem Muster in Alexandreia verfertigtes.


485 Einem reichen Mann in Aegypten wurde nachgesagt, daß er seinen Palast mit Glas statt mit Marmor getäfelt habe und Papyrus und Leim genug besitze, um ein Heer damit zu füttern (vita Firmi 3).


486 Daß der angebliche Brief Hadrians (vita Saturnini 8) ein spätes Machwerk ist, zeigt zum Beispiel, daß der Kaiser sich in diesem an seinen Schwager Servianus gerichteten höchst freundschaftlichen Brief beklagt über die Injurien, mit denen die Alexandriner bei seiner ersten Abreise seinen Sohn Verus überhäuft hätten, während andrerseits feststeht, daß dieser Servianus neunzigjährig im J. 136 hingerichtet ward, weil er die kurz zuvor erfolgte Adoption des Verus gemißbilligt hatte.


487 Die ναύκληροι τοῦ πορευτικοῦ Ἀλεξανδρεινοῦ στόλου, die den ohne Zweifel nach Portus gehörigen Stein C.I. Gr. 5889 gesetzt haben, sind die Capitäne dieser Getreideschiffe. Aus dem Serapeum von Ostia besitzen wir eine Reihe von Inschriften (C.I.L. XIV, 47), wonach dasselbe in allen Stücken die Copie des alexandrinischen war; der Vorsteher ist zugleich ἐπιμελητὴς παντὸς τοῦ Ἀλεξανδρείνου στόλου (C.I. Gr. 5973). Wahrscheinlich waren diese Fahrzeuge wesentlich mit dem Korntransport beschäftigt und erfolgte dieser also successiv, worauf auch die von Kaiser Gaius in der Meerenge von Reggio getroffenen Vorkehrungen (Josephus ant. 19, 2, 5) hinweisen. Damit ist wohl vereinbar, daß das erste Erscheinen der alexandrinischen Flotte im Frühjahr für Puteoli ein Fest war (Seneca ep. 77, 1).


488 Dies zeigen die merkwürdigen delischen Inschriften Eph. epigr. V p. 600. 602.


489 Schon in den delischen Inschriften des letzten Jahrh. der Republik wiegen die Syrer vor. Die ägyptischen Gottheiten haben dort wohl ein viel verehrtes Heiligthum gehabt, aber unter den zahlreichen Priestern und Dedicanten begegnet nur ein einziger Alexandriner (Hauvette-Besnault Bull. de corr. hell. 6, 316 fg.). Gilden alexandrinischer Kaufleute kennen wir von Tomi (S. 284 A. 1) und von Perinthos (C.I. Gr. 2024).


490 Nachdem Juvenal die wüsten Zechgelage der eingeborenen Aegyptier zu Ehren der Localgötter der einzelnen Nomen geschildert hat, fügt er hinzu, daß darin die Eingeborenen dem Kanopos, das heißt dem durch seine zügellose Ausgelassenheit berüchtigten alexandrinischen Sarapisfest (Strabon 17, 1, 17 p. 801) in keiner Hinsicht nachständen: horrida sane Aegyptus, sed luxuria, quantum ipse notavi, barbara famoso non cedit turba Canopo (sat. 15, 44).


491 Ammian 22, 16, 23: erubescit apud (Aegyptios), si qui non infitiando tributa plurimas in corpore vibices ostendat.


492 Dies ist nach Juvenal Tentyra, was ein Fehler sein muß, wenn das bekannte gemeint ist; aber auch die Liste des Ravennaten 3, 2 nennt beide Orte zusammen.


493 Seneca ad Helv. 19, 6: loquax et in contumelias praefectorum ingeniosa provincia ... etiam periculosi sales placent.


494 Dio Chrysostomus sagt in seiner Ansprache an die Alexandriner (or. 32 p. 663 Reiske): ›Weil nun (die Verständigen) zurücktreten und schweigen, daher entstehen bei euch die ewigen Streitigkeiten und Händel und das wüste Geschrei und die schlimmen und zügellosen Reden, die Ankläger, die Verdächtigungen, die Prozesse, der Rednerpöbel‹. In der alexandrinischen Judenhetze, die Philon so drastisch schildert, sieht man diese Volksredner an der Arbeit.


495 Dio Cassius 39, 58: ›Die Alexandriner leisten in aller Hinsicht das Mögliche an Dreistigkeit und reden heraus, was ihnen in den Mund kommt. Im Krieg und seinen Schrecken benehmen sie sich feige; bei den Aufläufen aber, die bei ihnen sehr häufig und sehr ernst sind, greifen sie ohne weiteres zum Todtschlagen und achten um des augenblicklichen Erfolgs willen das Leben für nichts, ja sie gehen in ihr Verderben, als handelte es sich um die höchsten Dinge‹


496 Die ›frommen Aegyptier‹ wehrten sich dagegen, wie Macrobius sat. 1, 7, 14 berichtet, aber tyrannide Ptolemaeorum pressi hos quoque deos (Sarapis und Saturnus) in cultum recipere Alexandrinorum more, apud quos potissimum colebantur, coacti sunt. Da sie also blutige Opfer darbringen mußten, was gegen ihr Ritual war, ließen sie diese Götter wenigstens in den Städten nicht zu: nullum Aegypti oppidum intra muros suos aut Saturni aut Sarapis fanum recepit.


497 Der oft angerührte anonyme Verfasser einer Reichsbeschreibung aus der Zeit des Constantius, ein guter Heide, preist Aegypten namentlich auch wegen seiner musterhaften Frömmigkeit: ›Nirgends werden die Mysterien der Götter so gut gefeiert wie dort von Alters her und noch heute‹. Freilich, fügt er hinzu, meinten einige, daß die Chaldäer – er meint den syrischen Cult – die Götter besser verehrten; aber er halte sich an das, was er mit Augen gesehen. ›Hier giebt es Heiligthümer aller Art und prächtig geschmückte Tempel und in Menge finden sich Küster und Priester und Propheten und Gläubige und treffliche Theologen, und alles geht nach seiner Ordnung; du findest die Altäre immer von Flammen lodern und die Priester mit ihren Binden und die Weihrauchfässer mit herrlich duftenden Spezereien‹. Aus derselben Zeit etwa (nicht von Hadrian) und offenbar auch von kundiger Hand rührt eine andere boshaftere Schilderung her (vita Saturnini 8): ›Wer in Aegypten den Sarapis verehrt, ist auch Christ, und die sich christliche Bischöfe nennen, verehren gleichfalls den Sarapis; jeder Großrabbi der Juden, jeder Samariter, jeder christliche Geistliche ist da zugleich ein Zauberer, ein Prophet, ein Quacksalber (aliptes). Selbst wenn der Patriarch nach Aegypten kommt, fordern die einen, daß er zum Sarapis, die andern, daß er zu Christus bete‹. Diese Diatribe hängt sicher damit zusammen, daß die Christen den ägyptischen Gott für den Joseph der Bibel erklärten, den Urenkel der Sara und mit Recht den Scheffel tragend. In ernsterem Sinn faßt die Lage der ägyptischen Altgläubigen der vermuthlich dem 3. Jahrhundert angehörige Verfasser des in lateinischer Uebersetzung unter den dem Appuleius beigelegten Schriften erhaltenen Göttergesprächs, in welchem der dreimal größte Hermes dem Asklepios die zukünftigen Dinge verkündet: Du weißt doch, Asklepios, daß Aegypten ein Abbild des Himmels oder, um richtiger zu reden, eine Uebersiedelung und Niederfahrt der ganzen himmlischen Waltung und Thätigkeit ist; ja, um noch richtiger zu reden, unser Vaterland ist der Tempel des gesammten Weltalls. Und dennoch: eintreten wird eine Zeit, wo es den Anschein gewinnt, als hätte Aegypten vergeblich mit frommem Sinn in emsigem Dienst das Göttliche gehegt, wo alle heilige Verehrung der Götter erfolglos und verfehlt sein wird. Denn die Gottheit wird zurück in den Himmel sich begeben, Aegypten wird verlassen und das Land, welches der Sitz der Götterdienste war, wird der Anwesenheit göttlicher Macht beraubt und auf sich selbst angewiesen sein. Dann wird dieses geweihte Land, die Stätte der Heiligthümer und Tempel, dicht mit Gräbern und Leichen angefüllt sein. O Aegypten, Aegypten, von deinen Götterdiensten werden nur Gerüchte sich erhalten und auch diese werden deinen kommenden Geschlechtern unglaublich dünken, nur Worte werden sich erhalten auf den Steinen, die von deinen frommen Thaten erzählen, und bewohnen wird Aegypten der Skythe oder Inder oder sonst einer aus dem benachbarten Barbarenland. Neue Rechte werden eingeführt werden, neues Gesetz, nichts heiliges, nichts gottesfürchtiges, nichts des Himmels und der Himmlischen würdiges wird gehört noch im Geiste geglaubt werden. Eine schmerzliche Trennung der Götter von den Menschen tritt ein; nur die bösen Engel bleiben da, die unter die Menschheit sich mengen. (Nach Bernays Uebersetzung ges. Abh. 1, 330).


