Stadt

[302] Stadt, Ortschaft, in der eine größere Menge Menschen zusammengedrängt wohnt und ihren Erwerb vorzugsweise in Industrie u. Handel findet, ehemals immer befestigt. Heutzutage verschwinden die alten Stadtmauern u. die Gräben verwandeln sich in Gärten, weil gegen die jetzige Kriegsweise das alte Festungswesen nichts vermag. – Städte finden sich bei allen Völkern mit dem Beginne der Civilisation, im Orient, in Griechenland, in Italien, im europ. Abendlande; Städte d.h. ummauerte Ortschaften waren überall nothwendig, wo eine Ackerbau u. Gewerbe treibende Bevölkerung gegen die Angriffe roher Schaaren gesichert sein wollte, oder wo sich für den größeren Verkehr ein Stapelplatz bildete, der nicht Ueberfällen blosgestellt sein durfte. In den mittelalterlichen Städten entwickelte sich die bürgerliche Freiheit; die Städte sind noch heute als die Centralpunkte des Handels und der Industrie die nothwendigen Unterlagen des Nationalwohlstandes; in ihnen entfaltet sich aus den angegebenen Ursachen die höhere Bildung (Kunst und Wissenschaft), sie üben demnach in jeder Hinsicht einen überwiegenden Einfluß auf die Entwicklung und Geschicke der Völker aus; allerdings nicht immer einen günstigen, indem die Städte in der Regel auch die Herde des Luxus, der Sittenverderbniß, der Verweichlichung und des Aufruhrs sind.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 302.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: