Aachen

[1] Aachen. Reg.-Bez. der preuß. Rhein-Provinz. 751/2 QM. groß mit etwas mehr als 400000 E., gränzt an die Reg.-Bez. Düsseldorf, Köln, Koblenz, Trier, an Belgien und die Niederlande, gehört größtentheils zum Maasgebiete; Gebirge Eifel und hohe Veen; Bergbau auf Eisen und Steinkohlen, sehr bedeutende Industrie in Tüchern, Leder und Metallwaaren. Hauptstadt Aachen (Aquisgranum bei den Römern, franz. Aix la Chapelle) in dem Kesselthale der Wurm, 550' ü.d.S., Hauptstation der Rheinisch-Belgisch. Eisenbahn, mit 51622 E., unter dens. 2268 Prot., 312 Juden. Aachen ist der Sitz der Regierungsbehörden, hat ein kath. Gymnasium, Real- und Gewerbschule, höhere Töchterschule, außer den Elementarschulen mehrere Privatanstalten. Stadtbibliothek, Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe, mit Museum, Bibliothek, Kunst- und Gewerbehalle, Museum des naturhistorischen Vereins für Rheinpreußen, verschiedene Vereine zu wissenschaftlichen und wohlthätigen Zwecken. Kranken- und Armenanstalten, öffentliche und private, barmherzige Schwestern, Christensernonnen, Alexianerbrüder. Aachen ist ferner ein Hauptplatz [1] deutscher Industrie, es hat: Maschinenfabriken, Nähnadel-, Tuch-, Kristall- und Spiegelfabriken, Gerbereien und Färbereien, Tabakfabriken u.s.w. und bedeutenden Handelsverkehr. A. ist einer der bedeutendsten Badeorte mit warmen Quellen (36–46° Réaum.), die durch ihren Gehalt an Schwefel, Kochsalz und freiem Kohlengas sich gegen gichtische, rheumatische Uebel und syphilitische Nachwehen sehr wirksam erweisen. Als industrielle Stadt zeigt A. Proben der modernen Baukunst, als uralte Reichsstadt aber hat sie viele Merkwürdigkeiten der Vorzeit aufzuweisen. Von dem Badeorte Aquisgranum der Römer zeugen Münzen und Inschriften, doch wird es von keinem Schriftsteller erwähnt. Die fränkischen Könige hatten hier eine Pfalz und Karl der Große machte A. durch seinen Aufenthalt und seine Bauten zur Stadt und durch sein Andenken zum Krönungsorte der späteren Kaiser (von 813–1553). Das merkwürdigste Gebäude ist der Dom mit der von Karl d. Gr. herrührenden Rotunda, wo er begraben ist, der Heiligthumskammer, sie enthält die großen Reliquien, die alle 7 Jahre ausgestellt werden; der Chor, in edlem gothischen Style, wurde im 14. Jahrh. erbaut, in ihm das Grab Ottoʼs III., die von Heinrich II. gestiftete Evangelienkanzel, die sogenannten kleinen Reliquien; der Krönungsstuhl u.s.w. Das Rathhaus 1353 erbaut, mit dem großen Krönungssaale, in welchem auch zwei Congresse der neuern Zeit abgehalten wurden. Vor dem Rathhause Springbrunnen mit Karls d. Gr. vergoldeter Bildsäule und bronzenem Bassin. In der St. Michaeliskirche die Grablegung Christi von Gerhard Honthorst, in der St. Nikolauskirche eine Kreuzesabnahme von Vandyk, die Kreuzigung von Diepenbeck. – A. war vor allen andern Städten gefreit und Asyl für jeden Geächteten, seine Bürger waren durch das ganze Reich zoll- und dienstfrei, es blieb Jahrhunderte bedeutender Handelsort, kam aber seit der Reformation herunter wie Deutschland überhaupt, und Frankfurt wurde Krönungsort. Seit 1798 war A. französisch und Napoleon that einiges für die Stadt Karls d. Gr.; seit 1815 ist A. preußisch und hat sich seitdem in langer Friedenszeit sehr gehoben.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 1-2.
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