498 Als die Römer von dem berühmten Rhetor Proaeresios (Ende 3, Anf. 4. Jh.) einen seiner Schüler für einen Lehrstuhl erbitten, sendet er ihnen den Eusebios aus Alexandreia; ›hinsichtlich der Rhetorik‹, heißt es von diesem (Eunapios Proaer. p. 92 Boiss.) ›genügt es zu sagen, daß er ein Aegyptier war; denn dieses Volk treibt zwar mit Leidenschaft das Versemachen, aber die ernste Redekunst (ὁ σπουδαῖος Ἕρμης) ist bei ihnen nicht zu Hause‹. Die merkwürdige Wiederaufnahme der griechischen Poesie in Aegypten, der zum Beispiel des Epos des Nonnos angehört, liegt jenseit der Grenzen unserer Darstellung.


499 Ein ›homerischer Poet‹ ἐκ Μουσείου bringt es fertig den Memnon in vier homerischen Versen anzusingen, ohne ein Wort von dem Seinen hinzuzuthun (C.I. Gr. 4748). Hadrian macht einen alexandrinischen Poeten zum Lohn für ein loyales Epigramm zum Mitglied (Athenaeos 15 p. 677 e). Beispiele von Rhetoren aus hadrianischer Zeit bei Philostratos vita soph. 1, 22, 3. c. 25, 3. Ein φιλόσοφος ἀπὸ Μουσείου in Halikarnassos (Bull. de corr. hell. 4, 405). In späterer Zeit, wo der Circus alles ist, finden wir einen namhaften Ringkämpfer – vielleicht darf man sagen als Ehrenmitglied der philosophischen Klasse (Inschrift aus Rom C.I. Gr. 5914: νεωκόρος τοῦ μεγά[λου Σαράπιδ]ος καὶ τῶν ἐν τῷ Μουσείῳ [σειτου]μένων ἀτελῶν φιλοσόφων; vgl. das. 4724 und Firmicus Maternus de errore prof. rel. 13, 3). Οἱ ἐν Ἐφέσῳ ἀπὸ τοῦ Μουσείου ἰατροί (Wood Ephesus inscr. from tombs n. 7), eine Gesellschaft ephesischer Aerzte, beziehen sich wohl auch auf das Museum von Alexandreia, aber sind schwerlich Mitglieder desselben, sondern in demselben gebildet.


500 Ὁ ἄνω ϑρόνος bei Philostratos vit. soph. 2, 10, 5.


501 Beispiele sind Chaeremon der Lehrer Neros, vorher angestellt in Alexandreia (Suidas Διονύσιος Ἀλεξανδρεύς; vgl. Zeller Hermes 11, 430 und oben S. 579); Dionysios des Glaukos Sohn, zuerst in Alexandreia Nachfolger Chaeremons, dann von Nero bis auf Traian Bibliothekar in Rom und kaiserlicher Kabinetssecretär (Suidas a.a.O.); L. Julias Vestinus unter Hadrian, der sogar nach der Vorstandschaft des Museums dieselben Stellungen wie Dionysios in Rom bekleidete (S. 568 A. 1), auch als philologischer Schriftsteller bekannt.


502 Der Eunuch der Kandake, der im Jesaias liest (Apostelgesch. 8, 27), ist bekannt; eine Kandake regierte auch zu Neros Zeit (Plinius n.h. 6, 29, 182) und spielt eine Rolle im Alexanderroman (3, 18 fg.).


503 Daß die Reichsgrenze bis Hiera Sykaminos reichte, ergiebt sich für das 2. Jahrh. aus Ptolemaeus 5, 5, 74, für die Zeit Diocletians aus den die Reichsstraßen bis dahin führenden Itinerarien. In der ein Jahrhundert jüngeren Notitia dignitatum reichen die Posten wieder nicht hinaus über Syene, Philae, Elephantine. In der Strecke von Philae nach Hiera Sykaminos, der Dodekaschoenos Herodots (2, 29), scheinen schon in früher Zeit für die Aegyptiern und Aethiopen immer gemeinschaftliche Isis von Philae Tempelabgaben erhoben worden zu sein; aber griechische Inschriften aus der Lagidenzeit haben sich hier nicht gefunden, dagegen zahlreiche datirte aus römischer, die ältesten aus der des Augustus (Pselchis, 2 n. Chr.: C.I. Gr. n. 5086) und des Tiberius (ebenda, J. 26: n. 5104; J. 33: n. 5101), die jüngste aus der des Philippus (Kardassi, J. 248: n. 5010). Diese beweisen nicht unbedingt für die Reichsangehörigkeit des betreffenden Fundorts; aber die eines landvermessenden Soldaten vom J. 33 (n. 5101) und die eines praesidium vom J. 84 (Talmis, n. 5042 fg.), so wie zahlreiche andere setzen dieselbe allerdings voraus. Jenseit der bezeichneten Grenze hat sich nie ein ähnlicher Stein gefunden; denn die merkwürdige Inschrift der regina (C.I.L. III, 83), bei Messaurât südlich von Schendi (16° 25 Breite, 5 Lieues nördlich von den Ruinen von Naga) gefunden, die südlichste aller bekannten lateinischen Inschriften, jetzt im Berliner Museum, hat nicht ein römischer Unterthan gesetzt, sondern vermuthlich ein aus Rom zurückkehrender Abgesandter einer africanischen Königin, der lateinisch redet, vielleicht nur um zu zeigen, daß er in Rom gewesen sei.


504 Die tropaea Niliaca, sub quibus Aethiops et Indus intremuit, in einer wahrscheinlich im J. 296 gehaltenen Rede (paneg. 5, 5) gehen auf ein derartiges Rencontre, nicht auf die ägyptische Iusurrection; von Angriffen der Blemyer spricht eine andere Rede vom J. 289 (paneg. 3, 17). – Ueber die Abtretung des Zwölfmeilengebiets an die Nubier berichtet Procopius bell. Pers. 1, 19. Als unter der Herrschaft nicht der Nubier, sondern der Blemyer stehend erwähnen dasselbe Olympiodorus fr. 37 Müll. und die Inschrift des Silko C.I. Gr. 5072. Das kürzlich zum Vorschein gekommene Fragment eines griechischen Heldengedichts auf den Blemyersieg eines spätrömischen Kaisers bezieht Bücheler (Rhein. Mus. 39, 279 fg.) auf den des Marcianus im J. 451 (vgl. Priscus fr. 21).


505 Iuvenal erwähnt 11, 124 die Elephantenzähne quos mittit porta Syenes.


506 Nach der Art, wie Ptolemaeos 4, 5, 14. 15 diese Küste behandelt, scheint sie, eben wie das Zwölfmeilenland, außerhalb der Nomeneintheilung gestanden zu haben.


507 Das Beste, was wir über das Reich von Axomis wissen, lehrt der von einem ihrer Könige ohne Zweifel in der besseren Kaiserzeit in Adulis gesetzte Stein (C.I. Gr. 5127 b), eine Art von Denkschrift über die Thaten dieses anscheinenden Reichsgründers im Stil der persepolitanischen des Dareios oder der ancyrani schen des Augustus und angebracht an dem Königsthron, vor welchem bis in das 6. Jahrh. hinein die Verbrecher hingerichtet wurden. Die sachkundige Erörterung Dillmanns (Abh. der Berliner Akademie 1877 S. 195 fg.) erklärt, was davon erklärbar ist. Vom römischen Standpunkt aus ist hervorzuheben, daß der König zwar die Römer nicht nennt, aber deutlich auf ihre Reichsgrenzen Rücksicht nimmt, indem er die Tangaiten unterwirft μέχρι τῶν τῆς Αἰγύπτου ὁρίων und eine Straße anlegt ἀπὸ τῶν τῆς ἐμῆς βασιλείας τόπων μέχρι Αἰγύπτου, ferner als Nordgrenze seiner arabischen Expedition Leuke Kome nennt, die letzte römische Station an der arabischen Westküste. Daraus folgt weiter, daß diese Inschrift jünger ist als der unter Vespasian geschriebene Periplus des rothen Meeres; denn nach diesem (c. 5) herrscht der König von Axomis ἀπὸ τῶν Μοσχοφάγων μέχρι τῆς ἄλλης Βαρβαρίας, und zwar ist dies ausschließlich zu verstehen, da er c. 2 die τύραννοι der Moschophagen nennt und ebenso c. 14 bemerkt, daß jenseit der Straße Bab el Mandeb kein ›König‹ sei, sondern nur ›Tyrannen‹. Also reichte damals das axomitanische Reich noch nicht bis zur römischen Grenze, sondern nur bis etwa nach Ptolemais ›der Jagd‹, ebenso nach der andern Richtung nicht bis zum Cap Guardafui, sondern nur bis zur Straße Bab el Mandeb. Auch an der arabischen Küste spricht der Periplus von Besitzungen des Königs von Axomis nicht, obwohl er mehrfach der Dynasten daselbst gedenkt.


