Eiserne Maske

[527] Eiserne Maske, frz. le masque de fer, nennt man einen Gefangenen aus Ludwigs XIV. Zeit, dessen Herkunft, Stand und Verbrechen in ein heute noch nicht erhelltes Dunkel gehüllt sind. Er saß viele Jahre, vielleicht von 1661 an, in der Festung Pignerol, kam von hier in einen nicht genau bekannten Kerker und bald nach 1690 in die Bastille, wo er 1703 st. Man soll ihn mit Auszeichnung behandelt, Louvois ihn besucht haben, aber er mußte eine schwarze Sammetmaske tragen, durfte dieselbe selbst beim Essen nicht abnehmen, wurde Tag und Nacht beobachtet und der gemessenste Befehl, ihn beim geringsten Versuche, das Gesicht zu entblößen, zu tödten, ward niemals aufgehoben. In den Listen der Gefangenen der Bastille figurirte er unter dem Namen »Marchiali«; nach seinem Tode soll man jede Spur seines Kerkerlebens vertilgt und sogar sein Gesicht durch Messerschnitte unkenntlich gemacht haben. Voltaire redete zuerst von der E. M. und veranlaßte dadurch seit 1746 eine ganze Literatur u. in Ermangelung aller sichern Kunde die abenteuerlichsten und wohl auch perfidesten Vermuthungen. Man hielt den Gefangenen für den Bruder, Zwillingsbruder, natürlichen Sohn Ludwigs XIV., für diesen und jenen Herzog, für einen Kammerherrn der Königin Anna u.s.w., endlich seit Senac de Meilhan (Oeuvres philosophiques et littéraires, Hamburg 1795) ziemlich allgemein, aber auch ziemlich unwahrscheinlich, für den Grafen Mattioli, ehemaligen Minister des Herzogs von Mantua, der 1679 gefangen worden sei, weil er die Festung Casale an Frankreich für einen hohen Preis auszuliefern versprach aber den Verräther machte. Zschokke, Arnould, Fournier, Thümmel u.a. betrachteten die E. M. als den Zwillingsbruder Ludwigs XIV. und schon 1746 machte Mouhy den »lʼhomme au masque de fer« zum Helden eines Romanes. Vgl. die aus dem Englischen übersetzte Abhandlung über die E. M. in den Stuttgarter Wochenbänden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 527.
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