Beugung des Lichts

[518] Beugung des Lichts, auch Inflexion [518] oder Diffraction des Lichts, nennt man das eigenthümliche Verhalten des Lichts beim Durchgang durch enge Oeffnungen. Läßt man mittelst eines Spiegels einen Sonnenstrahl durch eine etwa 1/4 Linie breite Spalte in ein dunkles Zimmer treten, und denselben durch eine zweite, in einem ungefähr 6 Schritte vom Fenster entfernten Schirme angebrachte, ebenfalls sehr schmale, Spalte durchgehen, so wird das Licht nach dem Durchgang durch die zweite Spalte nicht bloß in gerader Richtung fortgehen, sondern sich auch nach den Seiten hin verbreiten, wie man sieht, wenn man dasselbe einige Schritte entfernt mit einem Papierschirm auffängt. Man sieht dann ein breites Lichtbild, in dessen Mitte ein breiter weißer Lichtstreifen erscheint. von beiden Seiten mit schwarzen Streifen eingefaßt, und sodann eine Reihe farbiger Seitenbilder, die, immer dunkler werdend, ebenfalls durch schwarze Streifen von einander getrennt sind. Diese Ausbreitung des Lichts nun auch nach den Seiten des geraden Lichtstrahls hin nannte man B. des Lichts, während die schwarzen Zwischenstreifen in der Interferenz des Lichts (s. daselbst) ihren Grund haben. Die Benennung B. des Lichts erhielt die angeführte Erscheinung deßhalb, weil die Anhänger der Emanationstheorie glaubten, daß die Lichtstrahlen, wenn sie an den Rändern fester Körper vorübergehen, eine B. erleiden. Aber gerade der Emanationstheorie des Lichtes ist diese Erscheinung eine unerklärbare, während sie in der Wellentheorie ihre volle Erklärung findet, und daher eine Hauptstütze der letzteren ist. Die B. des Lichts wurde zuerst durch Grimaldi in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beobachtet, und Young versuchte zuerst dieselbe durch die Wellentheorie zu erklären, was von Fresnel, Frauenhofer u. besonders durch Schwerd weiter verfolgt und ausgebildet wurde.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 518-519.
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