508 Der Name der Aethiopen haftet in besserer Zeit an dem Land am oberen Nil, insbesondere den Reichen von Meroe und Nabata (S. 593), also an dem Gebiet, das wir jetzt Nubien nennen. Im späteren Alterthum, zum Beispiel von Prokopios, wird die Benennung auf den Staat von Axomis bezogen und daher bezeichnen die Abessinier seit langem ihr Reich mit diesem Namen.


509 Daher die Legende, daß die Axomiten von Alexander in Africa angesiedelte Syrer seien und noch syrisch sprächen (Philostorgius hist. eccl. 3, 6).


510 Dies ist der praefectus praesidiorum et montis Beronices (C. IX, 3083), praefectus montis Berenicidis (Orelli 3881), praefectus Bernicidis (C. X, 1129), ein Offizier von Ritterrang, analog den oben (S. 569) angeführten in Alexandreia stationirten.


511 Auch das Schreiben, das Kaiser Constantius im J. 356 an den damaligen König von Axomis Aeizanas richtet, ist das eines Herrschers an einen andern gleichgestellten: er ersucht ihn um freundnachbarlichen Beistand gegen die Ausbreitung der athanasischen Ketzerei und um Absetzung und Auslieferung eines derselben verdächtigen axomitischen Geistlichen. Die Culturgemeinschaft tritt hier nur um so bestimmter hervor, als der Christ gegen den Christen den Arm des Heiden anruft.


512 Landeinwärts liegt das uralte Teimâ, der Sohn Ismaels der Genesis, von dem assyrischen König Tiglath-Pilesar im achten Jahrh. vor Chr. unter seinen Eroberungen aufgezählt, von dem Propheten Jeremias zusammen mit Sidon genannt, ein merkwürdiger Knotenpunkt assyrischer, ägyptischer, arabischer Beziehungen, dessen weitere Entfaltung, nachdem kühne Reisende ihn erschlossen haben, wir von der orientalischen Forschung erwarten dürfen. In Teimâ selbst fand kürzlich Euting aramäische Inschriften ältester Epoche (Nöldeke Sitzungsberichte der Berliner Akademie 1884 S. 813f.) Aus dem nicht weit entferntem Orte Medâin-Sâlih (Hidjr) stammen gewisse den attischen nachgeprägte Münzen, welche zum Theil die Eule der Pallas durch dasjenige Götterbild ersetzen, das die Aegyptier bezeichnen als Besa den Herrn von Punt, das heißt von Arabien (Erman Zeitschrift für Numismatik 9, 296f.). Der ebendaselbst gefundenen nabataeischen Inschriften wurde schon gedacht (S. 476 A. 2). Nicht weit von da bei Ola (el-Ally) haben sich Inschriften gefunden, die in der Schrift und in den Götter- und Königsnamen denen der südarabischen Minaeer entsprechen und zeigen, daß diese hier, sechzig Tagereisen von ihrer Heimath, aber auf der von Eratosthenes erwähnten Weihrauchstraße von Minaea nach Aelana, eine bedeutende Station gehabt haben; daneben andere eines verwandten, aber nicht identischen südarabischen Stammes (D.H. Müller in den Berichten der Wiener Akademie vom 17. Dec. 1884). Die minaeischen Inschriften gehören ohne Zweifel der vorrömischen Zeit an. Da bei der Einziehung des nabatäischen Königreichs durch Traian diese Landstriche aufgegeben wurden (S. 480), so mag von da an ein anderer südarabischer Stamm dort geherrscht haben.


513 Die an den Weihrauchhandel anknüpfenden Nachrichten bei Theophrastos († 287 vor Chr.; hist. plant. 9, 4) und vollständiger bei Eratosthenes († 194 vor Chr.; bei Strabon 16, 4, 2 p. 768) von den vier großen Völkerschaften der Minaeer (Mamali Theophr.?) mit der Hauptstadt Karna; der Sabaeer (Saba Theophr.) mit der Hauptstadt Mariaba; der Kattabanen (Kitibaena Theophr.) mit der Hauptstadt Tamna; der Chatramotiten (Hadramyta Theophr.) mit der Hauptstadt Sabata umschreiben eben den Kreis, aus dem das Homeritenreich sich entwickelt hat, und bezeichnen seine Anfänge. Die viel gesuchten Minaeer sind jetzt mit Sicherheit nachgewiesen in Ma'in im Binnenland oberhalb Marib und Hadramaut, wo hunderte von Inschriften sich gefunden und schon nicht weniger als 26 Königsnamen ergeben haben. Mariaba heißt heute noch Marib. Die Landschaft Chatramotitis oder Chatramitis ist Hadramaut.


514 Die merkwürdigen Reste dieses mit größter Präcision und Geschicklichkeit ausgeführten Bauwerks sind beschrieben von Arnaud (Journal Asiatique 7 série, tome 3 a. 1874 p. 3 fg. mit Plänen; vgl. Ritter Erdkunde 12, 861). Zu beiden Seiten des jetzt fast ganz verschwundenen Dammes stehen je zwei aus Quadern aufgeführte Steinbauten von konischer fast cylindrischer Form, zwischen denen eine schmale Oeffnung für das aus dem Bassin ausfließende Wasser sich befindet; wenigstens auf der einen Seite führt ein mit Kieseln ausgelegter Kanal dasselbe an diese Pforte. Dieselbe war einstmals mit über einander gesetzten Bohlen geschlossen, welche einzeln entfernt werden konnten, um das Wasser nach Bedürfniß abzuführen. Der eine dieser Steincylinder trägt die folgende Inschrift (nach der allerdings nicht in allen Einzelheiten gesicherten Uebersetzung von D.H. Müller Wiener Sitzungsberichte Bd. 97 J. 1880 S. 965): Jata'amar der Herrliche, Sohn des Samah'alî des Erhabenen, Fürst von Saba, ließ den Balap[berg] durchstechen [und errichtete] den Schleusenbau genannt Rahab zur leichteren Bewässerung. Für die chronologische Fixirung dieses und zahlreicher anderer Königsnamen der sabäischen Inschriften fehlt es an sicheren Anhaltspunkten. Der assyrische König Sargon sagt in der Khorsabad-Inschrift, nachdem er die Ueberwindung des Königs von Gaza Hanno im J. 716 vor Chr. erzählt hat: ›ich empfing den Tribut des Pharao, des Königs von Aegypten, der Schamsijja der Königin von Arabien und des Ithamara, des Sabaeers: Gold, Kräuter des Ostlandes, Sclaven, Pferde und Kameele‹ (Müller a.a.O.S. 988; Duncker Gesch. des Alt. 25 S. 327).


515 Sallet in der Berliner Zeitschrift für Numismatik 8, 243. J.H. Mordtmann in der Wiener numismatischen Zeitschrift 12, 289.


516 Plinius n.h. 12, 14, 65 berechnet die Kosten einer Kameellast Weihrauch auf dem Landweg von der arabischen Küste bis nach Gaza auf 688 Denare (= 600 M.). ›Auf der ganzen Strecke‹, sagt er, ›ist zu zahlen für Futter und Wasser und Unterkunft und für verschiedene Zölle; dann fordern die Priester gewisse Antheile und die Schreiber der Könige; außerdem erpressen die Wachen und die Trabanten und die Leibwächter und Diener; dazu kommen dann unsere Reichszölle‹. Bei dem Wassertransport fielen diese Zwischenkosten weg.


517 Die Züchtigung der Piraten berichtet Agatharchides bei Diodor 3, 43 und Strabon 16, 4, 18 p. 777. Ezion Geber aber in Palaestina am aelanitischen Meerbusen, ἣ νῦν Βερενίκη καλεῖται (Josephus ant. 8, 6, 4), heißt sicher so nicht von einer Aegyptierin (Droysen Hellenismus 3, 2, 349), sondern von der Jüdin des Titus.


518 Dies (προσοικειοῦσϑαι τούτους – τοὺς Ἅραβας – ἢ καταστρέφεσϑαι: Strabon 16, 4, 22 p. 780; εἰ μὴ ὁ Συλλαῖος αὐτόν – τὸν Γάλλον – προὐδίδου, κἂν κατεστρέψατο τὴν Εὐδαίμονα πᾶσαν: ders. 17, 1, 53 p. 819) war der eigentliche Zweck der Expedition, obwohl auch die Hoffnung auf die für das Aerarium eben damals sehr willkommene Beute ausdrücklich erwähnt wird.


