Gnome

[98] Gnome, griech., Erkenntniß, Rath, Denkspruch; in der Poesie eine der ältesten u. allenthalben verbreiteten Formen des Lehrgedichtes, nämlich der Spruch, in welchem eine Wahrheit od. Regel der Lebenserfahrung in bündiger, kraftvoller, mehr od. minder anschaulicher Sprache niedergelegt wird. Die G.n entsprechen der Bildlichkeit des Orientes u. jugendlicher Völker überhaupt, die Sprüche Salomons, des Jesus Sirach u. mancher Ausspruch des N. T. gehören der gnomischen Poesie an. Die Gnomiker der Griechen und Römer bedienten sich des Distichons; Solon, Theognis, Phokylides, Simonides, Kritias, sowie [98] Xenophanes u. Pythagoras wurden häufig bearbeitet und besprochen, in neuerer Zeit von Passow, A. W. v. Schlegel, Jakobs u. Orelli. Die römische Kaiserzeit machte Sentenzensammlungen; die »Disticha« des Dionys Cato u. die G.n des P. Syrus (beide herausgeg. von Karl Zell, Stuttg. 1829) waren der Schuljugend des Mittelalters sehr geläufig. Auch in der Edda u. deutschen Literatur überhaupt (Priameln) ist kein Mangel, weit eher Ueberfluß an G. n.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 98-99.
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