Scharlachfieber

[64] Scharlachfieber (scarlatina), fieberhafte Ausschlagskrankheit (exanthema) vorzugsweise der Kinderwelt, welche jedoch auch die übrigen Altersklassen unter Umständen nicht verschont. Dieselbe ist contagiös und tritt in der Regel epidemisch auf. Nach einer mehr oder weniger bestimmten Anzahl von Tagen, von dem Moment der Ansteckung an gerechnet, tritt meistens schnell, ohne deutliche Vorboten, die Krankheit unter Fiebersymptomen, die in der Mehrzahl der Fälle sehr heftig sind, auf. Der Ausschlag läßt oft nur wenige Stunden, manchmal 1–2 Tage auf sich warten. In Fällen, die als prototype gelten müssen, ist der ganze Körper von einer gleich förmigen intensiven Röthe, wobei die epidermis weder zu Pappeln noch Blasen od. Pusteln erhoben ist, überzogen. Das Gehirn ist stets ergriffen, leichte Delirien,[64] erweiterte Pupille (ähnlich der Belladonnapupille), ein sehr frequenter Puls, wie nur selten bei einer andern Krankheit, fehlen nie. Nebenbei sind stets auch einzelne Theile der Schleimhautgebilde ergriffen, in der Regel die Schleimhaut der Rachenhöhle – angina – weniger die Schleimhaut im Kehlkopf, Luftröhre, Lunge nebst der Bindehaut des Auges und der Schleimhaut der Nasen- und Stirnhöhle, am seltensten die Schleimhaut des Darmkanals – diarrhoea – doch kommen alle diese Fälle ausnahmsweise vor. Die Form des Exanthems auf der Haut in Verbindung mit den Schleimhautsymptomen wechseln in einzelnen Epidemien oft dergestalt, daß die Symptome in manchen Fällen von denen der Masern (Rothsucht) gar nicht zu unterscheiden sind, so daß die Vermuthung, daß beiden Krankheiten die gleiche Infection des Blutes als Ursache zu Grund liege, viel für sich hat, Nachdem das Exanthem ein paar Tage bestanden hat, erblaßt allmälig die Haut, wird trocken und die Oberhaut schuppt sich in großen Fetzen ab, nebenbei nehmen die Fiebersymptome ab. Bei gutartigem und regelmäßigem Verlauf tritt damit das Stadium der Wiedergenesung ein. Nicht selten treten aber nach Verfluß von weitern Tagen die Fiebersymptome nochmals u. mit ihnen die verschiedensten Nachkrankheiten auf, welche nicht selten den Kranken nachträglich wegraffen. Die Behandlung ist in den leichteren Fällen mehr diätetischer Natur. In den schwereren als antifebrilia Chlorwasser, Salzsäure, Salpetersäure innerlich, äußerlich Essigklystiere, Speckeinreibungen, kalte Begießungen, Blutegel an den Kopf. Zur Bekämpfung der hydropischen Nachkrankheiten in Verbindung mit Albuminurie die digitalis, essigsaures Kali. Jodkalium, Bromkalium. Die prophylactische Behandlung mit Belladonna nach Hahnemann wie auch andere Methoden haben sich keineswegs bewährt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 64-65.
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