519 Der Bericht Strabons (16, 4, 22 fg. p. 780) über die arabische Expedition seines ›Freundes‹ Gallus (φίλος ἡμῖν καὶ ἑταῖρος Strabon 2, 5, 12 p. 118), in dessen Gefolge er Aegypten bereiste, ist zwar zuverlässig und ehrlich, wie alle seine Meldungen, aber augenscheinlich von diesem Freunde ohne jede Kritik übernommen. Die Schlacht, in der 10000 Feinde und 2 Römer fielen, und die Gesammtzahl der in diesem Feldzug Gefallenen, welche sieben ist, richten sich selbst; aber nicht besser ist der Versuch den Mißerfolg auf den nabataeischen Vezir Syllaeos abzuwälzen durch einen ›Verrath‹, wie er geschlagenen Generalen geläufig ist. Allerdings eignete sich dieser insofern zum Sündenbock, als er einige Jahre nachher auf Betreiben des Herodes von Augustus in Untersuchung gezogen und verurtheilt und hingerichtet ward (Josephus ant. 16, 10); aber obwohl wir den Bericht des Agenten besitzen, der diese Sache für Herodes in Rom geführt hat, ist darin von diesem Verrath kein Wort zu finden. Daß Syllaeos die Absicht gehabt haben soll erst die Araber durch die Römer und dann diese selbst zu Grunde zu richten, wie Strabo ›meint‹, ist bei der Stellung der Clientelstaaten Roms geradezu unvernünftig. Eher ließe sich denken, daß Syllaeos der Expedition deßhalb abgeneigt war, weil der Handelsverkehr durch das Nabataeerland durch sie beeinträchtigt werden konnte. Aber den arabischen Minister deswegen des Verraths zu beschuldigen, weil die römischen Fahrzeuge für die arabische Küstenfahrt ungeeignet waren oder weil das römische Heer genöthigt war das Wasser auf Kameelen mitzuführen, Durra und Datteln statt Brot und Fleisch, Butter statt Oel zu essen; als Entschuldigung dafür, daß auf die bei dem Rückmarsch in 60 Tagen zurückgelegte Strecke für den Hinmarsch 180 verwendet wurden, die betrügerische Wegweisung vorzuführen; endlich die vollkommen richtige Bemerkung des Syllaeos, daß ein Landmarsch von Arsinoe nach Leuke Kome unthunlich sei, damit zu kritisiren, daß von da nach Petra eine Karavanenstraße gehe, zeigt nur, was ein vornehmer Römer einem griechischen Litteraten aufzubinden vermochte.

520 Die schärfste Kritik des Feldzugs giebt die Auseinandersetzung des ägyptischen Kaufmanns über die Zustände auf der arabischen Küste von Leuke Kome (el-Haura nördlich von Janbô, der Hafenstadt von Medina) bis zur Katakekaumene-Insel (Djebel Tair bei Lohaia). »Verschiedene Völker bewohnen sie, die theils etwas, theils völlig verschiedene Sprachen reden. Die Bewohner der Küste leben in Hürden wie die ›Fischesser‹ auf dem entgegengesetzten Ufer« (diese Hürden beschreibt er c. 2 als vereinzelt liegend und in die Felsspalten eingebaut), »die des Binnenlandes in Dörfern und Weidegemeinschaften; es sind bösartige zwiesprachige Menschen, welche die aus der Fahrstraße verschlagenen Seefahrer plündern und die Schiffbrüchigen in die Sclaverei schleppen. Deßhalb wird von den Unter- und den Oberkönigen Arabiens beständig auf sie Jagd gemacht; sie heißen Kanraiten (oder Kassaniten). Ueberhaupt ist die Schiffahrt an dieser ganzen Küste gefährlich, der Strand hafenlos und unzugänglich, von böser Brandung, klippig und überhaupt sehr schlimm. Darum halten wir, wenn wir in diese Gewässer einfahren, uns in der Mitte und eilen in das arabische Gebiet zu kommen zur Insel Katakekaumene; von da an sind die Bewohner gastlich und begegnen zahlreiche Heerden von Schafen und Kameelen«. Dieselbe Gegend zwischen der römischen und der homeritischen Grenze und dieselben Zustände hat auch der axomitische König im Sinn, wenn er schreibt: πέραν δὲ τῆς ἐρυϑρᾶς ϑαλάσσης οἰκοῦντας Ἀρραβίτας καὶ Κιναιδοκολπίτας (vgl. Ptolemaeos 6, 7, 20), στράτευμα ναυτικὸν καὶ πεζικὸν διαπεμψάμενος καὶ ὑποτάξας αὐτῶν τοὺς βασιλέας, φόρους τῆς γῆς τελεῖν ἐκέλευσα καὶ ὁδεύεσϑαι μετ᾽ εἰρήνης καὶ πλέεσϑαι, ἀπό τε Λευκῆς κώμης ἕως τῶν Σαβαίων χώρας ἐπολέμησα.


521 Diese Mauern, von Bruchstein erbaut, bilden einen Kreis von einer Viertelstunde im Durchmesser. Sie sind beschrieben von Arnaud a.a.O. (vgl. S. 604 A. 2).


522 Daß die orientalische Expedition des Gaius zum Endziel Arabien hatte, sagt Plinius (namentlich h.n. 12, 14, 55. 56; vgl. 2, 67, 168. 6, 27, 141. c. 28, 160. 32, 1, 10) ausdrücklich. Daß sie von der Euphratmündung ausgehen sollte, folgt daraus, daß die Expedition nach Armenien und Verhandlungen mit der parthischen Regierung ihr voraufgingen. Darum lagen auch den Collectaneen Jubas über die bevorstehende Expedition die Berichte der Feldherren Alexanders über ihre Erkundung Arabiens zu Grunde.


523 Die einzige Kunde von dieser merkwürdigen Expedition hat der ägyptische Capitän aufbewahrt, der um das J. 75 die Fahrt an den Küsten des rothen Meeres beschrieben hat. Er kennt (c. 26) das Adane der Späteren, das heutige Aden, als ein Dorf an der Küste κώμη παραϑαλάσσιος, das zum Reiche des Königs der Homeriten Charibael gehört, aber früher eine blühende Stadt war und davon heißt (εὐδαίμων δ᾽ ἐπεκλήϑη πρότερον οὖσα πόλις), weil vor der Einrichtung des unmittelbaren indisch-ägyptischen Verkehrs dieser Ort als Stapelplatz diente: νῦν δὲ οὐ πρὸ πολλοῦ τῶν ἡμετέρων χρόνων Καῖσαρ αὐτὴν κατεστρέψατο. Das letzte Wort kann hier nur ›zerstören‹ heißen, nicht, wie häufiger, ›unterwerfen‹, weil die Umwandlung der Stadt in ein Dorf motivirt werden soll. Für Καῖσαρ hat Schwanbeck (rhein. Mus. N.F. 7, 353) Χαριβαήλ, C. Müller Ἰλασάρ (wegen Strabon 16, 4, 21 p. 782) vorgeschlagen; beides ist nicht möglich, dieses nicht, weil dieser arabische Dynast in einem weit entlegenen District herrschte, auch unmöglich als bekannt vorausgesetzt werden konnte, jenes nicht, weil Charibael Zeitgenosse des Schreibers war und hier ein vor der Zeit desselben vorgefallenes Ereigniß berichtet wird. An der Ueberlieferung wird man nicht Anstoß nehmen, wenn man überlegt, welches Interesse die Römer daran haben mußten den arabischen Stapelplatz zwischen Indien und Aegypten zu beseitigen und den directen Verkehr herbeizuführen. Daß die römischen Berichte von diesem Vorgang schweigen, ist ihrem Wesen angemessen; die Expedition, welche ohne Zweifel durch eine ägyptische Flotte ausgeführt ward und lediglich in der Zerstörung eines vermuthlich wehrlosen Küstenplatzes bestand, wird militärisch von keinem Belang gewesen sein; um den großen Handelsverkehr haben die Annalisten sich nie gekümmert und überhaupt sind die Vorgänge in Aegypten noch weniger als die in den andern kaiserlichen Provinzen zur Kenntniß des Senats und damit der Annalisten gekommen. Die nackte Bezeichnung Καῖσαρ, wobei nach Lage der Sache der damals regierende ausgeschlossen ist, erklärt sich wohl daraus, daß der berichtende Capitän wohl die Thatsache der Zerstörung durch die Römer, aber Zeit und Urheber nicht kannte. – Möglich ist es, daß hierauf die Notiz bei Plinius h.n. 2, 67, 168 zu beziehen ist: maiorem (oceani) partem et orientis victoriae magni Alexandri lustravere usque in Arabicum sinum, in quo res gerente C. Caesare Aug. f. signa navium ex Hispaniensibus naufragiis feruntur agnita. Gaius kam nicht nach Arabien (Plinius h.n. 6, 28, 160); aber recht wohl kann während der armenischen Expedition von Aegypten aus ein römisches Geschwader von einem seiner Unterbefehlshaber an diese Küste geführt worden sein, um die Hauptexpedition vorzubereiten. Daß darüber sonst Stillschweigen herrscht, kann auch nicht befremden. Die arabische Expedition des Gaius war so feierlich angekündigt und dann in so übler Weise aufgegeben worden, daß loyale Berichterstatter alle Ursache hatten eine Thatsache zu verwischen, die nicht wohl erwähnt werden konnte, ohne auch das Scheitern des größeren Planes zu berichten.


524 Der ägyptische Kaufmann unterscheidet den ἔνϑεσμος βασιλεύς der Homeriten (c. 23) scharf von den τύραννοι, den bald unter ihm stehenden, bald unabhängigen (c. 14) Stammhäuptern, und ebenso scharf diese geordneten Zustände von der Rechtlosigkeit der Wüstenbewohner (c. 2). Wenn Strabon und Tacitus für diese Dinge so offene Augen gehabt hätten wie jener praktische Mann, so wüßten wir etwas mehr vom Alterthum.


525 Der Krieg des Macrinus gegen die Arabes eudaemones (vita 12) und die an Aurelian geschickten Boten derselben (vita 33), die neben denen der Axomiten genannt werden, würden deren damals fortdauernde Selbständigkeit beweisen, wenn auf diese Angaben Verlaß wäre.


526 Der König nennt sich um das J. 356 (S. 602 A. 1) in einer Urkunde (C.I. Gr. 5128) βασιλεὺς Ἀξωμιτῶν καὶ Ὁμηριτῶν καὶ τοῦ Ῥαειδὰν (Schloß in Sapphar, der Hauptstadt der Homeriten: Dillmann Abh. der Berl. Akad. 1878 S. 207).... καὶ Σαβαειτῶν καὶ τοῦ Σιλεῆ (Schloß in Mariaba, der Hauptstadt der Sabaeer: Dillmann a.a. 0.). Dazu stimmt die gleichzeitige Sendung von Gesandten ad gentem Axumita rum et Homerita[rum] (C. Th. 12, 12, 2). Ueber die späteren Verhältnisse vgl. besonders Nonnosus (fr. hist. Gr. 4 p. 179 Müller) und Procopius hist. Pers. 1, 20.


527 Aristeides (or. 48 p. 485 Dind.) nennt Koptos den indischen und arabischen Stapelplatz. In dem Roman des Ephesiers Xenophon (4, 1) begeben sich die syrischen Räuber nach Koptos; ›denn dort passiren eine Menge von Kaufleuten durch, die nach Aethiopien und Indien reisen‹.


528 Später legte Hadrian die ›neue Hadriansstraße‹ an, welche von seiner Antinoosstadt bei Hermupolis, wahrscheinlich durch die Wüste nach Myos Hormos und von Myos Hormos am Meer hin, nach Berenike führte, und versah sie mit Cisternen, Quartieren (σταϑμοί) und Castellen (Inschrift Revue archéol. N.S. 21 J. 1870 S. 314). Indeß ist von dieser Straße nachher nicht die Rede, und es fragt sich, ob sie Bestand gehabt hat.


529 Ausdrücklich gesagt wird dies nirgends, aber es geht deutlich aus dem Periplus des Aegyptiers hervor. Er spricht an zahlreichen Stellen von dem Verkehr des nicht römischen Africa mit Arabien (c. 7. 8) und umgekehrt der Araber mit dem nicht römischen Africa (c. 17. 21. 31; danach Ptolemaeus 1, 17, 6) und mit Persien (c. 27. 33) und Indien (c. 21. 27. 49); ebenso von dem der Perser mit Indien (c. 36) so wie der indischen Kauffahrer mit dem nicht römischen Africa (c. 14. 31. 32) und mit Persien (c. 36) und Arabien (c. 32). Aber mit keinem Worte deutet er an, daß diese fremden Kaufleute auch nach Berenike, Myos Hormos, Leuke Kome kämen; ja wenn er bei dem wichtigsten Handelsplatz dieses ganzen Kreises, bei Muza bemerkt, daß diese Kaufleute mit ihren eigenen Schiffen nach der africanischen Küste außerhalb der Straße Bab el Mandeb (denn das ist ihm τὸ πέραν) und nach Indien fahren, so kann Aegypten unmöglich zufällig fehlen.


530 In Bâmanghati (District Singhbhum) westlich von Calcutta soll ein großer Schatz Goldmünzen römischer Kaiser (genannt werden Gordian und Constantin) zum Vorschein gekommen sein (Beglar bei Cunningham archaeological survey of India Bd. 13 S. 72); aber ein solcher vereinzelter Fund beweist nicht, daß der ständige Verkehr sich so weit erstreckt hat. Im nördlichen China in der Provinz Schensi westlich von Peking sollen neuerlichst römische Münzen von Nero an bis hinab auf Aurelian zum Vorschein gekommen sein, sonst sind weder aus Hinterindien noch aus China dergleichen Funde bekannt.


531 Die Bezeichnung Afer gehört in diese Reihe nicht. So weit wir sie im Sprachgebrauch zurück verfolgen können, wird sie nie dem Berber im Gegensatz zu anderen africanischen Stämmen gegeben, sondern jedem Bewohner des Sicilien gegenüber liegenden Continents und namentlich auch dem Phoeniker; hat sie überhaupt einmal ein bestimmtes Volk bezeichnet, so kann dies nur dasjenige gewesen sein, mit dem die Römer hier zuerst und hauptsachlich sich berührten (vgl. Sueton vita Terent.). Der 1, 143 versuchten Zurückführung des Wortes auf den Namen der Hebräer stehen sprachliche und sachliche Gründe entgegen; eine befriedigende Etymologie desselben ist noch nicht gefunden.


532 Ein guter Beobachter Charles Tissot (géogr. de la province romaine de l'Afrique 1 p. 403) bezeugt, daß über ein Drittel der Maroccaner blondes oder braunes Haar hat, in der Colonie der Rîfbewohner in Tanger zwei Drittel. Die Frauen machten ihm den Eindruck wie die des Berry und der Auvergne. Sur les hauts sommets de la chaîne atlantique, d'après les renseignements qui m'ont été fournis, la population tout entière serait remarquablement blonde. Elle aurait les yeux bleus, gris ou ›verts, comme ceux des chats‹, pour reproduire l'expression même dont s'est servile cheikh qui me renseignait. Dieselbe Erscheinung begegnet in den Gebirgsmassen Großkabyliens und des Aures so wie auf der tunesischen Insel Djerba und den canarischen. Auch die ägyptischen Abbildungen zeigen uns die Libu nicht roth, wie die Aegypter, sondern weiß und mit blondem oder braunem Haar.


533 Cyprian quod idola dii non sint c. 2: Mauri manifeste reges suos colunt nec ullo velamento hoc nomen obtexunt. Tertullian apolog. 24: Mauretaniae (dei sunt) reguli sui. C.I.L. VIII, 8834: Iemsali L. Percenius L.f. Stel Rogatus v. [s.l. a.]; gefunden in Thubusuptu in der Gegend von Sitifis, welcher Ort füglich zu dem numidischen Reich des Hiempsal gehört haben kann. Es wird also auch die Inschrift von Thubursicum C.I.L. VIII n. 7* (vgl. Eph. epigr. V p. 651 n. 1478) eher schlecht abgeschrieben als gefälscht sein. Noch im Jahre 70 hieß es, daß in Mauretanien ein Thronprätendent sich den Namen des Juba beigelegt habe (Tacitus hist. 2, 58).


534 Dies bezeugt für das J. 705 für beide Dio 41, 42 (vgl. Sueton Caes. 54). Im J. 707 leistet Bogud dem caesarischen Statthalter Spaniens Beistand (bell. Alex. 59. 60) und schlägt einen Einfall des jüngeren Gnaeus Pompeius zurück (bell. Afric. 23). Bocchus macht in Verbindung mit P. Sittius in dem africanischen Kriege eine erfolgreiche Diversion gegen Juba und erobert sogar das wichtige Cirta (bell. Afr. 23; Appian 2, 96; Dio 43, 3). Beide erhalten dafür von Caesar das Gebiet des Fürsten Massinissa (Appian 4, 54). Im zweiten spanischen Kriege erscheint Bogud im Heer Caesars (Dio 43, 36. 38); daß Bocchus Sohn in dem pompeianischen gedient haben soll (Dio a.a.O.), muß eine Verwechselung sein, wahrscheinlich mit Arabio dem Sohne Massinissas, der allerdings zu den Söhnen des Pompeius ging (Appian a.a.O.). Nach Caesars Tode bemächtigte sich Arabio aufs neue seiner Herrschaft (Appian a.a.O.), aber nach seinem Tode im J. 714 (Dio 48, 22) muß die caesarische Anordnung wieder in vollem Umfang in Kraft getreten sein. Die Schenkung an Bocchus und Sittius ist wohl so zu verstehen, daß in dem übrigens an Bocchus überlassenen westlichen Theil des ehemaligen numidischen Reiches die von Sittius zu gründende Colonie Cirta als unabhängige römische Stadt gelten sollte, wie später Tingi im Königreich Mauretanien.


535 Wenn nach Dio 49, 43 Caesar im J. 721 [33] nach Bocchus Tode keinen Nachfolger ernennt, sondern Mauretanien zur Provinz macht, dann (51, 15) bei dem J. 724 [30] bei Gelegenheit des Endes der Königin von Aegypten von der Heirath ihrer Tochter mit Juba und dessen Belehnung mit dem väterlichen Reich die Rede ist, endlich (53, 26) unter dem J. 729 [25] Jubas Belehnung mit einem Theil Gaetuliens statt seines angestammten Reiches so wie mit den Reichen des Bocchus und des Bogud berichtet wird, so ist nur der letzte auch von Strabon 17, 3, 7 p. 828 bestätigte Bericht correct, der erste mindestens in der Fassung ungenau, da Mauretanien offenbar im J. 721 [33] nicht zur Provinz gemacht ward, sondern nur die Belehnung vorläufig unterblieb, der zweite theils anticipirend, da die vordem Triumph etwa 719 geborene Kleopatra (Eph. epigr. 1 p. 276) unmöglich sich im J. 724 hat vermählen können, theils fehlerhaft, weil Juba sein väterliches Reich als solches gewiß nie wieder erhalten hat. Wäre er vor 729 König von Numidien gewesen und hätte nur der Umfang seines Gebiets damals sich verändert, so würde er seine Jahre von der ersten Einsetzung und nicht erst von 729 an zählen.


536 Daß Balbus diesen Feldzug als Proconsul von Africa führte, zeigen namentlich die Triumphalfasten; aber der Consul L. Cornelius des J. 722 muß ein anderer gewesen sein, da Balbus nach Velleius 2, 51 ex privato consularis, das heißt ohne ein curulisches Amt bekleidet zu haben, jene consularische Statthalterschaft erhielt. Die Ernennung kann also nicht nach der gewöhnlichen Ordnung durch das Loos erfolgt sein. Allem Anschein nach fiel er wegen seiner spanischen Quästur (Drumann 2, 609) aus guten Gründen bei Augustus in Ungnade und wurde dann nach mehr als zwanzig Jahren wegen seiner unzweifelhaften Tüchtigkeit für diese besonders schwierige Aufgabe außerordentlicher Weise nach Africa geschickt.


537 Die Völkerschäften, die Tacitus in seinem wie immer geographisch recht unklaren Kriegesberieht nennt, lassen sich einigermaßen bestimmen; und die Stellung zwischen der leptitanischen und der cirtensischen (ann. 3, 74) führt für die mittlere Colonne auf Theveste. Die Stadt Thala (ann. 3, 20) kann unmöglich oberhalb Ammaedara gesucht werden, sondern ist wahrscheinlich das Thala des jugurthinischen Krieges in der Nähe von Capsa. Der letzte Abschnitt des Krieges spielt im westlichen Mauretanien um Auzia (4, 25) und es wird danach in Thubuscum (4, 24) wohl Thubusuptu oder Thubusuctu stecken. Der Fluß Pagyda (ann. 3, 20) ist ganz unbestimmbar.


538 Ptolemaeus 4, 3, 23 setzt die Musulamier südlich vom Aures und nur dazu stimmt es, daß sie bei Tacitus 2, 52 Anwohner der Steppe und Nachbaren der Mauren heißen; später sitzen sie nördlich und westlich von Theveste (C.I.L. VIII, 270. 10667). Die Nattabuten wohnen nach Ptolemaeus a.a. O südlich von den Musulamiern; später finden wir sie südlich von Calama (C.I.L. VIII, 484). Ebenso sind die Chellenses Numidae zwischen Lares und Althiburus (Eph. epigr. V n. 639) und der conventus (civium Romanorum et) Numidarum qui Mascululae habitant (das. n. 597) wahrscheinlich aus Numidien nach der Proconsularprovinz übersiedelte Berberstämme.


539 Im J. 70 beliefen sich die Truppen der beiden Mauretanien zusammen, außer zahlreich aufgebotenen Landwehren, auf 5 Alen und 19 Cohorten (Tacitus bist. 2, 58), also, wenn man ungefähr jede vierte als Doppeltruppe rechnet, auf etwa 15000 Mann. Die reguläre Armee von Numidien war eher schwächer als stärker.


540 Inschrift C.I.L. VIII, 8369 vom J. 129: termini positi inter Igilgilitanos, in quorum finibus kastellum Victoriae positum est, ei Zimiz(es), ut sciant Zimizes non plus in usum se habere ex auctoritate M. Vetti Latronis pro(curatoris) Aug(usti) qua(m) in circuitu a muro kast(eli) p(edes) D. Die Zimises setzt die Peutingersche Tafel neben Igilgili östlich an.


541 Wenn der Präfect einer in Numidien garnisonirenden Cohorte zugleich über sechs gaetulische Stämme (nationes) das Commando führte (C.I.L. V, 5267), so wurden in Mauretanien heimische Leute als Irreguläre in der Nachbarprovinz verwendet. Irreguläre maurische Reiter begegnen besonders in der späteren Kaiserzeit häufig. Lusius Quietus unter Traianus, ein Maure und Führer einer maurischen Truppe (Dio 68, 32), kein Λίβυς ἐκ τῆς ὑπηκόου Λιβύης, ἀλλ᾽ ἐξ ἀδόξου καὶ ἀπῳκισμένης ἐσχατιᾶς (Themistius or. 16 p. 250 Diod.) war ohne Zweifel ein gaetulischer Scheich, der mit den Seinigen im römischen Heer diente. Daß seine Heimath formell vom Reich unabhängig war, sagen die Worte des Themistius nicht; das ›Unterthanengebiet‹ ist das römisch geordnete, die ἐσχατιά dessen von abhängigen Stämmen bewohntet Saum.


542 Zu den Inschriften, die dies ergeben (C.I.L. VIII p. XVIII. 747), kommt jetzt hinzu die merkwürdige in der Nähe von Géryville gefundene Dedication des Führers einer Expeditionscolonne aus dem J. 174 (Eph. ep. V n. 1043).


543 Der tumultus Gaetulicus (C.I.L. VIII, 6958) ist eher ein Aufstand als ein Einfall.


544 Ptolemaeus nimmt allerdings als Grenze der Provinz von Caesarea die Linie oberhalb der Schotts und rechnet Gaetulien nicht dazu; dagegen erstreckt er die von Tingis bis zum hohen Atlas. Plinius zählt 5, 4, 30 zu den botmäßigen Völkerschaften Africas ›ganz Gaetulien bis zum Nigir und zur äthiopischen Grenze‹, was etwa bis Timbuctu führt. Der officiellen Auffassung wird die letztere Angabe entsprechen.


545 Schon in neronischer Zeit nennt Calpurnius (egl. 4, 40) die Ufer der Baetica trucibus obnoxia Mauris. – Wenn unter Pius die Mauren abgeschlagen und bis an und über den Atlas zurückgedrängt wurden (vita Pii 5; Pausan. 8, 43), so macht die damalige Sendung von Truppen aus Spanien nach der Tingitana (C.I.L. III, 5212-5215) es wahrscheinlich, daß dieser Angriff der Mauren die Baetica traf und die gegen diese marschirenden Truppen der Tarraconensis ihnen über die Meerenge folgten. Die wahrscheinlich gleichzeitige Thätigkeit der syrischen Legion auf dem Aures (S. 625) legt es übrigens nahe, daß dieser Krieg sich auch auf Numidien erstreckte. – Der Maurenkrieg unter Marcus (vita Marci 21. 22; vita Severi 2) spielt wesentlich in Baetica und Lusitanien. – Ein Statthalter des diesseitigen Spaniens unter Severus hatte mit den ›Rebellen‹ zu Wasser und zu Lande zu kämpfen (C.I.L. II, 4114). – Unter Alexander (vita 58) wurde in der Provinz von Tingi gefochten, ohne daß dabei Spanien genannt wird. – Aus der Zeit Aurelians (vita Saturnini 9) ist die Rede von maurisch-spanischen Kämpfen. – Der Zeit nach nicht genauer bestimmbar ist eine Truppensendung aus Numidien nach Spanien und gegen die Maziken (C.I.L. VIII, 2786), wo vermuthlich nicht die Maziken der Caesariensis, sondern die der Tingitana am Rîf (Ptolemaeus 4, 1, 10) gemeint sind; vielleicht gehört damit zusammen, daß Gaius Vallius Maximianus als Statthalter der Tingitana in der Provinz Baetica (nach Hirschfeld Wiener Stud. 6, 123 unter Marcus und Commodus) einen Sieg über die Mauren erfocht und von ihnen belagerte Städte entsetzte (C.I.L. II, 1120. 2015). Diese Vorgänge beweisen wenigstens, daß die Kämpfe mit den Mauren am Rîf und den aus dem Hinterland ihnen zuströmenden Genossen nicht ruhten. Wenn die Baquaten an derselben Küste das ziemlich entfernte Cartenna (Tenes) in der Caesariensis belagern (C.I.L. VIII, 9663), so sind auch sie vielleicht zur See gekommen. Wo die Maurenkriege unter Hadrian (vita 5. 12) und Cummodus (vita 13) stattfanden, ist nicht bekannt.


546 Mehr als die kargen Nachrichten Victors und Eutrops geben darüber die Inschriftsteine C.I.L. VIII, 2615. 8836. 9045. 9047. Danach lassen sich die Quinquegentiani verfolgen von Gallienus bis Diocletian. Den Anfang machen die Baquaten, die, als Transtagnenses bezeichnet, jenseit der Schott gewohnt haben müssen. Vier ›Könige‹ thun sich zu einem Zug zusammen. Der gefürchtetste Gegner ist Faraxen mit seinen gentiles Fraxinenses. Städte wie Mileu in Numidien nicht weit von Cirta und Auzia in der Caesariensis werden angegriffen und die Bürger müssen sich zum guten Theil selber des Feindes erwehren. Nach dem Ausgang des Krieges legt Maximian in Thubusuctu unweit Saldae große Magazine an. Diese zerrissenen Nachrichten geben einigermaßen einen Einblick in die damaligen Verhältnisse.


547 Abgesehen von den Münzen beweisen dies auch die Inschriften. Nach der Zusammenstellung, die ich Hrn. Euting verdanke, fällt von den altpunischen, das heißt mit Wahrscheinlichkeit vor der Zerstörung Karthagos geschriebenen Inschriften die ungeheure Masse auf Karthago selbst (gegen 2500), die übrigen auf Hadrumetum (9), Thugga (die berühmte phoenikisch-berberische), Cirta (5); Iol-Caesarea (1). Die neupunischen begegnen am zahlreichsten in und um Karthago (30) und überhaupt finden sie sich in der Proconsularprovinz nicht selten, auch in Groß-Leptis (5) und auf den Inseln Girba (1) und Cossura (1); in Numidien in und bei Calama (23) und in Cirta (15); in Mauretanien bis jetzt nur in Portus Magnus (2).


548 Die Prägung in Africa hört im Wesentlichen unter Tiberius auf und damit versagen, da africanische Inschriften aus dem 1. Jahrh. n. Chr. nur in sehr geringer Zahl vorliegen, für längere Zeit die Documente. Die von Claudius bis auf Galba gehenden Münzen von Babba in der Tingitana haben ausschließlich lateinische Aufschrift; aber die Stadt war Colonie. Die lateinisch-punischen Inschriften von Groß-Leptis C.I.L. VIII, 7 und von Naraggara C.I.L. VIII, 4636 mögen wohl der Zeit nach Tiberius angehören, sprechen aber als bilingue eher dafür, daß, als sie gesetzt wurden, die phoenikische Sprache bereits degradirt war.


549 Aus der Aeußerung in der Epitome des Victor, daß Kaiser Severus gewesen sei Latinis litteris sufficienter instructus, Graecis sermonibus eruditus, Punica eloquentia promptior, quippe genitus apud Leptim, wird man auf einen punischen Cursus der Rhetorik in der damaligen Tripolis nicht schließen dürfen; der späte und geringe Autor hat wohl die bekannte Notiz ins Schulmäßige umgesetzt.


550 Auf die Angabe des um 460 schreibenden jüngeren Arnobius (ad psalm. 104 p. 481 Migne): Cham vero secundus filius Noe a Rhinocoruris usque Gadira habens linguas sermone Punico a parte Garamantum, Latino a parte boreae, barbarico a parte meridiani, Aethiopum et Aegyptiorum ac barbaris interioribus vario sermone numero viginti duabus linguis in patriis trecentis nonaginta et quattuor ist kein Verlaß, noch weniger auf die Faseleien Prokops de bello Vand. 2, 10 über die phönikische Inschrift und Sprache in Tigisis. Gewährsmänner dieser Art vermochten berberisch und punisch schwerlich zu unterscheiden.


551 In einem einzelnen Ort an der kleinen Syrte mag das Phönikische immerhin noch im 11. Jahrh. geredet worden sein (Movers Phön. 2, 2, 478).


552 Deutlicher als die in Africa gefundenen lateinischen Inschriften, welche zu spät beginnen, um die Zustände vor dem 2. Jahrh. nach Chr. anschaulich zu machen, zeigen dies die S. 645 A. 1 angeführten vier Patronatsverträge aus der Zeit des Tiberius, abgeschlossen von zwei kleinen Orten der Proconsularprovinz Apisa maius und Siagu und zwei anderen sonst nirgends erwähnten wahrscheinlich benachbarten Themetra und Thimiligi; danach erscheint Strabons (17, 3, 15 p. 833) Aeußerung, daß bei dem Beginn des letzten Krieges das karthagische Gebiet 300 Städte gezählt habe, gar nicht unglaublich. In jeder jener vier kleinen Ortschaften gab es Sufeten. Auch wo die alt- und neupunischen Inschriften Magistrate nennen, sind dies regelmäßig zwei Sufeten. Daß diese in der Proconsularprovinz relativ häufig, sonst nur in Calama nachweisbar sind, läßt erkennen, wie viel stärker die phoenikische Städteordnung in jener entwickelt war.


553 Die Patronatsverträge aus Caesars (C.I.L. VIII, 10525), Augustus (das. 68 vgl. 69) und Tiberius (C.I.L. V, 4919-4922) Zeit, abgeschlossen von dem senatus populusque africanischer Gemeinden (civitates) peregrinischen Rechts mit vornehmen Römern, scheinen ganz nach römischer Art durch den Gemeinderath eingegangen zu sein, der die Gemeinde vertritt und verpflichtet.


554 Auf der zweifellos unter Caesar geschlagenen Münze (Müller num. de l'Afr. 2, 149) mit Kar(thago) Veneris und Aristo Mutumbal Ricoce suf(etes) sind wahrscheinlich die beiden ersten Namen zusammenzufassen als griechisch-phoenikischer Doppelname, dergleichen auch sonst nicht selten sind (vgl. C.I.L. V, 4922: agente Celere Imilchonis Gulalsae filio sufete). Da einerseits Sufeten einer römischen Colonie nicht beigelegt werden können, andrerseits die Deducirung einer solchen nach Karthago selbst wohl bezeugt ist, so muß entweder Caesar selbst die Form der Stadtgründung später geändert haben oder die Gründung der Colonie unter dem Triumvirat als postume Bestimmung des Dictators (wie dies auch Appian Pun. 136 andeutet) ins Werk gesetzt worden sein. Es kann verglichen werden, daß Curubis in der früheren Zeit Caesars unter Sufeten (VIII, 10525), im J. 709 d. St. als caesarische Colonie unter Duovirn steht (das. 977); doch ist der Fall verschieden, da diese Stadt nicht wie Karthago Caesar ihre Existenz verdankt.


555 Für Africa und Numidien zählt Plinius h.n. 5, 4, 29 fg. im Ganzen 516 Gemeinden, worunter 6 Colonien, 15 Gemeinden römischer Bürger, 2 latinische Städte (denn das oppidum stipendiarium muß, nach der Stellung, die ihm gegeben wird, auch italischen Rechts gewesen sein), die übrigen entweder phoenikische Städte (oppida), unter denen 30 freie, oder auch libysche Stämme (non civitates tantum, sed pleraeque etiam nationes iure dici possunt). Ob diese Ziffern auf Vespasians Zeit zu beziehen sind oder auf eine frühere, ist nicht ausgemacht; fehlerfrei sind sie auf keinen Fall, denn außer den namentlich aufgeführten sechs Colonien fehlen sechs (Assuras, Carpi, Clupea, Curubi, Hippo Diarrhytos, Neapolis), die zum Theil sicher, zum Theil mit Wahrscheinlichkeit auf Caesar oder Augustus zurückgehen.


556 Plinius 5, 1, 2 sagt freilich nur von Zulil oder vielmehr Zili regum dicioni exempta et iura in Baeticam petere iussa, und es könnte dies mit der Verlegung dieser Gemeinde nach Baetica als Iulia Traducta (Strabon 3, 1, 8 p. 140) zusammenhängen. Aber wahrscheinlich giebt Plinius diese Notiz nur deshalb allein bei Zili, weil dies die erste außerhalb der Reichsgrenze angelegte Colonie ist, die er nennt. Der Bürger einer römischen Colonie kann unmöglich den Gerichtsstand vor dem König von Mauretanien gehabt haben.


557 Von Rechts wegen selbständige den städtischen Territorien gleichartige Gutsbezirke, die mit dem römischen Recht unvereinbar sind, scheint auch Frontinus in der bekannten Stelle p. 53 Lachm. über die Prozesse zwischen den Stadtgemeinden und den Privaten, resp. dem Kaiser nicht vorauszusetzen, sondern factische Widerspenstigkeit des Großgrundbesitzers gegen die zum Beispiel für Recrutenstellung oder Spanndienste ihn heranziehende Gemeinde gestützt darauf, daß das herangezogene Bodenstück nicht innerhalb der Grenzen der requirirenden Gemeinde belegen sei.


558 Die technische Bezeichnung gens tritt namentlich in der festen Titulatur des praefectus gentis Musulamiorum u.s.w. hervor; aber da dies die niedrigste Kategorie der selbständigen Gemeinwesen ist, wird das Wort bei Dedicationen gewöhnlich vermieden (vgl. C.I.L. VIII p. 1100) und dafür civitas gesetzt, welche Bezeichnung, wie das der technischen Sprache fremde oppidum des Plinius (S. 646 A. 1), alle nichtitalisch oder griechisch geordneten Gemeinden in sich schließt. Das Wesen der gens bezeichnet die mit civitas Gurzensis (C. VIII, 69) wechselnde (das. 68) Umschreibung senatus populusque civitatium stipendiariorum pago Gurzenses, das ist ›Aelteste und Gemeinde der Stämme der steuerpflichtigen Leute im Dorfe Gurza‹.


559 Wo die Bezeichnung princeps (C.I.L. VIII p. 1102) nicht bloß enuntiativ ist, sondern Amtstitel, tritt sie durchgängig auf in Gemeinden, die weder selbst Stadtgemeinden noch Theile einer solchen sind, und besonders häufig bei den gentes. Die elf Ersten (vgl. Eph. epigr. Vn. 302. 521. 523) wird man zusammenstellen dürfen mit den hie und da begegnen den seniores. Einen Beleg für beide Stellungen giebt die Inschrift C.I.L. VIII, 7041: Florus Labaeonis f. princeps et undecimprimus gentis Saboidum. Neuerdings haben sich in Bu Djelîda, wenig westlich von der großen Straße Karthago-Theveste in einem Thal des Djebel Rihan, also in einer durchaus civilisirten Gegend, die Reste eines Berberdorfs gefunden, das sich auf einem Denkmal aus der Zeit des Pius (noch ungedruckt) gens Bacchuiana nennt und unter ›elf Aeltesten‹ steht; die Götter- (Saturno Achaiaei [?] Aug[usto]) wie die Menschennamen (Candidus Braisamonis fil.) sind halb epichoisch, halb lateinisch. Bemerkenswerth ist in Calama die Datirung nach den beiden Sufeten und dem princeps (C.I.L. VIII, 530r6 vgl. 5369); es scheint, daß diese wahrscheinlich libysche Gemeinde zuerst unter einem Häuptling stand und dann Schofeten erhielt, ohne daß jener wegfiel. Daß unsere Denkmäler über die Stämme und ihre Organisation nicht viel ergeben, ist begreiflich; in diesem Bereich wurde wohl wenig auf Stein geschrieben. Selbst die libyschen Inschriften gehören wenigstens der Mehrzahl nach theilweise oder auch ganz von Berbern bewohnten Städten an; die in Tenelium (C.I.L. VIII p. 514), in Numidien westlich von Bone in der Scheffia-Ebene, demjenigen Ort, der bis jetzt die meisten berberischen Steinschriften geliefert hat, gefundenen zweisprachigen Inschriften zeigen zwar in ihrer lateinischen Hälfte libysche Namen, zum Beispiel Chinidial Misicir f. und Naddhsen Cotuzanis f., beide aus dem Geschlecht (tribu) der Misiciri oder Misictri; aber einer dieser Leute, der im römischen Heer gedient und das römische Bürgerrecht erworben hat, nennt sich im lateinischen Text in civitate sua Tenelio flamen perpetuus, wonach auch diese Ortschaft städtisch organisirt gewesen zu sein scheint. Wenn es also einmal gelingen sollte die Berberinschriften mit Sicherheit zu lesen und zu entziffern, so werden auch sie uns über die innere Organisation der Berberstämme schwerlich genügende Auskunft geben.


560 Daß der gaetulische Purpur auf Juba zurückgeht, sagt Plinius h.n. 6, 31, 201: paucas (Mauretaniae insulas) constat esse ex adverso Autololum a Iuba repertas, in quibus Gaetulicam purpuram tinguere instituerat; mit diesen insulae purpurariae (das. 203) kann nur Madeira gemeint sein. In der That ist die älteste Erwähnung dieses Purpurs die bei Horaz ep. 2, 2, 181. Für die spätere Fortdauer dieser Fabrication fehlt es an Beweisen und da die römische Herrschaft sich auf diese Inseln nicht erstreckt hat, ist sie nicht wahrscheinlich, wenn gleich aus dem sagum purpurium des Tarifs von Zarai (C.I.L. VIII, 4508) auf mauretanische Purpurfabriken geschlossen werden darf.


561 Der an der numidischen Zollgrenze gegen Mauretanien aufgestellte Tarif von Zarai (C.I.L. VIII, 4508) aus dem J. 202 giebt von dem mauretanischen Export ein deutliches Bild. Wein, Feigen, Datteln, Schwämme fehlen nicht; die Hauptrolle aber spielen Sclaven, Vieh aller Art, Wollenstoffe (vestis Afra) und Lederwaaren. Auch die Erdbeschreibung aus Constantius Zeit sagt c. 60, daß Mauretanien vestem et mancipia negotiatur.


562 Nach einer in Mactaris in der Byzakene gefundenen Grabschrift (Eph. epigr. V n. 279) erwarb daselbst ein freigeborener Mann, nachdem er erst als gewöhnlicher Schnitter zwölf Jahre hindurch, dann weitere elf als Vormann, bei der Einbringung der Ernten weit herum in Africa thätig gewesen war, mit dem ersparten Lohn sich ein Stadt- und ein Landhaus und wurde in seiner Stadt Rathsmitglied und Bürgermeister. Seine poetische Grabschrift zeigt wenn nicht Bildung, doch den Anspruch darauf. Eine Lebensentwickelung dieser Art ist in der römischen Kaiserzeit wohl nicht so selten gewesen, wie es zunächst erscheint, aber wahrscheinlich in Africa häufiger als anderswo eingetreten.


563 In wie fern unsere lateinischen Bibeltexte auf mehrere ursprünglich verschiedene Uebersetzungen zurückgehen oder, was Lachmann annahm, die verschiedenen Recensionen aus einer und derselben Grundübersetzung durch mannichfache Ueberarbeitung mit Zuziehung der Originale hervorgegangen sind, wird, zur Zeit wenigstens, schwerlich nach der einen oder nach der anderen Seite hin mit Bestimmtheit entschieden werden können. Aber daß an dieser sei es nun übersetzenden, sei es corrigirenden Arbeit sowohl Italiener wie Africaner sich betheiligt haben, beweisen die berühmten Worte Augustins de doctr. Christ. 2, 15, 22: in ipsis autem interpretationibus Itala ceteris praeferatur, nam est verborum tenacior cum perspicuitate sententiae, an denen zwar von großen Autoritäten, aber gewiß mit Unrecht gerüttelt worden ist. Bentleys neuerdings (von Corssen Jahrb. für protestant. Theol. 7, S. 507f.) wieder gebilligter Vorschlag Itala in illa und nam in quae zu verwandeln ist philologisch wie sachlich gleich unannehmbar. Denn die zwiefache Aenderung ist ohne alle äußere Probabilität, überdies nam durch den Ausschreiber Isidor etym. 6, 4, 2 geschützt. Was man ferner eingewendet hat, daß der Sprachgebrauch Italica fordere, trifft nicht zu (Italus schreiben zum Beispiel Sidonius und Iordanes so wie die Inschriften der späteren Zeit C.I.L. X p. 1146 wechselnd mit Italicus), und mit dem Rath möglichst viele Uebersetzungen zu vergleichen besteht sehr wohl die Bezeichnung einer einzelnen als der im Ganzen zuverlässigsten; durch die geänderte Fassung dagegen wird eine verständige Bemerkung in einen inhaltlosen Gemeinplatz umgewandelt. Es ist richtig, daß die christliche Gemeinde in Rom in den ersten drei Jahrhunderten durchaus sich der griechischen Sprache bedient hat und hier die an der lateinischen Bibel betheiligten Itali nicht gesucht werden dürfen. Aber daß außerhalb Rom in Italien, namentlich Oberitalien die Kunde des Griechischen nicht viel mehr verbreitet war als in Africa, zeigen die Freigelassenen-Namen auf das Deutlichste; und eben auf das nicht römische Italien führt die von Augustinus gebrauchte Bezeichnung; vielleicht darf auch daran erinnert werden, daß Augustinus für das Christenthum durch Ambrosius in Mailand gewonnen ward. In dem, was uns von vorhieronymischen Bibelübersetzungen geblieben ist, die Spuren der nach Augustinus italischen Recension zu identificiren wird allerdings schwerlich je gelingen; aber noch viel weniger wird es sich erweisen lassen, daß an den vorhieronymischen lateinischen Bibeltexten nur Africaner gearbeitet haben. Daß sie großen-, vielleicht größtentheils in Africa entstanden sind, hat allerdings große Wahrscheinlichkeit. Der Gegensatz der einen Itala können füglich nur mehrere Afrae gewesen sein; und das vulgäre Latein, in welchem diese Texte sämmtlich geschrieben sind, ist in voller Uebereinstimmung mit dem Vulgärlatein, wie es nachweislich in Africa gesprochen ward. Freilich ist dabei nicht zu übersehen, daß wir das Vulgärlatein überhaupt vorzugsweise aus africanischen Quellen kennen und daß der Nachweis der Beschränkung der einzelnen Spracherscheinung auf Africa ebenso nothwendig wie größtentheils unerbracht ist. Es gab neben einander sowohl allgemein gebräuchliche Vulgarismen wie africanische Provinzialismen (vgl. Eph. epigr. 4 p. 520 über die Cognomina auf -osus); aber daß Formen wie glorificare sanctificare, iustificare zu der zweiten Kategorie gehören, ist dadurch noch keineswegs erwiesen, daß sie uns zuerst in Africa begegnen, da analoge Documente, wie wir sie für Karthago zum Beispiel an Tertullianus besitzen, uns für Capua und Mailand fehlen.


Quelle:
Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Berlin 1927, Bd. 5.
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